Pfarrnachrichten 52/2012 und 01/2013

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Aus gutem Grund ist es Tradition, sich zu Weihnachten das zu sagen, was einen besonders bewegt. Gott hat es uns vorgemacht. Er hat uns sein Wort gegeben, das für uns Mensch geworden ist. Wunderbares wurde uns so geschenkt: Ein hilfloses Kind, das unser aller Helfer ist.

So ist irdische Vergänglichkeit fortan von himmlischer Herrlichkeit erfüllt; die Antwort der unauflösbaren Sinnfrage liegt nun überraschend in einer Krippe.

Als kleine Ergänzung zu dem Großen, was Gott uns sagt, pflegen wir zu Weihnachten uns gegenseitig zu sagen, was uns bereichert und beschenkt hat. So befreit recht gefeierte Weihnacht von einer Illusion, die nicht zum Glück, sondern in die Einsamkeit führt: Von der trügerischen Illusion, unsere tiefsten Wünsche uns selber erfüllen zu können.

Zu Weihnachten sagen wir ganz bescheiden Dank für all das, was andere im vergangenen Jahr für uns getan haben. So öffnet sich unser Herz wieder ganz der überraschenden Wirklichkeit, dass wir alle am Wunder der Heiligen Nacht mitgewirkt haben.

Durch unser gegenseitiges Wirken und Helfen haben wir uns in dieses Wunder hineinbegeben und hineinnehmen lassen. So haben wir vielen eine Freude bereiten und selber Freude empfangen können. Möge diese Freude die noch viel größere abrunden, die unser Herr und Gott auch an diesem Weihnachtsfest uns allen schenken möchte.

Mit aufrichtigem Dank für Ihr Mitsorgen und Mithelfen über den Kreis der Ihrigen hinaus auch für unsere Gemeinde St. Pantaleon wünsche ich Ihnen von Herzen ein gnadenreiches Weihnachtsfest und Gottes reichen Segen im kommenden Jahr.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 51/2012

Bartolomé Esteban Perez Murillo - Das Christuskind reicht Johannes dem Täufer eine Schale Wasser - 1675-1680

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Die drei Schriftlesungen vom dritten Adventsonntag verbinden, wie ein weiter Bogen gespannt, zwei scheinbar entgegen gesetzte aber innerlich eng zusammen hängende Anliegen. Die alttestamentliche Lesung aus dem Buch Zefanja fordert in höchsten Tönen dazu auf, sich zu freuen und zu frohlocken (Zef 3,14): „Juble, Tochter Zion! Jauchze, Israel! Freu dich, und frohlocke von ganzem Herzen, Tochter Jerusalem!“

Ganz ähnlich, wenn auch in der Wortwahl nicht ganz so überschwänglich, schreibt Paulus an seine geliebte Gemeinde in Philippi, was uns danach in der zweiten, der neutestamentlichen Lesung vorgetragen wird (Phil 4,4): „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich: Freut euch!“ Diese Aufforderung des Heiligen Paulus hat dem dritten Adventsonntag seinen Namen gegeben: „Gaudete“ – das lateinische Wort für „Freut euch“.

Vielerorts trägt der Priester am Altar ein rosa gefärbtes Messgewand, das nur am 3. Advent- und am 4. Fastensonntag getragen wird. In der Zeit der Umkehr, der Buße und des Verzicht als Vorbereitung auf die jeweiligen Hochfeste Weihnachten und Ostern sind diese beiden Sonntage nicht vom Violett der Buße und auch (noch) nicht vom Weiß oder Gold der Freude bestimmt, sondern von der dazwischen liegenden Farbe rosa. Manchmal findet man das auch bei Adventkränzen: Die dritte Kerze ist rosa gefärbt. Es soll einem innerlich das Herz dabei aufgeht und der Zusammenhang zwischen Freude und Buße, zwischen Frohlocken und Verzicht wieder bewusst werden.

Im Gegensatz zu den beiden Lesungen kommt das Evangelium mit den Worten des Bußpredigers Johannes, des Täufers, auf den ersten Blick nämlich ganz anders daher. Über Jesus, dessen Kommen er ankündigt, sagt er (Lk 3,17): „Schon hält er die Schaufel in der Hand, um die Spreu vom Weizen zu trennen und den Weizen in seine Scheune zu bringen; die Spreu aber wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen.“ Das klingt erst einmal nicht so schön und scheint den verheißungsvollen Worten der Lesungen, die zur Freude einladen, zu widersprechen. Auch Theologen haben nicht immer der Versuchung widerstanden, diese eher unangenehmen Worte über Jesus einfach zu verschweigen.

Diese Worte stören, wenn man in Jesus, dem Herrn, vor allem einen harmlosen, zärtlichen und milden Humanisten sehen will, der immer nur Frieden und Nächstenliebe verkündet habe. Ohne diese Worte über Jesus wird man ihm aber nicht gerecht. Auch der Herr hat, wie der Täufer, verschiedentlich in der Art der Gerichtsprediger gesprochen. So z.B. über die Städte am See im galiläischen Zentrum seines Wirkens (Lk 10,13-15): "Weh dir, Chorazin! Weh dir, Bethsaida! Wenn einst in (den heidnischen Städten) Tyrus und Sidon die Wunder geschehen wären, die bei euch geschehen sind – man hätte dort in Sack und Asche Buße getan. Tyrus und Sidon wird es beim Gericht nicht so schlimm ergehen wie euch. Und du, Kafarnaum, meinst du etwa, du würdest bis zum Himmel erhoben? Nein, in die Unterwelt wirst du hinabgeworfen."

Das eine hängt mit dem anderen unverzichtbar zusammen: Wahre und erfüllende Freude gibt es nur dort, wo man davor liegende Schuld eingesteht, sie bedauert und bereut, und sich von ihr ab- und Gott wieder zuwendet. Die Lesung aus dem Buch Zefanja macht diesen inneren Zusammenhang deutlich. Zion darf jubeln, sich freuen und frohlocken, weil (Zef 3,15) "der Herr das Urteil … aufgehoben hat."

So gehören Freude und bußfertige Umkehr ganz eng zusammen: Sie bilden die beiden Eckpunkte, zwischen denen das Leben des irdischen Menschen ausgespannt bleibt bis er einmal für immer und unübertreffbar von Gott erfüllt und umgestaltet ist in der Ewigkeit, die Gott durch seiner Menschwerdung den Seinen endgültig ermöglicht hat.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 50/2012

Dietrich Bouts, der Jüngere - Johannes der Täufer, um 1470, Alte Pinakothek in München

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Der zweite Adventsonntag wird umrahmt von zwei Marienfesten: Dem Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria – zugleich Patronatsfest des Kölner Erzbistums, und dem Gedenktag der Gottesmutter von Guadalupe, den wir in St. Pantaleon aus gegebenem Anlass seit Jahren in ganz besonderer Weise feiern.

Ohne im Einzelnen näher darauf eingehen zu können, hilft in besondere Weise der Blick auf und von Maria aus die Dringlichkeit des Täufers zu verstehen, mit der er „Umkehr und Taufe zur Vergebung der Sünden“ und die Vorbereitung auf die Ankunft des Erlösers predigt.

Vom Geheimnis Mariens her bekommen wir das Ganze in Blick; ausgehend von Adam und Eva bis heute und darüber hinaus. Denn in der Geschichte von der Schöpfung und vom Sündenfall spiegelt sich nicht nur die Geschichte des Anfangs; sondern zugleich die Geschichte aller Zeiten wider. Wir alle spüren bis heute eine Neigung in unserem Inneren, wie sie im Sündenfall bildhaft veranschaulicht wird.

Hat nicht jeder von uns schon einmal gedacht, dass die Moral das Leben ziemlich langweilig macht? Und womöglich haben wir diesen Gedanken dann auch zum Vorwand genommen, Gott beiseite zu schieben und das Verbotene zu tun. … Irgendwann haben wir alle wohl einmal gedacht, dass man sich gar nicht richtig verwirklichen könne, wenn man sich immer an die Gebote hält, dass man alles auch einmal anders sehen und manches doch auch ausprobieren müsse.

Letztlich vollzog sich genau darin die erste Sünde von Adam und Eva: Von der Schlange verführt, verdächtigen sie Gott, er würde ihnen etwas vom Leben wegnehmen. „Ihr werdet nicht sterben“, sagt die Schlagen. „Gott weiß vielmehr: Sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf; ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse.“

Die Schlange stellt Gott als Konkurrenten dar, der nicht will, dass uns die Augen aufgehen, der nicht will, dass wir erwachsen werden und auf eigenen Füßen stehen können. Gott wird dargestellt als jemand, der unsere Freiheit einschränkt, uns in Abhängigkeit hält und der uns gefangen hält in moralischer Unmündigkeit, ohne das wahre Wissen über Gut und Böse, damit wir nicht so klug wie er werden.

Damit gaukelt die Schlange vor, wir würden uns und unsere Freiheit nur ohne Gott verwirklichen können. Der Mensch im Paradies hat sich auf diesen Schwindel der Schlange eingelassen. Fortan schwelt in ihm der Verdacht, die Liebe Gottes erzeuge Abhängigkeit und er müsse sich davon befreien. Dann zählt aber nicht mehr die Liebe, sondern die Macht.

In dieser Haltung will der Mensch sein Leben und das Gelingen seines Lebens nicht mehr von Gott empfangen. Fortan erwartet er das alles vom Baum der Erkenntnis; aber eben nicht mehr von Gott.

Im Keim lautet jede gottlose Versuchung gleich, nämlich: Macht erlangen vom Baum der Erkenntnis; Macht, die Welt zu formen, Gott zu werden. Der erbsündliche Mensch will selber Gott sein und Tod und Finsternis mit eigener Kraft besiegen. Der erbsündliche Mensch will nicht auf die Liebe zählen, die ihm nicht zuverlässig erscheint.

Anstatt auf die Liebe setzt er auf die Macht der Erkenntnis, mit der er sein Leben selbständig in die Hand nehmen möchte. – Die geschichtliche Erfahrung aber lehrt, dass der Mensch bei dieser Einstellung vom guten Weg abkommt; dass er den gute Weg immer weniger erkennen kann und sich schließlich verirrt. Ohne Gott findet der Mensch in seinem Leben immer nur vorübergehendes Glück und keinen bleibenden Sinn. So verliert er sich im Vergänglichen, das dann zur Lüge wird und in Tod und Finsternis endet.

Von daher weist Johannes eindringlich auf Christus, auf das Lamm Gottes hin. Er hat uns aus dieser Situation erlöst. Die Dimension und Größe dieser Erlösung wird in besondere Weise in Maria deutlich; denn in ihr beginnt die Geschichte Gottes mit uns Menschen ganz von Neuem. Das Geheimnis Mariens bringt noch sehr viel mehr Licht in die letztlich kosmische Dimension der Erlösung. Vielleicht ein anderes Mal mehr darüber.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 49/2012

Portal der Kathedrale in Arles - Christus als Weltenrichter

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

„Alle Jahre wieder kommt das Christuskind“, singen Kinder in einem kindlich gehaltenen, recht bekannten Weihnachtslied. Und „alle Jahre wieder“ bereiten sich Christen vom ersten Advent an auf die Ankunft dieses Kindes vor.

Wem das nichts mehr sagt, wer damit nichts mehr anfangen kann oder das nicht mehr versteht, sieht das alles wahrscheinlich nur in einem komikartig reduzierten Horizont, wie er etwa alljährlich in der zu Silvesterabend ausgestrahlten Satire „Dinner for one“ in Szene gesetzt wird: An ihrem 90. Geburtstag lädt Miss Sophie wie in jedem Jahr ihre vier engsten Freunde ein, Sir Toby, Admiral von Schneider, Mr. Pommeroy und Mr. Winterbottom, obwohl alle längst verstorben sind. Um die Illusion zu wahren, muss Butler James zuerst den vier imaginären Herren die von Miss Sophie zu jedem Gang ausgewählten Getränke (Sherry, Weißwein, Champagner und Portwein) einschenken und daraufhin den Trinkspruch der Gastgeberin stellvertretend für alle imaginären Gäste mit dem vollständigen Austrinken des Drinks beantworten. – Nebenbei bemerkt wird diese Rolle des Butlers vom englischen Komiker Freddie Frinton – mit seiner Partnerin May Warden – großartig gespielt.

Mit jedem Menügang steigt neben dem Blutalkohol in unterschiedlichem Maß einerseits die Erwartung des nächsten Drinks, zugleich aber auch seine Zurückweisung und Ablehnung. Butler James drückt dies vor jeder neuen Runde unter anderem in der immer gleichen Frage aus: “The same procedure as last year, Miss Sophie?“ (Der gleiche Ablauf wie im vergangenen Jahr, Miss Sophie?) Und Miss Sophie erwidert jedes Mal: “The same procedure as every year, James.“ (Der gleiche Ablauf wie in jedem Jahr, James.)

Diesen markanten Dialog wiederholen beide Schauspieler insgesamt fünfmal. Er hat sich inzwischen „durch fortwährende Wiederholung zu Silvester über vier Jahrzehnte zu selbstironisierender Tradition bis hin zur Selbstbezüglichkeit konkretisiert.“ (Wikipedia)

Das eingangs erwähnte „alle Jahre wieder“ des kindlichen Weihnachtsliedes ist von völlig anderer Art. Es wird von der tiefen Überzeugung getragen, dass Gott selber mit seiner ganzen Sinnfülle nicht eigentlich in den unter Tannenbäumen aufgestellten Krippen, dafür aber ganz real im Herzen jedes Menschen ankommen möchte. Advent und im Anschluss daran Weihnachten feiern heißt, Gott in mein Leben und damit in meinen Alltag hinein zu lassen. Ein solches Leben mit Gott muss als Lebensaufgabe beständig neu angepackt und mit dieser Perspektive immer neu in Angriff genommen werden. Das ist nämlich sehr anspruchsvoll; weil es unsere eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten weit übersteigt. Und deshalb singen wir mit dem Gesangbuch (Gotteslob, Nr. 644) in der zweiten Strophe: „Weck die tote Christenheit aus dem Schlaf der Sicherheit, dass sie Deine Stimme hört, sich zu Deinem Wort bekehrt. Erbarm Dich, Herr.“

Ein solches Beginnen und wieder neu Beginnen setzt auch die Befreiung von Altlasten voraus. Wer im Advent in der ganz oben genannten Weise „Alle Jahre wieder“ singen und es in rechter Weise durchbeten möchte, der sollte auch wieder einmal zur Beichte gehen und vor Gott reinen Tisch machen. Durch dieses Sakrament verliert man auch den letzten Rest von Skepsis und selbstironisierender Verharmlosung des „Alle Jahre wieder“. Die Beichte ist ein interessantes und großes Sakrament, weil es den Horizont des eigenen Lebens wieder an die Größe Gottes anpasst.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 48/2012

Dom von Cefalù / Sizilien - Mosaik der Zentralapsis: Jesus Christus als Pantokrator

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Der Christkönigssonntag ist der letzte Sonntag im Jahreskreis. Mit dem ersten Advent beginnt dann der darauf folgende nächste Jahreskreis.

Überraschender Weise versetzt uns das „Christkönigs-Evangelium“ des aktuellen Lesejahres in genau jenen Augenblick, an dem Jesu als Angeklagter vor Pontius Pilatus steht und sich als König bekennt. Die Erklärung ist erst einmal einfach: Es ist das einzige von den Evangelien überlieferte Mal, an dem Jesus über sich selber sagt, dass er ein König ist. Auffällig und zugleich interessant daran ist, dass Jesus dieses Bekenntnis nicht im Augenblicken seiner großen Wunder ablegt, oder seines umjubelten Einzugs in Jerusalem. Fast gegenläufig entzieht er sich etwa bei der großen Brotvermehrung sogar der Menge, als diese ihn zum „Brot“-König machen will (vg. Joh. 6,15). Jesus bekennt sich exklusiv nur einmal ausdrücklich als König: zielgerichtet und ganz bewusst in genau diesem Augenblick seines scheinbaren Scheiterns, da man ihn endgültig aus dem Wege schaffen möchte.

Der Gegensatz kann kaum größer sein. Jesus steht in der Ohnmacht eines von der Todesstrafe bedrohten Gefangenen vor der weltlichen Machtfülle und Pracht eines Pontius Pilatus und sagt genau hier von sich selber, dass er ein König sei. Diese Situation ist geeignet, eine Komik auszulösen, die den Spott der misshandelnden Soldaten und des die Kreuzigung fordernden Pöbel zusätzlich anheizt.

Die genaue Lektüre des biblischen Textes verschiebt allerdings ganz gewaltig das nur auf den ersten Blick so scheinende Verhältnis von der Ohnmacht Jesu gegenüber der Übermacht des Pilatus. Auf die Frage des Pilatus (Joh 18,33b): „Bist du der König der Juden?“ muss sich Pilatus von Jesus die Gegenfrage gefallen lassen (ibid., 34): „Sagst du das von dir aus, oder haben es dir andere über mich gesagt?“

Pilatus lässt sich nicht von seiner eigenen Überzeugung leiten. Er handelt, um anderen zu gefallen und für sich Vorteile zu erlangen (ibid., 35): „Dein eigenes Volk und die Hohenpriester haben dich an mich ausgeliefert. Was hast du getan?“ Daraufhin erklärt Jesus (ibid.: 36): „Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn es von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde. Aber mein Königtum ist nicht von hier.“

Was meint Jesus mit seinem Königtum, das nicht von dieser Welt ist? Was für ein Königtum ist das? Jesus erklärt weiter (ibid., 37): „Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.“

Gegenüber einer Welt, die schnell zum Lüge bereit ist, hält Jesus auch und gerade in der Stunde seiner scheinbar größten Schwachheit und Niederlage an der Wahrheit fest.

So zeigt Jesus, dass seine Macht anders als die des Pilatus ist. Sie zerstört nicht, sondern baut auf. Sie vernichtet nicht sondern erlöst

Wer ist denn letztlich größer und stärker? Wer einen Porzellanteller zertrümmert, oder wer die Scherben wieder zusammenkittet? Ist stärker, wer einen Streit anfängt, oder wer versöhnt und Ausgleich schafft?

Papst Benedikt hat die eigentlichen Machtverhältnisse in seiner Predigt zu Beginn seines Pontifikates im April 2005 auf dem Petersplatz sehr schön auf den Punkt gebracht: „Nicht die Gewalt erlöst, sondern die Liebe. Der Gott, der Lamm wurde, sagt es uns: Die Welt wird durch den Gekreuzigten und nicht durch die Kreuziger erlöst. Die Welt wird durch die Geduld Gottes erlöst und durch die Ungeduld der Menschen verwüstet.“

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 47/2012

Quinten Massys - Vision des Propheten Ezechiels - Auferstehung der Toten

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Im Alten Testament finden wir nur wenig über die so genannte Auferstehung der Toten, mit der als vielversprechender Wirklichkeit das christliche Glaubensbekenntnis schließt: „Wir erwarten die Auferstehung der Toten und das Leben der kommenden Welt. Amen.“

In der ersten Lesung dieses Sonntags aus recht spät verfassten Prophetenbuch Daniel (12,2-3) wird dieser Glaube jedoch bereits im Alten Testament ausgesprochen: „Von denen, die im Land des Staubes schlafen, werden viele erwachen, die einen zum ewigen Leben, die anderen zur Schmach, zu ewigem Abscheu. Die Verständigen werden strahlen, wie der Himmel strahlt; und die Männer, die viele zum rechten Tun geführt haben, werden immer und ewig wie die Sterne leuchten.“

Mit der „Auferstehung der Toten“ – im apostolischen Glaubensbekenntnis wörtlich sogar „carnis resurrectionem“ = „Auferstehung des Fleisches“ – ist gemeint, „dass der endgültige Zustand des Menschen nicht nur die vom Leib getrennte Geistseele betrifft, sondern dass auch unsere sterblichen Leiber einst wieder lebendig werden“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Kompendium, Nr. 203). Der christliche Glaube erklärt dies von Jesus Christus her (ibid., Nr. 204): „Wie Christus wahrhaft von den Toten auferstanden ist und für immer lebt, so wird er selbst alle am Letzten Tag mit einem unvergänglichen Leib auferwecken: »Die das Gute getan haben, werden zum Leben auferstehen, die das Böse getan haben, zum Gericht« (Joh 5,29).“

Sobald sich die Seele im Augenblick des Todes vom Leib trennt, ihn in der Verwesung zurücklässt und dem Gericht Gottes entgegen geht, „wartet sie darauf, wieder mit dem Leib vereint zu werden, der bei der Wiederkunft des Herrn verwandelt auferstehen wird. Das Wie dieser Auferstehung übersteigt unsere Vorstellung und unser Verstehen“, so noch einmal der katholische Katechismus (ibid., Nr. 205).

Das ist zugleich das Thema des Sonntagsevangeliums. – Als einmal ein Jünger auf die erhabene Größe des Tempels hinwiest: „Meister, sieh, was für Steine und was für Bauten!“, antwortet ihm Jesus: „Kein Stein wird auf dem andern bleiben, alles wird niedergerissen“ (Mk 13,1-2).

Das Irdische, besonders der Leib des Menschen, sein Fleisch, hat eine entscheidende Bedeutung, die aber einem zeitlichen Bruch unterliegt. Eben deshalb spricht Jesus vom zeitlichen Ende. Nach einer gewissen Zeit großer Not „wird sich die Sonne verfinstern, und der Mond wird nicht mehr scheinen; die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden“ (Mk 13,24 f). Ein Total-Kollaps des Kosmos! Darauf folgt, worauf alles hinausläuft: „Man wird den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf den Wolken kommen sehen. Und er wird die Engel aussenden und die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen, vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels“ (Mk 13, 26 f).

Interessanterweise haben die ersten Christen diesen Augenblick mit Sehnsucht erwartet. "Maranatha! – Komm, Herr Jesus!", so haben sie mit innigem Glauben und aus tiefster Sehnsucht gebetet. Damit endet auch das Neue Testament (Offb., 22,2): "Komm, Herr Jesus!"

Warum ist von dieser Erwartung in unserer Zeit so wenig zu spüren; stattdessen aber eine diffuse Angst vor dem, was kommen wird? Hängen wir so sehr am Irdischen, an unserem Fleisch, am materiellen Wohlergehen, dass unsere Seelen blind geworden sind?

Die Seele braucht den Leib. In ihm und durch ihn drückt sie sich aus. Aber dafür muss sie das Fleisch beherrschen. Sonst hat der Leib das Sagen. Er knechtet dann die Seele und macht sie sich gefügig. Dann sterben im Menschen alle großen Erwartungen. Und die Angst vor einer zunehmend nur materiell gesehenen Zukunft nimmt zu, greift um sich, und erdrückt den Menschen.

Wer in einer solchen Situation nicht umkehrt und Gott um Erlösung bittet, dessen auferstandener Leib wird ihn dann auch in der Ewigkeit für immer knechten und bestimmen. – Wer aber umkehrt, dessen auferstandenes Fleisch wird das Gute und Schöne der freien und erlösten, weil bestimmenden Seele in der Ewigkeit des „neuen Himmels und der neuen Erde“ (Offb. 21,1) für immer auch leiblich hell leuchten lassen und in „neuer“ Weise (s.o.: Offb 21,1 und Dan. 12,3) materiell-körperlich beglücken.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 45/2012

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pataleon!

Die Lesungen des 31. Sonntages im Jahreskreis sind gut geeignet, die Anliegen des von Papst Benedikt mit dem apostolischen Schreiben „Porta fidei“ im Oktober ausgerufenen Glaubensjahr weiter zu vertiefen. „Von Anfang meines Dienstes als Nachfolger Petri an“, so Papst Benedikt, „habe ich an die Notwendigkeit erinnert, den Weg des Glaubens wiederzuentdecken, um die Freunde und die erneute Begeisterung der Begegnung mit Christus immer deutlicher zutage treten zu lassen.“

Ausgehend von den Lesungen dieses Sonntags lässt sich darlegen, dass ein Christ sich nicht damit zufrieden geben kann, anständig zu sein und rechtschaffen seine Pflicht zu tun. Das tun auch alle anderen, auch die Nichtchristen und Heiden. Das Besondere, die große Wahrheit im Leben eines Christen ist Christus selbst. Er ist „Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott“, wie wir im Glaubensbekenntnis beten. Und das große Gebot Jesu Christi ist die Liebe, so wie er sie verkündet hat. Diese Liebe Jesu Christi, die christliche Liebe, geht weit über das hinaus, wozu Menschen aus eigener Kraft in der Lage sind.

Diese Liebe überragt alles andere. Nichts kommt ihr gleich. Diese Liebe ist gewissermaßen der Motor für alles Weitere, für all das Gute und Schöne, was das Leben reich und lebenswert macht. Diese Liebe kann durch nichts ersetzt werden und ist deshalb für das Wohl der Menschen unverzichtbar. Diese Liebe aber ist in Gefahr. Nicht als solche, denn in Gott hat sie ewig Bestand. Wohl aber vom Menschen aus, der sie vergessen kann. Diese Gefahr besteht gegenwärtig sehr konkret.

Papst Benedikt beklagt ausdrücklichen, dass „sich die Christen nicht selten mehr um die sozialen, kulturellen und politischen Auswirkungen ihres Einsatzes kümmern und dabei den Glauben immer noch als eine selbstverständliche Voraussetzung des allgemeinen Lebens betrachten.“ Diese Voraussetzung aber, so Papst Benedikt, besteht „nicht nur nicht mehr in dieser Form, sondern wird häufig sogar geleugnet.“

Schon in der Antike unterlag das Volk Israel der Gefahr, sich mehr für alles Mögliche, darunter auch für andere Gottheiten zu interessieren als für den wahren Gott Israels. Die vielgestaltigen Naturgottheiten des Landes Kanaan waren auf den ersten Blick anziehender als der große, alles überragende Gott, der Israel aus Ägypten herausgeführt hat. Gegenüber der in all dem Vielen und Anderen sich verlierenden Aufmerksamkeit lautet der Kernsatz des israelitischen Glauben bis heute: „Höre, Israel: Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einzig.“ Wir Christen teilen diesen Grundsatz und er wird uns zur stets neu vorzunehmenden Orientierung in der ersten Lesung dieses Sonntags und dann im Evangelium von Jesus Christus selber vorgelegt.

Auf die Frage eines Schriftgelehrten, welches Gebot das erste von allen sei, antwortete Jesus: „Das erste ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr.“ Dann legt Jesus dar, was daraus folgt: „Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft. Als zweites (Gebot) kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Kein anderes Gebot ist größer als diese beiden.“

Wo der eine und einzige Gott wieder im Mittelpunkt steht, da stimmt dann auch alles Nachfolgende. Alles im Leben im Menschen wird gut und richtig, wo der Mensch auf diesen Mittelpunkt ausgerichtet bleibt. Von daher spricht die Kirche an diesem Sonntag im Tagesgebet: „Nimm alles von uns, was uns auf dem Weg zu dir aufhält, damit wir ungehindert der Freude entgegeneilen, die du uns verheißen hast.“

Und Papst Benedikt konkretisiert sein Anliegen für das Jahr des Glaubens wie folgt: „Die Kirche als ganze und die Hirten in ihr müssen wie Christus sich auf den Weg machen, um die Menschen aus der Wüste herauszuführen zu den Orten des Lebens – zur Freundschaft mit dem Sohn Gottes, der uns Leben schenkt, Leben in Fülle.“

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 44/2012

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Im Pfarrbrief der letzten Wochen haben wir den ersten Teil der Predigt von Papst Benedikt XVI. anlässlich der feierlichen Eröffnung des Jahres des Glaubens auszugsweise wiedergeben und dabei angekündigt, im kommenden Pfarrbrief, den Sie gerade in Händen halten, den zweiten Teil der Hauptanliegen des Heiligen Vaters für dieses Glaubens-Jahr wiederzugeben.

Papst Benedikt betont das Anliegen, wie er es formuliert, „die Neuheit in der Kontinuität zu erfassen“. Es geht ihm um das letzte große, das zweite Vatikanische Konzil, das oft als vermeintlicher Neuansatz missverstanden worden ist. Im Glauben gibt es keinen Bruch, so sinngemäß Papst Benedikt in seiner Predigt; wörtlich: „Was den Gegenstand des Glaubens betrifft, hat sich das Konzil nichts Neues ausgedacht, noch hat es Altes ersetzen wollen. Es hat sich vielmehr darum bemüht dafür zu sorgen, dass derselbe Glaube im Heute weiter gelebt werde, dass er in einer sich verändernden Welt weiterhin ein gelebter Glaube sei. Wir müssen in der Tat dem Heute der Kirche treu sein, nicht dem Gestern oder dem Morgen. Und dieses Heute finden wir gerade in den Konzilsdokumenten, weil sie immer so aktuell sind, wie der Diener Gottes Paul VI. und die Konzilsväter sie verkündet haben, in ihrer Vollständigkeit und in ihrem Zusammenhang, ohne Abstriche und ohne Hinzufügungen.

Wenn wir uns in Einklang mit der authentischen Grundausrichtung begeben, die der selige Johannes XXIII. dem Zweiten Vatikanischen Konzil geben wollte, können wir sie im Laufe dieses Jahres des Glaubens aktualisieren, innerhalb des einen Weges der Kirche, die das uns von Christus anvertraute Glaubensgut fortwährend vertiefen möchte. Die Konzilsväter wollten den Glauben wieder wirkungsvoll präsentieren; und wenn sie sich zuversichtlich dem Dialog mit der modernen Welt öffneten, so geschah dies, weil sie sich ihres Glaubens, des sicheren Felsens, auf dem sie standen, sicher waren. In den darauffolgenden Jahren haben hingegen viele die herrschende Mentalität ohne Unterscheidungsvermögen angenommen und die Fundamente des depositum fidei (des unverrückbaren Glaubensgutes) selbst in Frage gestellt, die sie leider in ihrer Wahrheit nicht mehr als geeignet empfanden.

Wenn die Kirche heute ein neues Jahr des Glaubens und die neue Evangelisierung vorschlägt, dann nicht, um ein Jubiläum zu ehren, sondern weil es notwendig ist, mehr noch als vor fünfzig Jahren! Und die Antwort auf diese Notwendigkeit ist dieselbe, die von den Päpsten und Vätern des Konzils beabsichtigt war und die in den Dokumenten enthalten ist. … In diesen Jahrzehnten ist eine geistliche „Verwüstung“ vorangeschritten. Was ein Leben, eine Welt ohne Gott bedeutet, konnte man zur Zeit des Konzils bereits aus einigen tragischen Vorfällen der Geschichte entnehmen, heute aber sehen wir es leider tagtäglich in unserer Umgebung. Es ist die Leere, die sich ausgebreitet hat. Doch gerade von der Erfahrung der Wüste her, von dieser Leere her können wir erneut die Freude entdecken, die im Glauben liegt, seine lebensnotwendige Bedeutung für uns Menschen. In der Wüste entdeckt man wieder den Wert dessen, was zum Leben wesentlich ist; so gibt es in der heutigen Welt unzählige, oft implizit oder negativ ausgedrückte Zeichen des Durstes nach Gott, nach dem letzten Sinn des Lebens. Und in der Wüste braucht man vor allem glaubende Menschen, die mit ihrem eigenen Leben den Weg zum Land der Verheißung weisen und so die Hoffnung wach halten. Der gelebte Glaube öffnet das Herz für die Gnade Gottes, die vom Pessimismus befreit.“

Am Ende seiner Predigt vertraut Papst Benedikt XVI. das Jahr des Glaubens der heiligen Gottesmutter Maria an: „Möge die Jungfrau Maria immer als Stern über dem Weg der neuen Evangelisierung leuchten. Sie helfe uns, die Aufforderung des Apostels Paulus zu befolgen: »Das Wort Christi wohne mit seinem ganzen Reichtum bei euch. … Alles, was ihr in Worten und Werken tut, geschehe im Namen Jesu, des Herrn. Durch ihn dankt Gott, dem Vater!« (Kol 3,16-17). Amen.“

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 43/2012

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Vergangene Woche hat Papst Benedikt XVI. das Jahr des Glaubens eröffnet mit einem feierlichen Gottesdienst. In seiner Predigt, deren ersten Teil wir auszugsweise wiedergeben möchten, hat er die Hauptanliegen für dieses Jahr wie folgt benannt:

„Das Jahr des Glaubens, das wir heute eröffnen, ist konsequent mit dem ganzen Weg der Kirche in den letzten fünfzig Jahren verbunden: vom Konzil, über die Lehre des Dieners Gottes Pauls VI., der 1967 ein »Jahr des Glaubens« ausrief, bis zu dem Großen Jubiläum des Jahres 2000, mit dem der selige Johannes Paul II. der gesamten Menschheit erneut Jesus Christus als den einzigen Retter – gestern, heute und allezeit – vor Augen gestellt hat. … Jesus ist das Zentrum des christlichen Glaubens. Der Christ glaubt an Gott durch Jesus Christus, der Gottes Angesicht offenbart hat. Jesus Christus ist die Erfüllung der Schrift und ihr endgültiger Interpret. Er ist nicht nur Objekt des Glaubens, sondern – wie der Hebräerbrief sagt – »Urheber und Vollender des Glaubens« (12,2). …

Christus selbst … wollte seine Sendung der Kirche übertragen, und er tat dies und tut es weiterhin bis zum Ende der Zeiten, indem er seinen Jüngern den Heiligen Geist einflößt – denselben Geist, der auf ihn herabkam und sein ganzes Erdenleben hindurch in ihm blieb und ihm Kraft gab ...

Das Zweite Vatikanische Konzil hat den Glauben nicht zum Thema eines spezifischen Dokuments machen wollen. Und doch war es ganz und gar durchdrungen von dem Bewusstsein und dem Wunsch, sich sozusagen neu in das christliche Mysterium zu vertiefen, um es dem Menschen von heute wieder wirksam vortragen zu können.“
Papst Benedikt XVI. bringt schließlich das Hauptanliegen dieses Konzils mit Worten des seligen Papst Johannes XXIII folgendermaßen auf folgenden Punkt: „Das Hauptanliegen dieses Konzils ist … nicht die Diskussion über das eine oder andere Thema der Lehre … Dafür bedurfte es nicht eines Konzils … Es ist nötig, dass diese sichere und unveränderliche Lehre, an der in Treue festgehalten werden muss, vertieft und in einer Weise vorgetragen wird, die den Erfordernissen unserer Zeit entspricht.“

Papst Benedikt fährt dann fort: „Im Licht dieser Worte versteht man, was ich selbst damals erleben konnte: Während des Konzils herrschte eine bewegende innere Spannung angesichts der gemeinsamen Aufgabe, die Wahrheit und die Schönheit des Glaubens im Heute unserer Zeit erstrahlen zu lassen, ohne sie den Ansprüchen der Gegenwart zu opfern, noch sie an die Vergangenheit gefesselt zu halten: Im Glauben schwingt die ewige Gegenwart Gottes mit, die über die Zeit hinausreicht und dennoch von uns nur in unserem unwiederholbaren Heute aufgenommen werden kann. Darum halte ich es – besonders an einem so bedeutsamen Jahrestag wie diesem – für das Wichtigste, in der ganzen Kirche jene positive Spannung, jenes tiefe Verlangen, Christus dem Menschen unserer Zeit erneut zu verkünden, wieder zu beleben.
Damit aber dieser innere Antrieb zur neuen Evangelisierung nicht auf der Ebene der Vorstellungen stehenbleibt und nicht zu Verwirrung führt, muss er sich auf ein konkretes und präzises Fundament stützen, und dieses Fundament sind die Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils, in denen er zum Ausdruck gekommen ist. Darum habe ich mehrmals auf der Notwendigkeit bestanden, sozusagen zum „Buchstaben“ des Konzils zurückzukehren – d. h. zu seinen Texten –, um seinen authentischen Geist zu entdecken, und habe wiederholt, dass in ihnen das wahre Erbe des Zweiten Vatikanums liegt. Die Bezugnahme auf die Dokumente schützt vor den Extremen anachronistischer Nostalgien einerseits und eines Vorauseilens andererseits und erlaubt, die Neuheit in der Kontinuität zu erfassen.“

In der nächsten Woche werden wir Auszüge aus dem zweiten Teil dieser Predigt wiedergeben, in der sicheren Zuversicht, dass diese Anregungen berühren und helfen, sich selber mit dem eigenen Glauben in der angedeuteten Richtung weiter und vertiefend auseinander zu setzen. Es lohnt sich allemal!

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 42/2012

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Der Heilige Vater, Papst Benedikt XVI., hat ein Jahr des Glaubens ausgerufen, das an diesem Donnerstag, dem 11. Oktober begonnen hat. An diesem Tag wurde von den inzwischen seliggesprochenen Päpsten zum einen vor genau fünfzig Jahren von Johannes XXIII. das II. Vatikanische Konzil einberufen (11. Oktober 1962), und vor genau zwanzig Jahren von Johannes Paul II. der Katechismus der katholischen Kirche veröffentlicht und der Kirche geschenkt (11. Oktober 1992).

Das Jahr des Glaubens dauert bis zum 24. November 2013, dem Hochfest Christkönig. Es soll allen Gläubigen als das Fundament christlichen Glaubens „die Begegnung mit einem Ereignis, mit einer Person, die unserem Leben einen neuen Horizont und damit seine entscheidende Richtung gibt“ (so Papst Benedikt XVI.) tiefer erfassen helfen. Nur in der „Begegnung mit dem auferstandenen Jesus Christus, kann der Glaube in seiner Ganzheit und in seiner vollen Strahlkraft neu entdeckt werden“ erklärt dazu die vatikanische Kongregation für die Glaubenslehre.

Gerne wollen wir von unserer Gemeinde aus daran mitwirken, dass der Glaube, den es „zu pflegen und zu bezeugen gilt“, in diesem besonderen Jahr als Geschenk von uns allen und neu dazu kommenden wiederentdeckt wird. Wo wir mitwirken, da vermag der Herr einem jeden von uns „die Schönheit und Freude des Christseins“ (Papst Benedikt XVI.) auch dann wieder zu erschließen, wenn die Freude am Glauben zu wenig sichtbar war und an Stelle der Schönheit des Glaube dieser schon als Einschränkung oder Belastung erschien.

Ich möchte Sie bitten und einladen, sich die unterschiedlichen Initiativen zu Eigen zu machen, die wir aus diesem Anlass in St. Pantaleon fortführen und intensivieren möchten. Da gibt es zum einen die beiden Glaubenskurs. Ein Glaubenskurs für Jung und Alt wird von unserem Monsignore Dr. Cesar Martinez gehalten; der andere für jüngere Christen im Alter zwischen 20 und 30 vom Pastor.

Sehr am Herzen liegt uns auch die angemessene Vorbereitung und Begleitung der jungen Brautleute und Ehepaare. Neben dem viermal stattfindenden Treffen von einem sich konsolidierenden Kreis junger Familien beginnen wir nun auch mit einem eigenen Eheseminar (vgl. Aushang). Für alle anderen Ehepaare findet nahezu monatlich das Ehegebet statt, dass wie all die anderen Einkehrstunden entweder für Frauen, für Männer oder für Priester wie auch die stille Anbetung der Eucharistie montags und freitags über das Gebetsleben hinaus auch der Vertiefung des Glaubens dienen.

Für den eucharistischen Kongress vom 5. bis 9. Juni 2013 im Jahr des Glaubens werden wir, wie vom Erzbistum vorgeschlagen, sogenannte Kernteams bilden. Darüber hinaus ist trotz aller Mühen der Kreis junger Christen in St.Pantaleon weiterhin unterwegs, um alle als katholisch gemeldeten Gläubigen unsere Pfarrei zwischen 20 und 35 Jahren zu besuchen und einzuladen. Beten Sie bitte auch für die 14 Jugendlichen, die nach einer guten Vorbereitung am 4. November im Dom das Sakrament der Firmung empfangen werden, für die vier Kommunionkinder, die sich inzwischen auf ihre Erstkommunion im Mai 2013 vorbereiten, und die langsam jedoch stetig gewachsene kleine aber muntere Schar von Messdienern.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 41/2012

Miniatur aus der Bibel des Matteo de Planisio

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Jesus legt dar, dass eine Ehe bis zum Lebensende dauert und somit von keinem Menschen aufgehoben werden kann (vgl. Sonntagsevangelium: Mk 10,9). Wo ein Paar jedoch nur so lang zusammen bleiben will, wie es gut geht, geht es gar keine Ehe ein. Ein solches außereheliches Verhältnis entspricht dem Mensch auch gar nicht, denn es schränkt ihn in seiner ganzmenschlichen Entfaltungsmöglichkeit ein.

Das neudeutsche Wort „Beziehungskiste“ erfasst treffend die Erfahrung einer solchen Beziehung: man steigt, in unguter Weise von gewissen Leidenschaften getrieben, gemeinsam „in die Kiste“ und gerät zunehmend in die Enge. Gott stimmt einer solchen Lebensgemeinschaft nicht zu. Er hat dem Menschen seine geschlechtlichen Anziehungskraft und Ergänzung nicht für außereheliche Beziehungen, sondern für die Ehe in die Wiege gelegt. Deshalb wird in der Bibel und in der Theologie jedes außereheliche Verhältnis Sünde, eindeutig schwere Sünde genannt; und in der profanen Sprache Unzucht, auch wenn dieses Wort zunehmend in Vergessenheit gerät. – Es ist folgerichtig, dass ein Christ die Sakramente nicht empfangen kann, solange er eine solche Situation nicht ändern will.

Die eheliche Vereinigung, in der Mann und Frau in biblischer Sprache „ein Fleisch werden“ (vgl. erste Sonntagslesung, Gen. 2,24), ist die von Gott gegebene ganz intime Möglichkeit auszudrücken, dass man einen Menschen in all seinen Dimensionen bejaht und annimmt; auch in seiner Fähigkeit, an der Schöpfung eines neuen Menschen mitzuwirken. So etwas kann man nicht probeweise tun, wie es der selige Papst Johannes II. in Köln (Butzweilerhof, 15.11.1980) gepredigt hat: „Man kann nicht nur auf Probe leben, man kann nicht nur auf Probe sterben. Man kann nicht nur auf Probe lieben, nur auf Probe und Zeit einen Menschen annehmen.“

Entsprechend lautet das Eheversprechen: „Vor Gottes Angesicht nehme ich dich an als meine Frau / meinen Mann. Ich verspreche dir die Treue in guten und bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit, bis der Tod uns scheidet. Ich will dich lieben, achten und ehren alle Tage meines Lebens.“

Hierbei ist wichtig, dass der Mensch seine Sexualität angemessen und stimmig nur als leiblich-seelisches Geschöpf entfalten kann. Das wird heute oft übersehen. Sexualität wird viel zu einseitig rein körperlich gesehen. Demgegenüber gehören zu einer menschenwürdigen Sexualität immer eine aufrichtige Liebe und die uneingeschränkte Offenheit für die Weitergabe des Lebens. Das gibt die menschliche Natur selber so vor. Hält man sich daran, öffnen sich einem neue, heute oft schon ganz unbekannte und vergessene Dimensionen von Ehe und Familie.

Die Umsetzung ist gewiss anspruchsvoll. Aber Gott lässt den Menschen gerade hier nicht alleine. – Die mittelalterliche Buchmalerei von der zweigeschlechtlichen Schöpfung des Menschen (vgl. Darstellung) illustriert dies vorzüglich.
Es sind im Grunde drei Schöpfungsbilder in einem, bzw. drei Schöpfungsschritte: Im Hintergrund ist die Schöpfung des erdfarbenen Adam aus der noch leblosen und unbeseelten Lehmgestalt dargestellt; vorne die Schaffung Evas „aus dem Herzen“ – wie die Kirchenväter gerne erklärten – des schon „beseelten“, aber in seiner Einsamkeit noch schlummernden Adams. Die Schöpfung des Menschen kommt im dritten Schöpfungsschritt zur Vollendung, wo der Mensch vor Gott steht und ihn anbetet.

Ähnlich wie Gott am siebten Schöpfungstag ruhte – der deshalb als siebter Tag für den Gottesdienst bestimmt ist – und damit die gesamte Schöpfung vollendete, vollendet Gott den Menschen im dritten Schöpfungsschritt, bei dem der Mensch Gott anbetet. In dieser Haltung des Menschen vor Gott kann ihm Gott in Ehe und Familie durch das Ehesakrament beistehen. In der sogenannten „Theologie des Leibes“ hat Gott seiner Kirche zudem eine zeitgemäße Erklärung der menschlichen Sexualität geschenkt, die hierbei hilfreich und wegweisend ist.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 40/2012

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Passend zum Erntedank werden uns in der zweiten, dem Jakobusbrief entnommenen Lesung dieses Sonntags Verfluchung und Klage über jene vorgetragen, die ihren Reichtum für sich behalten und dem Arbeiter nicht den gerechten Lohn geben (Jak 5,1-4). „Ihr Reichen, weint nur und klagt über das Elend, das euch treffen wird. Euer Reichtum verfault, und eure Kleider werden von Motten zerfressen. … Aber der Lohn der Arbeiter, die eure Felder abgemäht haben, der Lohn, den ihr ihnen vorenthalten habt, schreit zum Himmel; die Klagerufe derer, die eure Ernte eingebracht haben, dringen zu den Ohren des Herrn der himmlischen Heere.“
Die katechetische Tradition zählt im Rückgriff auf u.a. diese Bibelstelle als fünfte und letzte von den sogenannten „himmelschreienden Sünden“ auf: „den Arbeitern den gerechten Lohn vorenthalten“ (vgl. KKK 1867). Auch der Ausdruck „etwas stinkt zum Himmel“ hat hier seine Wurzeln.
Dem heutigen Sprachempfinden angemessener als der traditionelle Ausdruck „himmelschreiende Sünden“ ist die Formulierung „Soziale Sünden, die zum Himmel schreien“, den Papst Johannes Paul II. in seinem Apostolischen Schreiben Ecclesia in America verwendet. Er meint damit Verhältnisse, die Gewalt erzeugen und den Frieden und die Harmonie zerstören und nennt im Einzelnen neben Drogenhandel, Geldwäsche, Korruption … auch die vernunftlose Zerstörung der Natur.
Die Feier des Erntedankes ist eine gute Tradition. Sie erinnert daran, dass wir weder uns noch alles anderer ganz alleine selber und aus uns heraus gemacht haben. Wir haben uns vorgefunden und können nur mit dem kreativ werden, was wir vorfinden und weiter veredeln. – Wir selber sind, weil es die Liebe gibt: Grundlegend für alles die Liebe Gottes; und aus ihr hervorgehend die Liebe der Geschöpfe, die zu erhalten, zu gestalten und weiterzugeben vermag, was ihr mitgegeben wurde.
So danken wir für die Ernte nicht nur der Felder sondern auch unseres Wirkens und Schaffens in doppelter Hinsicht. Wir danken Gott dafür, dass er alles wachsen lässt, und wir danken für unsere, am Ende in Gottes Liebe gegründeten Fähigkeit, alles, was wir vorfinden, in rechter Weise zu gebrauchen, zu gestalten und zu mehren.
In rechter Weise danken: das macht frei für das Gute. Der dankbare Mensch erkennt, wie viel Gutes er empfangen hat. So ist er auch entschlossen bereit, anderen Gutes zu tun. Er zahlt dem Arbeiter den rechten Lohn, er hört die Klage der Fremden, der „Witwen und Waisen“ (vgl. Ex. 22,20-22) und nimmt sich ihrer an, er widersteht der Gewalt, der Aufrüstung, der Rassendiskriminierung, der ungerechten Ungleichheit innerhalb der sozialen Schichten und all der anderen „sozialen Sünden, die zum Himmel schreien“.
Wie schön wäre es in unserer Welt, in unserer unmittelbaren Nachbarschaft, wenn wir alle ein wenig dankbarer wären.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 39/2012

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Lange vor der Ankunft Christi wurden die folgenden Worte nieder geschrieben, die uns in der 1. Lesung dieses Sonntages aus dem Buch der Weisheit (2,12 ff) vorgetragen werden: „Lasst uns dem Gerechten auflauern! Er ist uns unbequem und steht unserem Tun im Weg. Er wirft uns Vergehen gegen das Gesetz vor und beschuldigt uns des Verrats an unserer Erziehung (...). Roh und grausam wollen wir mit ihm verfahren, um seine Sanftmut kennenzulernen, seine Geduld zu erproben. Zu einem ehrlosen Tod wollen wir ihn verurteilen; er behauptet ja, es werde ihm Hilfe gewährt.

Es hat immer Gerechte gegeben, die man wegen ihrer Gerechtigkeit verfolgt hat. Das Buch der Weisheit setzt hier aber ausdrücklich den Gerechten mit dem „Sohn Gottes“ gleich (Weish, 2,18): „Ist der Gerechte wirklich Sohn Gottes, dann nimmt sich Gott seiner an und entreißt ihn der Hand seiner Gegner.“
Jesus knüpft im Evangelium an diese prophetische Aussage an und bestätigt sie, indem er sie auf sich selber bezieht und die Seinen, mit denen er in Galiläa wandernd unterwegs war, vorausblickend über seinen Tod und seine Auferstehung belehrt (Mk 9,31): „Der Menschensohn wird den Menschen ausgeliefert, und sie werden ihn töten; doch drei Tage nach seinem Tode wird er auferstehen.“ Die Jünger hatten wohl längst eine ziemlich andere Vorstellung vom kommenden Reich. So „verstanden (sie) den Sinn seiner Worte nicht, scheuten sich jedoch, ihn zu fragen.“ (Mk 9,32)

Überraschend nimmt das Evangelium dann eine neue Wendung. Sie ließe sich so formulieren: Vom Leiden zum Dienen.

Als die Wandergruppe in Kafarnaum ankam, fragte der Herr seine Jünger (Mk 9, 33): „Worüber habt ihr unterwegs gesprochen?“ Sie aber schwiegen, berichtet Markus (9, 34), „denn sie hatten unterwegs miteinander darüber gesprochen, wer von ihnen der Größte sei.“

»Die Jünger sind eifersüchtig gegeneinander. Sie glauben, das Reich Israel werde bald kommen; wohl von Gott aufgerichtet, aber doch in Menschenherrlichkeit. So machen sie sich Gedanken, welche Rolle sie selbst darin spielen werden.« So sieht es Romano Guardini in seinem bekannten Buch, »Der Herr«, von 1951, S. 309.

Daraufhin „setzte sich Jesus, rief die Zwölf und sagte zu ihnen: Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein.“ Wie so oft, unterstreicht Jesus seine Lehrworte durch ein bildhaftes Gleichnis. Der Evangelist erzählt weiter (Mk 9,36): „Und er stellte ein Kind in ihre Mitte, nahm es in seine Arme und sagte zu ihnen: wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, der nimmt nicht nur mich auf, sondern den, der mich gesandt hat.

Als Erklärung lesen wir in dem genannten Buch von Romano Guardini (S. 311): Es ist, als sagte der Herr: »Ihr Erwachsenen, Rechthaberischen, Zwecke Verfolgenden, hier ist der Maßstab! Das Gegenteil von euch. Das Gegenteil von eurer Art, zu sehen und euch zu benehmen.« Indem er die Apostel belehrt, belehrt Christus alle, die Autorität ausüben: in der Kirche, in der Familie, in der Gesellschaft. Er zeigt uns allen, dass Autorität und dienende Demut zusammengehören. Autorität verkommt ohne die Bereitschaft zu dienen: Sie wird zur Diktatur. Umgekehrt bleibt wahre Dienstbereitschaft an eine gewisse Autorität geknüpft, sonst verkommt sie zur Servilität. Die Kraft zu beidem, zum Dienen und zur Autorität, schenkt Jesus durch sein Kreuz, das die Auferstehung und Erlösung vorbereitet und ihnen zum Durchbruch verhilft.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 38/2012

LIebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Der Evangelist Markus berichtet, wie Jesus das jüdische Gebiet verließ und das obere Jordantal hinauf zum ruhigen Cäsarea Philippi wanderte. Unterwegs und, wie Lukas vermerkt, nachdem er in der Einsamkeit gebetet hatte, fragt Jesus die Zwölf: „Für wen halten mich die Menschen?“ (Mk 8,27) Sie geben ihm weiter, was sie gehört hatten (ibid., 28): „Einige für Johannes den Täufer, andere für Elija ...“ Der Herr stellt dann die entscheidende Frage (ibid. 29): „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“

Es gibt Fragen, die zwar interessant, jedoch unerheblich sind für unser Leben. Es gibt dann Fragen, wie etwa „Was ist der Mensch?“ deren Beantwortung Einfluss auf unser Tun und Lassen hat. Die Frage jedoch, die Jesus am Fuße des schneebedeckten Hermon nahe bei Cäsarea Philippi seinen Aposteln stellt, entscheidet grundlegend über den Sinn und die Aus-richtung unseres Lebens: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ Petrus gibt die - damals wie heute - einzig wahre Antwort (ibid.): „Du bist der Messias“, das heißt: der Christus, der Ge-salbte. Mit diesem Würdetitel verband Petrus in seinem Bekenntnis noch die Aussage: „Sohn Gottes“, wie uns Matthäus überliefert. Es ist „jenes Bekenntnis, das erstmals in der Weltge-schichte, in der Heilsgeschichte die Einheit von ‚Menschensohn’ und ‚Gottessohn’ vom glau-benden Menschen her erkannte und aussprach. Ein ungeheures Ereignis der Menschheits-geschichte! Der Fischer Simon aus Galiläa ermisst zwar noch nicht die Tiefe und die Folgen seines Bekenntnisses, doch er wirft seinen grenzenlosen Glauben weit über seinen begrenz-ten Verstand hinaus“ schriebt Peter Berglar in seinem Petrusbuch (P. Berglar, Petrus - Vom Fischer zum Stellvertreter, München 1991, S.20).

Der Apostel will sagen: Du bist jener, an dem der Sinn meines Lebens hängt – Gelingen oder Scheitern, Sinn oder Sinnlosigkeit –, alles entscheidet sich an dieser Antwort, an diesem Bekenntnis.

Weder die Gunst des Geschicks noch Gesundheit oder Erfolg sind der Maßstab für das Ge-lingen unseres Lebens. Entscheidend ist nur unsere Antwort auf die Frage Christi: Für wen hältst du mich? Sie gibt allem und jedem, was geschieht, seinen Sinn.

Etwa zwei Jahre sind vergangen, seitdem der Herr die Zwölf in seine Nachfolge berufen hat. Der Umgang mit ihm während dieser Zeit lässt sie allmählich Tiefen ahnen, die sie erst nach der Auferstehung voll ergründen werden. Das ist auch unser Weg. Johannes Paul II. nennt ihn „einen Weg des aufmerksamen, bereiten Eindringens in die Geheimnisse Christi“. Und der Papst fährt fort: „Wir müssen in die Schule jener ersten Jünger gehen, die seine Zeugen und unsere Lehrer sind, und uns gleichzeitig der Erfahrung und dem Zeugnis von zwanzig Jahrhunderten Geschichte öffnen, die von der Frage des Meisters und der vielstimmigen Antwort von Gläubigen aller Zeiten und aller Orte geprägt sind.“ (Johannes Paul II., General-audienz, 7.1.1987)

So wünsche ich Ihnen, dass auch Sie, wie vor Ihnen schon viele andere, angefangen bei den Aposteln, Jesus Christus als dem begegnen, der Ihnen in allen Fragen Ihres Lebens auf die richtige Spur führen kann und wird.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 37/2012

Heilung eines Taubstummen – Mk 7,31-37 – um 1425-30 – Ottheinrich-Bibel, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 8010

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Vor drei Jahren hat Papst Benedikt XVI. beim Besuch in seiner bayrischen Heimat über die Lesungen des 23. Sonntages im Jahreskreis in seiner Predigt u.a. folgendes gesagt:

Alle drei (Sonntags-)Lesungen sprechen von Gott als Zentrum der Wirklichkeit und als Zentrum unseres eigenen Lebens. "Seht, Gott ist da!" ruft uns der Prophet Jesaja zu (35,4). Der Jakobus-Brief und das Evangelium sagen auf ihre Weise dasselbe. Sie wollen uns zu Gott hinführen und uns so auf den rechten Weg bringen. Mit dem Thema Gott ist aber das soziale Thema, unsere Verantwortung füreinander, für die Herrschaft von Gerechtigkeit und Liebe in der Welt verbunden.

Dramatisch wird das in der Lesung zu Worte gebracht, in der Jakobus, ein naher Verwandter Jesu, zu uns spricht. Er redet zu einer Gemeinde, in der man anfängt, stolz zu sein, wenn es da auch reiche und vornehme Leute gibt, während die Sorge um das Recht für die Armen zu verkümmern droht. Jakobus lässt in seinen Worten das Bild Jesu durchscheinen, des Gottes, der Mensch wurde und obgleich davidischer, also königlicher Herkunft, ein Einfacher unter den Einfachen wurde, sich auf keinen Thron setzte, sondern am Ende in der letzten Armut des Kreuzes starb.

Die Nächstenliebe, die zuallererst Sorge um die Gerechtigkeit ist, ist der Prüfstein des Glaubens und der Gottesliebe. Jakobus nennt sie das "königliche Gesetz". Er lässt darin das Lieblingswort Jesu durchblicken: das Königtum Gottes, die Herrschaft Gottes. Damit ist nicht irgendein Reich gemeint, das irgendwann einmal kommt, sondern dass Gott bestimmend werden muss für unser Leben und Handeln. Darum bitten wir, wenn wir sagen: Dein Reich komme; wir beten nicht um irgend etwas Entferntes, das wir selber gar nicht zu erleben wünschen.

Wir beten vielmehr darum, dass jetzt Gottes Wille unseren Willen bestimme und so Gott in der Welt herrsche; darum also, dass Recht und Liebe entscheidend werden in der Ordnung der Welt. Eine solche Bitte richtet sich gewiss zuerst an Gott, aber sie rüttelt auch an unser eigenes Herz.

Wollen wir das eigentlich? Leben wir in dieser Richtung?

Jakobus nennt das "königliche Gesetz", das Gesetz von Gottes Königtum, zugleich Gesetz der Freiheit: Wenn alle von Gott her denken und leben, dann werden wir gleich, und dann werden wir frei, und dann entsteht die wahre Geschwisterlichkeit. Wenn Jesaja in der ersten Lesung von Gott spricht, dann redet er zugleich vom Heil für die Leidenden, und wenn Jakobus von der sozialen Ordnung als dringlichem Ausdruck unseres Glaubens redet, dann spricht er ganz selbstverständlich von Gott, dessen Kinder wir sind.
Soweit die Predigtworte von Papst Benedikt.

Von Gott her denken und leben: Das Sonntagsevangelium konkretisiert dies mit der auch zutiefst bildhaft gemeinten Heilung eines Taubstummen. Hier geht es nicht nur um die Heilung der physischen, sondern auch der in unserer Zeit dramatisch angewachsenen zwischenmenschlichen Gehör- und Sprachlosigkeit und insbesondere um deren tiefer liegenden Ursachen: der Schwerhörigkeit Gott gegenüber. Wo diese durch Gott von uns genommen wird, vor allem in der kraftvollen Berührung durch die Sakramente, da vermag eine ganze Gesellschaft wieder gesund zu werden.

Die Buchmalerei aus dem 15 Jahrhundert (s.o.) erhellt diese Dimensionen mit den damaligen Mitteln künstlerischer Darstellung.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 36/2012

Mit großer Liebe schafft Gott den Menschen als sein Abbild – Er holt Eva aus der Seite Adams hervor: von dort, wo Adams Herz schlägt.

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Die Lesungen des 22. Sonntags im Jahreskreis sind voller Dynamik und Überraschung. Sie legen u.a. dar, dass die Gesetze Gottes viel menschlicher sind als die Satzungen der Menschen. Vor diesem Hintergrund betet die Kirche im dazu passenden Tagesgebet: „Allmächtiger Gott, von dir kommt alles Gute. Pflanze in unser Herz die Liebe zu deinem Namen ein. Binde uns immer mehr an dich, damit in uns wächst, was gut und heilig ist. Wache über uns und erhalte, was du gewirkt hast.“
Im Evangelium verurteilt Jesus diejenigen, welche sich hinter Gesetze und Vorschriften verkriechen, anstatt in Freiheit nach dem Willen Gottes zu fragen. Im Rückgriff auf den alttestamentlichen Propheten Jesaja sagt Jesus wörtlich (Mk 7,6f): „Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir. … Ihr gebt Gottes Gebot preis und haltet euch an die Überlieferung der Menschen.“ Diese Art nicht wirklich gottgläubiger, sondern an „Satzungen von Menschen“ ausgerichteter Lebenspraxis ist nach Jesu Worten „sinnlos“ (vgl. Mk 7,7).
Wie selbstverständlich, und das darf und soll auch gar nicht verschwiegen werden, wird hier vorausgesetzt und in der zweiten Lesung ausdrücklich gesagt (Jak 1,17): „Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben, vom Vater der Gestirne, bei dem es keine Veränderung und keine Verfinsterung gibt.“ Hier wird davon ausgegangen, dass unsere Welt Gottes Schöpfung ist. Diese Überzeugung – die übrigens von der überwiegenden Mehrheit der führenden Naturwissenschaftler im Grundsätzlichen uneingeschränkt geteilt wird – ist gegenüber allen anderen Theorien vom Ursprung des Universums mit Abstand eindeutig die vernünftigere.
Implizit erklärt die Heilige Schrift damit, dass sich Gottes Wahrheit, und damit der innere Kern seines Wesens, der sich insbesondere in unbegrenzter Liebe kundtut, in seiner Schöpfung widerspiegelt (Jak 1,18): „Aus freiem Willen hat er uns durch das Wort der Wahrheit geboren.“ Daraus folgt die inhaltliche Empfehlung (ibid.,21b): „Nehmt euch das Wort zu Herzen, das in euch eingepflanzt worden ist und das die Macht hat, euch zu retten.“
Somit lehrt die Heilige Schrift als Wort Gottes, und erinnert den Menschen daran, dass er, der Mensch, nicht durch sich selber zu sich selber findet, sondern nur durch Gott. Hier wird in vielem dem emanzipatorischen Zeitgeist, der eine menschliche Freiheit alleine aus dem Menschen heraus verspricht, widersprochen. Die Bibel verkündet ein Alternativprogramm (Jak 1,22): „Hört das Wort nicht nur an, sondern handelt danach; sonst betrügt ihr euch selbst.“
Die Bitte im Tagesgebet (s.o.), dass Gott selber uns immer mehr an sich binde, „damit in uns wächst, was gut und heilig ist“, ist entgegen einem nur oberflächlichen Eindruck eine Bitte um Freiheit; denn alles Gute kommt von Gott und wird im Menschen nur wachsen können in enger Verbundenheit mit Gott, nie aber in Löslösung und Entfremdung von ihm. Von Gott losgelöst, wächst nicht das Gute, sondern das Böse, das den Menschen knechtet und unfrei macht.
Der Heilige Augustinus greift in einer hierzu passenden Predigt zur Veranschaulichung auf das Wandern zurück (Sermo 169): „Wir sind Wanderer. … Wandern heißt Vorwärtsgehen. … Ich sage Vorwärtsgehen, damit ihr es nicht missversteht und faul werdet. Geht immer voran, meine Brüder. Erforscht euch jeden Tag aufrichtig, ohne Eitelkeit und Selbstgefälligkeit. … Prüfe dich und gib dich nicht damit zufrieden, was du bist, wenn Du werden willst, was du noch nicht bist. Denn sobald du dich mit dir selbst zufrieden gibst, bist du schon stehengeblieben. Wenn du sagst: Es genügt, bist du verloren.“
Dabei ist nicht ausschlaggebend die Leistung des Menschen. Gegen dieses Missverständnis hat Augustinus sich immer entschieden gewehrt. Ausschlaggebend ist Gottes Liebe, die sich in uns jedoch erst durch unser rechtes Tun entfalten kann.
Um das alles weiter zu vertiefen, möchte ich Ihnen, lieber Leser, für ihr betrachtendes Beten zum Abschluss noch den folgenden Gedanken des Heiligen Josefmaria Escrivá mit auf den Weg geben, der einmal gesagt hat: „Die Heiligkeit besteht nicht darin, jeden Tag schwierigere Dinge zu verrichten, sondern sie jedes Mal mit mir Liebe zu verrichten."

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 35/2012

Karlskirche Wien, Fresco von Johann Michael Rottmayr ( 1714 ) - Allegorie des Glaubens, Eucharistie

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Das Evangelium an diesem Sonntag beginnt recht unvermittelt mit der Feststellung, dass „viele der Jünger Jesu, die ihm zuhörten sagten: Was er sagt, ist unerträglich. Wer kann das anhören?“ (Joh 6.60). Es kommt schließlich zum Eklat. Als Jesus auf die Notwendigkeit hinweist, uneingeschränkt den Glauben anzunehmen, den Gott den Menschen vom Himmel aus schenkt, „zogen sich viele Jünger zurück und wanderten nicht mehr mit ihm umher.“ (ibid., 66)
Den von Jesus geforderten Schritt, über alle menschlichen Einsichten und Erfahrungen hinaus mehr den von Gott geschenkten Einsichten als dem eigenen, menschlich begrenzten Wahrnehmungshorizont zu vertrauen, wollen die vielen, die sich von ihm trennen, nicht vollziehen. Das war zu viel für sie. Anders die 12 Apostel.
„Jesus fragte die Zwölf: Wollt auch ihr weggehen? Simon Petrus antwortete ihm: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes.“ (ibid., 67-69) Wieder einmal spricht Petrus, der Fels, auf dem Jesus seine Kirche aufbaut (vgl. Mt 16,18), für die anderen. Keiner widerspricht. Sie sehen es also wie er.
Die Apostel haben „die Worte, die Jesus zu ihnen gesprochen hat“ (Joh 6, 63), als „Geist und Leben“ (ibid.) aufgenommen und dabei erfahren, dass sie „vom Vater gegeben“ sind; also wahrhaft göttliche Worte, die menschliche Erkenntnis übertreffen, diese aber nicht auslöschen sondern in die göttliche Weite und Größe hinein aufweiten.
Der Stein des Anstoßes waren die Worte Jesu, die wir letzten Sonntag hörten (Joh 6,53-56): „Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag. Denn mein Fleisch ist wirklich eine Speise, und mein Blut ist wirklich ein Trank. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir, und ich bleibe in ihm.“
Es sind in der Tat überraschende Worte, die im Kontext des Evangeliums klar und eindeutig zu verstehen sind: Mit seinem „Fleisch und Blut“ gibt Jesus sich als Mensch und Gott uneingeschränkt und ganz: In der Eucharistie nämlich. Das meint Jesus real und konkret; aber nicht rein biologisch (Joh 6,63: „der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch nützt nichts“). Der Herr meint es im umfassenden Sinne seiner gott-menschlichen Existenz. Diese setzt er ein für das Heil und die Erlösung der Menschen und schenkt sie ihm ganz. – Nur wer daran glaubt, und in diesem Glauben den in der Eucharistie real gegenwärtigen Jesus empfängt, lässt Gott in sich hinein.
Damit sind aber zugleich die überraschenden Worte Jesu („Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst …“) aus rein menschlicher Perspektive weder leicht noch auf Anhieb, sondern mit wachsendem Glauben nur schrittweise in ihrer Unauslotbarkeit nachvollziehbar. Hier offenbart sich ein Gott, der in seiner uneingeschränkten Liebe bis zum Äußersten geht. So sind und bleiben diese Worte Jesu und die sie bezeichnende eucharistische Wirklichkeit des sich bis zum Verspeisen schenkenden Gottes eine Provokation, der gegenüber am Ende keiner neutral bleiben kann.
Die Rede Jesu über das lebendige Brot, das er der Welt geben will, ist für die Jünger damals wie für uns heute eine Offenbarung und zugleich eine Glaubensprobe. So wie die Jünger müssen auch wir uns entscheiden. Jesus nimmt nichts zurück. Im „Brot des Lebens“ ist der ganze Christus gegenwärtig – für uns: seine Menschheit, sein Opfer, seine göttliche Herrlichkeit. Die Glaubensentscheidung, der angesichts dieser Größe niemand ausweichen kann, gilt der ganzen Wahrheit und Wirklichkeit Christi.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 34/2012

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Wie in den vorausgehenden Pfarrnachrichten angekündigt und von daher für den Leser erwartet, beschäftigt sich das Evangelium von diesem 20. Sonntag im Jahreskreis noch einmal mit Jesus als dem lebendigen Brot, das ewiges Leben schenkt. Der Herr kommt vor seinen zahlreichen Zuhörern ohne Umschweife und direkt zur Sache. Er erklärt: „Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, ich gebe es hin für das Leben der Welt. Da stritten sich die Juden und sagten: Wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben?“
Die Aussage Jesu provoziert, und die Zuhörer ringen um das rechte Verständnis. Wie ist das mit seinem Fleisch zu verstehen, das er als Speise für das Leben der Welt hinzugeben ankündigt. Wie meint Jesus das? Will er wirklich das Fleisch seines Leibes zum Essen anbieten? Die Verwirrung, ja sogar das Erschrecken und Entsetzen sind sehr verständlich. – Wie soll das gehen; wie ist das gemeint?
Wie es scheint, nimmt Jesus die Verwunderung und den Unmut seiner Zuhörer sehr genau wahr. Denn er wiederholt und präzisiert: „Amen, amen, das sage ich euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag.“
Nicht nur damals, sondern zu allen Zeiten haben Menschen an dieser Aussage Jesu über sein Fleisch und Blut Anstoß genommen. Für die Juden war Blut tabu. Sie durften es auf keinen Fall zu sich nehmen. Allein diese Vorstellung machte es vielen Zuhörer Jesu fast unmöglich, ihm hier zu folgen. – Das war dem Herrn sehr wohl bekannt. Aber diese Aussage ist ihm so wichtig, dass er sie nicht abschwächt und keine gefällige und vieldeutige Formulierung gebraucht, die jeden jeweils das verstehen ließe, was er für sich noch als akzeptabel hinnehmen könnte.
Sein Fleisch und Blut ist das himmlische Brot. Es ist Jesus Christus selber, der durch sein Fleisch und sein Blut das ewige Leben schenkt.
Beim letzten Abendmahl löst Jesus sein Versprechen ein. In den eucharistischen Gaben von Brot und Wein schenkt er auf unblutige Weise – wie dann auch in jeder Heiligen Messe –, was er am Tag darauf in blutiger Weise für das Heil und die Erlösung aller Menschen, die das glauben und annehmen, opfert und hergibt: Sich selber ganz und gar.
Im Originaltext des heutigen Evangeliums steht übrigens nicht einfach „essen“, sondern genauer, wer sein Fleisch „beißt“, „kaut“, „verschlingt“. Das ist dann so zu verstehen: Wer Jesu Jünger sein will, der nimmt ihn nicht wie eine kleine Vorspeise zu sich, die dem verwöhnten Gaumen schmeichelt. – Sondern: Wie eine Leseratte ein spannendes Buch bis zum Ende verschlingt und sehnsüchtige auf die Stunden der Lektüre wartet, so soll der Gläubige Jesus in sich aufnehmen und den Augenblick der Kommunion erwarten.
Nur aus der Kraft des täglichen Kommunion-Empfangs konnte z.B. Mutter Theresa in Kalkutta Tag für Tag und Jahr für Jahr so viele Sterbende mit größter Liebe pflegen und trösten. Von einigen Heiligen ist sogar bekannt, dass sie jahrelang keine andere Nahrung mehr zu sich nahmen außer dieser himmlischen Speise.

Ihr Pfr. Dr. Volker HIldebrandt

 

Pfarrnachrichten 33/2012

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Wie in der letzten Woche angekündigt, werde nun drei Sonntage hintereinander als Tagesevangelium aufeinanderfolgende Abschnitte unterschiedlicher Länge aus dem sechsten Kapitel des Johannesevangeliums vorgetragen. An diesem Sonntag hören wir, wie die Juden gegen Jesus murrten (Joh 6,41 ff), „weil er gesagt hatte: Ich bin das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist.“ In dieser sogenannten eucharistischen Rede in Kafarnaum (Joh 6,22-59) gibt der Herr unmissverständlich zu verstehen, dass das eucharistische Brot, die Heilige Hostie, er selber ist; oder, wie es die Kirche in ihrer Sprache formuliert hat (Katechismus der Katholischen Kirche, Kompendium, Nr. 282): „Jesus Christus ist in der Eucharistie auf einzigartige und unvergleichliche Weise gegenwärtig: wirklich, tatsächlich und substantiell, mit seinem Leib und seinem Blut, mit seiner Seele und seiner Gottheit. In der Eucharistie ist also der ganze Christus, Gott und Mensch, auf sakramentale Weise gegenwärtig, das heißt unter den eucharistischen Gestalten von Brot und Wein.
Von daher erklärt sich, warum der heilige Pfarrer von Ars in seiner überraschenden und beeindruckend unmittelbaren Direktheit sagen konnte: „Nicht kommunizieren: wie wenn jemand neben einer Quelle verdurstet." Mit dem Heiligen Franz von Sales können wir hinzufügen: „In der heiligen Eucharistie werden wir eins mit Gott wie die Speise mit dem Körper“ und diese Feststellung mit der Eingebung fortführen, die in frühchristlicher Zeit dem Heiligen Augustinus geschenkt wurde: „Es war, als hörte ich eine Stimme aus der Höhe: ich bin die Speise der Starken; wachse und iss dann von mir! Aber du wirst mich nicht wie eine leibliche Speise in dich verwandeln, sondern du wirst in mich verwandelt werden.“
Angesichts dieser Wirklichkeit und Größe der eucharistischen Gegenwart Gottes zum Wohl der Menschen drängte es den Heiligen Josefmaria Escrivá, zu folgenden Betrachtung einzuladen: „Demut Jesu: in Bethlehem, in Nazareth, auf Kalvaria. Aber mehr Demütigung und Erniedrigung in der heiligen Hostie; mehr als im Stall, als in Nazareth und als am Kreuz.“
Die Bedeutung der Eucharistie, des aus Liebe sich demütig in die Gestalt des Brotes verbergenden Gottes für das Leben der Menschen wird in einer bekannten Geschichte aus dem ersten Buch der Könige (19,4-8) anschaulich vor Augen geführt. Diese Geschichte wird aus neutestamentlicher Perspektive als Hinweis und Vorbereitung auf die dann durch Jesus gestiftete Eucharistie gelesen. Diesen Sonntag hören wir sie als erste Lesung. Folgendes wird erzählt:
Um vor dem Zorn der Königin Isebel zu fliehen, hatte der Prophet Elija sich auf den Weg zum Gottesberg Horeb gemacht. „Dort setzte er sich unter einen Ginsterstrauch und wünschte sich den Tod. Er sagte: Nun ist es genug, Herr. Nimm mein Leben; denn ich bin nicht besser als meine Väter.“ Als er sich zum Schlafen unter einen Ginsterstrauch legte, rührte ihn schließlich „ein Engel an und sprach: Steh auf und iss!“
Elija blickte sich um. „Da sah er neben seinem Kopf Brot, das in glühender Asche gebacken war, und einen Krug mit Wasser. Er aß und trank.“ Dann legte er sich wieder schlafen. „Doch der Engel des Herrn kam zum zweiten Mal, rührte ihn an und sprach: Steh auf und iss! Sonst ist der Weg zu weit für dich.“ Da stand Elija auf, „aß und trank und wanderte, durch diese Speise gestärkt, vierzig Tage und vierzig Nächte bis zum Gottesberg Horeb.“
Elijas Wanderung hatte als Flucht begonnen. Durch vom „Engel des Herrn“ gereichte Speise endete sie am Gottesberg Horeb, wo Elija Gott begegnet, von ihm gestärkt und wieder aufgebaut wird. Genauso ist es mit all denen, die angemessen durch das Sakrament der Beichte dazu vorbereitet, wenigstens Sonntag für Sonntag den Leib des Herrn in der Kommunion empfangen.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 32/2012

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Am kommenden und den folgenden drei Sonntagen hören wir, was sich im Anschluss an die Brotvermehrung (Evangelium vom letzten Sonntag: Joh. 6,1-15) ereignet hat. Auf diese Brotvermehrung folgt im 6. Kapitel bei Johannes das Gehen Jesu über den See, die große Rede in Kafarnaum und schließlich die Krise bei den Jüngern.
Die wunderbare Speisung „am anderen Ufer des Sees von Galiläa“ (Joh 6,1) ist wie die früheren Zeichen ein Hinweis auf das Geheimnis Jesu. Im Laufe der Rede in Kafarnaum wird deutlich, dass sie darüber hinaus auch ein Hinweis auf das Geheimnis der Eucharistie ist. Die Menschen aber, die Jesus nachliefen, wollten ihn anfangs sogar „in ihre Gewalt bringen und zum König machen“, wie Johannes (6,15) berichtet. Sie wollten das wunderbare und für sie so bequeme „Sattwerden“ als vermeintliches Glück erzwingen; weiter dachten sie nicht. Vom wirklichen Sinn des Wunders hatten sie nichts begriffen.
Jesus sagt es ihnen offen und klar (Joh 6,26): „Ihr sucht mich nicht, weil ihr Zeichen gesehen habt, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt und satt geworden seid.“ Dann weist er sie, und damit auch uns, auf eine weitaus größere Gabe hin (ibid. 27): „Müht euch nicht ab für die Speise, die verdirbt, sondern für die Speise, die für das ewige Leben bleibt und die der Menschensohn euch geben wird.“
Im Laufe der dann folgenden Rede, die wir an den kommenden Sonntagen in fortlaufenden Abschnitten hören werden, wird deutlich, dass Jesus selber die Gabe Gottes, dass er selber „Brot Gottes“ für die Welt ist. Dieses Brot kann man nicht verdienen, man kann es auch nicht erzwingen, man kann es nur als Gabe, als Geschenk Gottes annehmen und empfangen.
Dafür ist jedoch notwendig, dass man glaubt und sich mit der Gnade des Glaubens der Wirklichkeit Gottes öffnet. Nur in der Gnade des Glaubens kann man Jesus, den Sohn Gottes, als die unseren Horizont übersteigende Wirklichkeit und Gegenwart Gottes in unserer Welt annehmen, wie es offenbart ist.
Als damals Jesus den Vielen vorhielt, nur an das bequeme Sattwerden durch Hinterherlaufen zu denken, und gar zu meinen, es einfach erzwingen zu können, fragten sie daraufhin betroffen (Joh 6,28-29): „Was müssen wir tun, um die Werke Gottes zu vollbringen? Jesus antwortete ihnen: Das ist das Werk Gottes, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat.“
Als Jesus im weiteren Verlauf des Gespräches (Joh 6,30-36) daran erinnert, dass in der Wüste Sinai nicht Mose das Manna als „das Brot vom Himmel“ gegeben hat, sondern sein himmlischer Vater, der „das wahre Brot vom Himmel“ gibt, das „der Welt das Leben“ schenkt, bitten ihn die Vielen schließlich: „Herr, gib uns immer dieses Brot!“ Darauf antwortet ihnen Jesus: „Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.“
Damit sind die Weichen zu einem tieferen Zugang und einem bewegenden Verständnis der geheimnisvollen Wirklichkeit der Eucharistie, der Heiligen Kommunion gestellt.
In seiner Predigt auf dem Mareinfeld zwischen Köln und Kerpen beim Weltjugendtag 2005 hat Papst Benedikt XVI. in großer Dichte erklärt: „Wie kann Jesus seinen Leib austeilen und sein Blut? Indem er Brot zu seinem Leib und Wein zu seinem Blut macht und austeilt, nimmt er seinen Tod vorweg, nimmt er ihn von innen her an und verwandelt ihn in eine Tat der Liebe. Was von außen her brutaler Gewalt ist – die Kreuzigung –, wird von innen her ein Akt der Liebe, die sie selber schenkt, ganz und gar.“
Der Eucharistie kann man sich nicht nur über katechetische Erklärungen nähern, so notwendig sie sind. Die Eucharistie ist geheimnisvolle Gegenwart der uneingeschränkten Liebe Gottes in unserer Welt, die den Heiligen Josefmaria Escrivá in der ihm von Gott großzügig geschenkten Glaubensgnade erfahren ließ: „Zu wissen, dass Du mich so sehr liebst, mein Gott, und – ich habe noch nicht den Verstand verloren?“ (Der Weg, Nr. 425) In den kommenden drei Wochen werden wir mehr darüber erfahren.

Ihr Pr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 31/2012

Darstellung de Hl. Pantaleon in der Basilika „Vierzehnheiligen“, dessen Sterbetag am 27. Juli 305 wir jährlich festlich begehen.

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

„Gott ist hier, an heiliger Stätte. Gott versammelt sein Volk in seinem Haus, er schenkt ihm Stärke und Kraft.“ Mit diesen Worten aus dem Eröffnungsvers (vgl. Ps. 68 (67), 6-7.36) vom 17. Sonntag im Jahreskreis holt der Gottesdienst dieses Sonntags die Menschen wieder zurück in eine Realität, die sie im Bemühen und im täglichen Kampf um Behauptung und Vorankommen zu schnell vergessen und ausblenden. „Gott ist hier, an heiliger Stätte. Gott versammelt sein Volk in seinem Haus, er schenkt ihm Stärke und Kraft.“
Es ist ein großer Verlust nicht nur für den Einzelnen, sondern für die ganze Gesellschaft, wenn die Menschen ihren Schöpfer und Erlöser vergessen. Gerät er in Vergessenheit, dann verliert der Mensch Grund und Boden, er verliert sein Zuhause. Er verliert dann seine Verwurzelung, aus der alleine heraus er wachsen, blühen und gedeihen kann.
Nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit, bevor sie diese Pfarrnachrichten weiterlesen. Setzten Sie sich kurz hin – wenn Sie hier in dieser wunderschönen Pantaleonskirche sind in die erst beste Bank – und denken Sie einmal zurück an das, was Sie ganz besonders glücklich gemacht hat, worauf Sie in gesunder, eben nicht krankhafter Weise stolz sein dürfen, was Ihr Leben bislang mit Freude und Dankbarkeit erfüllt hat. … Sind es nicht vor allem jene Dinge, an denen man zwar mitgewirkt hat, die einem aber weit mehr als aus eigenem Verdienst vor allem geschenkt worden sind?
Von wem und warum? …
Vor dieser Frage auszuweichen ist nicht nur feige, sondern auch äußerst dumm; ja sogar verantwortungslos und böse. Am Ende hat der Keim alles Bösen unter den Menschen hier ihren Ursprung. … Immer wieder igelt der Mensch sich ein, kreist um sich, denkt mehr an sich selber und weist zunehmend alle Anderen aus Furcht, aus vermeintlicher Überlebensstrategie, letztlich aber aus einem ganz tief liegenden Stolz und Eigensinn wie mit Stacheln eines Igel von sich ab – beginnend bei denen, die einem am Nächsten sind, gefolgt von denen, die einem nicht mehr so nahe stehen.
Dem Menschen ist als Lebensaufgabe aufgetragen, dieser bösen Neigung zu widerstehen und sich der ebenfalls in ihm wohnenden guten Neigung immer mehr zu öffnen, nämlich ausdrücklich gewolltes und geliebtes Geschöpf Gottes zu sein. Mit dieser Öffnung hin zu Gott wird auch eine überraschende Öffnung hin zum Nächsten möglich. Wer sich Gott öffnet wird auch wieder ganz offen für seinen Nächsten, der ja nicht weniger ausdrücklich gewolltes und geliebtes Geschöpf des einen himmlischen Vaters ist.
Die weiteren Texte und Schriftlesungen dieses Sonntags bekräftigen dies. In der ersten Lesung aus dem zweiten Buch der Könige (4, 42-44) wiederholen sich die Wunder des Auszugs aus Ägypten. Durch den Glauben und die innige Beziehung, die Elischa zu Gott pflegt, werden 100 Mann „durch zwanzig Gerstenbrot und frische Körner in einem Beutel“, die „ein Mann von Baal-Schalischa … dem Gottesmann … von den Erstlingsfrüchten“ brachte, gesättigt. Die Erzählung von der Brotvermehrung erinnert an das Manna in der Wüste (Exodus 16) und auch an die Brotvermehrung durch Jesus.
Der Überfluss des Augenblicks ist Zeichen und Ankündigung dessen, was Gott mit dieser Welt vorhat: nicht Überfluss, in dem die Menschen am Ende an sich selber ersticken, sondern Überfluss des Friedens und der Freude, die den Menschen frei machen von sich selber und frei für Gott und den Nächsten.
Vor diesem Hintergrund werden wir Anfang dieser Woche, am Montag, Herrn Hubert Piel zu Grabe tragen, der sich über Jahrzehnte aus seinem tiefen Glauben heraus für das Wohl der Menschen aus der Pfarrei St. Pantaleon eingesetzt hat. – Auch für ihn bitte ich um Ihr Gebet.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 30/2012

Jesus unterrichtet von seinem Thron aus die Apostel – frühchristliches Mosaik, Ende 4. Jahrhundert, „Basilica di San Lorenzo“, Mailand. – Quelle: www.wikimedia.org, Autor: Giovanni Dall'Orto

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Am vergangenen Sonntag hörten wir im Markusevangelium (6,7 ff), wie Jesus die Zwölf zu sich rief und sie aussandte: „jeweils zwei zusammen. Er gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben, und er gebot ihnen, außer einem Wanderstab nichts auf den Weg mitzunehmen, kein Brot, keine Vorratstasche, kein Geld im Gürtel, kein zweites Hemd und an den Füßen nur Sandalen“.
Im Evangelium von diesem Sonntag, werden „die Zwölf“ in Fortführung des Berichtes über ihre ‚erfolgreiche’ Mission „Apostel“ (Mk 6, 30) genannt. Der griechische Ausdruck „apostolos“ entspricht dem hebräischen „schaliach“ und bedeutet „Gesandter“. Als von Jesus bevollmächtigte „Gesandte“ haben sie die Botschaft vom Reich Gottes verkündet, „viele Dämonen ausgetrieben“ (Mk 6,13), „viele Kranke mit Öl gesalbt und sie geheilt“ (ibid.).
Nach der aufreibenden und Kräfte zehrenden Missionsarbeit spüren sie die Notwendigkeit, zur Ruhe kommen und auch selber wieder auftanken zu müssen. „Die Apostel versammelten sich wieder bei Jesus“, erzählt Markus (6,30), „und berichteten ihm alles, was sie getan und gelehrt hatten.“ Die Apostel brauchen nun wirklich wieder einmal Ruhe und Stille.
Markus erzählt weiter (6,31): „Da sagte er (Jesus) zu ihnen: Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus. Denn sie fanden nicht einmal Zeit zum Essen, so zahlreich waren die Leute, die kamen und gingen.“ – Ein Evangelium, das hervorragende in die Zeit der Sommerpause hineinpasst, und das eine wertvolle Anweisung enthält, wie der Urlaub gelingt; wie er zu einem Segen werden kann: zu einer Zeit, in der Leib und Seele wieder so zueinanderfinden, dass man nicht nur selber wieder Ruhe findet sondern auch für andere wieder zum Ruhepunkt wird, der Friede ausstrahlt und ihn nach außen für andere vermittelt.
Die wertvolle Anweisung, die dieser „Urlaubsbericht“ des Herrn mit seinen Aposteln enthält, ist vielleicht nicht sofort ersichtlich. Sie ist aber zugleich auch nicht allzu verborgen. Der Herr lädt die Apostel zum Ausruhen an „einen einsamen Ort“ ein – einen solchen sucht fast jeder als Urlauber – „wo wir allein sind“. … Es lohnt sich, über diese letzten vier Worte des Herrn (wo wir allein sind) etwas mehr, und auch intensiv nachzudenken.
Die Apostel, mächtige Gesandte des Menschensohnes, die sogar Dämonen austrieben und Kranke heilten, sind jetzt wieder Jünger, Lernende, sie hören das Wort Jesu.
So möchte ich Sie als Urlauber fragen: Ist das auch Ihr Hauptanliegen und ihre Hauptsorge im Urlaub: Erneut Jesus Christus zu begegnen, ihm zuzuhören und ihm so wieder vertrauen, ihm glauben zu können? – Ein Urlaub ohne Gebet und Gottesdienst ist verlorene Zeit. Er heilt die Wunden des Daseins nur an der Oberfläche. Er führt nicht zu einer dauerhaften und tiefgreifenden Erneuerung, wie sie für unser Leben so notwendig ist.
„Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus.“ Nehmen Sie diese Worte Jesu als Leitgedanke mit in Ihren Urlaub. Reservieren Sie sich als freier Mensch, der Sie sind – ganz unabhängig von wieder nur Stress erzeugenden Besichtigungs- bzw. Erlebnisprogrammen oder nur die Sinne befriedigenden Relaxplänen – täglich großzügig Zeit, um Gott begegnen und ihm Ihr Leben hinhalten zu können. Dann wird uneingeschränkt möglich, worum wir an diesem Sonntag im Tagesgebet beten:
„Herr, unser Gott, sieh gnädig auf alle, die du in deinen Dienst gerufen hast. Mach uns stark im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe, damit wir immer wachsam sind und auf dem Weg deiner Gebote bleiben.“

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 29/2012

Hildesheimer Dom, Christussäule, Aussendung der zwölf Jünger – Quelle: Bischöfliche Pressestelle Hildesheim; honorarfrei

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

„In jener Zeit rief Jesus die Zwölf zu sich und sandte sie aus, jeweils zwei zusammen. Er gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben, und er gebot ihnen, außer einem Wanderstab nichts auf den Weg mitzunehmen, kein Brot, keine Vorratstasche, kein Geld im Gürtel, kein zweites Hemd und an den Füßen nur Sandalen.“ So werden wir es an diesem Sonntag vom Evangelisten Markus hören.
Jesus wendet sich zielgerichtet an einen ganz besonderen Kreis seiner Zuhörer und Jünger: An die „Zwölf“, also ausschließlich an die Apostel. Ihnen alleine gab er die besondere Vollmacht „unreine Geister“ auszutreiben. Und nur sie sendet er unter besonderen Bedingungen aus, seine Botschaft hinauszutragen. Von dem, was die Zwölf dann taten, berichtet uns ebenfalls der Evangelist: „Die Zwölf machten sich auf den Weg und riefen die Menschen zur Umkehr auf. Sie trieben viele Dämonen aus und salbten viele Kranke mit Öl und heilten sie.“
Es ist also klar, dass Jesus mit den hier genannten besonderen Aufgaben die „Zwölf“ beauftragt; also keineswegs alle seiner Jünger. Da klingt an, was die Kirche mit der lehramtlichen Unterscheidung von „Amtspriestertum“ und „gemeinsamen Priestertum aller Gläubigen“ (vgl. u.a. Katechismus der Katholischen Kirche, Kompendium Nr. 336) meint.
Besondere Aufgaben sind den geweihten Priestern vorbehalten. Durch die Priesterweihe sind nur sie befugt und befähigt, diese besonderen Aufgaben wahrzunehmen und auszuüben: „Das Amtspriestertum unterscheidet sich dem Wesen und nicht bloß dem Grade nach vom gemeinsamen Priestertum der Gläubigen.“ (ibid.) Manche, gewöhnlich rein innerkirchliche Diskussionen und Befindlichkeiten kreisen immer wieder um dieselben Fragen der ‚Ersetzbarkeit’ der geweihten Priester durch nicht geweihte Gläubige oder der Abänderung der Zugangsvoraussetzungen zur Priesterweihe.
Hilfreicher ist, was uns der Heilige Paulus an diesem Sonntag sagt, mit seinem Brief an die Epheser (1,3-10). Paulus preist Gott, den „Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus.“ Denn dieser Gott „hat uns mit allem Segen seines Geistes gesegnet durch unsere Gemeinschaft mit Christus im Himmel.“ Dieser Lobpreis wird dann von Paulus wie folgt präzisiert: „Denn in ihm (Christus) hat er uns erwählt vor der Erschaffung der Welt, damit wir heilig und untadelig leben vor Gott; er hat uns aus Liebe im Voraus dazu bestimmt, seine Söhne zu werden durch Jesus Christus und nach seinem gnädigen Willen zu ihm zu gelangen.“
Liebe Mitchristen, es ist unbestreitbare Tatsache: Wo Christen sich um diesen Willen Gottes bemühen, heilig und untadelig vor ihm zu leben – da wird Gott auch die ausreichende Zahl Priester schenken. Gerade in diesem Wunsch – ich möchte es mit Worten der Bibel wiederholen: heilig und untadelig vor ihm zu leben –, da lässt Gott die Menschen nicht alleine, und schenkt die Priester, die dafür notwendig sind.
Möge die Zeit der Sommerferien in uns allen den Wunsch erneuern, die eigene Lebensführung an dieser wunderbaren Leitlinie auszurichten: heilig und untadelig vor Gott  zu leben. – Dann werden die größten innerkirchlichen Sorgen sich fast wie von selber lösen.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 28/2012

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaelon!

Im Sonntagevangelium berichtet Markus wirklichkeitsnah, wie es sich damals in der Synagoge wohl zugetragen hat, als der Herr dort in seiner Heimat predigte. Er geht seiner Sendung nach und verkündet, was sein himmlischer Vater ihm aufgetragen hat. Seine Zuhörer sind zu Recht erstaunt darüber. Solch vernünftige, kluge und praxisnahe Gedanken haben sie womöglich noch nie gehört. "Woher hat er das alles?", fragen sie überrascht.

Aber die Überraschung, die zu etwas Gutem hätte führen können, nämlich ihm und seinem Wort zu glauben, verleitet sie zum Gegenteil: „Ist das nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria und der Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon? Leben nicht seine Schwestern hier unter uns? Und sie nahmen Anstoß an ihm und lehnten ihn ab.“

Die Zuhörer Jesu haben die große Chance verpasst, besser zu verstehen, wie nahe Gott uns allen ist. Er ist nicht nur einigen wenigen Großen nahe, sondern jedem Menschen, der Gottes Nähe nicht ablehnt und sie an sich herankommen lässt. Jesus ist „nur“ der Zimmermann, wie heute ein andere „nur“ Handwerker oder arbeitlose Diplommathematiker ist. Aber dennoch kann Gott ihnen allen unbeschreiblich nahe. In abgeleiteter Weise ist Gott wie seinem Sohn, so auch jedem anderen Menschen nahe, wer das nur will und zulässt.

Die Menschen damals glaubten dies nicht. „Sie nahmen Anstoß daran und lehnten ihn ab.“ Als Bewohner Nazareths kannten sie Jesus seit seiner Kindheit. Den Vorstellungen, die sie sich von einem Propheten, von einem Mann Gottes machten, entsprach er irgendwie nicht. Und sie nehmen das zum Vorwand, die Nähe Gottes zu jedem Menschen zu verwerfen.

Hätten sie sich in ihrem Inneren berühren lassen, dann hätten sie eine ganz neue Perspektive gewinnen können. So aber blieb Jesus nichts anderes übrig, als angesichts ihres Skeptizismus und ihres vorgefassten Bildes bei ihnen keine Wunder wirken zu können.

Und wie ist das mit Ihnen? – Wie viele haben auch heute ein vorgefasstes Bild von Gott. Sie trauen ihm diese Nähe zum Menschen, wie sie in Jesus sichtbar wird, einfach nicht zu. Schade. Denn so kann Gott auch heute unter diesen Zeitgenossen keine Wunder wirken.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 27/2012

Die Erzählung der Erweckung der Tochter des Jairus (hier: Gemälde von Gabriel Max, 1881) rahmt die der Heilung der blutflüssigen Frau ein.

Liebe Michristen und Freunde von St. Pantaleon!

An diesem Sonntag wird in der kürzen Fassung des Evangeliums der mittlere Teil ausgelassen, auf den im Folgenden näher eingehen werden soll. Dort wird von einer Frau erzählt, „die schon zwölf Jahre an Blutungen litt“, ohne dass ihr ein Arzt helfen konnte (vgl. Mk 5,25 f). Sie drängte sich durch die Menge, um von hinten Jesu Gewand zu berühren. „Denn sie sagt sich: Wenn ich auch nur sein Gewand berühre, werde ich geheilt.“ (Mk 5,28).

Erzählt Markus hier von einer Frau, die meint, einen physischen Kontakt zu Jesu Gewand herstellen zu müssen, um geheilt zu werden? Das wäre Aberglaube.

Als aufgeklärte Gläubige wissen wir, dass Weihwasser kein Wundermittel, sondern nur ein „Sakramental“ ist. Natürliches Lourdeswasser ist nicht einmal das. Auch können wir mit einem Kreuz keine Fledermäuse vertreiben. Und schützt eine Christophorus-Medaille im Auto wirklich vor Unfällen, wenn doch unsere Unaufmerksamkeit sie verursachen? Muss man zur Unfallvermeidung nicht zuerst dort ansetzen, statt das Auto mit zusätzlichen Medaillen auszustatten? Ebenso wenig kann ein tief fromm gesprochener Wettersegen einen guten Blitzableiter bzw. eine professionelle Wettervoraussage ersetzen.

Wenn, dann ist es doch Gott, der hilft; und ihn können und sollen wir auf direktem Wege bitten. – Sind damit Weihwasser, Medaillen, Taschenkreuze etc. wertlos, nur nutzlose Zwischeninstanzen, oder gar „Brimborium“ und „Aberglaube“?

Sogenannte aufgeklärte Christen, insbesondere protestantischer Richtungen, haben es in dieser Denkweise soweit getrieben, dass sie sogar in der Kommunion nur noch ein Zeichen sehen wollen, aber nicht mehr den Kraft schenkenden und Sünden vergebenden Gottessohn. Entscheidend sei allein der Glaube, so sagen sie. Nur Gott schenke Heil und Erlösung. Alles andere, Weihwasser, Medaillen etc. verneble das nur und müsse deshalb abgeschafft werden.

Haben anfangs vielleicht sogar die Apostel ein wenig in dieser Richtung gedacht? Jedenfalls verstehen sie nicht, was Jesus mit der Frage meint: „Wer hat mein Gewand berührt?“

Jesus hört über die dann folgenden Frage und Einwände der Jünger einfach hinweg. So dürfen also auch wir in solchen Fragen des Glaubens „aufgeklärte“ Kritiker und Zweifler ggf. einfach „überhören“. Man muss ihnen nicht immer Gehör schenken. Jesus hat das auch so gemacht. Hauptsache, man behält ein offenes Ohr für Gott und seine Kirche.

Jesus bezeichnet dann die Überzeugung der Frau als „Glaube“, der ihr „geholfen“ hat. Es ist jedoch nicht irgendeine geheime Kraft im Gewand Jesu, die ihr geholfen hätte. Ihr hat vielmehr der Glaube an Jesu Christus geholfen, der dieses Gewand trägt. So, und nicht anders, schenkt ihr dieses Gewand im Zeichen der Berührung Kraft und Heilung.

In eben diesem Sinne sind die Sakramentalien (Weihwasser, gesegnete Bilder und Kreuze etc.) „heilige Zeichen, durch die in einer gewissen Nachahmung der Sakramente Wirkungen, besonders geistlicher Art, bezeichnet und Kraft der Fürbitte der Kirche erlangt werden.“ (Katechismus der Katholischen Kirche, 1667) Deshalb ist es sinnvoll, und es hilft wirklich, wenn man sich im Gedächtnis an die eigene Taufe mit Weihwasser bekreuzigt, etwa beim Betreten einer katholischen Kirche, oder wenn man ein Kreuz am Computerbildschirm befestigt, um von gewissen Versuchungen befreit zu werden.

Wenn wir an Gottes Macht glauben, dann schützen ebenfalls eine Christophorus-Medaille, ein Wettersegen oder ein Herrgottswinkel im Wohnzimmer; dann haben Reliquien und Andenken einen guten Platz in unserem Leben. Wenn wir so wie die Frau im Evangelium, unserer erste Hoffnung auf Gott setzen, dann kann all das jenes Heil vermitteln, das Gott uns schenkt.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 26/2012

Plakat Pfarrfest 2012

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Nun ist es wieder soweit. Am nächsten Sonntag findet unser jährliches Pfarrfest statt. Seit Wochen sind zahlreiche fleißige wie begabte Köpfe und Hände dabei, alles vorzubereiten.
Es geht hier bei weitem nicht nur um Unterhaltung und Geselligkeit. Das Fest beginnt mit der Sonntagsmesse, mit der ja eigentlich jede Woche im Jahr beginnen sollte. Die Kirche spricht hier weiterhin, und wird es wohl bedacht sicher auch so beibehalten, von einer wirklich schweren Pflicht, der „Sonntagspflicht“. Durch den treuen Besuch der Sonntagsmesse, ausnahmslos wirklich jeden Sonntag, wächst zunehmend der gesamte Alltag geheimnisvoll aber deutlich spürbar in den sonntäglichen Festcharakter hinein. Wenn zurzeit noch nicht alle Sonntage, so ist dieser Pfarrfest-Sonntag für manche dann zumindest wieder ein guter Anfang für das, was werden soll und womöglich auch wieder einmal werden kann.
Das Pfarrfest ist in besonderer Weise auch ein Glaubenszeugnis. Unmittelbar im Anschluss an die 10.00 Uhr Familienmesse tragen wir den eucharistischen Herr in der Monstranz betend und singend in gemeinsamer Prozession durch die Straßen unseres Wohnviertels um die Pfarrkirche. In all den Jahren zuvor hat sich noch nie ein Langschläfer beschwert, sich durch den „himmlischen“ Gesang und all die frommen Beter gestört zu fühlen. Sollte das einmal geschehen, werden wir wohl plausibel darlegen können, diese „Störung“ nicht als Belästigung sondern als Weckruf für das Große im Menschen zu verstehen, dass einem nur von oben geschenkt werden kann.
In diesem Jahr gehen wir folgenden Prozessionsweg: Von der Kirche über den Vorplatz durch den äußeren Torbogen über die Straße Am Weidenbach in die Friedrichstraße. Von dort Pantaleonsmühlengasse, Pantaleonswall, Trierer Straße, Vor den Siebenburgen bis zur 1. Statio in der Kirche der Karmeltinnen Maria vom Frieden. Von dort geht es nach kurzem „Zwischenstopp“ durch die Straßen Schnurgasse, Martinsfeld, Am Trutzenberg mit einer kurzen 2. Statio unter der Madonna am Weg. Über die Straße Am Pantaleonsberg sind wir kurz nach 12.00 Uhr wieder zurück in der Kirche zur 3. Statio und zum Schlusssegen.
Es wäre schön, auch in diesem Jahr in den leider doch recht gottvergessen gewordenen Straßenzügen die ein oder andere kleine Aufmerksamkeit gegenüber dem Herrn in der Eucharistie wahrnehmen zu können, der an diesen Häusern vorbeigetragen wird. Denken Sie also bitte an ein schmückendes Zeichen vor Ihrem Haus, wenn es am Prozessionsweg liegen sollte.
Über eine rege Teilnahme an der Familienmesse um 10.00 Uhr am nächsten Sonntag, der anschließenden Prozession und dem Pfarrfest würde ich mich sehr freuen und möchte Sie hiermit dazu einladen und ermutigen.
Noch etwas: Bringen Sei bitte Ihre „gefüllten“ Baby-Flaschen unserer Aktion vor vier Wochen entweder ins Pfarbüro bzw. nach oder vor den Heiligen Messen gerne auch in die Sakristei.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 25/2012

Nicht alle Herz-Jesu-Darstellungen haben die Qualität wie diese Darstellung des barmherzigen Jesu von Wladimir Naumez – St. Pantaleon

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Auf das Fronleichnamsfest folgt recht unmittelbar das Herz-Jesu-Fest, das wir an diesem 15. Juni zugleich als feierliche Eucharistie für die Einheit der Christen am Todestag der Kaiserin Theophanu gemeinsam mit Vertretern der Ostkirchen und unter guter Beteiligung zahlreicher Gläubigen gefeiert haben.

Am Hochfest Herz-Jesu wird uns gesagt: „Gott hat ein Herz für die Menschen.“ Was das bedeutet, können wir nur ahnen. Alles Fragen und Forschen nach Gott gelangt nur bis an den äußeren Rand seines Wesens, weiter nicht. So entspricht das Herz Jesu Fest dem verständliche Wunsch der Gläubigen, über diesen äußeren Rand von Gottes Wesen einen innigeren Blick hinein bis in seine Mitte, bis in das unauslotbare Geheimnis Gottes werfen zu können.

Unter der Führung des Heiligen Geiste weiß die Kirche um diesen Wunsch. So folgt im liturgischen Kalender der lateinischen, der westlichen Kirche auf das Fronleichnamsfest das Herz-Jesu-Fest. Während Fronleichnam noch einmal in festlicher Form den Gründonnerstag aufnimmt, erinnert das Herz-Jesu-Fest an den Tag darauf: Es steht in enger Verbindung zum Karfreitag.

Das wird auch in den biblischen Texten des Hochfestes deutlich. Im Evangelium heißt es: „Als sie aber zu Jesus kamen und sahen, dass er schon tot war, zerschlugen sie ihm die Beine nicht, … sondern einer der Soldaten stieß mit der Lanze in seiner Seite, und sogleich floss Blut und Wasser heraus.“ (Joh. 19,34 f).

Schon im Alten Testament ist oft die Rede davon, dass Gott ein Herz für die Menschen hat: Im Neuen Testament jedoch lässt Gott in unfassbarer Selbstoffenbarung zu, dass ein irdisches, ein aus seiner göttlichen Liebe heraus menschlich gewordenes Herz durchstoßen und durchbohrt wird. Der Lanzenstoß, der die Seite Jesu öffnete, um seinen Tod festzustellen, öffnete dieses menschgewordene Herz Gottes für uns: Für alle Menschen; auch für jene, die ihn noch nicht kennen oder ihn beklagenswerter Weise schon wieder vergessen haben.

Im Herzen des Sohnes wohnt die ganze Fülle der Liebe Gottes. Diese Liebe ist gekreuzigt worden. Und hier wird nun endgültig für alle deutlich: Diese Liebe wartet auf Antwort. Sie wartet auf die Antwort des Glaubens, auf die Antwort der Treue und der reinen Hingabe an diese Liebe des unbegreiflichen Gottes.

Im Evangelium von diesem Sonntag vergleicht Jesus das Reich Gottes mit einem Senfkorn. Es ist „das kleinste von allen Samenkörnern, die man in die Erde sät. Ist es aber gesät, dann geht es auf und wird größer als alle anderen Gewächse und treibt große Zweige, so dass in seinem Schatten die Vögel des Himmels nisten können.“

Wenn wir diese bildhafte Rede vom Reich Gottes mit der von uns durch das Herz-Jesu-Fest geforderten Antwort auf Gotte Liebe verbinden, dann wird deutlich: Es geht nicht um zu vollbringenden Höchstleistungen. Es geht in einem christlich und heilig mäßigen Leben mit Worten des Hl. Josefmaria Escrivá eher darum, alles mit etwas mehr Liebe zu verrichten. Dann kann Gott sein Reich in uns und durch uns in dieser Welt weiter wunderbar wachsen lassen.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 24/2012

Pfarrprozession - St. Pantaleon

Nach den Hochfesten Ostern, Christi Himmelfahrt und Pfingsten scheinen alle Erwartungen erfüllt. Wie vorausgesagt hat Jesus Christus in seiner österlichen Auferstehung den Tod überwunden. Er ist zu seinem Vater zurückgekehrt und lässt uns zugleich nicht alleine zurück. Gemeinsam mit dem Vater sendet er den Heiligen Geist und wirkt in ihm in der Einheit des einen Gottes segensreich fort für alle, die guten Willens sind. Damit bleibt es nicht bei den erfüllten Erwartungen. Sie werden fortlaufend übertroffen. Und so bleibt auch die Kirche nicht bei ihnen stehen.

Sie feiert das Fortwirken Gottes ganz im Auftrag Jesu (vgl. Mk 16,15), „in die ganze Welt hinaus zu gehen und das Evangelium allen Geschöpfen zu verkünden“. Die Kirche feiert inhaltlich und höchst qualifiziert. Nur so wird sie dem Gläubigen gerecht. Denn der Gläubige, der Gott erfahren und ihm geheimnisvoll im Herzen begegnet ist, gehört gerade deshalb viel mehr als der Ungläubige zu denen, die aufrichtig weiter suchen und damit nicht aufhören.

Der feste und unerschütterliche Glaube an Gott schließt das Weitersuchen gerade nicht aus. Ganz im Gegenteil. So bleibt der Gläubige auch nicht auf der Stelle stehen und vergreist nicht. Er schreitet lebendig voran, in die Weite und Tiefe Gottes hinein.

„Darum werden wir nicht müde“, hören wir diesen Sonntag vom Hl. Paulus aus dem zweiten Brief an die Korinther (4,16.18). „Wenn auch unser äußerer Mensch aufgerieben wird, der innere wird Tag für Tag erneuert. Denn wir starren nicht auf das Sichtbare, sondern blicken nach dem Unsichtbaren aus; denn das Sichtbare ist vergänglich, das Unsichtbare ist ewig.“

Gott ist über alles groß. Wer von der geheimnisvollen Begegnung mit Gott her die göttliche Größe zulässt, kann nicht anders, als weiter nach ihr zu suchen. Sie ist unauslotbar und besteht vor allem in der Wahrheit und in der Liebe, die am Ende mit Gott identisch sind.

In der liturgischen Festtagsordnung folgt deshalb auf das Pfingstfest der Dreifaltigkeitssonntag. So ermöglicht die Kirche dem anspruchsvoll suchenden Gläubigen auch qualifiziert Antwort zu finden. Die kirchlich-liturgische Festtagsordnung ist eine Art Qualitätssicherung des Glaubens.

Am Dreifaltigkeitssonntag geht es um Gott selber in seiner Einheit als drei Personen. Darauf folgt das Fronleichnamsfest, an dem die Liebe Gottes in dem überraschenden Verlangen des Allerhöchsten deutlich wird, unter der Gestalt des Brotes bei den Menschen bleiben und ihnen Nahrung sein zu wollen. Wenige Tage später folgt das Herz-Jesu- Fest. Noch einmal wird deutlich, dass Gott Liebe ohne Grenze ist.

„Ich habe geglaubt, darum habe ich geredet“, zitiert Paulus (2 Kor 4,13) das Alte Testament und fügt daran an: „Auch wir glauben, und darum reden wir.“ Mögen die Zeilen des Pfarrbriefes Anstoß sein, diesem Glauben nach zu spüren, der so viele Heilige – an erster Stelle Jesus selber – furchtlos hat reden und bekennen lassen.

Das letzte große Fest in dieser Reihe fällt in diesem Jahr zusammen mit unserer alljährlich besonderen Heiligen Messe im Rahmen des Theophanu-Gedenkens. Gemeinsam mit orthodoxen Christen beten wir dabei im lateinischen Ritus für die Einheit der Kirche und anschließend, am Theophanu-Grab, im orthodoxen Ritus für die verstorbene Kaisern. Das gemeinsame und abwechselnde Singen östlicher und westlicher Melodien beim Ausklang dieser außergewöhnlichen ökumenischen Begegnung im Pfarrsaal hat in den Vorjahren diesem Abend wiederholt unvergesslichen Charakter verliehen. – Es lohnt sich. Kommen Sie und unterstützen Sie durch Ihre Teilnahme dieses Anliegen.

Pfarrnachrichten 23/2012

Der Besuch Gottes in Gestalt von drei Engeln bei Abraham in Mamre (Gen 18,1-33) wurde in der Theologie oft als einer der alttestamentlichen Hinweise auf den Dreifaltigen Gott gesehen. – Mosaik im Kloster „Kykkos“ auf Zypern.

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Mit dem Dreifaltigkeitssonntag feiert die Kirche das wichtigste Geheimnis des christlichen Glaubens und Lebens. Mit anderen Worten: Der Glaube an einen Gott in drei Personen und ein Leben auf dieser Grundlage gehört zum Tiefsten und Größten, was Christen glauben und woran sie ihr Tun und Leben ausrichten: „Gott ist nicht Einsamkeit, sondern vollkommene Gemeinschaft“ (Papst Benedikt XVI., 22.05.05). In ihrem Glauben beten Christen damit jedoch keineswegs drei verschiedene Götter an, „sondern ein einziges Wesen, das sich dreifach entfaltet und doch eins bleibt“ (Youcat, 35).

Die „Trinität“ (lat. trinitas = Dreiheit) ist „das Mysterium des inneren Lebens Gottes, der Urgrund aller anderen Glaubensmysterien und das Licht, das diese erhellt. Es ist in der ‚Hierarchie der Glaubenswahrheiten’ die grundlegendste und wesentlichste.“ (KKK. 234) Die deutschsprachige Tradition kennt für die Trinität zwei verschiedene Begriffe: „Dreieinigkeit und Dreifaltigkeit“. Der erste Begriff betont die Einheit, der zweite den Unterschied in Gott.

Im Gebrauch von zwei unterschiedlichen Begriffen drückt sich aus, dass die Dreiheit Gottes in ihrer Einheit und Verschiedenheit mit der Vernunft nicht erschlossen werden kann. Dennoch ist dieser Glaube alles andere als unvernünftig. Er ist im Gegenteil höchst vernünftig; denn, wie es der heilige Augustinus sagt, dessen theologisches Hauptwerk „De Trinitate“ ganz diesem Glaubensgeheimnis gewidmet ist: „Wo es die Liebe gibt, gibt es eine Dreifaltigkeit: einen Liebenden, einen Geliebten und eine Quelle der Liebe.“

Überall kann man dieses dreifaltige Grundprinzip erkennen. Es ist gewissermaßen die Matrix, die als Strukturelement der ganzen Schöpfung zu Grunde liegt. Wer dieses Strukturelement nicht wahr haben will und verneint, muss konsequenter Weise auch glauben, dass alle und jede Liebe letztlich reiner Zufall ist, und damit die gesamte Wirklichkeit nicht in der Liebe gründet, sondern in einer zufällig funktionierenden ziel- und herkunftslosen Ansammlung und Verdichtung am Ende undefinierbarer und dem menschlichen Verstehen unzugänglich bleibender und keinen weiteren Sinn in sich tragender noch ergebender Elementarteilchen.

Wer hingegen die Offenbarung Gottes in Jesus Christus annimmt, macht die Erfahrung, dass dann alles viel vernünftiger wird und sich einem ein tiefer Sinn für und in dieser unserer Welt erschließt.

Wäre Gott allein und einsam, könnte er nicht von Ewigkeit her lieben. Gott ist aber, wie er sich in der Geschichte geoffenbart hat, einer in drei Personen. Von daher ist er grenzenlos göttliche Liebe, nach deren Art und Sein er alles als Abbild seiner Liebe und zugleich aus dieser Liebe heraus ins Dasein rief und geschaffen hat.

Hinweise auf die Dreifaltigkeit Gottes finden sich schon im Alten Testament (z.B. Gen 1,2; 18,2; 2 Sam 23,2); und ihre Spuren lassen sich in der ganzen Schöpfung finden. Zugleich ist Gottes innere Wesen als heilige Dreifaltigkeit weit darüber erhaben. Der menschlichen Vernunft bleibt es unzugänglich. Die Trinität ist ein Glaubensgeheimnis im strengen Sinn, eines der „in Gott verborgenen Geheimnisse … die, wenn sie nicht von Gott geoffenbart wären, nicht bekannt werden könnten.“ (1. Vaticanum).

So tun wir am Dreifaltigkeitssonntag nicht mehr, aber auch nicht wenig, als diese Dreifaltigkeit zu verehren und sie anzubeten. Dieser Weg der Anbetung und Verehrung führt am besten und weitesten hinein in das Geheimnis der Dreifaltigkeit Gottes.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 22/2012

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Nach einem wunderbaren Erstkommuniontag an Christi Himmelfahrt, den unsere Kommunionkinder und ihre Familien mit Blick auf das Wesentliche in großer und angemessener innerer Teilnahme gefeiert haben, begehen wir nun den bedeutenden Pfingsttag. Er ist der Festtag der Kirche und damit von uns allen. Er ist der Tag, an dem Gott einlöst, was er durch seinen Sohn versprochen hat: alle Tage bei uns zu bleiben bis zum Ende der Welt.

So ist der Pfingsttag auch der Tag der Solidarität, wie sie in der alljährlichen Pfingstkollekte „Renovabis“, die in diesem Jahr unter dem Leitgedanken „Und er stellte ein Kind in ihre Mitte“ (Mk 9,36) steht, zum Ausdruck kommt. In Absprache mit dem Pfarrgemeinderat möchten wir darüber hinaus der Gemeinde am Samstag/Sonntag nach Pfingsten (2./3. Juni) das Projekt „1000plus“ mit dem Leitgedanken „Hilfe statt Abtreibung“ vorstellen. Über beide Projekte können Sie sich durch die Auslagen auf dem Tisch im Eingangsbereich wie die Aushänge in den Schaukästen informieren.

Als Pfarrer darf ich Sie zudem schon jetzt ermuntern und einladen, am Fronleichnamstag, 7. Juni, zahlreich an der zentralen Dom-Prozession teilzunehmen. Wie die Jahre zuvor werden wir unmittelbar im Anschluss an eine zügige, aber wie immer würdige und schöne Familienmesse gegen 10.40 Uhr von St. Pantaleon zum Roncalliplatz aufbrechen und uns nach dem Ende der Heiligen Messe dort in den Fronleichnamszug einreihen. Beachten Sie bitte Flyer und Aushänge auch hierzu.

Wenige Tage später feiert dann im Rahmen des Theophanugedenkens der Freundeskreis St. Pantaleon e.V. sein 20jähriges Bestehen bei einem Vortag des Stadtkonservators a.D. Dr. Ulrich Krings im Domforum über den „Wiederaufbau der Kölner Kirchen nach 1945.“ Doch damit sind wir mit dem Feiern noch lange nicht am Ende.

Zu der feierlichen Eucharistie für die Einheit der Christen in Ost und West – Freitag, 15, Juni, 18.30 Uhr, am Todestag der Kaiserin Theophanu (15. Juni 991) – werden wir auch einige der von uns jüngst besuchten jüngeren Christen, die zahlreich in unserer Pfarrei wohnen, einladen, in der Hoffnung, so das uns wichtige Anliegen gemeinsame Betens für die Einheit der Christen in Ost und West im Rahmen des alljährliche Theophanugedenkens pflegen und fortführen zu können. Unmittelbar an die feierliche Hl. Messe schließt sich ein Totengedenken (Mnemosynon) am Sarkophag der Kaiserin im orthodoxen Ritus der Ostkirchen durch die anwesenden orthodoxen Geistlichen an. Spätestens ab 20.00 Uhr lassen wir die in dieser Form einzigartige ökumenische Begegnung im Pfarrsaal ausklingen. Das gemeinsame und abwechselnde Singen östlicher und westlicher Melodien hat in den Vorjahren diesem freundschaftlichen Ausklang wiederholt unvergesslichen Charakter verliehen. Es lohnt sich. Kommen Sie mit dazu!

Vor der Sommerpause werden wir dann noch ein weiteres Mal besonders beten und feiern; denn am Sonntag, dem 1. Juli, findet unser weit über die Pfarrgrenze bekanntes jährliche Pfarrfest statt. Wir freuen uns über jeden, der am Samstag davor (30. Juni) ab 10.00 Uhr im Innenhof (Papst-Benedikt-Hof) bis gegen Mittag beim Aufbauen hilft. – Am Sonntag beginnen wir mit der Hl. Messe um 10.00 Uhr, an der sich eine Sakraments-Prozession durch das Pantaleonsviertel anschließt. Etwa ab 12.00 Uhr beginnt dann der gesellige Teil für jung und alt, mit guter Lauen, bei Grill, Bier, Kaffe, Kuchen und kurzweiligen Darbietungen bzw. Auftritten. – Wer am Vortag beim Aufbauen nicht dabei sein konnte, kann das am Sonntag zum Ende des Pfarrfestes, gegen 17.30 Uhr, in immer noch froher Runde mit vielen anderen, die mit anpacken werden, gerne nachholen. Seien Sie auch hier noch einmal mit dabei! – Hier in St. Pantaleon ist immer etwas los.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 21/2012

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

In Voraussicht seiner Himmelfahrt erklärt der Herr schon zu seinen Lebzeiten seinen Jüngern (Johannes-Evangelium 16,7): „Doch ich sage euch die Wahrheit: es ist gut für euch, dass ich fortgehe. Denn wenn ich nicht fortgehe, wird der Beistand nicht zu euch kommen; gehe ich aber, so werde ich ihn zu euch senden.“ Die Himmelfahrt hat bei den Aposteln wohl gemischte Gefühle ausgelöst, was die darstellende Kunst vielfacettig ausdrückt. In der hier wiedergegebenen Himmelfahrtsdarstellung überwiegt die mit Trauer und Ungewissheit erfüllte Gemütslage der Apostel und der heiligen Frauen. Der Abschied fällt ihnen sichtbar schwer. Zu den Gedanken an all die schönen Erinnerungen der gemeinsamen Zeit mit Jesus kommt in ihnen die Frage auf, wie es nun weitergehen wird.

Zehn Tage später, am Pfingsttag, am Tag der Herabkunft des Heilige Geistes, erfahren sie in überwältigender Weise, dass Gott sie nicht vergessen hat. Das Pfingstereignis klingt kraftvoll im Zeugnis nach, das der Hl. Paulus viele Jahre später im Römerbrief (5,5) aufgezeichnet hat: „Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.“

Auch in unserem Leben gibt es Höhen und Tiefen, erfüllte Zeiten und Zeiten des Erwartens und bangen Hoffens. Ein tiefgläubiger Christ bleibt davon nicht verschont. Auch er erlebt die Höhen und Tiefen des Lebens; wobei jedoch im Laufe der Zeit, wenn er auch im Glauben älter und reifer geworden ist, seine Zuversicht größer und seine Ungewissheit geringer werden. Was der Christgläubige anfangs „nur“ glaubt und worauf er sich „kindlich zuversichtlich“ einlässt, das wird ihm zur zweiten Natur, zu einer Art von Gewissheit. Denn das gläubige Leben bestätigt die wirkliche und reale Tragfähigkeit des Glaubens.

Der Glaube erweist sich unter anderem darin, Gott zuzutrauen, eine solche Verwandlung in uns Menschen bewirken zu können. Das setzt die Bereitschaft voraus, sich einer solchen Verwandlung nicht zu verschließt und sie ausdrücklich zu wünschen. Deshalb betet der Christ nach alter Tradition zwischen Himmelfahrt und Pfingsten in besonderer Weise: „Komm herab, o Heil‘ger Geist, der die finstre Nacht zerreißt, strahle Licht in diese Welt. Komm, der alle Armen liebt, komm, der gute Gaben gibt, komm, der jedes Herz erhellt. Höchster Tröster in der Zeit, Gast, der Herz und Sinn erfreut, köstlich Labsal in der Not, in der Unrast schenkst du Ruh, hauchst in Hitze Kühlung zu, spendest Trost in Leid und Tod. Komm, o du glückselig Licht, fülle Herz und Angesicht, dring bis auf der Seele Grund. Ohne dein lebendig Wehn kann im Menschen nichts bestehn, kann nichts heil sein noch gesund. Was befleckt ist, wasche rein, Dürrem gieße Leben ein, heile du, wo Krankheit quält. Wärme du, was kalt und hart, löse, was in sich erstarrt, lenke, was den Weg verfehlt. Gib dem Volk, das dir vertraut, das auf deine Hilfe baut, deine Gaben zum Geleit. Lass es in der Zeit bestehn, deines Heils Vollendung sehn und der Freuden Ewigkeit.“

Das Beten dieser Pfingstsequenz „Veni Sancte Spiritus“ (siehe Gotteslob, Nr. 244) ist eine gute Vorbereitung auf das kommende Pfingstfest; und lässt einen im Glauben älter und reifer werden!

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 14/2012

Einzug in Jerusalem, Öl auf Kupfer, 27 x 41 cm, Henri van Waterschoot († 1748(?) in München)

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

In den liturgischen Büchern werden zur Begrüßung der Gläubigen bei der Eröffnung der Palmweihe die folgenden Worte vorgeschlagen: „In den Tagen der Fastenzeit haben wir uns auf Ostern vorbereitet; wir haben uns bemüht um die Bekehrung unseres Herzens und um tätige Nächstenliebe. Heute aber sind wir zusammengekommen, um mit der ganzen Kirche in die Feier der österlichen Geheimnisse unseres Herrn einzutreten.“

Die Karwoche sollte davon geprägt sein, wieder einmal in sich und der Frage nach zu gehen, ob man allen guten Vorsätzen zum Trotz doch wieder mehr an sich selber und seine eigene Befindlichkeit, seine eigenen Anliegen und Sorgen gedacht hat, als sich frohgemut und zuversichtlich der geheimnisvollen aber bereichernden und segnenden Gegenwart Gottes anzuvertrauen. Nur dann ist man nämlich wirklich und dauerhaft in der Lage, sich den Anliegen seines Nächsten zu öffnen und nicht mehr nur für sich selber zu leben.

Die Karwoche ist eine wunderbare Gelegenheit, all die Unzulänglichkeiten, das eigene Unvermögen, und all die Ichbezogenheit und Selbstgefälligkeit, in die wir leider – seien wir doch bitte erneut einfach ganz ehrlich mit uns – mit hartnäckiger Beständigkeit zurückgefallen sind, in einer gut vorbereiteten Beichte wieder vor Gott zu bringen. Hierbei ist die Tatsache sehr hilfreich, dass Christus in seine Stadt Jerusalem eingezogen ist, um dort das erlösende Leiden und den befreienden Tod auf sich zu nehmen.

Spüren wir nicht alle immerfort, dass eigentlich wir selber unser Leben hingeben und verschenken müssten, aber darin völlig überfordert sind und es trotz aller guten Anfänge nicht vermögen, das auch durchzuhalten und zu Ende zu bringen? Und natürlich weiß auch Gott darum. Deshalb wurde er Mensch, um stellvertretend für uns diese Lebenshingabe des Menschen gegenüber Gott und seinem Nächsten ein für alle Male zu vollziehen.

Nie werden wir diese geheimnisvolle Realität der stellvertretenden Opferhingabe Jesu für alle Menschen in seiner Ganzheit verstehen, wohl aber punktuell aus all den möglichen und vielfältigen Betrachtungsmöglichkeiten nachempfinden können. Der französische Dichter Paul Claudel (1868 – 1955) hat einmal gesagt: „Gott ist nicht gekommen, das Leiden zu unterbinden, Er ist nicht einmal gekommen, es zu erklären, sondern er ist gekommen, es mit seiner Gegenwart zu füllen.“

In Jerusalem erleidet Jesus nicht nur seinen Tod. Dort überwindet er ihn auch in seiner Auferstehung. Denn „stark wie der Tod ist die Liebe … auch mächtige Wasser können sie nicht löschen“ heißt es bereits im Alten Testament (Hld 8.6f).

In ihrer Mission sind Gott Vater und Sohn „untrennbare Verbündete …, bereit und voller Sehnsucht, aus Liebe das Äußerste für den Menschen auf sich zu nehmen. Gott wollte einen Tausch vollziehen, um uns zu retten.“ So versucht es der neue Jugendkatechismus (Nr. 98) zu erklären. „Gott wollte uns sein eigenes Leben geben, damit wir seine Freude genießen, und wollte unser Sterben, unsere Verzweiflung, unsere Verlassenheit, unseren Tod erleiden, um in allem mit uns Gemeinschaft zu haben. … Seit Christus für uns gestorben ist, können wir unseren Tod gegen sein Leben tauschen.“ (ibid.)

Mit Glauben und innerer Hingabe folgen wir in der Karwoche dem Herrn auf seinem Leidensweg und nehmen teil an seinem Kreuz, damit wir auch Anteil erhalten an seiner Auferstehung und seinem Leben. Gehen Sie dafür bitte auch wieder einmal zur Beichte; und Sie werden ganz anders verstehen, was ich Ihnen zur Betrachtung für die bevorstehenden Tage geschrieben habe.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 13/2012

Kreuzweg in St. Pantaleon von Robert Seuffert, 1933 - 13. Station: Jesus wird vom Kreuz abgenommen und in den Schoß seiner Mutter gelegt

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaelon

Das prophetische Buch Jeremia (Kapitel 31) überrascht uns an diesem fünften Fastensonntag mit Worten des Herrn, in denen er einen neuen Bund ankündigt: „Seht, es werden Tage kommen - Spruch des Herrn -, in denen ich mit dem Haus Israel und dem Haus Juda einen neuen Bund schließen werde.“ Dieser neue Bund unterscheidet sich von dem alten, den er einst mit den Vätern geschlossenen hatte, „als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägypten herauszuführen.“ Diesen (alten) Bund „haben sie gebrochen, obwohl ich ihr Gebieter war - Spruch des Herrn.“

Das Entscheidende des neuen Bundes ist seine Innerlichkeit. „Denn das wird der Bund sein, den ich nach diesen Tagen mit dem Haus Israel schließe - Spruch des Herrn: Ich lege mein Gesetz in sie hinein und schreibe es auf ihr Herz. Ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein.“ Der Neue Bund bleibt also nach Gottes Absicht nicht mehr als das „Gesetzeswerk“ der 10 Gebote ein von außen gegebener und so auch leicht nur außen bleibender Anspruch Gottes an den Menschen. Der Neue Bund Gottes mit den Menschen berührt sein Herz. Wie ist dass zu verstehen?

Wir nähern uns in der zweiten Hälfte der Fastenzeit nun jenen drei Heiligen Tagen, die mit Ostern als dem höchsten Fest der Christenheit ihren Gipfel erreichen. Nach alter Gewohnheit betrachten und begleiten gläubige Christen ihren Herrn bei seinem Kreuzweg. Sie beten den sogenannten Kreuzweg. Diese Andacht führt zu einer Christusbegegnung besonderer Art. Wer den Kreuzweg betet, nimmt nicht nur mit den Ohren die Aufforderung des Herrn wahr, nach dem Prinzip des „Weizenkorns“ zu leben: „Wenn das Weizenkorn nicht auf die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht.“ (Evangelium von diesem Sonntag: Joh 12,24). Wer den Kreuzweg betend betrachtet, der möchte das dann auch umzusetzen.

Über das einfache, oft auch distanzierte Verstehen hinaus lässt die Kreuzwegbetrachtung intensiv erfahren, in welch radikaler Weise der Herr diesen Weg des „Weizenkorns“ gegangen ist. Das führt den betenden Betrachter mit Gottes Gnade zur, fortan auch selber wie das „Weizenkorn“ zu leben und Frucht nd Heil zu bringen.

Das Sonntagsevangelium (Joh 12,20f) berichtet von „einigen Griechen, die beim Osterfest in Jerusalem Gott anbeten wollten.“ Sie traten „an Philippus heran, der aus Betsaida in Galiläa stammte, und sagten zu ihm: Herr, wir möchten Jesus sehen.“ Sie hatten wohl manches von Jesus gehört. Jetzt aber wollten sie ihn sehen, um endgültig zu verstehen und danach zu leben.

Kardinal Suenes hat einmal gesagt: „Unsere Zeitgenossen verlangen danach, heute dem lebendigen Christus zu begegnen. Sie wollen ihn mit Augen sehen, mit Händen greifen. – Wie die Pilger griechischer Herkunft, die nach Jerusalem hinaufgezogen waren, sich an den Apostel Philippus wandten mit der Bitte: ‚Wir wollen Jesus sehen’, so wollen unsere Zeitgenossen ihm unmittelbar gegenübertreten. … Sie verlangen, Christus in jedem von uns zu sehen: wir sollen ihn durch uns hindurch scheinen lassen wie ein Kirchenfenster die Sonne.

Was der Ungläubige uns vorwirft, ist nicht, dass wir Christen sind, sondern dass wir es nicht genug sind: hierin liegt das Drama. Als Gandhi das Evangelium las, war er erschüttert und wäre beinahe Christ geworden; der Anblick der Christen hielt ihn auf und ließ ihn sich zurückziehen. Hier, wahrhaftig, liegt unsere größte Verantwortung.“

Ihr Pfr. Dr. Volker Hldebrandt

 

Pfarrnachrichten 12/2012

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Im Sonntagsevangelium nimmt Jesus Bezug auf eine Episode in den Jahren der entbehrungsreichen Wüstenwanderung Israels aus der Knechtschaft Ägyptens in die Freiheit des gelobten Landes. Als damals die Israeliten angesichts der Schwierigkeiten unterwegs den Mut verloren, Gott nicht mehr vertrauten und sich von ihm abwandten, „schickte der Herr Giftschlangen unter das Volk ... und viele Israeliten starben“ (Num 21,6). Da bekannten die Menschen Mose: „Wir haben gesündigt, denn wir haben uns gegen den Herrn und gegen dich aufgelehnt.“ Daraufhin „betete Mose für das Volk“ (Num 21,7) und machte auf Gottes Anordnung hin „eine Schlange aus Kupfer und hängte sie an einer Fahnenstange auf. Wenn nun jemand von einer Schlange gebissen wurde und zu der Kupferschlange aufblickte, blieb er am Leben.“ (Num 21,9)

Im Gespräch mit Nikodemus erinnerte Jesus daran (Joh 3,14f): „Wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der an ihn glaubt, in ihm das ewige Leben hat.“ Die „Erhöhung“ Jesu am Kreuz prägt zunehmend den zweiten Teil der Fastenzeit, die in Vorbereitung des Osterfestes am Karfreitag im Tod Jesu gipfelt. Dank seiner Erlösung werden auch wir, wie damals die Israeliten, gerettet und am Leben bleiben, wenn wir zum Gekreuzigten aufblicken und unsere Sünden bekennen.

Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt“, erklärt Jesus dem Nikodemus, „dass er seinen einzigen Sohn hergab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.

Ohne das hier im Einzelnen theologisch erklärend und deutend weiter entfalten zu können, möchte ich Ihnen für den zweiten Teil der Fastenzeit das weitergeben, was Papst Benedikt für diese Tage über die Heilige Beichte, das Sakramente der Buße gesagt hat. Zu diesem Sakramente gehört ja ebenfalls das ausdrückliche und qualifizierte Bekennen der einzelnen Sünden, wie die Israeliten das in der Wüste getan haben (s.o.). Erst durch das Bekennen erkannten sie die Tragweite ihres gottvergessenen Tuns und waren wieder empfänglich für Gottes Gnade, um umzukehren und die Wege der Auflehnung gegen Gott wieder zu verlassen.

„Bei der Beichte“, so Papst Benedikt, „findet der reuige Sünder dank des ungeschuldeten Eingriffs der göttlichen Gnade Rechtfertigung, Vergebung und Heiligung. ... Nur diejenigen, die sich von der göttlichen Gnade gründlich erneuern lassen, können die Neuheit des Evangeliums verinnerlichen.“ Alle Heiligen der Geschichte legten über die enge Beziehung Zeugnis ab, die zwischen einem heiligen Leben und dem Sakrament der Versöhnung bestehe. Die Neuevangelisierung „bezieht ihr Lebensblut von der Heiligkeit der Söhne und Töchter der Kirche, vom täglichen Prozess der Bekehrung des Einzelnen und der Gemeinschaften, in dem sie sich immer tiefer mit Christus gleich gestalten.“

Der Papst erinnerte seine Zuhörer daran, dass der Priester bei der Spendung des Bußsakraments ein Werkzeug sei, das die Begegnung zwischen Gott und den Menschen leichter ermögliche. Der reuige Sünder spüre ein tiefes Verlangen nach Wandel, er wolle Barmherzigkeit empfangen, sehne sich danach, „die Begegnung und Umarmung mit Christus“ durch den Sakramentsempfang erneut zu erfahren.

Insbesondere beginne „die Neuevangelisierung … im Beichtstuhl, bei der geheimnisvollen Begegnung zwischen der unaufhörlichen Bitte des Menschen ... und der Barmherzigkeit Gottes, die die einzig angemessene Antwort auf das Bedürfnis der Menschheit nach dem Unendlichen ist.“ Wenn die Gläubigen beim Sakramentsempfang wirklich Christi Erbarmen erführen, „werden sie glaubwürdige Zeugen der Heiligkeit werden, was das Ziel der Neuevangelisierung ist.“

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 11/2012

Thomas Jessen - Detail vom neuen Wandbild (noch in Bearbeitung) der zukünftigen Taufkapelle in St. Pantaleon, Köln - hier: Die 10 Gebote - (C) Thomas Jessen

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Immer wieder spricht Gott die Menschen an. Oft auch fordernd. Aber bis in die kleinste Forderung hinein tut er das allein aus seiner für uns unvorstellbaren Liebe heraus, mit der er uns ewig gewollt und an seiner göttlichen Fülle und seinshaften Seligkeit für immer beteiligen möchte. So ist die Ansprache Gottes an uns als Menschen in ihrer Forderung und Verheißung immer auch Offenbarung, durch die Gott uns zum einen sagt, wer er selber ist, und durch die er uns zum anderen den Weg zeigt, der zur Fülle und Erfüllung unseres Menscheins führt.

In der ersten Lesung des dritten Fastensonntags im Lesejahr B aus dem Buch Exodus (20, 1-17) werden uns die 10 Gebote zur getreuen Beachtung anvertraut. Gott gibt diese für alle gültigen und wertvollen Weisungen zu einem rechten Leben den Seinen, die er „aus dem Sklavenhaus Ägypten“ in die Freiheit geführt hat. Diese ‚Präambel’ zu den 10 Geboten – „Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, aus dem Sklavenhaus.“– macht deutlich, worum es geht. Die 10 Gebote engen als Forderung Gottes die Freiheit des Menschen gerade nicht ein, sondern machen sie erst möglich.

Die Freiheit des Menschen, auch entgegen dieser 10 Weisungen handeln zu können, ist nicht Ausdruck, sondern nur Folge dieser menschlichen Freiheit. Der Freiheit des Menschen entspricht viel mehr, die 10 Gebote zu halten, als sie nicht zu halten. Und nur dann ist der Mensch wirklich frei, wenn er dem einen und einzigen Gott, der dem Menschen Retter und Befreier ist, treu bleibt und seinen Weisungen folgt. Ohne diesen einen und wahren Gott wäre der Mensch überhaupt nicht; und hätte er auch keine Freiheit. Die Freiheit des Menschen geht zurück auf Gott, der sie ihm gewährt, damit er Gott suchen und ihn finden kann. Nur so findet der Mensch dann auch zu sich selber.

Aus diesem Grund überliefert das Buch Deuteronomium (5,22) über die Mitteilung der 10 Geboten folgendes: „Er (Gott) schreib sie (10 Gebote) auf zwei Steintafeln und übergab sie mir (Mose).“ Auch in der Kunst wird Mose aus diesem Grund alleine oder gemeinsam mit Aaron (vgl. Ex. 19,24) mit insgesamt zwei Steintafeln dargestellt. So auch in dem abgebildeten Detail, das zu einem großflächigen Bild gehört, das zurzeit der Künstler Thomas Jessen für die Neugestaltung der Taufkapelle in St. Pantaleon malt.

Die erste Gesetzes-Tafel umfasst die Gebote eins bis drei, die zweite die Gebote vier bis zehn. Dazu äußert sich der Katechismus der Katholischen Kirche folgendermaßen (Nr. 2067): „Die zehn Gebote bringen die Forderungen der Gottes- und Nächstenliebe zum Ausdruck. Die ersten drei Gebote beziehen sich vor allem auf die Liebe zu Gott, die sieben weiteren auf die Liebe zum Nächsten.“

Schon aus der frühen Christenzeit finden wir diese Erklärung, etwa beim Heilige Augustinus: „Wie die Liebe zwei Gebote umfasst, auf die der Herr das ganze Gesetz und die Propheten bezieht … so sind die zehn Gebote auf zwei Tafeln verteilt. Drei waren auf die eine Tafel und sieben auf die andere geschrieben.“

Die grundlegende Forderung der Gebote ist somit die Treue zum einen und einzigen Gott, dem Retter und Befreier. Die einzelnen Gebote sind dann eine Art Grenzwall zum Schutz des einzelnen und der Gemeinschaft. Von daher bilden die 10 Gebote zugleich ein „unteilbares Ganzes“, wie der Katechismus der Katholischen Kirche (Nr. 2069) es ausdrückt. Jedes Gebot verweist auf alle anderen; „sie bedingen einander“. Die beiden Gebotstafeln bilden eine Einheit: „Wer ein Gebot übertritt, verstößt gegen das ganze Gesetz. Man kann den Mitmenschen nicht ehren, ohne Gott, seinen Schöpfer zu preisen. Man kann Gott nicht anbeten, ohne die Menschen, seine Geschöpfe zu lieben. Der Dekalog (10 Gebote) bringt das gottbezogene und das gesellschaftliche Leben des Menschen in eine Einheit.“ (ibid.)

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 10/2012

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Am zweiten Sonntag in der Fastenzeit überrascht uns ein Evangelium, das auf den ersten Blick gar nicht so ganz in diese Zeit der Buße und Umkehr zu passen scheint. Jesus nimmt drei seiner Jünger zur Seite und gehrt mit Ihnen auf den Tabor-Berg. Der Anstieg bis zum Gipfel ist alles andere als anspruchs- oder mühevoll. Mit durchschnittlicher Kondition geht man ohne allzu große Mühe, fast schon wie im Spaziergang, bis nach oben. Aber die Aussicht von dort in die weite, vom tiefen Jordantal durchschnittene Ebene, ist beeindruckend.

Auf diesem Berg soll nach alter Tradition die Verklärung Jesu stattgefunden haben. Mit „Verklärung“ wird jener geheimnisvolle Vorgang gemeint, über den der Evangelist Markus im neunten Kapitel berichtet. Es heißt dort schlicht und einfach: Da wurde Jesus „vor ihren Augen verwandelt; seine Kleider wurden strahlend weiß, so weiß, wie sie auf Erden kein Bleicher machen kann. Da erschien vor ihren Augen Elija und mit ihm Mose, und sie redeten mit Jesus. Petrus sagte zu Jesus: Rabbi, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija.“ (Mt 9,2-5)

Der Zusammenhang mit der Fastenzeit kann besonders in dem Umstand gesehen werden, dass Jesus vor seinem letzten Weg nach Jerusalem, der am Ende nicht auf den Tabor- sondern auf dem Kalvarienberg endet, seine Jünger noch einmal stärken und trösten möchte. Er lässt sie die Kraft Gottes erkennen, die ganz in ihm ist und von ihm ausgeht, die ihn vor ihren Augen verwandelt und ihm dann auch, die Kraft des Todes übertreffend, von den Toten auferwecken wird.

So schenkt auch uns dieses Evangelium Kraft, Mut und Hoffnung und lässt uns zuversichtlich sein, dass wir gemeinsam mit dem himmlischen Vater, mit dem Heiligen Geist und dem menschgewordenen Sohn allem zum Trotz die Herrlichkeit schauen und erlangen werden, die uns verheißen ist. Die Verklärung Jesu kann und soll uns daran glauben lassen, dass unser irdisches Bemühen über ihre irdische Vergänglichkeit hinaus bei Gott in seiner Ewigkeit aufgehoben bleiben und uns als zusätzliches Glück im ewigen Leben noch mit dazu gegeben werden.

So sind dann auch die Anregungen, die Papst Benedikt in seiner diesjährigen Fastenbotschaft vorgetragen hat, mehr als gutmenschliche und nur auf dieses Leben bezogene Grundsatzregeln. Ausgehend von dem Bibelwort aus dem Brief an die Hebräer (10,24) „Lasst uns aufeinander achten und uns zur Liebe und zu guten Taten anspornen“, ermuntert der Heilige Vater, in dieser Fastenzeit das doch einfach wieder einmal besonders zu tun und umzusetzen.

Papst Benedikt fordert dazu auf, „den Blick auf den anderen zu richten, in erster Linie auf Jesus, und aufeinander zu achten, sich nicht unbeteiligt, gleichgültig gegenüber dem Schicksal unserer Brüder und Schwestern zu zeigen.“ Er kritisiert ganz zu Recht: „Stattdessen überwiegt häufig die entgegen gesetzte Haltung: Gleichgültigkeit und Interesselosigkeit, die ihren Ursprung im Egoismus haben, der sich den Anschein der Achtung der »Privatsphäre« gibt. Auch heute ertönt nachdrücklich die Stimme des Herrn, der jeden von uns dazu aufruft, sich seines Nächsten anzunehmen. Auch heute fordert Gott von uns, »Hüter« unserer Brüder und Schwestern zu sein (vgl. Gen 4,9), Beziehungen zu schaffen, die von gegenseitiger Fürsorge geprägt sind, von der Aufmerksamkeit für das Wohl des anderen und für dessen gesamtes Wohl. Das große Gebot der Nächstenliebe verlangt und drängt dazu, sich der eigenen Verantwortung gegenüber dem bewusst zu sein, der wie ich Geschöpf und Kind Gottes ist.“

In dieser pointierten und zugleich detaillierten Aufforderung des Heiligen Vaters wird indirekt angedeutet, dass dieses Bemühen durch die verklärende und umwandelnde Kraft Gottes auch für immer und damit für die Ewigkeit eine große Bedeutung hat.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 09/2012

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Am ersten Sonntag in der Fastenzeit wird traditionsgemäß der Fastenhirtenbrief unseres Erzbischofs verlesen. Er liegt dann auch in der Kirche aus.

So möchte ich Ihnen in diesem Pfarrbrief die interessanten Erläuterungen unseres Heiligen Vaters zum Aschenkreuz weitergeben, die er in seiner Aschermittwochpredigt zu Beginn der diesjährigen Fastenzeit vorgetragen hat.

Das stoffliche Symbol und Naturelement „Asche“, so Papst Benedikt, sei bereits in der jüdischen Kultur Zeichen der Buße gewesen. In der Aschermittwochsliturgie, an dem Tag, an dem die österliche Bußzeit beginnt, werde sie zu einem nicht-sakramentalen, heiligen Zeichen mit einer hohen Bedeutung. Es trage den Kosmos in die Liturgie und verweise auf den Schöpfungsbericht, nach dem Gott den Menschen aus Erde vom Ackerboden formte.

Das Symbol der Asche „führt also zurück zu jenem großen Fresko der Schöpfung, von der gesagt wird, dass in ihr der Mensch eine einzigartige Einheit von Materie und göttlichem Hauch ist, und zwar im Bild des Staubes der Erde, der von Gott geformt und belebt wird durch seinen Atem, den er dem neuen Geschöpf durch die Nasenflügel einhaucht.“

Durch die Sünde erfahre im Buch Genesis das Symbol des Staubes eine negative Wandlung. Vor dem Sündenfall wird der Ackerboden als vollkommen gute Kraft beschreiben: Getränkt durch eine Wasserquelle ist er in der Lage, Bäume mit köstlichen Früchten wachsen zu lassen. Nach dem Sündenfalls ist er verflucht: Er bringt nun Dornen und Disteln hervor, und nur unter Schmerzen und im Schweiße des Angesichts gewährt er dem Menschen gute Früchte. Durch diese Wandlung sei der Staub der Erde zum Zeichen des unausweichlichen Todes geworden und erinnere nicht mehr an das Schöpfungshandeln Gottes.

Die Verfluchung des Ackerbodens habe für den Mensch allerdings die Funktion einer Arznei, erklärte Papst Benedikt, wobei er den Hl. Johannes Chrysostomos zitierte. Durch den „Widerstand“ der Erde werde dem Menschen geholfen, innerhalb seiner Grenzen zu bleiben und die eigene Natur anzuerkennen. Die Verfluchung des Ackerbodens habe „medizinische Funktion“ und zeige, dass Gottes Absichten immer gut sind. Gott müsse den Menschen strafen, weil er die Freiheit des Menschen und ihre Konsequenzen respektiere, auch wenn sie negativ seien. Aber Gott zeige zusammen mit der gerechten Strafe auch den Weg des Heils auf. Dieser Weg zum Heil führe durch die Erde, durch den Staub und durch jenes Fleisch, das das Wort annehmen werde. Die Einladung zur Buße und zum Bewusstwerden der eigenen Sterblichkeit führe den Menschen nicht in Verzweiflung, sondern zur Annahme der unvorstellbaren Nähe Gottes, „der jenseits des Todes den Weg zur Auferstehung und zum endlich wiedergefundenen Paradies eröffnet.“

„Jener Gott, der die Ureltern aus Eden vertrieben hat, hat seinen eigenen Sohn in die von der Sünde zerstörte Welt gesandt und hat ihn nicht geschont, auf dass wir verlorenen Söhne geläutert und erlöst durch seine Barmherzigkeit heimkehren können in unsere wahre Heimat“, schloss der Papst seine Ansprache und wünschte dies allen Menschen, die sich demütig als des Heils Bedürftige erkennen.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 08/2012

Heilung des Gelähmten von Kapharnaum, zwischen 980 und 993 n.Chr., Codex Egberti

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Wer in diesen Tagen ausgelassen feiert, tut es aus sehr verschiedenen Gründen; und damit auch sehr unterschiedlich. Ganz so evident, wie es manche hinstellen, ist die Beziehung von Karneval und christlichem Glauben keineswegs.
Fröhliche Frühlingsfeste mit Wein, Weib und Gesang feierten etwa schon Griechen und Römer zu Ehren von Dionysos und Saturn. Gut belegt ist der germanische Brauch, die Wintersonnenwende zur Huldigung der Götter und als Vertreibung der bösen Winterdämonen zu feiern. Nach der Christianisierung wurden Teile dieser heidnischen Bräuche übernommen und im christlichen Kontext neu gedeutet. So wurde etwa mit der Fastnacht oder dem Karneval (carne vale = Fleisch lebe wohl!) die vorösterliche Fastenzeit eingeläutet.
»Aber schon im Mittelalter nahmen die Fastnachtsfreuden, die „Mummerei“, oft drastische Formen an, sehr zum Verdruss von Rat und Kirche der Stadt. Verbote und Verordnungen halfen wenig, es wurde wild und fröhlich gefeiert. Im 18. Jahrhundert gesellten sich zum lustigen Straßenkarneval die sogenannten „Redouten“ nach venezianischem Vorbild, ausgelassene Masken- und Kostümbälle, die zunächst dem Adel und dem reichen Bürgertum vorbehalten waren. 1736 gab es in Köln die erste Redoute in einem Adelshaus am Neumarkt.
Knapp 50 Jahre später wurde Köln von den französischen Revolutionstruppen erobert. Doch erlaubte die neue Obrigkeit den Einheimischen „de faire son tour“, ihre jecken Umzüge zu machen. Die Preußen, die kurz darauf das Sagen hatten, waren strenger, was die Kölner nicht abhielt, ihre närrische Tradition zu pflegen. Der Karneval wurde romantisiert, verbürgerlicht und geordnet! Mit dem „Held Karneval“, unser heutiger Prinz, kam zudem eine neue Idee hinzu.
1823 wurde das „Festordnende Komitee“ gegründet. Am 10. Februar des Jahres feierte Köln den ersten Rosenmontagszug unter dem Motto „Thronbesteigung des Helden Carneval“.« (leicht gekürzt entnommen aus www.karneval.de/karneval.aspx) Darauf geht die spezifische Prägung des Kölner Karnevals zurück, wie sie bis heute bestimmend ist. Beim Kölner Karneval geht es also eher um ein bürgerliches Ereingis. Wohl werden diese Tage in dem Maß „christlich“ gefeiert, wie die Feiernden einen christlichen Hintergrund haben. Aus einer christlichen Grundhaltung heraus feiert der Mensch immer aus Dankbarkeit seinem Gott gegenüber und er ist besonders bemüht, dass sein Feiern nicht in Widerspruch zum Wesen des Menschen gerät.
Das Evangelium vom siebten Sonntag im Jahreskreis zeigt uns mit der Heilung des Gelähmten, den seine Freunde auf einer Bahre von oben durch die von ihnen „durchgeschlagene Decke“ direkt vor Jesus herunterlassen (vgl. Markus 2,1-12), was Quelle und Ursprung der spezifisch christlichen Freude und damit der christlichen Art des Feierns sind.
Jesus hatte zu dem Gelähmten zunächst gesagt: „Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben!“ (ibid.) Da die Schriftgelehrten im Stillen dachten: „Wie kann dieser Mensch so reden? Er lästert Gott. Wer kann Sünden vergeben außer dem einen Gott?“ (ibid.) sagte er daraufhin dem Gelähmten zum Zeichen seiner Vollmacht, „hier auf Erden Sünden zu vergeben“ (ibid.): „Ich sage dir: Steh auf, nimm deine Tragbarer, und gehe nach Hause!“
„Der Mann stand sofort auf, nahm seine Tragbare und ging vor aller Augen weg.“ (ibid.) – Die biblische Überlieferung verdichtet in diesem neutestamentlichen Bericht die Erfüllung der Sehnsucht des Menschen, als ganzer Mensch an Leib, Seele und Geist heil zu werden und heil zu sein, durch Jesus Christus, den Herrn.
Auch die Freunde des Gelähmten, die sich große Mühe machen, sind in diesem Zusammenhang wichtig. Sie bringen ihren Freund nicht nur zum Herrn. Sie bemühen sich darüber hinaus um eine originelle und kreative Lösung, als sie sehen, dass sie auf normalem Wege nicht weiterkommen.
Mit solchem Freunden und einem solchen Glauben braucht man keinen Alkohol mehr, um sich über die Sorgen und Grenzen des Lebens hinweg zu trinken. Karneval ist dann viel schöner.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 07/2012

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Im Tagesgebet betet die Kirche an diesem Sonntag: „Gott, du liebst deine Geschöpfe, und es ist deine Freude, bei den Menschen zu wohnen. Gib uns ein neues und reines Herz, das bereit ist, dich aufzunehmen.“
Dies weckt Assoziationen zu dem alttestamentlichen Versprechen Gottes: „Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch. Ich nehme das Herz von Stein aus eurer Brust und gebe euch ein Herz von Fleisch.“ (Ezechiel, 36,26) Im Tagesgebet dieses Sonntags wird die Bitte um ein „neues und reines Herz“ nun ausdrücklich in einen engen Zusammenhang damit gebracht, dass Gott seine Geschöpfe liebt und mit Freude „bei den Menschen“ wohnt. Er ist also nicht nur der Gott, der ein neues und reines Herz gibt, sondern darüber hinaus das Herz mit seiner Gegenwart erfreut.
Mit dem „Herz von Fleisch“ ist ein Herz gemeint, das der Größe und Würde des Menschen entspricht. Das „Herz aus Stein“ hingegen ist das alte Herz, das wie ’versteinert’ ist, weil es auf sich selber bezogen bleibt. Wer beim Alten bleibt und seinem “Herzen aus Stein“ den Vorzug gibt – selbstherrlich und bequem –, der wird zum Sklaven seiner selbst und damit unfrei.
Wer nämlich sein „Herz aus Stein“ behalten möchte, der entscheidet sich damit zugleich für ein Leben ohne Gott. Und er bleibt dann auch ohne diesen Gott, der niemanden zu seinem Glück zwingt. Ohne Gott jedoch bleibt jeder Mensch unweigerlich sich selber und einer schließlich unbeugsamen und unbarmherzigen Eigenliebe verhaftet. Genau das ist der Zusammenhang, um den es hier geht, und der im Tagesgebet dieses Sonntags beleuchtet wird.
Es ist eine anthropologische Grundwahrheit, dass niemand aus eigener Kraft sich aus einer widersinnigen Ichbezogenheit zu lösen vermag, die raffiniert und „klug wie die Schlange“ den Menschen über sich selber immer wieder stolpern lässt und am Ende zu Fall bringt. Das ‚alte Herz’ ist schließlich doch immer stärker als man selber. Aus dieser Ichbezogenheit, die verfänglich und erniedrigend in jedem schlummert, vermag nur Gott zu befreien. Das ist Erlösung, wie christlicher Glaube sie verkündet.
Ohne Gott bleibt dem Menschen keine andere Wahl, als die Ichbezogenheit als vermeintlich eigentliches Lebensziel zu erproben, obwohl das gegen seine Natur und sein Wesen geht. Er spürt den inneren Zwiespalt, vermag diese Widersprüchlichkeit aus eigener Kraft aber nicht aufzulösen.
Menschen mit einem ‚alten und unreinen Herzen’ sind also solche, die nicht wollen, dass Gott sie erlöst und verwandelt. Sie wollen nicht, dass Gott in ihnen wohne. Sie ziehen es vor, ganz nach eigener Vorstellung sie selbst zu bleiben. Damit manövrieren sie sich in einen inneren Zweispalt, der sich im Widerspruch zum eigenen Wesen verfestigt und zunehmend unbeweglich macht. So sind sie unweigerlich der eigenen Vergänglichen, am Ende der Macht des Tod und den dunklen Mächten ausgeliefert.
Eine ganz andere Lebenshaltung kommt zum Ausdruck in dem abgebildeten Zettel, der klein zusammengefaltet unter Fotos im Nachlass von Bernhardine Willemsen gefunden wurde.
Er enthält auf der abgebildeten Vorderseite die folgende päpstliche Bestimmung zur Erlangung eines vollkommenen Ablasses bei Fliegerangriffen aus der Zeit des zweiten Weltkrieges: "Vollkommener Ablaß zur Zeit eines feindlichen Fliegerangriffes. Der Hl. Vater hat allen Gläubigen, deren Wohnort von feindlichen Fliegern angegriffen wird, einen vollkommenen Ablaß bewilligt, wenn sie während des Angriffes 1) einen Akt wahrer Gottesliebe und vollkommener Reue über ihre Sünden erwecken (etwa mit den Worten: Dich liebt o Gott mein ganzes Herz, und dies ist mir der größte Schmerz, daß ich erzürnt dich höchstes Gut, ach wasch mich rein in deinem Blut!) 2) andächtig das Stoßgebet verrichten: Mein Jesus, Barmherzigkeit!"
Ich wünsche auch Ihnen die göttliche Gabe eines reinen Herzens.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 06/2012

Jesus heilt die Schwiegermutter des Petrus - Codex Egberti, 10. Jh.

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Markus berichtet über die Heilung der Schwiegermuter des Petrus durch den Herrn, die „mit Fieber im Bett lag. … Er ging zu ihr, fasste sie an der Hand und richtete sie auf. Da wich das Fieber von ihr, und sie sorgte für sie.“ Auffallend an der Heilung ist die sofortige Wiederherstellung. Die schwer kranke Schwiegermutter nahm sich keine Zeit, und benötigte sie offenbar auch nicht, um sich erst von der schweren Krankheit zu erholen. Sie stand auf und kümmerte sich sofort um die Gäste ihres Schwiegersohnes.
Im Maß der Verantwortung, die auf jedem von uns lastet, spüren wir, wie das Leben uns fordert. Oft sagen wir, dass es uns an Zeit fehlt, um allem gerecht zu werden.
Mehr als fehlende Zeit zu beklagen sollten wir jedoch darauf bedacht sein, keine Zeit zu verlieren. Die Zeit, die uns für unser irdisches Leben gegeben ist, ist kostbar, und sie ist zu kurz, um sie auf Essen, Schlafen, Geschäfte machen und Kultur zu beschränken. Das ist zu wenig. Die uns gegebene Zeit ermöglicht viel mehr. Und nur dieses ‚viel mehr’ erfüllt einen wahrhaft. Was ist mit diesem ‚viel mehr’ gemeint? – Es wird erkennbar im Beispiel, das der Herr uns gibt. Sein Leben lässt erkennen, bis zur welcher Größe ein Mensch in seinem Leben wachsen kann.
Die Heilung der Schwiegermuter des Petrus hatte sich offenbar schnell herumgesprochen. Denn „am Abend“, so berichtet der Evangelist Markus, „als die Sonne untergegangen war, brachte man alle Kranken und Besessenen zu Jesus. Die ganze Stadt war vor der Haustür versammelt, und er heilte viele, die an allen möglichen Krankheiten litten, und trieb viele Dämonen aus.“
Durch alles, was Menschen tun, wird schon das zeitlich-irdische Leben mit ‚viel mehr’ und bleibender Größe erfüllt, wie alles Tun nicht auf sich selber ausgerichtet bleibt, sondern als Dienst für die Menschen, sogar bis zum Äußersten, verstanden und vollzogen wird. Das ist jedoch nur möglich, wenn man immer wieder den Weg ‚zur Quelle’ sucht, die alle hierfür notwendige Frische und Kraft verleiht.
„In aller Frühe, als es noch dunkel war“, berichtet Markus, „stand er (Jesus) auf und ging an einen einsamen Ort, um zu beten.“ Der irdische Jesus übt sich ein in das, „was für den ewigen Gottessohn das Leben ist: die vollkommene Hinwendung zum Vater“ (Kommentar im Schott-Messbuch). – Als Priester habe ich oft den Eindruck, am Ende immer nur dasselbe, wohl mit immer anderen Worten und aus immer anderen Perspektiven zu sagen, nämlich: Nur in tiefer Verbundenheit mit Gott, unserem Schöpfer und Erlöser – und deshalb sind das tägliche Beten und zumindest der Sonntagsgottesdienst so wichtig –, geht das zeitlich so begrenzte irdische Leben in bleibende Größe und Tiefe über, die schon auf Erden und in diesem Leben so ungemein bereichern und beglücken.
Auch der leidgeprüfte Ijob (vgl. die erste Lesung), dem unvorstellbares Leid widerfuhr, stand am Ende nicht als Verlierer da. Auch in seinem Leben hat sich Gott als der erwiesen, der den Seinen, die ihre irdische Lebenszeit in Gottes Hände legen, Großes und eben „viel mehr“ als ein gesundes Essen, einen gesunden Schlaf und ein intellektuell oder kulturell hochstehendes irdisches Leben gewährt.
Von daher ist es nicht überraschend, was sich früh am nächsten Morgen ereignete, als „Simon und seine Begleiter ihm (dem Herrn) nacheilten, und als sie ihn fanden, zu ihm sagten: Alle suchen dich. Er antwortete: Lasst uns anderswohin gehen, in die benachbarten Dörfer, damit ich auch dort predige; denn dazu bin ich gekommen.“
Anstatt sich mit dem zufrieden zu geben, was ihm an Wertschätzung, Zuneigung und Erwartung im Dorf des Petrus entgegengebracht wurde, „zog er durch ganz Galiläa, predigte in den Synagogen und trieb die Dämonen aus."

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 05/2012

Der vierte Sonntag im Jahreskreis legt uns Bibelstellen vor, die wichtige und für den Gläubigen aufschlussreiche Bezüge sichtbar machen. In der ersten Lesung (Buch Deuteronomium) lässt Gott durch Mose dem auserwählten Volk sagen, dass er einen besonderen Propheten, den Messias und Erlöser „als Erfüllung von allem erstehen lassen wird, worum du (gemeint ist das Volk Gottes) … den Herrn, deinen Gott, gebeten hast, als du sagtest: Ich kann die donnernde Stimme des Herrn, meines Gottes, nicht noch einmal hören und dieses große Feuer nicht noch einmal sehen, ohne dass ich sterbe.“
Um was für eine Bitte des Volkes Gottes geht es hier? Sie wird uns ja nicht direkt genannt, wohl aber indirekt. Sie ist in die Aussage hineingewoben: „Ich kann die donnernde Stimme … Gottes nicht noch einmal hören und dieses große Feuer nicht noch einmal sehen, ohne dass ich sterbe.“ – Damit wird ein vielschichtiger Sachverhalt auf den Punkt gebracht.
Gott ist so anders, so groß, so erhaben, so gut, so gerecht, ganz Liebe und das ewig, dass der Mensch angesichts seiner armseligen Geringheit immer dann zum sterbenden Scheitern und in die Dunkelheit verurteilt ist, wenn er sich in irgendeiner Form gegen Gott behaupten möchte. Und das ist leider eine böse Neigung im Herzen des Menschen, die er aus eigener Kraft nicht abzulegen vermag. Hier ist der Mensch wie jener böse Geist, über den uns das Sonntagsevangelium, in diesem Fall der Evangelist Markus berichtet.
Markus erzählt, wie Jesus am Sabbat in die Synagoge ging und lehrte. „Und die Menschen waren sehr betroffen von seiner Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der göttliche Vollmacht hat, nicht wie die Schriftgelehrten.“ Markus sagt uns nichts über den Inhalt der Predigt. Er beschreibt nur ihre Wirkung: Staunen und Bestürzung. Aber zum Glauben kommen die Menschen nicht.
Damit sind sie wie jener „unreine Geist“, von dem einer der Zuhörer “besessen war“. Der unreine Geist begann zu schreien: „Was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazaret? Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes.“ Markus berichtet weiter: „Da befahl ihm Jesus: Schweig und verlass ihn!“
Der Dämonen erkennt ihn als den „Heiligen Gottes“. Er gehorcht auch seinem Befehl, weil Gott mächtiger ist als er, aber sein Gehorsam ist Flucht in die Finsternis. Der Gehorsam des Glaubens hingegen ist Rückkehr zum Licht, Teilhabe an der Wahrheit und Heiligkeit Gottes. Der im Glauben Gehorsame will sich gerade nicht gegen Gott behaupten. Er traut hingegen der liebevollen Hilfe Gottes und vertraut sich ihm deshalb an. Der Glaubend sucht nicht Behauptung und Widerstand, wo er nur den Kürzeren ziehen könnte, sondern lebt aus der im gläubigen Lebensvollzug sich bestätigenden Gewissheit, dass die innige Gemeinschaft mit Gott einen nicht verbiegt und sich selbst entfremdet, sonder zu genau jener Stimmigkeit führt, die seinem tiefsten Wünschen entspricht.
Hier leuchtet aus der Tiefe auf, warum das Volk zu Recht befürchtet, sterben zu müssen, wenn es noch einmal „die donnernde Stimme … Gottes … hören und dieses große Feuer … noch einmal sehen“ würde. Der Heilige Paulus erklärt es in der zweiten Lesung zusammengefasst damit, dass der Mensch meist nur den anderen und sich selber gefallen möchte. Darin besteht seine Unerlöstheit, die ihn unfrei macht und nicht erfüllt, und ihn schließlich in dunkle Umnachtung führt. In die ganz andere, die genaue Gegenrichtung ist Jesus als der immer wieder angekündigte, ganz besondere Prophet, als Messias und Erlöser, als wahrer Gott und wahrer Mensch gegangen, um den, der ihm glaubt und vertraut als „Weg, Wahrheit und Leben“ in diese Richtung hinein in die Erlösung mitzunehmen.

Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 04/2012

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!

Im Evangelium von diesem Sonntag berichtet uns Markus im ersten Kapitel, wie Jesus seine Jünger zu sich ruft: „Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er Simon und Andreas, den Bruder des Simon, die auf dem See ihr Netz auswarfen; sie waren nämlich Fischer. Da sagte er zu ihnen: Kommt her, folgt mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. Sogleich ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm.“
Passend dazu wird ein bekanntes Tafelbild von Duccio di Buoninsegna (Siena 1311) – vgl. Abbildung – in einer von der Deutschen Bischofskonferenz 1978 herausgegebenen Schulbibel wie folgt kommentiert:
„Berufen werden heißt erwählt sein. Das gilt für das Volk Israel (Jes 4,18-10) wie für den einzelnen. … Mk 1,16-18 berichtet in knappster Form, wie Jesus den Simon und seinen Bruder Andreas beruft, als sie gerade ihre Netze auswerfen. Äußere Umstände werden nicht mitgeteilt. Entscheidend sind der erwählende Blick Jesu und sein Ruf, der kein Zögern erlaubt. – Diese Sicht kommt auch in der Bildgestaltung zum Ausdruck: Keine große Landschaft, keine imposante Szenerie. Das Zueinander der Personen ist auch für den Maler ausschlaggebend.
Jesus (am linken Bildrand) ist soeben an das felsige Ufer getreten. Nur sein Kopf und seine Hand ragen über die Felsenlinie hinaus. Von seinen Augen und seiner Hand geht alle Aktivität aus. Diese Geste der rechten Hand wirkt einladend und fordernd zugleich. Ihr antworten der Blick und die erhobene Rechte des Simon. Während Andreas noch vom Fischnetz in Anspruch genommen ist und nur 'mit einem Ohr' zuzuhören scheint, ist sein Bruder Simon mit Augen und Ohren schon ganz bei Jesus.
Zwischen den Händen und den Augen Jesu und des Simon liegt die Spannung des Bildes; sie wird verstärkt von der Stelle, wo sich die Spitze des Bootes dem zerklüfteten Ufer nähert, ohne es zu berühren. So entsteht zwischen Jesus und Petrus ein Kraftfeld, das große Ruhe ausstrahlt. Zur rechten Seite des Bildes hin nehmen Kraft und Spannung ab; die hochgewölbte Spitze des Bootes lenkt den Blick zurück auf das Zentrum des Geschehens.
Der Maler Duccio hat das Gemälde im Anschluss an die byzantinische Bild–Tradition geschaffen, es jedoch mit etwas mehr Wärme und Leben gefüllt. – Die Bildtafel stammt vom ehemaligen Hauptaltar des Doms von Siena, der insgesamt fast l00 Bilder verschiedener Größe von der Hand des Malers Duccio umfasste.“ Soweit die leicht gekürzt Bilderläuterung.
Nehmen Sie sich doch noch einige Minuten Zeit, dieses Bild mit der vorgetragenen Erläuterung einmal besonders aufmerksam zu betrachten; denn Gott spricht jeden Menschen an; auch Sie und mich. Und das tut er auch über künstlerische Darstellungen, die entscheidende Aspekte dieser seiner Ansprache und seines Rufens gekonnt ins Bild setzen.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 03/2012

Liebe Mitchristen und Freunde von St. Panaleon!

An diesem zweiten Sonntag im Jahreskreis erfahren wir, wie Jesus mit seinen beiden ersten zwei Jüngern zusammentraf, die bis dahin noch Jünger von Johannes dem Täufer waren. Jesus kam an dem Ort vorbei, berichtet das Evangelium, wo Johannes in Begleitung von zwei seiner Jünger im Jordan taufte. Da richtete der Täufer „seinen Blick auf Jesus und sagte: Seht, das Lamm Gottes!“ Als beide „hörten, was er sagte, folgten sie Jesus.“
Auch wenn es für Johannes den Täufer in gewisser Hinsicht ein schmerzlicher Verlust war, zwei seiner besten Mitstreiter zu verlieren, so entsprach doch genau das seiner Absicht: auf die Ankunft des Erlösers vorzubereiten und Menschen guten Willens mit Jesus Christus, dem erwarteten Messias, in Kontakt zu bringen. – Ähnliches widerfährt manchmal Eltern, Lehrern und auch uns Priestern.
Es ist wichtig, die uns Anvertrauten nicht „festzuhalten“; uns nicht an sie „zu klammern“. Die Aufgabe von uns als Eltern, Erzieher und auch Priester besteht allein drin, die uns Anvertrauten gut darauf vorzubereiten, dem Ruf Gottes folgen und Gottes Wege dann auch gehen zu können. Und nicht selten hat Gott unseren Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden einen auch deutlich anderen Weg bereitet, als wir dachten. So muss man Menschen „gehen lassen“, man darf sei nicht zurückhalten, auch wenn man sich anderes vorgestellt oder an weitere Unterstützung durch sie in eigenen Anliegen gehofft hatte.
Das Evangelium berichtet dann weiter: „Jesus wandte sich um, und als er sah, dass sie ihm folgten, fragte er sie: „Was wollt ihr?“ – Das erscheint zuerst einmal wenig einladend und wie zufällig; kann aber als Hinweis darauf verstanden werden, dass die Begegnungen mit Jesus oft nur wie zufällig erscheinen, und ihm darüber hinaus nur solche werden nachfolgen können, die etwas ganz Bestimmtes von ihm erwarten: „Meister“, so fragen die beiden, „wo wohnst du?“
Das ist keine Verlegenheitsantwort. Das ist die fragende Antwort von zwei jungen Menschen, deren bisheriger Meister erklärt hatte, dass der, „der nach ihm kommen wird“ und auf den er als das „Lamm Gottes“ hinweisen würde, ein neues Menschsein, eine neue Art des Lebens bringen werde, die all die großen Fragen des Daseins in einer nie dagewesenen und unübertreffbaren Weise beantworten wird.
„Meister, wo wohnst du?“ Damit fragen sie nach dem Lebensstil, nach den Einstellungen, den Grundhaltungen und großen Überzeugungen, die Jesu Leben bestimmen. Die beiden wollen wissen, wie Jesus im Leben dasteht, was sein Leben bestimmt, wie er es sieht und gestaltet. Das ist es, was sie vom „Lamm Gottes“ erwarten. Und darauf wollen sie sich mit ihrer ganzen Person einlassen. Erst auf diese Erwartung und inneren Haltung hin, die notwendige Vorraussetzung ist, Gottes Stimme und seine Ansprache überhaupt wahrnehmen zu können, erfolgt die Einladung des Herrn: „Kommt und seht!“ – Gott kann in unserem Herrn Jesus Christus nur den persönlich ansprechen und einladen, der in dieser Offenheit und Bereitschaft nach dem menschgewordenen Gott fragt, wie diese beiden jungen Männer.
Gott ist Mensch geworden, um uns durch sein beispielhaftes Leben und sein weisendes Wort zu sagen, wie das geht, als Mensch gut, gerecht und in erfüllender Heiligkeit zu leben.
Das abgebildete Deckenfresko aus Oberösterreich hält genau diesen Augenblick fest. Johannes im Hintergrund hat seine Aufgabe erfüllt: Er darf nun in den Hintergrund treten, ganz so, wie er es schon vom ersten Augenblick seines Auftretens gewusst und verkündet hat (vgl. Joh 3, 28 ff): „Ich bin nicht der Messias, sondern nur ein Gesandter, der ihm vorausgeht. … Er muss wachsen, ich aber muss geringer werden“.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt

 

Pfarrnachrichten 02/2012

Hl. Drei Könige, Ravenna, Sant'Apollinare, ca. 526 n.Chr.

Liebe Freunde und Mitchristen von St. Pantaleon!

Mit den zwei weihnachtlichen, in diesem Jahr eng aufeinander folgenden Festen von der Erscheinung des Herrn (drei Könige; am 6. Januar)) und dem der Taufe Jesu (an diesem Sonntag) endet die liturgische Weihnachtszeit. Nach einer schon längeren Tradition dürfen Krippe und Weihnachtsbaum bis zum 2. Februar, dem Fest der Darstellung des Herrn im Tempel, die Kirche weiterhin schmücken. Das schnelle Ende der eigentlichen Weihnachtszeit, die durch die genannte Tradition gemäß dem Verlangen des Gläubigen nach Verweilen beim göttlichen Kind am Ort seiner Niederkunft inoffiziell deutlich verlängert wird, lässt uns noch einmal zurückblicken und fragen, was Weihnachten denn für uns persönlich gebracht hat.

Nicht nur Juden – wenngleich die Hirten eher als eine Randgruppe, auch religiös zu betrachten sind –, sondern auch Fremde und Heiden haben den Weg zum Erlöser gefunden. Sie kamen mit Gaben, jeder nach seinen Möglichkeiten, und kehren dann als Beschenkte heim.

Im Tagesgebet vom Dreikönigsfest betet die Kirche: „Durch den Stern, dem die Weisen gefolgt sind, hast du … den Heidenvölkern deinen Sohn geoffenbart. Auch wir haben dich schon im Glauben erkannt.“ Darauf heißt es dann unmittelbar folgend: „Führe uns vom Glauben zur unverhüllten Anschauung deiner Herrlichkeit.“

Vom Grundanliegen recht ähnlich betet die Kirche am Fest der Taufe des Herrn: „Allmächtiger, ewiger Gott, bei der Taufe im Jordan kam der Heilige Geist auf unseren Herrn Jesus Christus herab, und du hast ihn als deinen geliebten Sohn geoffenbart“, worauf wie am Dreikönigstag auf die Zusammenfassung des Fest-Ereignisses eine Bitte folgt. Bei diesem Fest die Bitte: „Gib, dass auch wir, die aus dem Wasser und dem Heiligen Geist wieder geboren sind, in deinem Wohlgefallen stehen und als deine Kinder aus der Fülle dieses Geistes leben.“

Mit dem Glauben ist es wie auch sonst im Leben. Wir können bei allem, was für den Fortbestand des Lebens wichtig ist, nie sagen: Das ist jetzt gut. Mehr ist nicht notwendig. Wir können das weder sagen mit Blick auf die Ernährung noch hinsichtlich der Entwicklung unserer Persönlichkeit. Kaum, dass die eine Mahlzeit verzehrt ist, steht bereits die nächste auf dem Tisch. Und in gewisser Weise ganz ähnlich, wenn auch in anderer Hinsicht ganz anders, werden wir nie sagen können, und es auch gar nicht wollen, dass wir mit unserer Persönlichkeitsentwicklung am Ende sind. Dann wären wir nämlich sprichwörtlich „am Ende“.

Liebe Mitchristen: Hat Weihnachten für Sie einen Schritt weiter „vom Glauben zur unverhüllten Anschauung“ beziehungsweise einen Schritt voran „in Gottes Wohlgefallen“ und in die „Fülle des Geistes Gottes“ gebracht? Ganz unabhängig davon, wie Sie diese Frage beantworten, schlage ich Ihnen gerne vor, die inoffizielle Verlängerung der Weihnachtszeit dafür noch ein wenig zu nutzen.

Keiner von uns ist „am Ende“: Weder diejenigen, die von sich sagen, sie könnten nicht glauben, noch diejenigen, die von sich sagen, ihr Glaube sei durch nichts mehr zu erschüttern. Der Glaube ist etwas sehr Lebendiges. Er lebt vor allem durch die Impulse, die Gott selber schenkt. Von unserer Seite aus ist wichtig, dass wir Gott und seinem Geist die Möglichkeit dazu geben, und sie nicht zustellen bzw. verbauen.

Nehmen Sie sich deshalb noch ein wenig Zeit vor der Krippe, um die geheimnisvolle Wirklichkeit zu bedenken, dass der Allmächtige und Schöpfer aller Dinge auch aus Liebe zu Ihnen Geschöpf und Menschenkind geworden ist. Dann schenken Sie nicht nur sich selber noch etwas Zeit, sondern geben diese Zeit auch in Gottes Hände, so dass er Sie vom Glauben – ja sogar vom vermeintlichen Nicht-Glauben-Können – deutlich und wahrnehmbar in Richtung „unverhüllte Anschauung“ und „Stehen in Gottes Wohlgefallen“ führen kann; und führen wird.

Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt