Pfarrnachrichten 52/2011 und 01/2012 - Weihnachten
Pfarrnachrichten 51/2011 - 4. Adventwoche (B)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Der vierte Adventssonntag stimmt uns mit dem Evangelium der Verkündigung ein auf das nahende Weihnachtsfest. Über alle Unbeständigkeit und Untreue der Menschen hinweg hat Gott seine Verheißung wahr gemacht und ist mit seiner erlösenden Herrlichkeit zu uns gekommen.
Aber Gott ist nicht mit äußerer Macht gekommen, und er setzt für sein Ankommen auf Erden auch keine Repressalien ein. Er braucht jedoch unsere innere Zustimmung. Ohne unser Wünschen und Wollen möchte er uns sein Heil – gemeint ist wirkliche Erlösung, wie sie nur von ihm kommen kann – nicht aufzwingen.
Maria ist die erste der Erlösten, die mit ihrem „Ja“ die Vorraussetzung dafür geschaffen hat. Sie hörte das Wort des Gottesboten Gabriel und antwortete als „Magd des Herrn“. Diese Haltung – Magd des Herrn – lässt sie aus der Kraft des Glaubens, dass „bei Gott nichts unmöglich ist“, über sich selber hinauswachsen in die Größe Gottes hinein.
Als Maria kurz darauf ihre Verwandte Elisabeth besucht, preist diese Maria selig, weil sie „geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ“. Und Maria kann darauf antworten und ohne jede Art von Selbstbespiegelung über sich selber sagen: „Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott meinen Retter. Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter.“
Die letzten Adventtage sind Tage ganz besonderen Wartens auf die Ankunft des Herrn; Tage des Wünschens und Bittens, er möge wirklich ankommen. Die Zeit bis zur Ankunft ist meist mit einer bestimmten Unruhe verbunden; mit gewissen Vorstellungen und Erwartungen, und dem nicht völlig sicheren Wissen, ob am Ende auch alles in Erfüllung geht.
Es wäre schade, wenn man die Zeit des Ankommens und Erwartens nicht hätte. Manches ginge einem verloren und vieles vom Erwarteten bliebe unbeachtet und würde leicht überhört und nicht recht wahrgenommen werden. – Somit ist nach alt hergebrachter Erfahrung und Überlieferung für das Weihnachtsfest der Advent, die Zeit des Erwartens unverzichtbar. Wer den Advent vernachlässigt, ihn in der Begehrlichkeit des Kaufens und Verkaufens nicht mehr wahrnimmt, ihn unbeachtet lässt, der verliert früher oder später auch Weihnachten.
Weihnachten ist eine ganz persönliche und intime Begegnung des Menschen mit seinem Seinsgrund: Mit seinem Schöpfer und Erlöser. Erst in dieser Begegnung kommt der Mensch wirklich an und findet Frieden: mit Gott, mit seinem Nächsten und mit sich selber. Der Advent hilft, das Ziel nicht zu verfehlen und nicht zu einem Menschen zu werden, der über das irdische Leben hinaus nichts mehr zu erhoffen und zu erwarten vermag.
Wer den Advent ernst nimmt, der entdeckt insbesondere, dass Gott zum einen längst angekommen ist, zugleich aber immer wieder erst noch ankommen muss. Denn jeder von uns ist jetzt anders als vor einem Jahr. Wir sehen manches inzwischen ganz anders als vor 12 Monaten um diese Zeit. Wir hören manches anders als im vergangenen Jahr. Wir denken anders, als letztes Jahr. Deshalb muss Gott in gewisser Weise beständig in uns neu geboren werden.
Der Advent ist also nicht ein unaufrichtiges „so Tun, als ob“ Gott noch gar nicht angekommen wäre. Er ist angekommen und hat uns erlöst! Er muss aber auch in uns ankommen, sonst würden er und seine Gaben an uns vorbeirauschen und uns nicht berühren. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen bis zum nahenden Fest eine segensreiche letzte Adventwoche, die zur inneren Umkehr in all dem führen möge, wo Gott, da wir uns weiter entwickelt haben, noch nicht angekommen ist.
Für diesen Prozess empfehle ich Ihnen von ganzem Herzen die Hl. Beichte! Durch dieses Sakrament lassen wir vor allem Gott handeln, bei dem, wie Maria es geglaubt hat, „kein Ding unmöglich ist“; eben auch nicht eine tiefgreifende Umwandlung unserer selbst hin zu einem grenzenlosen Vertrauen in Gottes heilende und erlösende Kraft.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 50/2011 - 3. Adventwoche (B)
Pfarrnachrichten 49/2011 - 2. Adventwoche (B)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Ohne Johannes den Täufer wäre der Advent nicht Advent. Johannes ist der Rufer in der Wüste, der auch heute, nicht zuletzt im vorweihnachtlichen Rummel, den Weg zum Wesentlichen und Entscheidenden weist. Es ist traurig, dass der Advent in der Hektik der Festvorbereitung und all den Begehrlichkeiten des Kaufens und Verkaufens teilweise schon überhaupt nicht mehr wahrgenommen wird.
Advent ist Zeit sehnsüchtigen Wartens und Hoffens auf das, was kommen wird. Damit hängt zusammen, dass Advent zugleich die wichtige und unverzichtbare Zeit ist, sich wieder einmal „in die Augen zu schauen“ und über sich selber und sein Leben größtmögliche Klarheit zu gewinnen. Dabei muss man achtgeben auf falsche Selbstzufriedenheit. Sie kann im Ergebnis nur zu einer vordergründigen Selbstgerechtigkeit führen. Hier ist kritische Distanz zu sich selber gefragt. Eine solche Distanz wird möglich, wenn man das Laufrad andauernder Betriebsamkeit und darauf immer wieder neu folgender Belohnung seiner selbst einfach einmal anhält.
Nur eine gesunde Distanz zu sich selber macht fähig zu einer guten Selbstkritik. Man muss sie auch reinen Herzens und uneingeschränkt wünschen und wollen, ohne die mögliche Feststellung zu scheuen, dass Verhaltensweisen oder Einstellungen gegebenenfalls auch grundlegend zu verändern sind. Nun reicht die eigene Kraft für grundlegende und nachhaltige Korrekturen und Veränderungen meist nicht aus.
Hier kommt uns am zweiten Adventssonntag der Prophet Jesaja entgegen: „Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott. Redet Jerusalem zu Herzen und verkündet der Stadt, dass ihr ihre Schuld beglichen ist; denn sie hat die volle Strafe erlitten von der Hand des Herrn für all ihre Sünden.“
Nach christlichem Verständnis ist die Schuld beglichen und ist die „volle Strafe“ abgebüßt, wenn ein Mensch sich mit Gottes Hilfe dazu aufrafft und durchringt, nicht mehr länger vor sich und seinem Nächsten mit inneren Brüchen, nicht mehr in der Unwahrheit über sein Leben und in der Lüge über sich selber leben zu wollen. Deshalb verbindet Jesaja die Worte des Trostes mit der Aufforderung: „Eine Stimme ruft: Bahnt für den Herrn einen Weg durch die Wüste! Baut in der Steppe eine ebene Straße für unseren Gott!“
Advent ist nicht „Wellnes-Relaxen“, sondern besinnliches Sich-Einlassen auf eine ehrliche Konfrontation mit sich selber in der liebenden Gegenwart des allmächtigen Gottes. Dem Advent eignet somit ein besonderes „Ambiente“, das der Prophet Jesaja nach biblischer Art wie folgt beschreibt: „Wie ein Hirt führt er seine Herde zur Weide, er sammelt sie mit starker Hand. Die Lämmer trägt er auf dem Arm, die Mutterschafe führt er behutsam.“
In dem folglich von Gott selber gewährleisteten „Ambiente“ adventlicher Besinnung lassen sich mit der Bereitschaft zu auch grundlegender Korrektur Fragen wie diese stellen: „Auf welchem belastbaren Fundament gründe ich mein Leben? – Wohin bin ich eigentlich unterwegs? Ist das stimmig? – Welche Absichten aus meinen tieferen und tiefsten Schichten bestimmen letztlich mein Handeln? Bin ich da ehrlich? Kann ich auch vor Gottes Angesicht dazu stehen?“
In seinem zweiten Brief schreibt der Heilige Petrus mit Blick auf das zu Erwartende, auf das was kommen wird: „Bemüht euch, von ihm ohne Makel und Fehler und in Frieden angetroffen zu werden.“ In diesem Sinne ist Johannes der Täufer, dieser Mann in der Wüste, ganz konzentriert. Sein Leben kennt nur eine einzige Aufgabe: Vorbote und Wegbereiter zu sein für den, der viel größer ist als er.
Für diesen Advent wünsche ich uns allen sehr, durch die Begegnung mit diesem Größeren – warum nicht auch im Bußsakrament? – wieder ganz zu sich selber zu finden.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 48/2011 - 1. Adventwoche (B)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Mit diesem Sonntag, dem ersten Advent, beginnt ein neues Kirchenjahr. Advent heißt – übersetzt in die Sprache der Herzen – Sehnsucht. Man sehnt sich nach dem, was kommen soll und wird. Und man sehnt sich immer wieder; jedes Mal von neuem.
Das Wort „Advent“ ist dem lateinischen „adventus“ = Ankunft entnommen, bzw. dem lateinischen Verb „advenire“ = ankommen, eintreffen. So bezeichnet Advent zum einen die Wochen, in denen man sich auf Weihnachten, auf das kommende Hochfest der Geburt Christi vorbereitet. Man seht sich danach, dass Christus auch bei einem selber ankomme. Der barocke Prediger Angelus Silesius drückt dies in seiner Weise aus: „Wär´ Christus tausendmal zu Bethlehem geboren, doch nicht in dir: du bliebst noch ewiglich verloren.“
Zugleich erinnert der Advent daran, dass wir als Christen das zweite Kommen Jesu Christi erwarten, wo dann endgültig alles in Erfüllung geht. Da macht es Sinn, dass mit dem ersten Advent auch das neue Kirchenjahr beginnt. Wie zu Neujahr hofft man, dass das kommende Gutes bringt; nicht nur ein wenig, sondern viel mehr Gutes als das zu Ende gegangene.
Da verwundert nicht, dass sich das Evangelium des ersten Advent nahtlos an das der letzen Sonntage anschließt. Es geht noch einmal um das Kommen des Herrn am Ende der Zeit, um das letzte Gericht und darum, wie wir uns darauf vorbereiten. Der Herr fordert zur Wachsamkeit auf.
Leben wir oft nicht so, als ob es kein Ende gebe? Schließen wir nicht oft die Augen vor dem, was einmal auf uns zukommen wird? – Im Schlussgebet des ersten Adventsonntag ist zusammengefasst, wie wir leben sollen: „Zeige uns den rechten Weg durch diese vergängliche Welt und lenke unseren Blick auf das Unvergängliche.“ – Man muss sich auf das Ende einstimmen, sonst verpasst man es.
Durch die Menschwerdung Gottes, wie wir sie zu Weihnachten als Jesu erstes Kommen feiern, hat sich alles verändert. Und doch sind wir noch unterwegs zu dem und erwarten das, was er bereits wirklich und tatsächlich gebracht hat. „Reiß doch den Himmel auf, und komm herab“ hören wir in der ersten Lesung (Jesaja 63,19b). Das irdische Leben ist eine Einstimmung, eine Vorbereitung auf das Große, das Gott uns einmal für immer schenken möchte und wofür er bei seinem ersten Kommen die Grundlage gelegt hat.
Dieses Große ist in manchem so anders, so unendlich viel größer, dass es nur durch innige Sehnsucht, durch inniges Beten, Bitten und Glauben erkannt werden kann; so aber selbst dann, wenn die vorübergehende und oft auch raue irdische Wirklichkeit dem zu widersprechen scheint. So etwa hat auf der Wand eines Kellers in Köln ein Jude, der sich während des Zweiten Weltkrieges dort versteckt hielt, geschrieben: „Ich glaube an die Sonne, auch wenn sie nicht scheint. Ich glaube an die Liebe, auch wenn ich sie nicht fühle. Ich glaube an Gott, auch wenn er schweigt.“
„Reiß doch den Himmel auf, und komm herab!“ In diesem alttestamentlichen Wunsch, in dieser Sehnsucht nach dem Heil Gottes schwingt Israels Bekenntnis der eigenen Schuld und Untreue mit: „Wir haben gegen dich gesündigt, von Urzeit an sind wir treulos geworden“. Die Schuld des Menschen hindert ihn dennoch nicht daran, Gott liebevoll vorzuwerfen: „Warum lässt du uns, Herr, von deinen Wegen abirren und machst unser Herz hart, so dass wir dich nicht mehr fürchten?“
Gott lässt sich auf diese sehnsüchtige Bitte des Menschen ein. Beten wir also auch heute, wie schon damals, in vertrauensvoller Reue und im Schmerz des Gnadenverlustes dennoch von Gott gehalten: „Kehre zurück um deiner Knechte willen, um der Stämme willen, die dein Eigentum sind.“ – In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine gesegnete Adventszeit.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 47/2011 - 34. Woche im Jahreskreis (A)
Pfarrnachrichten 46/2011 - 33. Woche im Jahreskreis (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Wie am vergangenen Sonntags geht es in den Lesungen auch an diesem Sonntag um das Ende der Welt, um die Wiederkunft Christi und um die Gestaltung unseres Lebens mit wachem Blick auf das, was am Ende unabwendbar auf alle Menschen zukommt. Jesus spricht über die Ereignisse am Ende unserer Welt in Gleichnissen. So vermögen wir uns ein vages Bild von dem zu machen, was die bisherigen Verhältnisse jenseits von allem, was wir bisher erfahren haben, verändern und für die Ewigkeit endgültig umgestalten wird.
An diesem Sonntag hören wir von drei Verwalten (Matthäus 25,14-30), denen der Herr je nach Begabung und Fähigkeiten fünf, zwei und ein Talent Silbergeld zum Wirtschaften anvertraute.
Der weltliche Hintergrund dieser Gleichnisrede ist die römisch-antike Finanz- und Wirtschaftswelt, die sich von der unsrigen nur unwesentlich unterscheidet. Es geht zudem um Millionenbeträge. Ein Talent Silbergeld entspricht zur Zeit Jesu etwa 25 Jahresgehältern eines jüdischen Normalverdieners. Ausländische Investoren, oft mit Hauptwohnsitz in Rom, ließen ihre weit verstreuten Güter von hervorragend qualifizierten Sklaven verwalteten, die – ähnlich wie heute ein Prokurist – persönlich dafür hafteten. Diese „Top-Sklaven“ genossen den besonderen Schutz der römischen Besatzungsarmee und Justiz. Sie waren unverzichtbar für Bestand und Blüte der antiken Wirtschafts– und Sozialstruktur.
Der „Mann“ im Gleichnis, „der auf Reisen ging“, jedem „Diener nach seinen Fähigkeiten“ Teile seines Vermögens anvertraute, und „nach langer Zeit zurückkehrte, um von den Dienern Rechenschaft zu verlangen“, war den Zuhörern Jesu also bestens vertraut.
Im Gleichnis nennt der Herr die beiden, die mit dem übertragenen Vermögen von fünf bzw. zwei Talenten den Betrag jeweils verdoppelt haben, „tüchtige und treue Diener“. Er lobt, dass sie „im Kleinen ein treue Verwalter“ waren und überträgt ihnen zum Dank „eine große Aufgabe“, die interessanterweise ganz anderes als die bisherige ist: „Komm, nimm teil an der Freude des Herrn!“
Mit diesem Gleichnis führt Christus vor Augen, dass ihm unsere Talente und Begabungen überaus wichtig und Grundlage für etwas ganz Großes sind. Sie sollten es also auch für uns sein.
Das Gleichnis verurteilt eindringlich das Versagen des „schlechten und faulen Dieners“, der aus vermeintlicher Angst, hinter der sich wohl eine gute Portion Trägheit verbarg, „ein Loch in die Ede grub, um das Geld des Herrn“ zu verstecken. Der Herr wirft ihm vor: „Du hast doch gewusst, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe und sammle, wo ich nicht ausgestreut habe. Hättest du mein Geld wenigstens auf die Bank gebracht, dann hätte ich es bei meiner Rückkehr mit Zinsen zurückerhalten.“
Liebe Mitchristen: Die uns von Gott anvertrauten Talente und Fähigkeiten haben eine große Bedeutung für unser zukünftiges Leben nach dem Tod. Sie stellen eine Herausforderung dar, der wir uns nicht aus Faulheit und falschem Selbstmitleid verschließen dürfen. Die Art, wie wir mit ihnen umgehen, die Verantwortung, die wir mit ihnen zu übernehmen bereit sind, bestimmen darüber, „ob wir an der Freude des Herrn“ einmal teilnehmen können oder nicht. Denn „wer nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat“. Mit andern Worten: Wer trotz der empfangenen Talente und Begabungen, mit denen er seiner Aufgabe im Leben mit Gottes Hilfe und Gnade sehr gut entsprechen kann, diese nicht dafür einsetzt, diese nicht im Sinne des Herrn entfaltet, der wird am Ende auch noch das Empfangene verlieren.
Der Blick in die zukünftige Endzeit, den die Evangelien uns gewähren, offenbaren zugleich den tiefen Sinn, der in der jeweiligen Lebensaufgabe geborgen liegt, die zusammen mit den dafür notwendigen Begabungen und Talenten jeder ebenso von Gott empfangen hat. In der Entfaltung der Talente und im vertrauten Zwiegespräch mit Gott ebene auch darüber entfaltet auch sie sich und zeigt sich uns. Es lohnt sich allemal; denn so, und nur so, wird uns eine noch viel größere Aufgabe, und dann für immer, erwarten können: „Nimm teil an der Freude des Herrn“.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 45/2011 - 32. Woche im Jahreskreis (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Das Kirchenjahr neigt sich dem Ende zu. Nach alter Gewohnheit sieht die kirchliche Leseordnung für die letzten Sonntage im Jahreskreis Evangelientexte vor, die das große, abschließende Finale der öffentlichen Predigten Jesu wiedergeben. So sind die Evangelien der kommenden drei Sonntage der fünften und letzten großen Rede aus dem Matthäusevangelium entnommen. Vor der Kulisse des gewaltigen Tempelbaus, den König Herodes hat errichten lassen (vgl. Mt 24,1f), blickt Jesus in die Zukunft. Er belehrt seine Jünger über sein Wiederkommen (seine ‚Parusie’) und über das Ende der Welt (Mt 24,3 – 25,46).
Die großen Schlussreden sind von Vorstellungen geprägt, die dem heutigen Empfinden fremd sind. Erschreckende Ereignisse, Kriege und Erdbeben sowie große Nöten werden vorausgesagt. Sie sind Zeichen für das Ende der Welt.
Diese, dem Zeitgeist fremde Vorstellungen haben ihre Wurzeln im Judentum der Jahrhunderte vor und nach Jesu Christi. Der Herr übernimmt diese Vorstellungen und spricht von ihnen her über das, was am Ende sein wird; sowohl nach dem Tod eines jeden wie auch nach dem Ende der Welt. Jesus prophezeit in diesen letzten Reden seine Wiederkunft als Auferstandener und zugleich als Richter im endzeitlichen Gericht.
An diesem Sonntag hören wir aus diesen Schlussreden das Gleichnis von den fünf klugen und den fünf törichten Jungfrauen, die auf den Bräutigam warten. Die fünf Klugen nahmen anders als die fünf Törichten genug Öl für ihre Lampen mit. Da sich die Ankunft des Bräutigams verzögerte, standen die fünf Törichten schließlich ohne Öl da.
Als mitten in der Nacht laute Rufe zu hören waren: „Der Bräutigam kommt! Geht ihm entgegen!“, versuchten sie noch, ausreichend Öl zu kaufen. Aber es war zu spät. Als sie schließlich zum Hochzeitssaal kamen, waren die Türen längst verschlossen. Auf ihre Bitte: „Herr, Herr, mach uns auf!“ antwortete der Herr von Innen: „Ich kenne Euch nicht.“ – Und Jesus beschließt das Gleichnis mit der Mahnung: „Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde.“
Dem dänischen Philosophen Sören Kierkegaard verdanken wir die treffende Tagebuchnotiz, dass „das Christentum durch den Gedanken an den Tod, den nahen Tod, vielleicht morgen, vielleicht heute, das Leben intensiver“ mache. Die gedankliche Vorwegnahme des eigenen Todes führe dazu, „den Tag ungeheuer intensiv zu nutzen.“
Der Tod lässt sich nicht verdrängen; es sei denn, man versucht albern und kindisch, gegen die Wahrnehmung der Realität, sein eigener Herr und Gott zu sein. Das kann eine zeitlang gelingen, aber bis höchstens in die Sterbestunde hinein. Und dann ist es vorbei und für eine Korrektur zu spät, wie es für die fünf Törichten zu spät war.
Die Klugen hatten ausreichend Öl dabei, weil sie vertrauend und vorausschauend die nächtlichen Rufe: „Der Bräutigam kommt! Geht ihm entgegen!“ schon vor dem Ende wahr- und sich zu Herzen genommen hatten: Deshalb kannten sie den Bräutigam schon bevor er eintraf, und umgekehrt. Die Törichten aber waren unbekannte Fremde. Sie kannten nur sich selber. Sie wollten es nicht anders. Und so bleiben sie dann für immer: Ganz alleine und nur für sich selber.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 44/2011 - 31. Woche im Jahreskreis (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
In den Sonntagslesungen geht es um die eng miteinander verwobenen Werte der Treue, der Glaubwürdigkeit wie der Übereinstimmung von Wort und Tat. Wie ein roter Faden ziehen sich diese Haltungen durch die Bibelstellen des 31. Sonntags im Jahreskreis. Auch wenn an Ihnen überwiegend Priester gemessen werden, sind diese Werte für jeden verbindlich.
Während die erste Lesung jene Priester anklagt, die ihrem Dienst vor Gott untreu wurden und Falsches verkündet haben, kritisiert Jesus das nach Außen gekehrte Leben der Pharisäer und Schriftgelehrten. In ihrem Inneren sind sie verarmt. Ihrem Lippenbekenntnis folgen keine Taten: „Sie reden nur, tun selbst aber nicht, was sie sagen.“
Paulus hingegen spricht vom Bestreben, glaubwürdig das Evangelium zu verkünden und danach zu leben: „Wir wollten euch nicht nur am Evangelium Gottes teilhaben lassen, sondern auch an unserem eigenen Leben.“ Es folgt die entscheidende Begründung, die ein solches Bemühen dann auch wunderbar gelingen lässt: „Denn ihr ward uns sehr lieb geworden.“
Von dieser Begründung her erschließ sich ein tiefer Zugang, wie diese eng miteinander verwobenen und anspruchsvollen Werte gelebt und umgesetzt werden können. Dann nämlich, wenn man die Liebe zu- und gemäß der ihr innewohnenden Dynamik auch wachsen lässt. Von dieser Begründung her lässt sich zugleich erkennen, dass dem Praktisch-Werden guter und richtiger Grundsätze ein Leben als Pharisäer entgegensteht. Genau dies kritisiert Jesus in aller Deutlichkeit zwischen den Zeilen: „Sie schnüren schwere Lasten zusammen, wollen selber aber keinen Finger rühren. Alles tun sie nur, damit die Menschen es sehen.“
Immer wieder führt uns die Heilige Schrift das Entscheidende vor Augen. Der Schlüssel zu allem Guten ist die dreifache Liebe: Die Liebe zu Gott und zum Nächsten wie zu sich selber, die aus der lebendigen Begegnung mit unserem Schöpfer und Erlöser genährt wird. Dem innerlich verarmten und ausgebrannten Pharisäer hingegen ist die Verbundenheit mit Gott verloren gegangen. Er hält nur noch mit den Lippen an Überliefertem fest. Die im Buch Maleachi verklagten Priester haben gleich alles über Bord geworfen.
Eine lebendige Beziehung zu Gott kann von uns Menschen weder erzwungen noch selbstgemacht werden. Sie kann uns nur von Gott geschenkt werden. Aber um dieses Geschenk muss man sich – das lehrt die Erfahrung – anspruchsvoll und mit großer Zähigkeit bemühen; ähnlich wie um die Liebe zu unserem Nächsten. „Wie haben wir uns gemüht und geplagt“, erinnert sich Paulus, „bei Tag und bei Nacht haben wir gearbeitet.“ Von daher lautet also die zuverlässige Devise, die uns die Hl. Schrift ans Herz legt: Du bleibst glaubwürdig und treu, und in deinem Leben werden Wort und Tat übereinstimmen, wenn du in deinem Bemühen um uneingeschränkte Treue zum Wort Gottes nicht nachlässt und dich so der ganzen Liebe Gottes öffnest, die er dir dann in jedem Fall auch schenken wird.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Hinweise für Allerseelen
Vom 1. bis 8. November kann täglich einmal ein vollkommener Ablass für die Verstorbenen gewonnen werden. Neben den üblichen Voraussetzungen (Beichte, wobei eine zur Gewinnung mehrerer vollkommener Ablässe genügt; entschlossener Abkehr von jeder Sünde; Kommunionempfang und Gebet auf Meinung des Heiligen Vaters – diese Erfordernisse können mehrere Tage vor oder nach dem Kirchen- bzw. Friedhofsbesuch erfüllt werden) sind erforderlich:
a) am Allerseelentag (einschließlich 1. November ab 12 Uhr): Besuch einer Kirche oder öffentlichen Kapelle, Vaterunser und Glaubensbekenntnis; in Hauskapellen können nur die zum Haus Gehörenden den Ablass gewinnen;
oder b) vom 1. bis zum 8. November: Friedhofsbesuch und Gebet für die Verstorbenen.
Fehlt die volle Disposition oder bleibt eine der Bedingungen unerfüllt, ist es ein Teilablass für die Verstorbenen. Ein solcher kann in diesen und auch an den übrigen Tagen des Jahres durch Friedhofsbesuch wiederholt gewonnen werden.
Wo zu Allerheiligen am Nachmittag Totenfeiern üblich sind, soll in ihnen nicht nur die Trauer, sondern vielmehr das österliche Heilsgeheimnis der Auferstehung zum Ausdruck kommen.
Pfarrnachrichten 43/2011 - 30. Woche im Jahreskreis (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St.Pantaleon!
Wissen Sie, wie es sich mit der Liebe als dem wichtigsten und dem ebenso wichtigen Gebot verhält? Jesus erteilt treffend Antwort darauf.
Nachdem Jesus in der Frage nach der Auferstehung „die Sadduzäer zum Schweigen gebracht hatte“, forderte ihn „ein Gesetzeslehrer“ mit der Frage heraus: „Meister, welches Gebot im Gesetz ist das wichtigste?“ Angesichts der 248 Gebote und der 365 Verbote des alten Testamentes eine nicht leichte Aufgabe, die nur ein „Meister“ richtig lösen konnte. Jesus bestand die „Probe“. Seine Gegner verstummten.
Das Besondere der Antwort Jesu besteht nicht darin, dass er das berühmte Schema Israel (Deuteronomium 6,4f), das der fromme Jude bis heute morgens und abends betet: „Höre Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einzig. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft“ in leicht geänderter Fassung mit dem Gebot der Menschenliebe aus dem Buch Levitikus (19,18) zusammen bringt: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Das Besondere liegt in der Präzisierung, wie beide Gebote jenseits der reinen Vernunftlogik miteinander verwoben sind.
Bei der katechetischen Unterweisung der Heiden etwa, die zum jüdischen Glauben übertreten wollten, war die Konzentration auf das doppelte Liebesgebot der Gottes- und Menschenliebe weit verbreitet. Jesus jedoch lehrte eine besondere Rangordnung und Beziehung dieser beiden Gebote. Das war neu.
Die Gottesliebe, sagt Jesus, ist „das wichtigste und erste Gebot“. Im Folgenden wird er scheinbar unlogisch; denn wie kann das erste Gebot „das wichtigste“ sein, und das zweite „ebenso wichtig“? Der Heilige Augustinus löst den scheinbaren Widerspruch folgendermaßen auf: Das erste Gebot sei in der Ordnung des Gebotenen das wichtigste. In der Ordnung des Tuns jedoch habe das zweite Gebot den Vorrang. Man könne den unsichtbaren Gott doch gar nicht lieben, wenn man ihm nie wirklich begegnet sei, ihn bislang nicht richtig wahrgenommen habe. Deshalb solle man zuerst den Nächsten lieben, den man sieht, und dann begegne man als Grund und Ursache dieser Liebe dem unsichtbaren Gott. Dann wiederum begreife man, dass die Gottesliebe wichtiger sei als die Nächstenliebe und unbedingt an erster Stelle stehen muss.
Augustinus betont damit im Sinne Jesu den Vorrang der Gottesliebe vor der Menschenliebe, ohne damit die Menschenliebe an die zweite Stelle zu setzen. Indirekt kritisiert er damit die Neigung, sich auf die Menschenliebe zu beschränken. Dem hohen Anspruch wahrer Menschenliebe kann nur genügen, wer sich der Gottesliebe hingibt. Ohne die Priorität der Gottesliebe wird Menschenliebe zur Philanthropie, für die man den in Jesus menschgewordenen Gott nicht mehr braucht. Seine Inspiration jenseits einer nur durchschnittlichen Mitmenschlichkeit ginge ebenso verloren wie der Glaube an ihn. Papst Benedikt hat in seiner Freiburger Rede zwischen den Zeilen auch darüber gesprochen. Es lohnt sich, sie daraufhin erneut zu lesen, im Gebet zu bedenken und danach zu handeln.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 42/2011 - 29. Woche im Jahreskreis (A)
Pfarrnachrichten 41/2011 - 28. Woche im Jahreskreis (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Die erste Lesung und das Evangelium sprechen von einem Festmahl, bei dem der Herr allen, nicht nur den Privilegierten, „feinste Speisen“ (Jesaja), „Ochsen und Mastvieh“ (Matthäus) bringen lässt. Mit dem Bild vom Festmahl feiert der alttestamentliche Text Gott als den, der rettet: „Wir wollen jubeln und uns freuen“. In Ergänzung dazu betonen die anderen Perikopen, dass der Mensch diesem rettenden Gott deshalb mit Frömmigkeit und Gottesfurcht zu entsprechen hat.
Paulus erklärt den Philippern am Beispiel seines Leben, was dann passiert: Er komme mit Entbehrungen gleichermaßen zu Recht wie mit Überfluss. Durch Frömmigkeit und Gottesfurcht vermag er alles „durch IHN, der mir Kraft gibt.“
Frömmigkeit und Gottesfurcht entstehen aus der Gotteskindschaft: ein kindliches Vertrauen, das durch beständige Pflege wie von selber, also gnadenhaft, im Inneren des Menschen durch Gottes Nähe wächst und positiv verändert. In der Folge stellen sich Gleichmut und Größe, Gelassenheit und Noblesse ein. – Nehmen wir uns doch einmal reichlich Zeit für die ernste und zugleich befreiende Frage: Fällt es unseren Nachbarn durch unsere Präsenz ähnlich leicht wie damals den Philippern durch die Nähe des Paulus, an Gott und seine verwandelnde Kraft zu glauben?
In Evangelium wird das vertieft. Die mit vielen Vorzügen ausgestatteten Großen und Edlen sind viel zu sehr mit sich selber beschäftigt. Auch die zweite Einladung zur Hochzeitsfeier schlagen sie aus. Sie fällt ihnen sogar lästig und einige fallen über die Diener her. Ihre Ichbezogenheit macht sie blind dafür, dass sie ohne den einladenden Gott an sich selber ersticken und zu Grunde gehen.
Man spürt im Evangelium, menschlich gesprochen, den heiligen Eifer und die unendliche Sehnsucht Gottes nach dem Menschen. Er gibt ihn allem zum Trotz nicht auf. Auf Drängen des Herrn schwärmen die Diener zum dritten Mal aus und der Festsaal füllt sich gleichermaßen mit Guten und Bösen. Und doch unterschieden sie sich: Die Bösen haben schließlich auch das Hochzeitskleid der Barmherzigkeit Gottes angezogen. So sind nun auch sie im Himmel mit den Guten am richtigen Platz.
Einer jedoch hält das hochzeitliche Gewand der göttlichen Barmherzigkeit für überflüssig; auch noch, als er darauf angesprochen wird. So verurteilt er sich selber dazu, fortan „zu heulen und mit den Zähnen zu knirschen“.
Es gibt eine innere Einstellung, mit der die hier angesprochenen Wahrheiten des Menschen über sich selber wunderbar zu verstehen sind. Der Heilige Josefmaria Escrivá hat sie einmal in der ihm eigenen Tiefe spiritueller Erfahrung wie folgt auf den Punkt gebracht (Der Weg, 425): „Zu wissen, dass Du mich so sehr liebst, mein Gott, und – ich habe noch nicht den Verstand verloren?“
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 39+40/2011 - 26+27. Woche im Jahreskreis (A)
Pfarrnachrichten 38/2011 - 25. Woche im Jahreskreis (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Das Gleichnis vom Weinberg, das diesen Sonntag aus dem Matthäusevangelium vorgetragen wird, ist schwer zu verstehen. Ein Gutsbesitzer wirbt wie üblich wohl um 6:00 Uhr früh Arbeiter für seinen Weinberg an und einigt sich mit ihnen auf einen Denar für den Arbeitstag (bis 18:00 Uhr), den damals üblichen Lohn für einen Tagelöhner. Auch damals gab es so etwas wie einen Mindestlohn.
Überraschend an dem Gleichnis ist, dass nicht, wie sonst üblich, irgendein Verwalter, sondern der Gutsherr persönlich Arbeiter für seinen Weinberg anwirbt. Auch die Einbettung des Gleichnisses in das Ganze des Matthäusevangeliums ist überraschend. Kurz vorher hatte Petrus den Herrn zur Rede gestellt (Mt 19,27): »Du weißt, wir haben alles verlassen und sind der nachgefolgt. Was werden wir dafür bekommen?«
Die Jünger beschäftigte die aus irdischer Sicht nachvollziehbare Frage: Was bringt uns das Ganze? Bleibt am Ende auch für uns etwas übrig für den Einsatz, den wir hier aufbringen? Ausdrücklich sagt Matthäus, dass Jesus seinen Jüngern, also dem engsten Kreis seiner Vertrauten und eben nicht der Menge dieses Gleichnis erzählt.
Fragt man sich als gläubiger Christ nicht auch manchmal: Ich halte die Gebote und verzichte auf manches, was sich andere, den bequemsten Weg suchend, wie selbstverständlich leisten. Dann spende ich auch regelmäßig und schenke anderen von meiner Zeit und Kraft. Rechnet sich das? Von daher ist das Gleichnis nicht nur an die Jünger sondern ebenso besonders an die bewusst aus der Kraft des Glaubens Lebenden, an die Arbeiter der ersten Stunde gerichtet.
Überraschend am Gleichnis ist zudem, dass der Gutsherr mit den später hinzukommenden Arbeitern um 9:00, um 12:00 und um 15:00 Uhr keinen bestimmten Lohn vereinbart. Er sagt nur: »Geht auch ihr in meinen Weinberg! Ich werde euch geben, was recht ist.« Ganz außergewöhnlich und gegen jedes unternehmerische Denken ist, dass er sogar um 17:00 Uhr, nur 1 Stunde vor Schluss, noch Arbeiter anwirbt und dazu noch ein gut meinendes Gespräch mit ihnen führt: »Was steht ihr hier den ganzen Tag untätig herum? Sie antworteten: Niemand hat uns angeworben. Das sagte er zu ihnen: Geht auch ihr in meinen Weinberg!«
Richtig spannend wird es dann im zweiten Teil des Gleichnisses. Alle Arbeiter, angefangen bei denen der letzten bis schließlich zu denen der ersten Stunde, erhalten denselben Lohn: Einen Denar. Die Arbeiter der ersten Stunde, die sich bei der auf Anweisung des Gutsherrn zuerst vorgenommen Auszahlung der Arbeiter der letzten Stunde verständlicherweise heimliche Hoffnungen gemacht hatten, sind empört. Sie »begannen, über den Gutsherrn zu murren.«
Dem Wortführer erwidert der Gutsherr, wenn man die schönredende deutsche Einheitsübersetzung durch eine wörtliche ersetzen darf: »Verschwinde mit deinem Anteil und geh! Komm mir nicht mehr unter die Augen. Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten. Ist dein Blick böse, weil ich gut bin?«
Gott ist anders. Man kann mit ihm keine Geschäfte machen, wie man es sonst so kennt. Gott ist gut, ohne all die Einschränkungen, an die wir gebunden sind. Deshalb ist im Himmel ist kein Platz für diejenigen, die „einen bösen Blick“ haben. Unsere Denkweise ist viel zu eng und eingeschränkt, um die unbegreifbare Liebe Gottes zu verstehen. Wohl aber kann man sich durch betrachtendes Beten dem Gleichnis nähern. Das ist die einzige Art, um das Gleichnisses zu allmählich zu verstehen und es so zu verinnerlichen, dass es auch unser Leben immer mehr bestimmt.
Wenn es uns gelingt, uns in kleinen Schritten der Andersartigkeit Gottes anzunähern, dann werden wir die „Entlohnung“ immer vertrauensvoller ihm überlassen können.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 37/2011 - 24. Woche im Jahreskreis (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Diesen Sonntag gibt uns das Matthäusevangelium grundlegende Orientierung zum Thema Vergebung. Sie ist unverzichtbar für jede Gemeinschaft. Jeder von uns wird immer wieder schuldig und ohne Vergebung schließt jeder den anderen unwiderruflich und hoffnungslos aus. Die Gemeinschaft zerbricht und hört auf. Das schmerzhafte Scheitern vieler Ehen ist oft auf die Unfähigkeit zu vergeben zurückzuführen.
Offen schreibt ein Mann im Internet: »Ich bin in einer Ehe, wo meine Frau mir aus meiner Sicht geringste Kleinigkeiten nicht verzeiht. Ich rede von Kleinigkeiten, nicht vom Seitensprung o.ä. … Meine Fehler werden mir noch nach Jahren vorgehalten. Ich entschuldige mich, aber es wird „Wiedergutmachung“ eingefordert … Das Resultat nach 26 Jahren Ehe: alles zerrüttet. Über mich wird ein „Schwarzbuch der Missetaten“ geführt. Ich ziehe nun aus. Kein Verzeihen, keine Vergebung selbst kleinster Dinge.“
Und von einer Frau ist dort zu lesen: »Gestern Abend (wieder) Streit! Ich habe mich respektlos behandelt gefühlt, im Stich gelassen, bin erniedrigt worden. Er entschuldigt sich, ruft mich an, schreibt Nachrichten, bedauert sein Verhalten zutiefst. Es fällt mir nicht schwer, ihm zu verzeihen; ich habe mehr ein Problem mit der Tatsache, dass er mich respektlos behandelt. Ich verzeihe ihm, ja! Nur die Schwierigkeit ist, ihm WIRKLICH zu verzeihen, sodass … ich keine Wut mehr in mir habe. Es geht immer ein Teil in mir kaputt. Ich stelle anschließend die Frage, ob er wirklich DER Mann an meiner Seite sein kann. … Warum behandelt er mich immer so respektlos? … Vielleicht bin ich gar nicht in der Lage, ihm zu verzeihen, selbst wenn ich es sage!? Ich weiß es nicht, meine Gedanken sind durcheinander, bin sehr verwirrt. Ich muss nachdenken.«
Petrus fragt den Herrn (Mt 18,21): »Wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er sich gegen mich versündigt? Siebenmal?« Auf die Frage »wie oft?« nimmt Petrus die Antwort gleich vorweg: »Siebenmal?«
Die jüdischen Rabbiner kannten das dreimalige Vergeben in gleicher Sache. Irgendwann, so scheint es, muss doch einmal Schluss damit sein. Man kann doch nicht immer wieder neu vergeben!
Petrus geht deutlich weiter: »Siebenmal?« Die Zahl »sieben« drückt Vollkommenheit aus. Die siebenmalige Vergebung ist also nicht nur rein numerisch, sondern als unbeirrbare Haltung zu verstehen, allem zum Trotz immer wieder neu zu vergeben. Eigentlich hätte der Herr dem zustimmen müssen. Er antwortet aber (Mt 18, 22): »Nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal.«
Mit einem eindrucksvollen Gleichnis (Mt 18,23-35) verdeutlicht Christus, dass sich die Fähigkeit zur Vergebung – auch sie entgegen zu nehmen – zu einer Charaktereigenschaft entfalten muss. Nur so wird Vergebungsfähigkeit zu einem immerwährenden Verhalten, das den eigenen Lebensstil zutiefst bestimmt. Vergeben ist ein Prozess, auch ein Lernprozess, der lebenslang dauert und nie aufhört.
Vergebung setzt voraus, eigene Fehler uneingeschränkt einzugestehen und die Verantwortung dafür zu übernehmen. Deshalb sollte es nie heißen: »Es tut mir leid, dass ich so reagiert habe, aber du hast mich auch provoziert!« Dieses »Aber« bewirkt, dass die wohlgemeinte Entschuldigung eher als Beschuldigung rüberkommt und Versöhnung unmöglich macht. Mit der Übernahme der vollen Verantwortung für den Bereich, wo man wirklich gefehlt hat, wächst die innere Stärke, die Konsequenzen zu tragen und neu zu beginnen.
Auch Wiedergutmachung will in diesem Zusammenhang gelernt sein: Wenn eine Frau ihren Fehler wieder gut machen möchte, indem sie ihrem Mann die Garage aufräumt, er ihre Hilfeleistung aber eher als Einmischung empfindet, wird die Aufräumaktion wohl einen weiteren Streit provozieren.
Der Gläubige weiß sich in allem Bemühen darum nie alleine. Gott öffnet neue Türen und zeigt ungeahnte Wege und Möglichkeiten.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 36/2011 - 23. Woche im Jahreskreis (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Jeder von uns wünscht sich Harmonie. Jeder möchte mit Menschen zusammen leben, denen er vertrauen und mit denen er gemeinsam in übereinstimmender Gesinnung etwas Gutes aufbauen kann. Zugleich weiß jeder von uns, dass dies sehr anspruchsvoll ist und leider nicht immer gelingt.
Das Leben ist oft geprägt von Konkurrenz, von Streben nach Macht und Beherrschung des anderen. Zugleich ist es geprägt von der Schwäche des Menschen. Keiner ist davon frei. Auch und gerade in der Größe des Menschen kann sich fast unbemerkt eine Erbärmlichkeit einschleichen, die alles ins Gegenteil verkehrt. Anderen können wir sehr gut raten und ihnen helfen, die Fallen der Eitelkeit, des verborgenen Stolz, der Machtgelüste wie auch der Trägheit, der Bequemlichkeit usw. besser zu erkennen und elegant zu umgehen.
Für die subtilen Erbärmlichkeiten des Menschen ist man mit Blick auf sich selber meist relativ blind; denn sie kommen mit raffinierten Begründungen, die einen selber auf’s Kreuz legen. Das eigene Denken ist nicht immer ein guter Ratgeber oder Lotse, wenn es um die Ausrichtung des eigenen Verhaltens und Tuns auf das wirkliche Gute geht. Anderen gegenüber ist das meist viel leichter. Deshalb sind wir angewiesen auf fremde Hilfe und zugleich dazu verpflichtet, anderen zu helfen.
Darum geht es im Sonntagsevangelium. »Wenn dein Bruder sündigt«, sagt der Herr (Mt. 18,15), »dann geh zu ihm und wiese ihn unter vier Augen zurecht.«
Schon die ersten Christen haben dieses Wort in besonderer Weise mit Blick auf die Gemeinschaft der Christgläubigen, also die Kirche gesehen. Diese Gemeinschaft ist einzigartig. Sie gibt es weltweit kein zweites Mal. Ihr ist der besondere Beistand des Heiligen Geistes versprochen. Von daher konnte Augustinus schon für die frühe Kirche die Zurechtweisung des Bruders mit dem Wirken Gottes zum Wohl eines jeden in Beziehung setzten. Augustinus sagt wörtlich (Reg 4,6): »Gott, der in euch wohnt, wird euch durch eure Verantwortlichkeit füreinander beschützen.«
Augustinus weiß von seiner eigen Biographie her um die Gebrochenheit des Menschen und besitzt zugleich eine große Sensibilität, für deren Auswirkungen auf andere, auch auf die gesamte Kirche, den Leib Christi. Die Verletzungen, die Menschen einander zufügen, betreffen Christus selbst, die Kirche und mit ihr die ganze Menschheit. »Denn, Brüder«, so Augustinus (Sermo 137,2 [PL 38,755]), »seht unseres Hauptes Liebe. Schon ist er im Himmel, und doch leidet er hienieden, solange die Kirche hienieden leidet.«
Ganz in diesem Sinne sagt dann viele Jahrhunderte später der Hl. Josefmaria Escrivá (Im Feuer der Schmiede 566): »Die brüderliche Zurechtweisung, deren Wurzeln im Evangelium zu finden sind, ist ein Freundschaftserweis im Zeichen des Glaubens und ein Beweis von Vertrauen. Sei dankbar, wenn du sie empfängst, und unterlasse es nicht, sie denen zu erteilen, die mit dir zusammen sind.«
Zurechtweisen heißt, den rechten Weg weisen. Das darf nie im Zorn geschehen. Auch darf dem anderen dabei nicht der Kopf gewaschen werden. Jesus hat es vorgemacht: Eher sind die schmutzigen Füße an der Reihe. Nach seiner Aufforderung zur Zurechtweisung gibt der Herr auch das Ziel einer solchen an (Mt 18,15): »Hört Dein Bruder auf dich, so hast du deinen Bruder zurück gewonnen.«
Wer also jemanden auf den rechten Weg zurückbringen möchte, tut dies nicht zu seinem Privatvergnügen oder aus persönlichem Ärger heraus, sondern im ausdrücklichen Auftrag Gottes. Das Sonntagsevangelium nennt eine Reihe sehr interessanter Vorraussetzungen, wodurch dies gewährleistet ist; insbesondere auch durch das gemeinsame Gebet (Mt 18, 19): »Alles, was zwei von euch auf Erden gemeinsam erbitten, werden sie von meinem himmlischen Vater erhalten.«
Ihr Pfr. Dr. Voker HIldebrandt
Pfarrnachrichten 35/2011 - 22. Woche im Jahreskreis (A)
Pfarrnachrichten 34/2011 - 21. Woche im Jahreskreis (A)
Pfarrnachrichten 33/2011 - 20. Woche im Jahreskreis (A)
Pfarrnachrichten 32/2011 - 19. Woche im Jahreskreis (A)
Pfarrnachrichten 31/2011 - 18. Woche im Jahreskreis (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Die Sommerpause tut gut und sie ist auch nötig. Leicht wächst uns die Arbeit über den Kopf. Auch wenn wir da vielleicht manchmal übertreiben, ist es doch so, dass schon allein dieser Eindruck uns zusätzlich lähmt und Kraft raubt.
So fühlten sich offenbar auch die Apostel, ja sogar unser Herr Jesus Christus selber – insofern er nicht nur Gott sondern in der Einzigkeit seiner Person zugleich auch ein Mensch wie wir ist – immer wieder einmal überfordert und an der Grenze der eigenen Möglichkeiten angelangt. So berichtet der Evangelist Matthäus unter anderem, dass Jesus, nachdem er gehört hatte, „dass Johannes (der Täufer) enthauptet worden war, mit dem Boot in eine einsame Gegend fuhr, um allein zu sein.“ (Mt 14,13)
Der schmachvolle Tod seines Wegbereiters wird ihn nicht nur schmerzlich berührt, sondern auch vor Augen geführt haben, wie wenig wir als Menschen letztlich bewegen und bewirken können. Die Bewohner Israels waren wohl in Scharen zum Täufer an den Jordan gekommen. Viele haben sich taufen lassen. Aber all das schien wie vergessen. Wie ein heruntergekommener Verbrecher wurde Johannes enthauptet; und nur noch wenige nahmen Notiz davon.
Wird das auch sein Schicksal sein, wenn einmal sein Weg am Kreuz enden wird? Wird dann alles vergebens gewesen sein? – Diese und ähnliche Fragen werden dem Herrn gekommen sein und ihn bedrückt haben. So muss er sich zuerst einmal zurückziehen, Abstand gewinnen, Herz und Kopf sortieren, um wieder klar sehen zu können.
Schließlich siegt das Mitleid, angesichts all der „Leute, die ihm zu Fuß nachgingen.“ (Mt 14,13) Durch sie wird ihm bewusst: Sie brauchen ihn. Auf ihn haben sie große Hoffnung gesetzt. Sie erwarten vieles von ihm. „Als er ausstieg und die vielen Menschen sah, hatte er Mitlied mit ihnen und heilte die Kranken, die bei ihnen waren.“ (Mt., 14,14)
Der Rahmen des Evangeliums von der Brotvermehrung (Mt 14,13-21), das wir an diesem Sonntag hören, ist höchst bedeutsam.
Als es Abend wurde, und die Vielen immer noch beim Herrn verweilten, werden die Apostel ungeduldig und sie drängen den Herrn voller Sorgen, sogar ein wenig vorwurfsvoll: „Der Ort ist abgelegen, und es ist schon spät geworden. Schick doch die Menschen weg, damit sie in die Dörfer gehen und sich etwas zu essen kaufen können.“ (Mt., 14,15)
Als der Herr ihnen daraufhin erwidert (Mt 14,16): „Sie brauchen nicht wegzugehen. Gebt ihr ihnen zu essen“, da bricht auch aus ihnen das menschliche Unvermögen hervor, das kurz vorher den Herrn, angesichts der menschenverachtenden Hinrichtung des Täufers, in die Einsamkeit getrieben hatte. – Sie sagten zu ihm (Mt 14,17): „Wir haben nur fünf Brote und zwei Fische bei uns.“ In der parallelen Überlieferung bei Johannes finden wir noch den Zusatz: „Was ist das für so viele.“ (Joh 6,9)
Der Herr ordnet an, dass sie die fünf Brote und zwei Fische herbringen und „die Leute sich ins Gras setzten“ (Mt 14,18 f) sollen. Mit der Formulierung: „Und er nahm die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf, sprach den Lobpreis, brach die Brote und gab sie den Jüngern“ (Mt 14,9) deutet der Evangelist den tieferen Sinn der Brotvermehrung, der in der Einsetzung der Eucharistie beim letzten Abendmahl in Erfüllung geht und fortan Bestand haben wird: „Während des Mahls nahm Jesus das Brot und sprach den Lobpreis; dann brach er das Brot, reichte es seinen Jüngern und sagte: Nehmt und esst, das ist mein Leib.“ (Mt 26, 26)
Alle wurden satt. „Als die Jünger die übriggebliebenen Brotstücke einsammelten, wurden zwölf Körbe voll.“ (Mt 14,20) Von den fünf Broten und den zwei Fischen blieb also für jeden Apostel ein voller Korb übrig.
Die Sommerpause wird uns helfen, erneut zu realisieren: Solange wir das „Wenige“, was wir hervorbringen und bewirken können – die Herstellung und den Vertrieb von Brot und Wein, vielmehr können wir am Ende auch heue nicht –, in die Hände Gottes legen, wie dieser Junge auf dem Bild, werden wir, wie die Apostel, immer wieder von den Möglichkeiten Gottes überrascht, der unser Bemühen reich segnet und von Dauer sein lässt.
Ihr Pfr.. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 30/2011 - 17. Woche im Jahreskreis (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
In den Beginn der großen Sommerferien werden uns an diesem Sonntag drei Schriftlesungen hinein gegeben, die zu betrachten sehr aufschlussreich ist.
Wieder einmal macht Jesus mit drei Gleichnissen über das Himmelreich nachdenklich. Die beiden ersten sind sich sehr ähnlich: Ein Feldarbeiter entdeckt im Acker einen Schatz und ein Perlenhändler woanders eine außergewöhnlich kostbare Perle. Beide sind klug und nicht auf den Kopf gefallen: beide gehen aufs Ganze: Sie setzen ihr gesamtes Vermögen ein, um das weit Wertvollere zu erwerben. Durch Wagemut und Schlauheit gehören sie zu den Gewinnern.
Wer verstanden hat, was Jesus anbietet, wird nicht zögern, alles auf eine Karte zu setzen. Er wird das Eigene uneingeschränkt und ohne Abzüge einsetzen, um vor Gott wie ein Armer zu werden. So kann er das von Gott Angebotene im reinen und ungetrübten Glauben erwerben: „Selig, die arm sind vor Gott – das heißt, die in ihrer Gesinnung auf alles verzichten –, denn ihnen gehört das Himmelreich.“ (Mt 5,3)
Aber nicht jeder findet den Schatz oder die Perle; und nicht jeder vermag sofort aufs Ganze zu gehen. Deshalb folgt, wie am vorigen Sonntag, noch ein drittes Gleichnis: Fischer ziehen ihre Netze ans Land. Sie sortieren die guten Fische aus, die Schlechten aber werfen sie weg. – „So wird es auch am Ende der Welt sein.“ (Mt 13,49) Mit dieser Erklärung deutet der Herr das dritte Gleichnis zusammen mit den beiden vorausgehenden: Mit den klugen Entscheidungen im zeitlichen und irdischen Leben ist es wie mit den klugen Entscheidungen für die Ewigkeit: hinter dem Angebot Gottes, der einmaligen Chance, steht die ernste Warnung, sie nicht zu versäumen.
Es geht um Gewinn oder Verlust der gesamten menschlichen Existenz. Wie der mutige Landwirt und der kluge Kaufmann keinen Augenblick zögern, so wird der Christ, der begriffen hat, um was es geht, sogleich zu greifen.
„Habt ihr das alles verstanden? Sie antworteten Ja.“ (ibid., 51) Womöglich haben die Jünger das alles erst nach Ostern richtig verstanden, als Jesus ihnen die Augen für das Verständnis der Schrift öffnete: „Alles …, was im Gesetz des Mose, bei den Propheten und in den Psalmen über mich gesagt ist.“ (Lk 24,44). – Im Licht des Neuen verstehen sie nun das „Gleichnis” des Alten. Und so kann nun Jesus die drei Gleichnisreden für die „Jünger des Himmelreichs“ mit einem letzten Vergleich abschließen. Wie er selber, sollen nun auch sie „einem Hausherrn” gleichen, „der aus seinem reichen Vorrat Neues und Altes hervorholt" (ibid., 52): das Alte ist nicht obsolet geworden, sondern erhält im Licht des Neuen eine weitaus höhere und größere Bedeutung.
Die beiden Lesungen des ersten Feriensonntags spiegeln ‚das Alte und das Neue’ in der gemeinten Tiefe wieder. Gott will dem jungen, noch unerfahrenen König Salomo eine Bitte gewähren, und dieser bittet um „ein hörendes Herz”, um als König das „Volk regieren und das Gute vom Bösen unterscheiden” zu können (1 Kön 3,9). Er bittet um genau das Richtige, er setzt alles auf den Schatz im Acker und die kostbare Perle. Das gefällt Gott. David erhält das kostbare Geschenk und alles Übrige wird ihm dazu gegeben. Ganz in diesem Sinne sagt der Herr dann auch wenig später noch im Mathäusevangelium (6, 33): „Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben.“
Man kann dieses „Alte” also unverkürzt ins „Neue” hineinholen, wo freilich weit größere Güter angeboten werden. „Wir wissen“, sagt Paulus (zweite Sonntagslesung: Röm 8,28), „dass Gott bei denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt“. Wer sich aus seinem Innersten heraus für Gott entscheidet, der erfährt zunehmend, dass seine freie und ureigene Entscheidung schon ewig von Gottes Entscheidung zu ihm umgriffen und in ihr geborgen war. Die Gott wirklich lieben, sind immer schon in Christus gewesen; und nichts kann sie aus der Bahn werfen, wenn sie in dieser Liebe blieben. Diese Vorherbestimmung, von Gott angesprochen und berufen zu sein, zur Gerechtsprechung und zum ewigen Leben, ist kein schicksalhaftes Rad (vgl. Jak 3,6), sondern der in sich geschlossene Kreis der Liebe, der immer auf die ureigene Antwort jedes Menschen angewiesen bleibt.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 29/2011 - 16. Woche im Jahreskreis (A)
Pfarrnachrichten 28/2011 - 15. Woche im Jahreskreis (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Der Evangelist Matthäus (13,1-23) erzählt von einer großen Menschenmenge, die sich versammelt hatte, um den Worten Jesu zu lauschen. Der Herr bestieg deshalb ein Boot. In der Art eines bedeutenden Lehrers, der Wichtiges zu sagen hat, setzte er sich dort wie auf einen Lehrstuhl und redete zu der Menge in Gleichnissen. Wir hören davon diesen Sonntag.
Das uns überlieferte Gleichnis greift die Alltagserfahrung der Menschen vom Lande auf: Ein gewisser Teil der Saat, die ein Sämann aussät, bringt keine Frucht, weil dieser Teil entweder auf den Weg, auf felsigen Boden oder unter die Dornen fällt. Der Teil aber, der auf fruchtbaren Boden fällt, bringt reiche Frucht: »teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach«.
Interessant ist, dass Matthäus zu der gleichnishaften Rede auch ihre Interpretation überliefert, die Jesus selber auf die Frage seiner Apostel: »Warum redest du ihnen in Gleichnissen?« gegeben hat. Es bedarf nach der Erklärung des Herrn als Vorraussetzung zum Verstehen zuerst einmal eines gewissen Grundverständnisses. »Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Himmelreiches zu erkennen; ihnen aber ist es nicht gegeben. Denn wer hat« - gemeint ist: wer dieses Grundverständnis hat –, »dem wird gegeben, und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch genommen, was er hat.«
Im Grunde kann man von Gott nur in Bildern reden. Wer aber diese Bilder nicht verstehen kann oder will, weil sein Herz verhärtet (V. 15), durch weltliche Sorgen (V. 22) oder Oberflächlichkeit (V. 15) vereinnahmt ist, der kann die in den Bildern gemeinte göttliche Wirklichkeit nicht verstehen: Die Saat verdorrt, der Böse nimmt auch noch die Keime weg (V. 19).
Seinen Jüngern jedoch sagt er: »Ihr aber seid selig, denn eure Augen sehen und eure Ohren hören«. Durch Gottes Gnade können seine Jünger ansatzweise verstehen, was Jesus ihnen erklärend darlegt. Aber das volle Verständnis ist ihnen erst nach Ostern und erst nach der Sendung des Heiligen Geistes möglich. So fragen sie jetzt nach dem Sinn der Gleichnisse, die sie erst der Heilige Geist und Wirklichkeit der Kirche recht verstehen lassen.
In der zweiten Lesung aus dem Römerbrief (8,18-23) sagt Paulus, und so versteht man besser, was im Sonntagsevangelium auch hintergründig gemeint ist, »dass die ganze Schöpfung sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes wartet.« Die Schöpfung, so Paulus, »ist der Vergänglichkeit, der Sklaverei und Verlorenheit unterworfen«. Sie liegt in Geburtswehen und bringt noch keine Frucht hervor. So ist es auch mit uns, sagt Paulus, »obwohl wir als Erstlingsgabe den Geist haben«. Wir »seufzen in unserem Herzen und warten darauf, dass wir mit der Erlösung unseres Leibes als Söhne offenbar werden.
Der gläubige Christ gehört zu denen, in dessen Herz ein anfängliches Verstehen der Gleichnisse Jesu bereits gelegt ist. Aber schon er hat Mühe, im Gleichnis die Wahrheit Jesu zu finden! Und er muss fürchten, dass auch in ihm, der durch Gottes Gnade und im Heilige Geist und in seiner Kirchen zu sehen und zu hören vermag, steiniger Boden das Aufgehen der Saat Gottes verhindert!
Der gläubige Christ muss also auch heute der Versuchung widerstehen, angepasst leben zu wollen. Er muss stark sein und aushalten können, einer Minderheit anzugehören. Dass es sich lohnt, darin bekräftigt ihn die Heilige Schrift, weil sie zugleich bezeugt, dass die Saat auf dem guten Erdreich hundertfach, sechzigfach, dreißigfach aufgeht, dass also die Ernte doch eine im Ganzen überwiegend gute sein wird. Und das unbedingt (vgl. die erste Lesung: Jes 55, 10-11).
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 27/2011 - 14. Woche im Jahreskreis (A)
Pfarrnachrichten 26/2011 - 13. Woche im Jahreskreis (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaelon!
In einem Brief vom 20. Juni des Jahres hat sich der Generalvikar des Erzbistums Köln kurzfristig an alle in der Seelsorge Tätigen gewendet und schreibt: „Am 29. Juni 2011, dem Hochfest Peter und Paul, feiert Papst Benedikt XVI. den 60. Jahrestag seiner Priesterweihe. Aus diesem Grund hat die Kleruskongregation dazu eingeladen, in allen Diözesen eine 60-stündige Eucharistische Anbetung, quasi als Geschenk für den Hl. Vater mit der Bitte um Ordens- und Priesterberufungen zu halten.“
Im Schlusswort zu Stadt-Prozession am Fronleichnamstag hat unser Erzbischof dankbar auf diese Initiative hingewiesen und zu einer großzügigen Teilnahme eingeladen.
Dem möchte ich mich gerne anschließen. Im Schaukasten finden Sie eine Übersicht, an welchen Orten wann für dieses Anliegen Jesus Christus, gegenwärtig in der Heiligen Hostie, intensiv gebeten und angebetet wird.
Der selige Papst Johannes Paul II. schrieb in seinem bekannten Brief ‚Dominicae cenae’: „Die Kirche und die Welt haben die Verehrung der Eucharistie sehr nötig. In diesem Sakrament der Liebe wartet Jesus selbst auf uns. Keine Zeit sei uns dafür zu schade, um ihm dort zu begegnen: in der Anbetung, in einer Kontemplation voller Glauben, bereit, die große Schuld und alles Unrecht der Welt zu sühnen. Unsere Anbetung sollte nie aufhören.“
Schon in früher Christenheit haben die Kirchenväter, etwa der Heilige Ambrosius, den Glauben an die wirkliche Gegenwart Jesu in der Hostie unter der Gestalt des Brotes wie folgt als höchst vernünftig dargestellt: „Hier liegt etwas vor, was nicht die Natur gebildet, sondern die Segnung konsekriert (zu etwas Heiligem gemacht) hat, und die Wirksamkeit der Segnung geht über die Natur hinaus, indem sogar die Natur selbst kraft der Segnung verwandelt wird ... Das Wort Christi, das noch nicht Seiende aus dem Nichts zu schaffen vermochte, soll Seiendes nicht in etwas verwandeln können, was es vorher nicht war? Nichts Geringeres ist es, neue Dinge zu erschaffen, als Naturen zu verwandeln“ (myst. 9,50,52).
In dem auf den Heiligen Thomas von Aquin zurückgehenden Hymnus ‚Gottheit tief verborgen’, der im gängigen Gotteslob unter der Nr. 546 zu finden ist, wird darauf hingewiesen, „dass der wahre Leib und das wahre Blut Christi in diesem Sakrament sich nicht mit den Sinnen erfassen lässt, sondern nur durch den Glauben, der sich auf die göttliche Autorität stützt.“ Deshalb kommentierte etwa schon der Heilige Cyrill in altkirchlicher Zeit die Worte des Herrn; ‚Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird‘ (Lk 22,19) wie folgt: „Zweifle nicht, ob das wahr sei. Nimm vielmehr die Worte des Erlösers im Glauben auf. Da er die Wahrheit ist, lügt er nicht“ (zitiert nach KKK 1381).
Die Heilige Schrift lässt keine Alternative zu: In der Hl. Hostie, im heiligsten Sakrament der Eucharistie, ist „wahrhaft, wirklich und substanzhaft der Leib und das Blut zusammen mit der Seele und Gottheit unseres Herrn Jesus Christus und daher der ganze Christus enthalten“ (K. v. Trient: DS 1651).
Wer den Herrn in der Eucharistie anbetet und verehrt, bringt seine Anliegen nicht vergeblich zu ihm. Deshalb ist es schlicht und einfach so, allen abschätzigen Äußerungen zum Trotz: Wenn wir gute und zahlreiche Priester wollen, werden sie uns von Gott geschenkt, wenn wir uns durch die Anbetung Gottes in der Eucharistie in das Geheimnis seiner göttlichen Liebe hineinnehmen und verwandeln lassen. Auf dieser Grundlage werden uns viele und gute Priester geschenkt. Ohne diese Grundlage werden viele Pfarreien und Kirchen weiterhin verwaist und priesterlos bleiben.
Im Aushang finden Sie die Übersicht der Anbetungsstunden vor ausgesetztem Allerheiligsten vom 22. Juni bis zur Priesterweihe am 01. Juli im Dom. Auf dem Gebiet unserer Pfarrei findet die Anbetung statt in der Kirche Maria vom Frieden (Karmelitinnenkloster) am Do., dem 30.6., von 14.30-17.30 Uhr.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 25/2011 - Dreifaltigkeitssonntag und 12. Woche im Jahreskreis (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleoen!
Mit dem Pfingstfest ist die Osterzeit zu Ende gegangen. Der liturgische Kalender sieht unmittelbar im Anschluss daran drei sogenannte Herrenfeste vor: das Fest der Heiligsten Dreifaltigkeit; am kommenden Donnerstag das Fronleichnamsfest, und schließlich, am Freitag der dritten Wochen nach Pfingsten, das Fest des Heiligsten Herzens Jesu.
Jeder dieser Festtage schenkt dem Gläubigen eine besondere der vielen Dimensionen, die das Ganze des christlichen Glaubens umfassen: die Wirklichkeit des einen und dreifaltigen Gottes, das Sakrament der Eucharistie und die gottmenschliche Mitte der Person Christi. Es sind Aspekte des einen Heils, das uns von Gott geschenkt ist, und die »in gewisser Weise den ganzen Verlauf der Offenbarung Jesu zusammenfassen, von der Menschwerdung angefangen über den Tod und die Auferstehung bis hin zur Himmelfahrt und zum Geschenk des Heiligen Geistes« (Papst Benedikt XVI.)
An diesem Dreifaltigkeitssonntag feiert die Kirche den wahren Gott so, wie Jesus ihn uns zu verstehen gegeben hat: Als den einen Gott in drei Personen, was in der Präfation des Hochfestes theologisch genauer wie folgt formuliert ist: »nicht in der Einzigkeit einer Person, sondern in den drei Personen des einen göttlichen Wesens«.
Das sogenannte Kompendium des Katechismus der katholischen Kirche erteilt auf die Frage »Welches ist das zentrale Geheimnis des christlichen Glaubens und Lebens?« die folgende Antwort: »Das zentrale Geheimnis des christlichen Glaubens und Lebens ist das Mysterium der heiligsten Dreifaltigkeit.«
Die fundamentale Bedeutung des einen Gottes in drei Personen als Dreifaltigen wird in der Glaubenspraxis etwa beim Bekreuzigen deutlich, die der christlich Betende mit den Worten begleitet: »Im Namen des Vaters, und des Sohnes, und des Heiligen Geistes«. Auch wird die Taufe, das erste und für alle folgenden Sakramente grundlegende und notwendige, mit den Worten gespendet: »Ich taufe Dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes«.
In der gesamten Schöpfung, und in besonderer Weise in der Gemeinschaft der Mensch, spiegelt sich wider, was in ihrem Ursprung konstitutiv und wesentlich ist: Der eine Gott ist lebendige Gemeinschaft in drei Personen, er ist gegenseitiges Geben und Nehmen, Schenken und Beschenkt-Werden.
Das spiegelt sich wider bis hinein in den Makro- und Mikrokosmos, worauf Papst Benedikt XVI. in Anlehnung an frühchristliche Traditionen erinnert: »Wenn wir den Makrokosmos betrachten: unsere Erde, die Planeten, die Sterne, die Galaxien, oder aber den Mikrokosmos: die Zellen, die Atome, die Elementarteilchen. In allem, was ist, ist in einer gewissen Weise der „Name" der Heiligsten Dreifaltigkeit eingeprägt, da das ganze Sein, bis hin zum letzten Teilchen, ein Sein in Beziehung ist. Und so wird der Gott erkennbar, der Beziehung ist, so wird letztlich die schöpferische Liebe erkennbar. Alles geht aus der Liebe hervor, strebt hin zur Liebe und bewegt sich angetrieben von der Liebe - natürlich mit verschiedenen Graden des Bewusstseins und der Freiheit.«
Und mit besonderem Blick auf den Menschen fügt der heilige Vater hinzu: »Der stärkste Beweis dafür, dass wir nach dem Bild der Dreifaltigkeit gemacht sind, ist dieser: Nur die Liebe macht uns glücklich, denn wir leben in Beziehung; und wir leben, um zu lieben und geliebt zu werden. Unter Verwendung einer Analogie, die der Biologie entstammt, könnten wir sagen, dass das Sein des Menschen die tiefe Spur der Dreifaltigkeit – des Gottes, der die Liebe ist – in seinem „Genom" trägt.«
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 24/2011 - Pfingsten und 11. Woche im Jahreskreis (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Beim letzten großen Weltjugendtag in Sydney, 2008, hat Papst Benedikt XVI. den Jugendlichen seine eigene Erfahrung geschildert, wie er dem Heiligen Geist als junger Priester näher kam und ‚begegnete’.
„Als ich ein kleiner Junge war“, so Papst Benedikt, „lehrten mich meine Eltern – wie Eure auch – das Kreuzzeichen. Und so kam ich bald zu der Einsicht, dass es einen Gott in drei Personen gibt und dass die Dreifaltigkeit das Zentrum unseres christlichen Glaubens und Lebens ist. Während ich zu einem gewissen Verständnis von Gott Vater und Gott Sohn heranwuchs – die Namen sagten mir bereits viel –, blieb mein Verständnis der dritten Person in der Trinität unvollständig. Als junger Priester, der Theologie lehrte, entschied ich mich darum, die herausragenden Zeugen über den Geist in der Kirchengeschichte zu studieren. Auf diesem Weg geschah es, dass ich mich unter anderem in die Lektüre des großen Heiligen Augustinus vertiefte."
Das ‚Verstehen’ des Heiligen Geistes habe sich auch bei Augustinus schrittweise vollzogen. Es wäre ein inneres Ringen gewesen. Schließlich habe ihn die Erfahrung der in der Kirche gegenwärtigen Liebe Gottes dazu gebracht, deren Quelle im Leben des dreieinigen Gottes zu suchen. „Das führte ihn zu drei besonderen Einsichten über den Heiligen Geist als das Band der Einheit innerhalb der Heiligen Dreifaltigkeit: Einheit als Gemeinschaft, Einheit als bleibende Liebe und Einheit als Geben und Gabe.“
Dieser Einsichten seien hilfreich in einer Welt, „in der sowohl einzelne Menschen als auch Gemeinschaften oft an einem Mangel an Einheit oder Zusammenhalt leiden". Der Heilige Geist stelle sie wieder her und stärke sie.
Der heilige Augustinus habe bemerkt, „dass sich die beiden Begriffe ‚heilig’ und ‚Geist’ auf das Göttliche in Gott beziehen; mit anderen Worten: auf das, was der Vater und der Sohn gemeinsam haben – auf ihre Communio. Wenn also das charakteristische Merkmal des Heiligen Geistes darin besteht, dass er das ist, was der Vater und der Sohn gemeinsam haben, dann – so folgerte Augustinus – ist die besondere Eigenschaft des Geistes die Einheit. Es ist eine Einheit aus gelebter Gemeinschaft: eine Einheit von Personen in einer Beziehung ständigen Gebens, in der der Vater und der Sohn sich einander schenken.“
Das Studium des ersten Johannesbriefes – „Gott ist die Liebe … wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm“ –, habe Augustin schließlich fragen lassen, ob ‚Einheit als bleibende Liebe’ durch die Liebe selber oder durch den heiligen Geist gegeben und garantieret würde. Augustinus sei zu folgendem Schluss gekommen: „Der Heilige Geist lässt uns in Gott bleiben und Gott in uns; doch die Liebe ist es, die dies bewirkt. So ist der Geist also Gott als Liebe!" (De Trinitate, 15,17,31)
„Das ist eine wundervolle Erklärung", so Papst Benedikt: „Gott teilt sich selbst mit als Liebe im Heiligen Geist." Liebe ist also das Zeichen für die Gegenwart des Heiligen Geistes. All das, dem es an Liebe mangelt, stammt also nicht „vom Geist“. Darüber hinaus ist Liebe ihrem Wesen nach etwas Bleibendes. Sie ist folglich göttlichen Ursprungs und verwandelt von daher die Welt.
Zuletzt ist der Heilige Geist Gott selber, der sich uns als Gabe mitteilt (s.o.: „Einheit als Geben und Gabe“). „Der Heilige Geist ist Gott“, so Papst Benedikt, „der ewiglich sich selbst schenkt; wie eine nie versiegende Quelle gießt er nichts Geringeres aus als sich selbst. Angesichts dieser unaufhörlichen Gabe gehen uns die Augen auf für die Begrenztheiten alles Vergänglichen, für die Torheit der Konsum-Mentalität. Wir beginnen zu verstehen, warum die Suche nach dem Neuen uns unbefriedigt und sehnsuchtsvoll bleiben lässt. Schauen wir nicht nach einer ewigen Gabe aus? Nach der Quelle, die nie versiegen wird? Lasst uns mit der Samariterin ausrufen: ‚Gib mir dieses Wasser, damit ich keinen Durst mehr haben muss!’ (vgl. Joh. 4,15).“
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 23/2011 - 7. Osterwoche (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Die Apostelgeschichte (Kapitel 1, Verse 12-14) berichtet, dass die Apostel nach der Himmelfahrt des Herrn vom Ölberg nach Jerusalem zurückkehrten. Dort angekommen »gingen sie in das Obergemach hinauf, wo sie nun ständig blieben«. Dieses »ständige Bleiben« beschreibt die Apostelgeschichte dann noch pointiert wie folgt: »Sie alle verharrten dort einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen und mit Maria, der Mutter Jesu, und mit seinen Brüdern«.
Über dieses »ständige Bleiben « im »Obergemach im einmütigen Gebet « gibt es nur wenige bildhafte Darstellungen. Das auf dieser Seite wiedergegebene Ikonengemälde aus dem Kloster der heiligen Agnes von Böhmen (Prag) vom Meister des Hohenfurter Altars zeigt Maria in der Mitte der Apostel, wie sie diese belehrt, wohl in Erwartung des Heiligen Geistes.
Die christliche Frömmigkeit und der Glaube des Volkes haben nie Schwierigkeiten damit gehabt, nach der Himmelfahrt des Herrn nun Maria einen bevorzugten Platz in der Mitte der Apostel zuzuweisen. Von allen „Zurückgebliebenen“ steht sie dem Herrn am nächsten. Sie ist und bliebt ihm in besonderer Weise verbunden.
Darüber hinaus hat sich ihr Leben und Dasein darin erfüllt, allen Menschen den Erlöser zu schenken. Diesem ihren Lebensinhalt bleibt sie treu und füllt nun die Lücke des in den Himmel Aufgefahrenen bis zu Herabkunft des Heiligen Geistes.
All diese Darstellungen mit Maria in der Mitte der Apostel haben etwas ausdrücklich Frommes an sich. Die darstellende Kunst hat sich hier ganz offensichtlich an den oben zitierten Worten der Apostelgeschichte inspiriert: »Sie alle verharrten dort einmütig im Gebet«.
Es täte uns gut, ließen wir uns auf die Weite und auf den Horizont ein, die in allen Erzählungen der neutestamentlichen Berichte immer mitgemeint und deshalb auch mitzuhören sind. Beten kann man nicht nur in der Kirche; und auch nicht nur im Wald oder in der wunderbaren Natur. Beten ist überall möglich. Beten ist ein Lebensstil.
Beten heißt, freundschaftlich verbunden zu leben mit dem Schöpfer und dem Erlöser. Beten heißt, mit ihm zu sprechen und auf ihn zu hören. Das kann und sollte man beständig. Regelmäßige Gottesdienste und Gebetszeiten helfen einem dabei, in allen Situationen im Alltag diesen Lebensstil des beständigen Redens und Hörens durchzuhalten und dabei zu bleiben, alles Wichtige wie auch das ganz Alltägliche, in anhaltender und nachhaltiger Rücksprache mit Gott, dem Herrn, anzugehen und umzusetzen.
So ist diese Zeit der Apostel im Obergemach eine für sie höchst wertvolle Zeit. Sie erhalten nun gewissermaßen von Maria „den letzten Schliff“, um sich nun angesichts der physischen Abwesenheit ihres Herrn daran zu gewöhnen und darauf einzustimmen, mit und in seiner geheimnisvolle, deshalb aber nicht weniger realen Anwesenheit und Gegenwart zu leben.
Wie wäre es, wenn auch Sie in diesem Sinne einmal „in die Schule“ von Maria gingen? »Man geht zu Jesus und man kehrt zu Ihm zurück immer durch Maria«, so hat es der Heilige Josefmaria Escrivá in einem seiner bekannten Aphorismen erklärt (Der Weg, Nr. 495).
Man vermag hinter dem frommen Charakter dieser bildhaften Darstellung auch den Kern des Gemeinten erkennen: Nur in einer lebendigen Beziehung zu Gott gelingt das Leben. Da Maria immer auch für die Kirche steht, wird dem Betrachter also auch mitgeteilt: Nur mit und im lebendigen Leben der Kirche wird gelingen, was das Leben gelingen lässt: Ein Freund und Kind Gottes zu werden und es ein Leben lang zu bleiben. – Das wünsche ich auch Ihnen von Herzen.
Beachten Sei bitte unsere Einladung zur Teilnahme am Papstbesuch in Berlin; die Ankündigungen zu unserm diesjährigen Theophanu-Gedenken (insbesondere die traditionsreiche Hl. Messe am 15. Juni mit orthodoxem Totengedenken am Grab der Kaiserin) und die Ankündigungen zu unserem Pfarrfest am Sonntag, dem 3. Juli.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 22/2011 - 6. Osterwoche (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Im Vergleich zu den vergangenen Sonntagen ist der Text des Evangeliums von diesem Sonntag ausgesprochen kurz. Um so mehr fällt auf, dass das Wort „lieben“ gleich fünfmal darin vorkommt. Das Wort „lieben“ umschließt den Text wie eine Klammer. Es bestimmt den Anfang und den Schluss und umrahmt die in der Mitte stehende Aussage des Herrn, er werde die Seinen – die Apostel, wie alle anderen, die ihm einmal folgen werden – nicht alleine zurücklassen.
Darüber hinaus führen diese Evangelienverse das weiter fort, was der Herr den Seinen durch die Fußwaschung (vgl. Johannesevangelium, Kapitel 13) anschaulich erklärt hatte. Er, der Herr und Meister, hatte sein Obergewand abgelegt, sich mit einem Leinentuch umgürtet und den Aposteln die Füße gewaschen. Dieser von außen betrachtete „Sklavendienst“ war ein Liebesdienst, eine Liebeserklärung an die Seinen.
Diese anschauliche Liebeserklärung setzt er nun, sie mit Kopf und Herz erklärend, weiter fort. Seine Liebe kann ja nur dort begriffen werden, nur dort ist sie erfahrbar, wo sie auch beantwortet und erwidert wird und werden kann. Nun ist aber der Mensch aus eigenem Vermögen nur sehr bedingt dazu in der Lage; denn die Größe der Liebe Gottes zu ihm übersteigt sein Fassungsvermögen. Aus eigener Kraft hat keiner von uns eine Vorstellung davon, wie groß in der Tat Gottes Liebe zu uns Menschen ist.
Das kann der Mensch, ein jeder von uns, nur aus dem Licht heraus verstehen, mit dem Gott den Menschen gnadenhaft erleuchtet. Es ist das Licht des Heiligen Geistes, den der Herr als Beistand, als Tröster vom Vater für uns erbeten und gesendet hat.
„Und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll. Es ist der Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt.“
Anders als die „Welt“ können jedoch Jesu Jünger diesen Geist verstehen: „Ihr aber kennt ihn“, erklärt der Herr den Seinen, „weil er bei euch bleibt und in euch sein wird.“
Jesus lässt die Seinen also „nicht als Waisen“ zurück. Er bleibt in und bei ihnen durch den Heiligen Geist. Obwohl Jesus nicht mehr physisch unter seine Jüngern ist, bleibt er im und durch den Heiligen Geist und kann so erklären: „Ihr seid in mir und ich bin in euch.“
Das Ganze ist sehr konkret und bleibt nicht irgendwie abgehoben im rein Geistigen. Ein bestimmter Lebensstil, der Lebensstil unseres Herrn Jesus Christus, macht das alles möglich. Dieser Lebensstil spiegelt im lebendigen Vollzug die Gebote wider, die Gott in das Herz des Menschen als seine Bestimmung hineingelegt hat. Das meint Jesus, wenn er im Sonntagsevangelium sagt: „Wer meine Gebote hat uns sie hält, der ist es, der mich liebt.“
Der indische Philosoph Tagore hat dies als allgemeinmenschliche Erfahrung einmal mit den folgenden drei Sätzen auf den Punkt gebracht: „Ich schlief und träumte, das Leben sei Glück und Freude. Ich wurde wach und bemerkte, das Leben ist Pflicht. Ich begann die Pflicht zu erfüllen, und siehe, sie wurde mir zu Glück und Freude.“
Das tägliche Bemühen um einen Lebensstil im Sinne Jesu nach den zehn Geboten schafft die Vorraussetzung dafür, dass Gottes Liebe den Menschen erreichen und erfüllen kann. Die Erwiderung dieser Liebe folgt dann wie von selber und führt zur Vollendung eines solchen Lebens in der grenzenlosen Liebe Gottes.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 21/2011 - 5. Osterwoche (A)
Pfarrnachrichten 20/2011 - 4. Osterwoche (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Uns erreichen weiterhin Zeilen des Dankes für die gemeinsamen Tage in Rom anlässlich der Seligsprechung von Papst Johannes Paul II., zu der wir uns mit über 90 Pilgern, darunter auch 36 Jugendliche, vor zwei Wochen auf den Weg gemacht hatten. So schließt sich Martin J., der hier in St. Pantaleon viele Jahre Messdiener war, einem der jugendlichen Vorredner an und schreibt bestätigend: »… ich kann mich nur mit ganzem Herzen dem Statement eines anderen Teilnehmers anschließen, das Sie in den letzten Pfarrnachrichten zitierten. Auch ich werde noch lange von dieser Pilgerfahrt und ihrem Höhepunkt, der Seligsprechung von Papst Johannes Paul II., zehren. Vielen Dank, dass ich an dieser Fahrt teilnehmen durfte.«
Diese weitere Rückmeldung, von noch anderen, beflügelt in der Absicht, auch zum Besuch von Papst Benedikt XVI. in Deutschland eine interessante und schöne Reise etwa nach Berlin anzubieten, zum Ausdruck sowohl unsere Solidarität mit dem Heiligen Vater, wie auch zur Stärkung, zur Verlebendigung und Vertiefung der eigenen Beziehung zum Herrn, die sich immer wieder neu und ganz überraschend als ungemein befreiend und beglückend erweist.
Darüber hinaus ist auch eine erste kleine Fahrt mit unserer neuen Messdienergruppe im Gespräch; vielleicht schon über Christi Himmelfahrt, sonst auch in den Sommerferien.
Mittlerweile laufen auch die Vorbereitungen für das kommende Pfarrfest am Sonntag, dem 3. Juli. Nach erprobter Weise schließt sich an die einzige Heilige Messe am Sonntagvormittag um 10.00 Uhr die Prozession mit dem eucharistischen Herrn durch unser Veedel an. Sie endet mit dem sakramentalen Segen in der Kirche um 12.00 Uhr. Daran schließt sich unmittelbar das Pfarrfest im Papst Benedikthof, unserem Innenhof, an. Wie in jedem Jahr werden auch für dieses Mal noch zahlreiche Helfer und fleißige Hände gesucht. Auch Kuchen- und sonstige Sachspenden sind immer herzlich willkommen. – Am Mittwoch, dem 08. Juni findet dafür um 19.30 Uhr eine weiter Vorbesprechung im Sitzungssaal des Pfarrbüros statt, zu der alle Interessierte herzlich eingeladen sind.
Aber das ist nicht alles. Auch in diesem Jahr werden wir im festlichen Rahmen unseres traditionsreichen und ökumenisch ausgerichteten Theophanugedenkens am 15. Juni um 18.30 in einer feierlich gehaltenen Abendmesse für die Einheit der Christen in Ost und West beten, mit sich daran anschließendem orthodoxen Totengedenken (Mnemosynon) am Grab der Kaiserin.
Das diesjährigen Theophanugedenken wird am Mittwoch, dem 1. Juni um 16.00 Uhr mit einer Ikonenausstellung – »Georgische Miniaturen von Mamuka Schengelia« eröffnet. Diese Ausstellung bleibt im Kapitelsaal, vor allem am Wochenende, für Interessierte bis Samstag, dem 25. Juni zugänglich.
Als weitere Höhepunkte des traditionsreichen Gedenkens »unserer« griechisch-deutschen Kaiserin sind vorgesehen:
· am Montag, dem 6. Juni um 19.30 Uhr im Domforum ein Vortrag von Prof. Dr. Günther Binding: »Die Kirche St. Pantaleon und neue Erkenntnisse der zeitlichen Einordnung«;
· am Freitag, dem 17. Juni um 19.30 Uhr in unserem Pfarrsaal eine Autorenlesung von Gabrielle Alioth aus ihrem brandneuen Roman über Kaiserin Theophanu zwischen 980 bis 991: »Die griechische Kaiserin«; und
· am Samstag, dem 18. Juni um 16.15 Uhr in der Kirche St. Pantaleon eine orthodoxe Vesper mit gemeinsamem Gebet für den Frieden, an der sich unterhaltsame und stimmungsvolle griechische Folklore mit Tanz und Musik und einem kulinarischen griechischen Imbiss im Pfarrsaal etwa gegen 17.00 Uhr anschließen werden
Es wäre schön, wenn hierdurch auch die Absicht der Völkerverständigung, die viele der Initiatoren zu diesem ihren Engagement inspiriert, von vielen anderen verstanden, aufgegriffen und mitgetragen würde.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 19/2011 - 3. Osterwoche (A)
Pfarrnachrichten 18/2011 - 2. Osterwoche (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Am weißen Sonntag, wo manche von uns zur Seligsprechung von Papst Johannes Paul II in Rom sein werden, gehen anderen Orts wieder zahlreiche Kinder zur Erstkommunion. So möchte ich Ihnen die Fragen von Erstkommunionkindern an Papst Benedikt – es war während der Bischofssynode über die Eucharistie (2005) – und seine Antworten darauf auszugsweise mit in die Woche geben.
"Jesus ist gegenwärtig in der Eucharistie. Aber wie? Ich sehe ihn nicht!", fragte etwa der kleine Andrea. Und der Papst antwortete ihm und weiteren Jungen und Mädchen:
Papst Benedikt XVI.: „Ja, wir sehen ihn nicht, aber es gibt so viele Dinge, die wir nicht sehen, die doch existieren und wesentlich sind. Zum Beispiel sehen wir unseren Verstand nicht, obwohl wir Verstand haben. Wir sehen unsere Intelligenz nicht, und haben sie doch. Wir sehen, mit einem Wort, unsere Seele nicht und doch existiert sie; wir sehen ihre Wirkungen, denn wir können reden, denken, entscheiden usw. So sehen wir auch nicht, zum Beispiel, die Elektrizität, und doch merken wir, dass sie existiert. Wir sehen dieses Mikrofon, wie es funktioniert. Wir sehen das Licht. In einem Wort: Gerade die tiefsten Dinge, die das Leben und die Welt tatsächlich ausmachen, sehen wir nicht, aber wir können ihre Wirkungen sehen und fühlen. Die Elektrizität, den Strom sehen wir nicht, aber das Licht sehen wir. Und so sehen wir auch nicht den auferstandenen Herrn mit unseren Augen, aber wir sehen, dass dort, wo Jesus ist, die Menschen sich ändern und besser werden. Es entsteht eine größere Fähigkeit zum Frieden, zur Versöhnung usw. Also, wir sehen den Herrn selbst nicht, aber wir sehen die Wirkungen: So können wir begreifen, dass Jesus gegenwärtig ist. Wie ich gesagt habe: Gerade die unsichtbaren Dinge sind die tiefsten und wichtigsten. Gehen wir also diesem unsichtbaren, aber starken Herrn entgegen, der uns hilft, gut zu leben!“
Ein anders Kind fragte ihn: „Lieber Papst, welche Erinnerung hast du an deine Erstkommunion?“
Papst Benedikt XVI.: „Zunächst möchte ich danken für dieses Fest des Glaubens, das ihr mir schenkt, für eure Anwesenheit und Freude. Ich danke für die Umarmung, die ich von einigen von euch bekommen habe, eine Umarmung, die natürlich symbolisch euch allen gilt. Was die Frage angeht, so erinnere ich mich gut an den Tag meiner Erstkommunion. Es war ein schöner Märzsonntag des Jahres 1936, also vor 69 Jahren. Es war ein sonniger Tag, die Kirche sehr schön, die Musik, alles schöne Dinge, an die ich mich erinnere. Wir waren etwa 30 Jungen und Mädchen unseres kleinen Dorfes, das nicht mehr als 500 Einwohner hatte. Aber im Mittelpunkt meiner frohen und schönen Erinnerungen steht dieser Gedanke, dass ich verstanden habe, dass Jesus in mein Herz eingetreten ist und gerade mich besucht hat. Und mit Jesus ist Gott selbst bei mir. Das ist ein Geschenk, das tatsächlich mehr wert ist als der ganze Rest, der uns vom Leben gegeben werden kann. Und ich habe begriffen, dass jetzt eine neue Etappe meines Lebens begonnen hat. Ich war neun Jahre alt; jetzt war es wichtig, dieser Begegnung treu zu bleiben, dieser Kommunion. Ich habe dem Herrn versprochen, so gut ich konnte: "Ich möchte immer bei dir sein" und habe gebetet: "Aber sei du vor allem bei mir!" Und so bin ich in meinem Leben weitergegangen. Gott sei Dank, der Herr hat mich immer bei der Hand genommen, mich auch in schwierigen Situationen geführt. Und so war diese Freude der Erstkommunion der Anfang eines gemeinsamen Weges. Ich hoffe, auch für euch alle, dass die Erstkommunion, die ihr in diesem Jahr der Eucharistie empfangen habt, der Anfang einer Freundschaft mit Jesus für das ganze Leben ist. Der Anfang eines gemeinsamen Weges, weil wir dann gut gehen und das Leben gut wird, wenn wir mit Jesus gehen.“
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 17/2011 - 1. Osterwoche (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
In seinem neuen Buch, dem zweiten Band »Jesus von Nazareth«, äußert sich Papst Benedikt ausführlich zu der Frage »worum es bei der Auferstehung Jesu geht«. … Auch wenn der Heilige Vater betont, nicht ausschließlich als Papst, sondern auch als der Professor und Gelehrte Joseph Ratzinger zu schreiben, kommt diesem Buch dennoch eine besondere Bedeutung zu.
Das Buch als Ganzes beschäftigt sich mit den österlichen Fragen »vom Einzug in Jerusalem bis zur Auferstehung«. Deshalb ist dieses neue Papstbuch eine für die Osterzeit sehr zu empfehlende Lektüre. Dem Kapitel »Worum es bei der Auferstehung Jesu geht« stellt Papst Benedikt eine aufschlussreiche Einleitung voran. Er schreibt dort:
»“Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos. Wir werden dann auch als falsche Zeugen Gottes entlarvt, weil wir im Widerspruch zu Gott das Zeugnis abgelegt haben: Er hat Christus auferweckt“ (1 Kor 15,14f). Mit diesen Worten stellt der heilige Paulus ganz drastisch heraus, welche Bedeutung der Glaube an die Auferstehung Jesu Christi für die christliche Botschaft als Ganze hat: Er ist ihre Grundlage. Der christliche Glaube steht und fällt mit der Wahrheit des Zeugnisses, dass Christus von den Toten auferstanden ist.
Wenn man dies wegnimmt, dann kann man aus der christlichen Überlieferung zwar immer noch eine Reihe bedenkenswerter Vorstellungen über Gott und den Menschen, über dessen Sein und Sollen zusammenfügen – eine Art von religiöser Weltanschauung –, aber der christliche Glaube ist tot. Dann war Jesus eine religiöse Persönlichkeit, die gescheitert ist; die auch in ihrem Scheitern groß bleibt, uns zum Nachdenken zwingen kann. Aber er bleibt dann im rein Menschlichen, und seine Autorität reicht so weit, wie uns seine Botschaft einsichtig ist. Er ist kein Maßstab mehr; der Maßstab ist dann nur noch unser eigenes Urteil, das von seinem Erbe auswählt, was uns hilfreich erscheint. Und das bedeutet: Dann sind wir alleingelassen. Unser eigenes Urteil ist die letzte Instanz.
Nur wenn Jesus auferstanden ist, ist wirklich Neues geschehen, das die Welt und die Situation des Menschen verändert. Dann wird er der Maßstab, auf den wir uns verlassen können. Denn dann hat Gott sich wirklich gezeigt.«
Ganz in diesem Sinne wünsche ich im ungebrochenen Glauben an die wirkliche Auferstehung Jesu von den Toten und all dem, was für das Alltagsleben daraus folgt, gesegnete und besinnliche Ostertage.
Haben Sie bitte vor Augen, dass am kommenden Sonntag, dem 01. Mai, die Hl. Messe von 10 Uhr ausfallen wird. Am kommenden Sonntagvormittag wird nur das Hochamt um 11.00 Uhr gefeiert!
Christus ist wahrhaft auferstanden, halleluja!
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 16/2011 - Karwoche (A)
Pfarrnachrichten 15/2011 - 5. Woche in der Fastenzeit (A)
Pfarrnachrichten 14/2011 - 4. Woche in der Fastenzeit (A)
Liebe Mitchristen und Freudn evon St. Pantaleon!
Gewöhnlich gebe ich ausdrucksvoll-klassischen und meist auch frommen Bildern für diese wöchentlichen Pfarrernachrichten den Vorzug. So darf ich mir in der Fastenzeit ruhigen Gewissens auch einmal eine Ausnahme erlauben und einer satirischen Karikatur, einer provokanten Zeichnung an dieser Stelle einmal den Vorrang geben. Sie passt zum Evangelium dieses vierten Fastensonntags.
Der Herr hatte sich gerade vor den Pharisäern, die ihm wieder nachstellten, in Sicherheit gebracht, als er einem von Geburt an Blinden begegnet. Ohne ihn zu fragen, wie der Heilige Johannes in seinem Evangelium deutlich werden lässt, »spuckte Jesus auf die Erde; dann machte er mit dem Speichel einen Teig, strich ihn dem Blinden auf die Augen und sagte zu ihm: Geh und wasch dich in dem Teich Schiloach.«
In der antiken Medizin wurde Speichel häufig bei Augenleiden verwendet. Das Lecken von Wunden ist auch heute noch etwas ganz Gewöhnliches, nicht nur im Tierreich. Darüber hinaus erinnert der Lehmteig an die Schöpfungsgeschichte, bei der Gott den Menschen aus Erde formte. Bei der Heilung des Blindgeborenen formt Jesus einen Menschen neu, weil er Mitleid mit ihm hat.
Erst vor wenigen Jahrzehnten wurde von Archäologen auch der Teich Shiloach (oder Shiloah) ausgegraben. Er liegt in der Nähe des Tempels von Jerusalem und diente der Wasserversorgung. Gespeist wurde er von der berühmten Gihonquelle, an der unter anderem auch Salomo zum König über ganz Israel gesalbt wurde.
Es fällt auf, dass die Initiative bei der Heilung zuerst einmal ganz beim Herrn liegt. Der Blinde folgt anfangs »blindlings« nur seinen Anweisungen. So wurde ihm das Augenlicht geschenkt; später kommt er auch durch sein Mittun zum Glauben an Jesus Christus.
Die Pharisäer hingegen sehen nur auf das Sabbatverbot. Für sie ist die Bereitung des heilenden Lehmteiges genauso Arbeit wie der segensreiche Gang zum Teich Shiloach. Die Not des Blinden sehen Sie genauso wenig wie Gottes Barmherzigkeit. Deshalb gelangen bekanntlich auch nach Jesu Worte (Matthäusevangelium, 21,31) »Zöllner und Dirnen eher in das Himmelreich« als sie, die Pharisäer.
Die Ereignisse spitzen sich zu, als die Pharisäer die auch für sie evidente Heilung durch einen Betrug abzutun versuchen. Um sich dem Glauben und damit all dem zu verschließen, was Gott spürbar für die Menschen Gutes tut, haben den Ungläubigen noch nie Worte und Argumente gefehlt. Die Karikatur spitzt es darauf zu, dass sogar die Botschaft des Herrn für Eigenes missbraucht werden kann.
Die Fastenzeit kann und soll dabei helfen, das Vertrauen auf Gottes Wort und seine spürbare Hilfe im alltäglichen Leben uneingeschränkt zu erneuern. Wie macht man das? Wie kann das gelingen?
Auch hier gilt das bekannte Wort: »learning by doing«. Die Kraft des Glaubens kann Gott uns Menschen nur dann schenken, wenn wir ihm uneingeschränkt vertrauen, mit all unserer Kraft. Jeder, der das tut, kann dann früher oder später bezeugen – und ich kenne keine Ausnahme davon –, dass die Kraft Gottes durch den Glauben im Alltag dann in der Tat wirkmächtig erfahren wird.
So wünsche ich für diese Fastenzeit Ihnen und uns allen, all die vielen Argumente und Einwände aufdecken zu können, die einem Vertrauen ohne Vorbehalte Gott gegenüber und damit einer Entfaltung der uneingeschränkten Kraft des Glaubens im Wege stehen.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 13/2011 - 3. Woche in der Fastenzeit (A)
Pfarrnachrichten 12/2011 - 2. Woche in der Fastenzeit (A)
Pfarrnachrichten 11/2011 - 1. Woche in der Fastenzeit (A)
Pfarrnachrichten 10/2011 - 9. Woche im Jahreskreis (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Am Karnevalssonntag hören wir im Sonntagsevangelium den Schluss der Bergpredigt. Es wird nochmals klar, worauf es ankommt und der Herrn bringt es wie folgt auf den Punkt: »Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt.«
Das gilt auch für die, die am Tag des Gerichtes zu ihm sagen werden: »Herr, Herr, sind wir nicht in deinem Namen als Propheten aufgetreten, und haben wir nicht mit deinem Namen Dämonen ausgetrieben und mit deinem Namen viele Wunder vollbracht?«
Um es einmal pointiert auf den Punkt zu bringen: Nicht einmal die Mitarbeit als kirchlicher Angestellter oder in kirchlichen Strukturen, etwa in den so genannten Gremien, reicht aus, um in den Himmel zu kommen. Manchmal ist vielleicht dieser Personenkreis sogar besonders gefährdet, dass der Herr – wie in diesem Evangelium – ihnen einmal wird antworten müssen: »Ich kenne euch nicht. Weg von mir, ihr Übertreter des Gesetzes!«; denn sie sollten ja eigentlich wie der »kluge Mann, der sein Haus auf Fels baute« wissen, worum es geht.
Der Herr beschreibt den klugen Mann als jemanden, der »diese meine Worte hört und danach handelt«.
Die Worte des Herrn hören und danach handeln: Das also ist entscheidend! Entscheidend ist also nicht, dass sich die Kirche durch karnevalistische Veranstaltungen wieder füllen, sondern dass die Kirche den Menschen getreu ihrer Sendung all das vermittelt was notwendig ist, um Karneval wieder so zu feiern, wie er ursprünglich gedacht war.
Dafür ist es notwendig, den Menschen nicht nach dem Mund zu reden. Der Herr verdeutlicht dies durch das Bild vom Haus, das auf Sand gebaut wurde.
Es ist leicht, ein Haus auf Sand zu bauen, der oft ganz in der Nähe von Flüssen reichlich zu finden ist. Dort ist der Weg zum Wasser kurz; der Untergrund ist meist eben und leicht zu bebauen. Wenn aber ein Wolkenbruch kommt, »und die Wassermassen heranfluten, die Stürme toben und an dem Haus rütteln« dann »stürzt es ein und wird völlig zerstört.«
Der Herr rät davon ab, als Leichtgewicht zu leben. Konzepte und Vorschläge, die nur kurzfristigen Erfolg bringen, lehnte er entschieden ab, wenn sie mit seinen Worten, mit dem was er möchte, nicht übereinstimmen.
Die Worte im Vaterunser, »Dein Wille geschehe«, sind also mit Bedacht zu sprechen. Nur dem wirklichen Beter wird von Gott geschenkt, seinen Willen zu erforschen.
Der wirkliche Beter scheut nicht die Mühe, das Haus auf Felsen zu bauen. Gott schenkt ihm die Kraft dafür. Wenn dann ein Wolkenbruch kommt, die Wassermassen heranfluten, die Stürme toben und an dem Haus rütteln, stützt es nicht ein; denn es ist auf Fels gebaut.
So wünsche ich uns allen, auch die ausgelassenen Tage um Karneval auf dem Fundament zu gründen, das einer Verflachung und Banalisierung, einer Sexualisierung und Kommerzialisierung und damit einem Ausverkauf dieser von ihrem Ursprung her so herrlichen Tage widersteht.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 09/2011 - 8. Woche im Jahreskreis (A)
Pfarrnachrichten 08/2011 - 7. Woche im Jahreskreis (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Das Buch Levitikus (19,2) überliefert, wie der Herr zu Mose sprach: »Rede zur ganzen Gemeinde der Israeliten, und sag zu ihnen: Seid heilig, denn ich, der Herr, euer Gott, bin heilig.«
Das letzte große vatikanische Konzil vor nunmehr 50 Jahren hat es der Menschheit wieder vor Augen geführt, dass die einzig wirklich große Bewährung im Leben die Heiligkeit ist, der gegenüber aller anderen Herausforderungen untergeordnet sind. Dieses Konzil hat ebenfalls daran erinnert, was über Jahrhunderte bis heute vielen gar nicht so recht bewusst war und ist, das Heiligkeit als einzig wirklich große Bewährung im Leben nicht »ausschließlich Sache der Priester und Ordensleute« sondern aller Menschen ist, wie es schon in den dreißiger Jahren der Heilige Josefmaria Escrivá beständig wiederholt hat: »Der Herr nahm keinen aus, als Er sagte (Mt 5,48): ,Seid vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.’« (Der Weg, Punkt 291).
Dieser Aufforderung zieht sich wie ein roter Faden durch die Schriftlesungen des siebten Sonntags im Jahreskreis und wird in ihnen praktisch. Heiligkeit ist eine Haltung nicht von verstaubten und kitschigen Gipsfiguren in ekstatischer Pose, sondern von Menschen wie du und ich, die sich die Heilige Schrift zu Herzen nehmen.
So heißt es dann, folgend auf die zitierte Stelle im Buch Levitikus (19,17-18): »Du sollst in deinem Herzen keinen Hass gegen deinen Bruder tragen. Weise deinen Stammesgenossen zurecht, so wirst du seinetwegen keine Schuld auf dich laden. An den Kindern deines Volkes sollst du dich nicht rächen und ihnen nichts nachtragen. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Ich bin der Herr.«
Die letzten vier Worte sind der Schlüssel zum Ganzen: Mit Gottes Hilfe ist es möglich, so, das heißt: wie ein waschechter Heiliger, zu leben.
Darum geht es auch dem heiligen Paulus im dritten Kapitel aus dem Brief an die Korinther (Verse 16-17): »Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? … Denn Gottes Tempel ist heilig, und der seid ihr.«
In der Fortführung der Bergpredigt im fünften Kapitel bei Matthäus legt Jesus dar, dass mit Blick auf den Nächsten Heiligkeit bis zur Feindesliebe führt. Die alttestamentliche Regel: »Auge für Auge und Zahn für Zahn« hat ungerechter Willkür einen mächtigen Riegel vorgeschoben. Aber Heiligkeit geht noch weiter: »Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin.«
Ein Rechtshändler, und zu einem solchen wurde man in der Antike auf jeden Fall erzogen, kann einem Gegenüber nur mit dem Handrücken auf die rechte Wange schlagen. Diese Art, jemanden zu schlagen, konnte sich damals nur ein Mächtiger und Stärkerer leisten. Es war für alle sichtbar eine Geste der Demütigung.
Hier fordert Jesus auf, im Vertrauen auf ihn standzuhalten und dem Ungerechten, scheinbar Mächtigerem auch die andere Wange hinzuhalten. Das ist für alle sichtbar eine Geste ethischer Überlegenheit und moralischer Zurechtweisung dem ungerecht Stärkeren gegenüber.
Ähnliches sagte der Herr am Beispiel von Hemd und Mantel: »Wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel.«
Ein Mantel war damals für die Armen so etwas wie die Lebensversicherung, der bei der empfindlichen Kälte der Nacht vor dem Erfrieren bewahrte. Deshalb war es verboten, jemanden über Nacht den Mantel zu pfänden.
Wer den Mantel dem das Hemd zu unrecht Erpressenden gibt »liebt seinen Feind«, weil er im Vertrauen auf Gott gegen den Strom geduldeter Ungerechtigkeit (alle machen es doch so mit dem Schwächeren) die Gefahr des eigene Erfrierens nicht scheut, um die Ungerechtigkeit offen zu legen.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 07/2011 - 6. Woche im Jahreskreis (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Etliche Theologie-Professoren haben in einer „Denkschrift“ zu tiefgreifenden Reformen in der katholischen Kirche aufgerufen. Die lange Liste ihrer Forderungen reicht über verheiratete Priester bis hin zur Wahlbeteiligung aller Gläubigen vor Ort bei der Auswahl ihres Pfarrers und Bischofs. Über die mediale Öffentlichkeit haben sie ihre Forderungen vor den deutschen Bischöfen und dem Papst medienwirksam in Szene gesetzt. Inhalte und Methode dieses Aufrufs sind schon von daher sehr fragwürdig.
Das Evangelium dieses Sonntags ist ebenfalls ein Aufruf zur Kirchenreform. Auch hier geht es um Forderungen. Allerdings geht Jesus, der Herr, ganz andere Wege, als diese Theologen. Gleich im ersten Vers legt er seine Absicht offen: »Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben. Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu erfüllen.«
In den folgenden sechs sogenannten "Antithesen" (»Ihr habt gehört … Ich aber sage euch …«) stellt Jesus eine neue, in die Tiefe gehende Auslegung der Tora der traditionellen Auffassung gegenüber, wie sie Schriftgelehrten und Pharisäern seiner Zeit lehrten. Dem Herrn geht es um eine qualitativ neue Interpretation der alttestamentlichen Gesetze; nicht um eine neue zusätzliche Last. Er bürdet den Menschen nicht weiteres auf, sondern erhellt den Sinn des Gesetzes.
»Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten; wer aber jemand tötet, soll dem Gericht verfallen sein. Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein.« Dem Herrn geht es nicht um äußere Erfüllung von Gesetzen, also nicht um formale Gerechtigkeit. Er legt den Sinn der Gebote und Gesetze offen und erklärt, warum etwas vor Gott und Mensch recht und richtig ist.
Das im tieferen Sinne Richtige führt zu jener Freiheit, zu der wir von Anfang an berufen sind. Es geht um Beziehung, um die Beziehung der Menschen untereinander und um die Beziehung der Menschen zu Gott. Beziehungen können nur schwer in ein Regelwerk gepresst werden. Bestrafung und Verurteilung alleine machen wenig Sinn, wenn sich die Gesinnung, die inneren Beweggründe und das Herz des Menschen nicht ändern. Die „Reform“ muss dort ansetzen, wo die Entscheidungen gefällt werden.
»Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen. Ich aber sage euch: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen.« Die Antithesen lenken die Aufmerksamkeit auf den ganzen Menschen. Es reicht nicht, und es würde auch nicht funktionieren, einfach nur bestimmte böse Handlungen größeren Ausmaßes zu unterlassen. Die innere Ausrichtung muss stimmen. Sie schafft einen Raum der Freiheit von allem Bösen, in dem es keine Falschheit mehr gibt. Die innere Einstellung ist dann ganz auf das Wohl des Nächsten bedacht, ganz so, wie Gott es mit uns gemeint hat. Dann wird nicht mehr nur kein Mord oder Ehebruch begangen.
Die zwischenmenschlichen Beziehungen sind dann geprägt von einem tiefen Gespür für die Würde des anderen. Der Nächste wird dann nicht mehr als Objekt, als Gegenstand egoistischer Befriedigung missbraucht. Das Gegenteil von Liebe ist bekanntlich weniger Hassen, sondern meist mehr das „Brauchen“ bzw. „Benutzen“.
Wo das Herz in der Tiefe frei ist vom Bösen, schwört nicht nur keiner einen Meineid. Vielmehr redet und handelt jeder dann so wahrhaftig, dass man sich bedingungslos aufeinander verlassen kann. – Diese Reform ist nötig. Die oben genannte erledigt sich dann.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 06/2011 - 5. Woche im Jahreskreis (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Wieder einmal ist über die Medien in der Öffentlichkeit eine Diskussion über den Zölibat entfacht. Namhafte katholische CDU-Politiker – unter ihnen Bundestagspräsident Norbert Lammert – haben die deutschen Bischöfe gebeten, die so genannte »Zölibatspflicht« zu hinterfragen und somit etwas gegen den Priestermangel zu unternehmen.
Unter anderen hat der katholische Focus-Journalist Alexander Kissler dagegen festgestellt, dass der Rückgang an praktizierenden Katholiken wesentlich stärker ist als der Rückgang an Priestern. Die Zahl der »Geistlichen in der Pfarrseelsorge« ist in Deutschland seit 1960 von 15.500 auf 8.500 zurückgegangen, also um 45 Prozent. In derselben Zeit ist hingegen der Anteil der sonntäglichen Gottesdienstbesucher unter den Katholiken von 46 auf 13 Prozent, also um 70 Prozent zurückgegangen.
So fragt Kissler verwundert, ob der im Vergleich zum Rückgang an Priestern wesentlich stärkere Rückgang an praktizierenden Katholiken nicht viel mehr Sorge bereiten müsste: »Ist die Verdunstung des Glaubens nicht der dramatischere Befund als die wachsende Entfernung zwischen den Stätten sonntäglicher Eucharistiefeier?«
Kissler kritisiert die rein soziologische Argumentation dieser Politiker. Sie sprächen davon, dass Gläubige »ein Recht auf die sonntägliche Messfeier« hätten, dieses aber durch den so genannten Priestermangel »unverhältnismäßig erschwert« werde. Kissler fragt verwundert, warum sie von einem »Recht« und »von erschwerten Bedingungen sonntags zur Messe zu gelangen« sprechen anstelle von »Sonntagspflicht«, und ob es in Zeiten fast maximaler Mobilität »unverhältnismäßig« wäre, fünf oder zehn oder mehr Kilometer zurückzulegen?
Könne man von Unverhältnismäßigkeit sprechen, wo es hier doch darum gehe »vielleicht gemeinsam sich aufzumachen zum Höhepunkt kirchlichen Lebens, zur Feier von Wochenanfang und Auferstehung, zur persönlichen Begegnung mit dem Herrn der Geschichte und des Kosmos, dem Erlöser? Sind Christen Menschen, die nur zu „verhältnismäßigen“ Einschränkungen ihrer Bequemlichkeit bereit sind, nicht aber zur Liebestat, die auch opfernd sich verschenkt?«
Die Politiker würden im Ganzen soziologisch und quantitativ argumentieren und strikt säkular. So fragt Kissler: »Darf eine Kirche, die Kirche sein will … sich solchen Argumenten öffnen?«
Die Politiker bemühten eine Umfrage, der zufolge 87 Prozent der Deutschen das »Eheverbot für das Priesteramt« für »nicht mehr zeitgemäß« halten. Darauf Kissler: »War Jesus zeitgemäß? Hätte man vor 2000 Jahren eine Umfrage im Heiligen Land gemacht, wofür die Menschen ihn hielten und ob man seiner Botschaft folgen solle, hätten gewiss mehr als 87 Prozent ihn außer Landes gewünscht, den „Störenfried“. Und war das „zeitgemäße“ Christentum nicht zu allen Zeiten ein von Christus möglichst weit entferntes Christentum, das mit der Macht kungelte, mit dem Staat, mit Kaiser, Zar und Führer?«
Schließlich, so Kissler, »hat mir noch niemand … die Frage beantwortet, warum es in jenen evangelischen, altkatholischen oder sonstigen christlichen Gemeinschaften, die den Zölibat nicht kennen, keineswegs boomt, sondern der Glaube noch weit rascher sich verzieht. Auch um den Nachwuchs steht es dort keineswegs leuchtend bestellt.«
Kissler kommt durch seine ganz andere Perspektive auf den Punkt: »Katholische Priester folgen Christus auch insofern nach, als sie dessen Ehelosigkeit sich zur eigenen Lebensform erwählen. Sie setzen dadurch … radikal und mit Haut und mit Haar und ganz freiwillig lebenslang auf diesen Christus. Manchmal denke ich, der Zölibat wird nur deshalb von nicht-zölibatär lebenden Menschen angegriffen, weil sie es nicht ertragen, dass es in unserer Gesellschaft Menschen gibt, die leibhaft beweisen, dass es auch im 21. Jahrhundert lebenslange Treue, lebenslange Eindeutigkeit geben kann. Jeder katholische Priester ist ein wandelnder Einspruch gegen die Allmacht der Diesseitigkeit.«
Gerne möchte ich die im Schaukasten ausgehängten weiteren Beiträge Ihrer Lektüre empfehlen.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 05/2011 - 4. Woche im Jahreskreis (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Am 25. Januar ist die Gebetswoche für die Einheit der Christen zu Ende gegangen. In mehreren Gottesdiensten haben wird dieser Einheit ausdrücklich gedacht und für sie gebetet.
Bei einem Vespergottesdienst zum Abschluss der Gebetswoche am Dienstagabend (25.01.2011) hat Papst Benedikt XVI. betont, dass die Bemühungen um eine Wiederherstellung der Einheit aller Christen sich nicht in einer Anerkennung der jeweiligen Unterschiede erschöpfen dürfe. Zugleich würdigte er »bedeutende Fortschritte« im Dialog zwischen den christlichen Kirchen.
In diesem Jahr stand die Gebetswoche unter dem Motto: »Geeint in der Lehre der Apostel, in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und im Gebet«.
Das Ziel der ökumenischen Bemühungen müsse letztlich eine Einheit der Christen sein, die in der Gemeinschaft des Glaubens, der Sakramente und des Amtes zum Ausdruck komme, sagte der Papst in seiner Predigt in der römischen Basilika Sankt Paul vor den Mauern. Auf dem Weg zu dieser Einheit bestehe die Versuchung, zu resignieren und in Pessimismus zu verfallen. Eine solche Haltung müsse überwunden werden. »Es ist unsere Pflicht, dem Weg in diese Mitte mit Begeisterung zu folgen und durch einen ernsthaften und konsequenten Dialog das gemeinsame theologische, liturgische und geistliche Erbe zu vertiefen“, sagte der Papst vor ranghohen Vertretern verschiedener christlicher Kirchen und kirchlicher Gemeinschaften.
Von meinem Vorgänger hier in St. Pantaleon, Msgr. Dr. Peter von Steinitz, habe ich ein äußerst wertvolles Erbe übernehmen dürfen: Die besonderen Tage des Gebetes um die Einheit der Christen, vor allem mit Vertretern der Orthodoxie, im Zusammenhang unseres alljährlichen Kaiserin Theophanu Gedenkens.
Auf die Ökumene angesprochen hat Papst Benedikt im Buch »Licht der Welt« gesagt: »Die Ökumene ist vielschichtig und vielgesichtig. Wir haben hier die ganze Weltorthodoxie, die in sich schon sehr vielfältig ist, dann den Weltprotestantismus, wo sich die klassischen Konfessionen vom neuen Protestantismus unterscheiden, der jetzt wächst und ein Zeichen der Zeit ist. Der Ort, wo wir sozusagen am nächsten zu Hause sind und am ehesten auch hoffen können, zueinander zu kommen, ist die Orthodoxie.«
Papst Benedikt betont dann die Wichtigkeit, »dass diese orthodoxe Welt mit ihren inneren Spannungen doch auch ihre innere Einheit mit der so anders gearteten lateinischen Weltkirche sieht. Dass wir uns bei allen Unterschieden, die die Jahrhunderte aufgebaut haben und die durch die kulturellen Trennungen und anderes bedingt sind, doch wieder wirklich in unserer inneren geistlichen Nähe sehen und verstehen.«
Die Seligpreisungen, die wir an diesem Sonntag aus dem Evangelium wieder vernehmen werden, gelten auch denen, »die hungern und dürsten« nach der Einheit; »denn sie werden Gott schauen«.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Pfarrnachrichten 04/2011 - 3. Woche im Jahreskreis (A)
Pfarrnachrichten 03/2011 - 2. Woche im Jahreskreis (A)
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Das Evangelium dieses Sonntags schlägt eine Brücke von der Advents–und Weihnachtszeit in die inzwischen begonnene Jahreszeit. Noch einmal erhebt Johannes der Täufer machtvoll seine Stimme. Als er Jesus auf sich zukommen sieht, so wird uns diesen Sonntag berichtet, bezeugt er unbeirrt und voller Kraft: »Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinweg nimmt«.
Auffällig ist, dass Johannes gleich zweimal unterstreicht: »Auch ich kannte ihn nicht«.
Damit meint Johannes nicht, dass er seinen Cousin Jesus noch nie gesehen habe. Vielmehr legt er Zeugnis dafür ab, ihn nun mit ganz anderen Augen zu sehen. Diese nämlich wurden ihm bei der Taufe Jesu geheimnisvoll geöffnet: »Und Johannes bezeugte: ich sah, dass der Geist vom Himmel herabkam wie eine Taube und auf ihm blieb«. Der ihn gesandt habe, mit Wasser zu taufen, habe ihm auch gesagt: »Auf wen du den Geist herabkommen siehst und auf wem er bleibt, der ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft«.
Schon als Bußprediger stand Johannes da wie ein Leuchtturm in der Brandung. Nicht wie ein schwankendes Schilfrohr (vgl. Mt 11,7), sondern unerschütterlich und fest spricht er nun aus: »Das habe ich gesehen, und ich bezeuge: er ist der Sohn Gottes«.
Der Ernst dieser Worte ist unüberhörbar; und er berührt. Für dieses Zeugnis hat Johannes später den Tod auf sich genommen, wie viele Märtyrer nach ihm bis heute. Wir denken z.B. an Pater Maximilian Kolbe oder an die vielen, in den letzten Jahren weltweit verfolgten Christen.
So also bekennt der Täufer Jesus als »Sohn Gottes«, der zugleich als »Lamm Gottes … die Sünde der Welt hinwegnimmt«. Darauf geht zurück, was wir als Gläubige in jeder Heiligen Messe beten und bekennen: »Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, erbarme dich unser… gibt uns deinen Frieden« bzw.: »Seht, das Lamm Gottes, das hinweg nimmt die Sünde der Welt«.
Als gläubige Juden verbanden die Zuhörer des Johannes mit dem Wort „Lamm“ spontan die biblische Erinnerung an die Flucht aus Ägypten. Damals rettete das Blut von Lämmern, das ihre Vorfahren auf Anweisung des Mose an die Türpfosten strichen, vor dem tödlichen Zugriff der Gerichtsengel auf jede Erstgeburt (vgl. Exodus 12,22 f).
Mit dem Wort „Lamm“ verbanden gläubige Juden intuitiv auch den Versöhnungskult im Tempel. Am jährlichen Versöhnungstag legte der Hohepriester, wenn er dann auch das Allerheiligste des Tempels betreten durfte, die ganze Sündenlast des Volkes durch Handauflegung auf ein männliches Schaf. Diesem friedfertigen und unschuldigen Tier wurden in diesem Zeichen die Sünden aller symbolhaft aufgebürdet. Dann wurde das Schaf in die Wüste getrieben, wo es hilflos verendete; und mit ihm vermeintlich auch all die vielen Sünden.
Darüber hinaus wurden das Jahr über im Opferbereich des Tempels so viele Opfertiere getötet, dass die Priester zuweilen bis zu den Fußknöchel im Blut standen.
Damit ist die Botschaft entschlüsselt: In Jesus Christus wird Gott zum Lamm, zum Knecht, der als Gottmensch unsere Schuld freiwillig übernimmt und auf sich lädt. Er tut, was wir nicht können: er nimmt unsere Schuld, die Sünde der Welt hinweg. So war es auch nicht Zufall, dass Jesus am Kreuz genau an dem Tag starb, als im Tempel die Paschalämmer geschlachtet wurden.
»Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer«, betont Jesus mehrfach. Darüber hinaus nennt er seinen Vater im Himmel liebevoll »abba«. Jesus ist also nicht in diesem Sinne Lamm Gottes, dass ein grausamer Gottvater nur durch das Blut des eigenen Sohnes besänftigt werden könne.
Als »Lamm Gottes« setzt er vielmehr den entschlossenen Willen des Vaters ins Werk, das Böse in der Welt endgültig zu besiegen. So werden wir in die Lage versetzt, uns fortan nicht mehr über die wahre und unheilvolle Größe der Sünde zu täuschen und selbstgerecht hinweg zu setzten; vorausgesetzt, wir winken nicht schon wieder ab und verhärten das Herz mit neuer Blindheit und weiterer Sünde.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt