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Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Advent und Weihnachten bringen uns wieder zur Mitte des Glaubens: Gott selber hat sich auf den Weg hin zu uns gemacht. Er ist Mensch geworden; geboren von der Jungfrau und Gottesmutter Maria.
Es ist ergreifend und bewegend, dass unser Herr vom Augenblick seiner Geburt an nun beständig bei uns bleiben möchte. Und ähnlich wie seien Mutter Maria wirken auch wir dabei mit. Gott möchte nun nicht mehr ohne uns, sondern immer zugleich in, durch und mit uns in dieser Welt zugegen sein.
Das scheint manchmal zu hoch für uns. Aber in jeder Sonntagsmesse, oft schon durch ein einziges und schlichtes Stoßgebet, weitet die uns von Gott neu geschenkte Liebe das Herz. Und dann ist es befreiend und überraschend leicht, gemeinsam mit Ihm das wieder aufzunehmen und voranzubringen, was uns als Aufgabe und Verantwortung aufgetragen und zugewachsen ist.
So danke ich von Herzen Ihnen allen, die Sie sich – wie auch immer – St. Pantaleon verbunden wissen. Nicht wenige von Ihnen haben durch umsichtige Mithilfe und oft auch engagierte Mitsorge dazu beigetragen, dass auch andere hier ein Stück Heimat im Glauben gefunden haben. Ihnen allen wünsche ich weiterhin viel Segen, Freude und Erfüllung. Unsere gläubige Zustimmung vorausgesetzt, werden sie uns vom menschgewordenen Gottessohn mitten unter uns dann auch überreich zuteil!
Ein gnadenreiches Frohes Weihnachtsfest wüscht Ihnen
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Am dritten Adventssonntag berichtet das Evangelium (Mt 11, 2-11) über Johannes den Täufer in einer überraschenden Weise. Der Täufer steht nicht mehr als machtvoller Bußprediger da, wie man ihn aus dem Evangelium vom letzten Sonntag in Erinnerung hat.
Johannes der Täufer hatte viel Zulauf. Kraftvoll hatte er gepredigt. Mit einer Gewissheit, die unumstößlich schien, sprach er über seinen Nachfolger: „Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feure taufen.“ – Seine Predigttätigkeit hat Johannes schließlich ins Gefängnis gebracht. Als er nämlich laut aussprach, dass es Herodes nicht erlaubt sei, die Frau seines Bruders zu heiraten, hat diese Frau erreicht, dass Johannes ins Gefängnis geworfen und später enthauptet wurde.
So vermittelt das Matthäus-Evangelium von dem ehemals kraftvollen Prediger den Eindruck eines gebrochenen Mannes, den Zweifel eingeholt haben; vor allem darüber, ob er zu Recht auf Jesus als den kommenden Erlöser hingewiesen hat. So schickt der Täufer seine Jünger zu Jesus und lässt ihn fragen: „Bist du der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen andern warten?“ – Es bleibt unklar, ob Johannes uns damit seine innere Verfassung offen legt, oder nur erreichen will, dass seine Jünger sich mehr für Jesus interessieren. Beide Deutungen sind hilfreich und führen weiter.
Auch in unserem Leben hat es womöglich Phasen gläubiger und inniger Ergriffenheit gegeben, in denen wir die ganze Welt „aus den Angel hätten heben können“, um sie dem Schöpfer als sein Eigentum zurück zu geben; oder vielleicht Augenblicke glühender Überzeugung, aus der Kraft des Glaubens fortan ein rundum glückliches Leben führen und jedes Hindernis beseitigen und überwinden zu können. Vielleicht hat uns sogar schier unermesslicher Eifer erfüllt, die Sache Gottes, sein Reich, in unserem familiären und sozialen Umfeld nun endgültig zu verankern.
Doch dann hat die Realität uns wieder eingeholt. Längst für überwunden erachtete Schwächen und Unzulänglichkeiten oder auch Unverständnis und Ablehnung durch andere haben einen Strich durch die Rechnung gemacht. – Wie reagierte Johannes der Täufer in einer für ihn schwer gewordenen, vergleichbaren Situation?
Über seine Jünger wendet er sich unmittelbar an Jesus selber! – Und damit zeigt er, was auch wir tun sollen, wenn uns ähnlich zu Mute ist: Wenden wir uns unmittelbar an Jesus selber!
Zur Konkretisierung dieser Empfehlung möchte ich besonders und aus tief überzeugtem Herzen hinweisen auf die seit dem 1. November stattfindende Ewige Anbetung in der Kapelle des Maternushaus (Kardinal-Frings-Str. 1-3, 506668 Köln). „Jeder ist zu jeder Tages- und Nachtzeit – 24 Stunden / 7 Tage / 52 Wochen – willkommen“. So heißt es im Flyer des Erzbistums, der in unserer Kirche auf dem Tisch am Eingang seitdem ausliegt.
Eine solche „Rund-um-die-Uhr“ - Anbetung ist ein ganz außergewöhnliches Angebot. Auf die mitunter nur sehr schwer lösbaren Anliegen, Fragen und Sorgen, die uns mitunter bis in die Tiefe unseres Glaubens hinein aufwühlen, finden wir in der Eucharistischen Anbetung Antwort bei Jesus Christus selber. Denn: „Jesus Christus ist in der Hostie wirklich – und nicht nur symbolisch – gegenwärtig. Er schenkt sich uns selbst – verborgen in den Gestalten von Brot und Wein. Er ist leibhaft gegenwärtig, ganz, als Gott und Mensch. Wir können ihm genauso tief begegnen wie die Apostel und seine Zeitgenossen vor 2000 Jahren.“ (ibid.)
Vor dem in der Hostie wirklich anwesenden Jesus lässt Jesus selber uns alle Anliegen, Fragen und Sorgen aus einer neuen und anderen Perspektive, nämlich aus seiner, sehen und verstehen. In der Hostie können wir Jesus zwar „nicht mit unseren leiblichen Augen in Menschengestalt sehen“. Aber ansonsten ist er dort „genauso zugegen – wie hinter einem Schleier verborgen – und wir könne ihm begegnen von Herz zu Herz. Er schaut uns an und wir schauen ihn an. Er hört uns, wenn wir zu ihm sprechen, hilft uns und spricht zu uns. Dazu müssen wir uns ihm aussetzen, uns Zeit nehmen, zur Ruhe kommen und ihm zuhören, ihm vertrauen.“ (ibid.)
Es wäre schön, wenn sich aus St. Pantaleon noch einige weitere Gläubige über das Anmeldeformular (siehe Flyer) vor allem für die Vor- und Nachtmittage als zuverlässige Beter melden würden: zum eigenen wie zum Wohl unseres ganzen Erzbistums und aller Menschen.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- Johannes der Täufer - Anton Raphael Mengs 1728-1779 - St. Petersburg-Eremitage [public domain]
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Das Evangelium vom zweiten Adventssonntag erzählt vom Auftreten Johannes des Täufers in der Wüste. Der Täufer gehört zu den großen Rufenden. Sein Äußeres, bekleidet mit einem Gewand aus Kamelhaaren und einem ledernen Gürtel, und seine tägliche Speise, Heuschrecken und wilder Honig, unterstreichen sein Auftreten und sein Anliegen. „Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe“ (Mt 3,2). Es gibt für den Menschen nichts Wichtigeres als dies: Sich dem Himmelreich zu öffnen und diese durch Abkehr von aller „Verhimmelung und Vergötterung“ des Irdischen ernst zu nehmen. Alles muss dieser Lebensausrichtung untergeordnet werden.
Aber hörten, verstanden ihn die Menschen wirklich? Auch wenn sie in Scharen zu ihm hinauszogen, „die Leute von Jerusalem und ganz Judäa und aus der ganzen Jordangegend“ wie der Evangelist Matthäus berichtet (ibid., 5), vor ihm „ihre Sünden bekannten“ (ibid., 6) und sogar „viele Pharisäer und Sadduzäer“ sich von ihm taufen ließen (ibid., 6): haben sie wirklich genau und richtig hingehört?
Johannes ist bis heute Rufer in der Wüste! Er ruft, schreit, spricht, erklärt, und er redet auch leise und eindringlich, wie etwa, so dürfen wir vermuten, zu seinen beiden Jüngern – der eine von ihnen hieß Andreas (vgl. Joh 1,40) – als Jesus an ihnen vorüberging (ibid. 29): „Seht das Lamm Gottes”. Und diese beiden folgten ihm.
Eine Sache ist es zu rufen, eine andere zu hören, zu reagieren, sich aufwecken zu lassen.
So ist es auch im täglichen Leben. Schon als Kinder wurden wir gerufen; etwa unser Zimmer aufzuräumen. Reagierten wir auf der Stelle? Gehorchten wir sofort? Jeder weiß, aus seiner Erinnerung darauf zu antworten. Oft waren wir mit anderem beschäftigt, mit dem Spiel, mit unseren Träumereien. Wir ließen uns von scheinbar Interessanterem und Wichtigerem ablenken. Aber wieweit war es objektiv und für unser tatsächliches zukünftiges Wohl wirklich interessanter und wichtiger? Mögen auch die Eltern und wir selber das nicht immer genau wissen und unterscheiden können: Gott weiß mehr. Und er ruft aus seiner Perspektive als Schöpfer und Erlöser von Himmel und Erde. Sein Rufen hat ein anderes Gewicht.
Wie ist es mit uns jetzt als Erwachsene? Da ruft der Wecker? Und wie reagieren wir? Immer noch wie die Kinder? – Da wissen wir, dass wir jetzt losgehen müssen, um nicht zu spät zukommen. Und wir? Träumen wir immer noch wie Kinder? – Da merken wir, dass jemand vor uns Hilfe braucht, Und wir? – Sind wir wirklich wach als Hörende und Wahrnehmende? Sind wir nicht oft mit uns selbst beschäftigt?
Der Ruf des Täfers (s.o.): „Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe“, kann für uns durch einige konkrete Frage wieder ganz aktuell werden: „Was nehme ich überhaupt wahr? Woran denke ich gewöhnlich? Welche Absichten leiten mich? Was suche ich eigentlich?“
Nicht ohne Absicht hat Papst Franziskus gleich am Anfang, in der Nr. 2 seines apostolischen Schreibens "Evangelii Gaudium" geschrieben: „Die große Gefahr der Welt von heute mit ihrem vielfältigen und erdrückenden Konsumangebot ist eine individualistische Traurigkeit!” Er warnt davor, sich mitreißen zu lassen von einer „krankhaften Suche nach oberflächlichen Vergnügungen”. Und er schreibt wörtlich: „Auch wir Gläubigen laufen nachweislich und fortwährend diese Gefahr”.
Gott weiß, wie es um uns Menschen steht. Deshalb mahnt er immer wieder, die Zeichen der Zeit zu erkennen.
Täglich beten viele Gläubige im Brevier aus dem Psalm 95: „Würdet ihr doch heute auf seine Stimme hören!” ... Würdet ihr doch! … Und um dem noch einmal Nachdruck zu verliehen, wird daran erinnert: „Sie sind ein Volk, dessen Herz in die Irre geht ... meine Wege kennen sie nicht!”
Im Alten wie im Neuen Testament wiederholen sich Mahnungen dieser Art! Etwa im Buch Jesaja (52,7-8): „Wie willkommen sind auf den Bergen die Schritte des Freudenboten, der Frieden ankündigt, ... der zu Zion sagt: Dein Gott ist König. Horch, deine Wächter erheben die Stimme, sie beginnen alle zu jubeln.” Und in diesen adventlichen Tagen singen wir wiederholt die Bachkantate „Wachet auf, ruft uns die Stimme” – nachempfunden dem Ruf, der an die 10 Jungfrauen erging.
Wachsein, hören, sich selber prüfen … und einlenken, korrigieren: darum geht es erneut auch in dieser Adventszeit! Gott hat seiner Kirche dafür ein wunderbares Sakrament geschenkt: die hl. Beichte.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- Der Hl. Hieronymus als Einsiedler [public domain]
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Im Advent wird uns das Entscheidende vor Augen geführt: Gott kommt uns entgegen; und zwar in einem zweifachen Sinn. Das wird im doppelten Charakter der Adventszeit deutlich. Advent ist zum einen Vorbereitung auf Weihnachten. Zum anderen weckt der Advent die Erwartung der zweiten Ankunft Gottes am Ende der Zeit.
In diesem zweifachen Sinn sind die prophetisch-alttestamentlichen Worte über Juda und Jerusalem, zu verstehen (Jes 2,2f): „Am Ende der Tage wird es geschehen: Der Berg mit dem Haus des Herrn steht fest gegründet als höchster der Berge; er überragt alle Hügel. Zu ihm strömen alle Völker. Viele Nationen machen sich auf den Weg. Sie sagen: Kommt, wir ziehen hinauf zum Berg des Herrn und zum Haus des Gottes Jakobs. Er zeige uns seine Wege, auf seinen Pfaden wollen wir gehen. Denn von Zion kommt die Weisung des Herrn, aus Jerusalem sein Wort.“
Mit „Zion“, dem Berg des Herrn, und mit „Jerusalem“, der Wohnstadt Gottes, meint der Prophet Jesaja nicht den politischen Mittelpunkt des Reiches Juda, sondern den Tempelberg, wo Gott besonders gegenwärtig ist. Diejenigen nun, die Gott entgegengehen, der vom Himmel auf den Tempelberg herabgestiegen dort unter den Menschen wohnt, ,,schmieden Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus ihren Lanzen. Man zieht nicht mehr das Schwert, Volk gegen Volk, und übt nicht mehr für den Krieg“ (ibid. 4).
Hier ist ein wichtiges Anliegen der Adventszeit formuliert. Es lässt sich gut mit der Geschichte vom „Kloster und dem Einsiedler“ veranschaulichen:
Es war einmal ein berühmtes Kloster, das in große Schwierigkeiten geraten war. Es war früher voll junger Mönche gewesen, und seine große Kirche wurde von ihrem Chorgesang erfüllt. Aber jetzt war es verlassen. Nur noch eine Handvoll alter Mönche schleppte sich mühsam durch die Kreuzgänge. Und sie priesen Gott nur mit schwerem Herzen.
In dieser schweren Zeit hatte ein Einsiedler am Rande des Klosterwaldes eine Hütte gebaut. Von Zeit zu Zeit kam er dorthin, um zu fasten und zu beten. Er sprach mit niemandem. Aber so oft er da war, fühlten sich die Mönche von seiner betenden Gegenwart getragen und getröstet.
Eines Tages entschloss sich der Abt, ihn aufzusuchen und ihm sein Herz zu öffnen.
Der Einsiedler hörte ihm schweigend zu. Erst als der Abt mit seiner Klage zu Ende war, begann der Einsiedler bedächtig zu reden: »Du und deine Brüder dienen dem Herrn mit schwerem Herzen,« sagte er. »Du bist gekommen, um dir von mir Rat zu holen. Ich werde dir einen Rat geben. ... Aber du darfst ihn nur ein einziges Mal wiederholen. Danach darf niemand ihn je wieder laut aussprechen.«
Der Abt spitze seine Ohren und schaute gebannt auf die Lippen des Einsiedlers, als dieser offen und ernst sagte: »Der Messias ist unter euch«.
Eine Weile war alles still. Dann sagte der Einsiedler: »Du musst nun gehen. Alles ist gesagt«. Ohne ein Wort, ohne auch nur zurückzuschauen ging der Abt fort.
Am nächsten Morgen rief der Abt alle seine Mönche zusammen. Er erzählte ihnen von seinem Besuch beim Einsiedler. Und dass er einen Rat erhalten habe, der aber im Kloster nur ein einziges Mal und dann nie wieder laut ausgesprochen werden dürfe. Er schaute seine Brüder einzeln an – so, als wolle er sich vergewissern, dass sie das alle verstanden hätten - und dann erklärte er: »Der Einsiedler hat gesagt: „Der Messias ist unter euch.“«.
Die Mönche waren von diesem Rat anfangs bestürzt und sie fragten sich, was das bedeuten könne. Alle waren ganz verwirrt von diesem Rat. Aber keiner erwähnte ihn jemals wieder.
Mit der Zeit begannen die Mönche, einander mit einer ganz eigenen Ehrfurcht zu begegnen. Etwas Edles und Aufrichtiges, etwas warmherzig Menschliches war unter ihnen, das schwer zu beschreiben, aber leicht zu bemerken war. Sie lebten von da an wie Menschen zusammen, die endlich etwas gefunden hatten. Gemeinsam beteten sei ihre Psalmen und lauschten der Heiligen Schrift wie Menschen, die voll Erwartung sind.
Es dauerte nicht lange, und wegen ihre Art zu beten und ihres gegenseitigen respektvollen Umgangs miteinander, baten bald auch wieder junge Männer, Mitglieder ihrer Gemeinschaft werden zu dürfen.
Soweit die unprätentiöse aber doch sehr beredte Geschichte vom „Kloster und dem Einsiedler“. Diese Geschichte erklärt sich selbst: »Der Messias ist unter euch«.
Das durfte nur einmal ausgesprochen und dann nicht wiederholt werden. Das heißt doch: Macht nicht viele Worte, sondern bewahrt und betrachtet sie vielmehr immer wieder in eurem Herzen; und dann handelt danach. - So hat sich das Leben der Mönche langsam aber stetig verändert.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine gesegnete Adventszeit.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
An diesem Christkönigssonntag, dem letzten Sonntag des zu Ende gehenden Kirchenjahres, stellt uns das Lukasevangelium den Herrn in einer ganz überraschenden und eindrucksvollen Weise vor.
Er hängt am Kreuz. Sein Leib ist geschunden und gemartert. Bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet ist keine Kraft mehr in ihm. Das Ende seines irdischen Lebens steht unmittelbar bevor. Noch am Kreuz wird er verhöhnt und verspottet. Obwohl alle – die einen mehr, die anderen weniger – wissen, dass er zu Unrecht wie ein Verbrecher verurteilt wurde, lassen viele, beeinflusst von der Menge, sich mit- und fortreißen. Sie lassen sich fremdbestimmen von der heimtückischen, dem Bösen unbedacht Tür und Tor öffnenden Verlockung, als einer von vielen in der Menge stark zu sein.
Durch dieses gruppendynamische Gesetzt verführerischer Massenmanipulation ist in der Geschichte viel Böses geschehen, weil der Einzelne, in der Menge verborgen, Schändliches geduldet und hingenommen oder in vermeintlicher Anonymität und Verborgenheit unter den Vielen sogar aktiv am Verwerflichen mitgewirkt hat. So war es auch bei der Verurteilung und Hinrichtung Jesu.
Einer aber distanzierte sich in aller Öffentlichkeit von dieser gestaltlosen Masse, und zwar in überraschender Weise ein Verbrecher: einer der beiden zusammen mit Jesus Verurteilten und Mitgekreuzigten. Er schwimmt bewusst gegen den Strom und bezieht Position gegen den „Mainstream“. Der Hl. Lukas überliefert dies wie folgt (Lk 23,39-41): „Einer der Verbrecher, die neben ihm hingen, verhöhnte ihn: Bist du denn nicht der Messias? Dann hilf dir selbst und auch uns! Der andere aber wies ihn zurecht und sagte: Nicht einmal du fürchtest Gott? Dich hat doch das gleiche Urteil getroffen. Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten; dieser aber hat nichts Unrechtes getan.“ Daraufhin bittet er Jesus (Lk 23,42): „Denk an mich, wenn du in dein Reich kommst.“
Der Herr reagiert auf diese Bitte in einer großherzig-majestätischen Weise. Er antwortet dem Verbrecher (ibid. 43): „Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.“ Der Herr reagiert hier weder willkürlich noch fatalistisch. Er antwortet nicht als jemand, der von allen anderen verkannt – bis zur Ablehnung durch Hinrichtung und Tod – an seinen Idealen der Vergebung und Feindesliebe dennoch festhält, und selbst in seinem Scheitern als Hingerichteter noch an sie glaubt.
Jesus kann so zu dem um ein Gedenken bittenden Verbrecher sprechen, weil sich dieser am Ende seines Lebens mit großer Kraft und Entschlossenheit für die Gerechtigkeit entscheidet und damit zugleich aufrichtig für alle seine bisherigen Ungerechtigkeiten um Vergebung bittet; und weil Jesus als Gottes Sohn diesen Tod und diese Ablehnung aus der ihm innewohnenden Kraft des Allerhöchsten zur Erlösung der Welt freiwillig auf sich nimmt (Lk 23,34): „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun.“ – Das ist dann bereits schon wieder anderes Thema.
Die christliche Kunst hat deshalb den Gekreuzigten nicht nur als Schmerzensmann, sondern auch als glorreichen „König am Kreuz“ dargestellt. In ähnlicher Weise ist auch das Leben eines Christen, der dem Herrn bis in die Kreuzesnachfolge hinein treu bleibt (Lk 9,23: „Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“) von großem Adel geprägt.
Das Christkönigsfest mit den sich anschließenden Wochentagen bis zum Beginn des neuen Kirchenjahres mit dem ersten Advent ist von daher eine gute Gelegenheit, sich betende und bittend von Gott diese innere Größe schenken zu lassen, die alles Vergängliche überdauert, und vor allem alles Böse souverän überstrahlt.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Die Lesungen gegen Ende des Kirchenjahres könnten eine gewisse "Weltuntergangsstimmung" aufkommen lassen. Da ist vom Gericht, von Katastrophen und vom Ende der Zeit die Rede. Da hören wir u.a. die apokalyptischen Worte Jesu (Lk 21,6-11): „Es wird eine Zeit kommen, da wird … alles niedergerissen werden. ... Viele werden unter meinem Namen auftreten und sagen: Ich bin es!, und: Die Zeit ist da. – Lauft ihnen nicht nach! Und wenn ihr von Kriegen und Unruhen hört, lasst euch dadurch nicht erschrecken! Denn das muss als Erstes geschehen; aber das Ende kommt noch nicht sofort. … Es wird gewaltige Erdbeben und an vielen Orten Seuchen und Hungersnöte geben; schreckliche Dinge werden geschehen, und am Himmel wird man gewaltige Zeichen sehen.“
Ausgangspunkt dieser Voraussagen ist die Bewunderung einiger Zeitgenossen Jesu für die Schönheit und gigantischen Ausmaße des Jerusalemer Tempels. Dieser gewaltige Tempel war damals als „Wohnsitz Gottes auf Erden“ Nationalheiligtum der Juden. In seiner Größe und Pracht zählt er zu den sieben Weltwundern der Antike: eine kolossale Gottesburg mit Steinquadern, die bis zu 8 Tonnen wogen. Für die Juden war der Tempel Teil ihrer Identität und galt als unzerstörbar.
Mit seinen Worten weist der Herr auf die Vergänglichkeit alles Irdischen hin, mag es auch für unsere begrenzte Wahrnehmung kurzfristig alles andere überstrahlen. Der Tag des Herrn, der Tag seiner offenbaren Ankunft, wird das Ende dieser Zeit bedeuten. Die Macht und die Herrlichkeit werden sichtbar werden. Dann wird klar sein, was gilt und wer bleibt. – Allerdings: Sollen wir den Tag herbeiwünschen? Bringt er mehr Entsetzen und schmachvolles Erwachen als die verheißene endgültige Erlösung?
Von ihrem Grundtenor her rufen die Lesungen uns zu, sich durch Panikmache, egal von welcher Seite, nicht aus dem Gleichgewicht bringen zu lassen! Andernfalls wird man zum Sklaven der eigenen Angst und geht schnell all den selbsternannten Propheten auf den Leim! Auf der einen Seite lähmt Angst und führt zur Tatenlosigkeit. Auf der anderen Seite bewirkt Angst aber auch das andere Extrem: unbesonnene Hektik und Übereifer. Beide Extreme verdrehen und verkürzen die Wirklichkeit und verhindern wohlüberlegtes und besonnenes Handeln. Sie entsprechen nicht dem christlichen Glauben.
Aber auch andere Verirrungen sind möglich. Paulus musste damals den christgläubig gewordenen Thessalonichern deutlich ins Gewissen reden. Sie lebten in ihrer schon gefährlichen Glaubensvorstellung so sehr in der verheißenen Endzeit, dass sie darüber ihre alltäglichen Pflichte grob vernachlässigten: „Wir hören, dass einige von euch ein unordentliches Leben führen und alles Mögliche treiben, nur nicht arbeiten“, schreibt Paulus (2 Thess 3) und erinnert an das eigene Beispiel, das er ihnen gegeben hat: „Wir haben bei euch kein unordentliches Leben geführt und bei niemand unser Brot umsonst gegessen; wir haben uns gemüht und geplagt, Tag und Nacht haben wir gearbeitet, um keinem von euch zur Last zu fallen. … Als wir bei euch waren, haben wir euch die Regel eingeprägt: Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen.“
So fordert Paulus die Thessalonicher auf, „im Namen Jesu Christi, des Herrn, in Ruhe ihrer Arbeit nachzugehen und ihr selbst verdientes Brot zu essen.“ Damit schließt sich der Kreis; denn der Tag der Wahrheit hat in gewisser Weise längst begonnen: Gott richtet und rettet jetzt. Deshalb sagt der Herr (Lk 21, 18f): „Wenn ihr (gemeint ist: jetzt) standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen … und es wird euch kein Haar gekrümmt werden.“
Der rechte Blick auf die letzten Dinge erhellt das gegenwärtige Leben und verdunkelt es gerade nicht. Er befähigt, losgelöst über den materiellen Gütern zu stehen und den Wert der einem zugemessenen Zeit zu erkennen. Er lässt den Sinn von Pflichttreue in Beruf und Gesellschaft tief und beglückend erfahren. Der rechte Blick auf die letzten Dinge führt dazu, mitten im Leben schon jetzt erfüllt auf den Himmel zu schauen, doch nicht wie einer, der sich in der Welt nicht zurechtfindet, sondern wie einer, der mit beiden Füßen fest auf der Erde steht. – Daran knüpft sich eine wunderbare Sicht und großartige Perspektive der Arbeit des Menschen und seines irdischen Schaffens als Gabe Gottes an.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- Das Jüngste Gericht und die Auferstehung der Toten, Hans Memling (um 1470) [public domain]
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Am Ende des Jahres ist man seit eh geneigt, jener zu gedenken, die verstorben sind. Damit steht man zugleich vor den Fragen nach dem Leben, nach dem Tod und nach dem, was danach kommt. Die Schriftlesungen und Texte dieses Sonntags greifen diese existentiellen Fragen auf.
Seit Menschengedenken, auch zur Zeit Jesu, gab und gibt es jede Menge Spekulationen darüber, was einen nach dem irdischen Leben erwartet. So kamen damals nach dem Zeugnis des Evangelisten Lukas Sadduzäer, die ein Leben nach dem Tod leugneten, zu Jesus, und trugen ihm eine törichte Kasuistik von einer siebenmal verheirateten Frau vor (vgl. Lk 20, 27-38). Mit der Frage (ibid., 33): „Wessen Frau wird sie nun bei der Auferstehung sein? Alle sieben (Brüder) haben sie doch zur Frau gehabt“ wollen sie den Glauben an die Auferstehung ad absurdum führen und lächerlich machen.
Jesus entkräftet ihr Argument, indem er deutlich macht, dass die von ihnen abgelehnte Auferstehung überhaupt nicht der Wirklichkeit der Auferstehung entspricht (ibid. 20,34-36): „Jesus erwiderte ihnen: Nur in dieser Welt heiraten die Menschen. Die aber, die Gott für würdig hält, an jener Welt und an der Auferstehung von den Toten teilzuhaben, werden dann nicht mehr heiraten. Sie können auch nicht mehr sterben, weil sie den Engeln gleich und durch die Auferstehung zu Söhnen Gottes geworden sind.“
Weiterführend lesen wir dazu im Katechismus der katholischen Kirche: „Im Tod, bei der Trennung der Seele vom Leib, fällt der Leib des Menschen der Verwesung anheim, während seine Seele Gott entgegengeht und darauf wartet, dass sie einst mit ihrem verherrlichten Leib wiedervereint wird. In seiner Allmacht wird Gott unserem Leib dann endgültig das unvergängliche Leben geben, indem er ihn kraft der Auferstehung Jesu wieder mit unserer Seele vereint“ (ebd., 998). Dies wird am Ende der Zeiten geschehen, wenn die Seele wieder mit dem Leib verbunden sein wird.
Die Auferstehung der Toten ist nach christlichem Glauben also durchaus eine leibliche, aber nicht in Fortführung irdischer Verhältnisse. Damit lehnt der christliche Glaube alle paradiesisch-materialistischen Jenseitsvorstellungen eines vorrangig leiblichen Wohlergehens ab: Das Paradies besteht nicht in üppigen Gärten mit kostbaren Früchten, die einem in den Mund wachsen, und zahlreichen jungen Frauen, die alten Männern ausreichend zur freien Verfügung stehen – wie es das Glaubensbuch einer der großen Weltreligionen nahezulegen scheint.
Der christliche Glaube an die Auferstehung der Toten ist ebenso ganz frei von jeder Form übersteigertem Spiritualismus. So antwortet etwa der heilige Kirchenlehrer Thomas von Aquin auf den Einwand, die endgültig vom Leib befreite Seele wäre doch eben darin Gott, dem reinen Geist, viel ähnlicher: „Die mit dem Leibe vereinte Seele ist Gott ähnlicher als die vom Leibe getrennte, weil jene auf vollkommenere Weise ihre Natur besitzt“ (Quaest. disp. de potentia Dei, 5,10,ad 5).
Die leibliche Auferstehung, wie der christliche Glaube sie als unverzichtbare Grundwahrheit von Anfang an mit der Auferstehung Christi verkündet und von ihr her begründet hat, vermittelt auf der einen Seite ein tiefes Gespür dafür, dass auch der Leib zur Verherrlichung Gottes bestimmt und berufen ist. Das hebt die Würde eines jeden Menschen, seine unverwechselbare Eigenart, die verschieden ist von allen anderen Wesen der Schöpfung, noch einmal ganz besonders empor. Damit sind die Würde des Menschen und seine Erhabenheit gegenüber allen anderen Wesen der Schöpfung nicht allein in der Geistigkeit und Freiheit seiner Seele begründet. Auch sein Leib - zur Auferstehung bestimmt - besitzt eine große Würde, was Paulus schreiben lässt: „Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt?“ (1 Kor 6,19) Der Leib ist weder der Kerker der Seele noch Ballast für sie, er hat Anteil an unserer Berufung und Sendung. Gott hat beide - Leib und Seele - füreinander geschaffen.
Zum anderen führt der Auferstehungsglaube - „Gott ist doch kein Gott von Toten“, erklärt Jesus den Sadduzäern (Lk 20,38), „sondern von Lebenden; denn für ihn sind alle lebendig“ – zu einem tiefen Verständnis der ewigen Fruchtbarkeit menschlichen Wirkens und Tuns in Gemeinschaft mit Gott. Diese Fruchtbarkeit steht über der Sterblichkeit und greift über die irdische Zeit hinaus. Damit entfällt dann auch im ewigen Leben nach der Auferstehung die Zeugung von Nachkommen zur Erhaltung des Lebens.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- El Greco - Hl. Franziskus über den Tod meditierend [public domain]
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Der herbstliche Novembermonat mit den deutlich kürzer werdenden Tagen, der sich immer weniger zeigenden Sonne, dem fallenden Laub und dem nahenden Winter mit seinem Frost, der manches erstarren lässt, regt zum Nachdenken darüber an, dass auch unser Leben einmal zu Ende gehen wird. „Hast du an einem trüben Nachmittag im Herbst die Blätter fallen sehen? So fallen jeden Tag die Seelen in die Ewigkeit. Eines Tages bist du das fallende Blatt.“ (Josefmaria Escrivá, Der Weg, Nr. 735)
Von daher ist dieser Monat gut geeignet, aller Verstorbenen zu gedenken und zugleich auch den eigenen Tod nicht zu vergessen, der unweigerlich einmal kommen wird. Zwar hat die moderne Naturwissenschaft Beeindruckendes ermöglicht, aber die Grundkoordinaten des Lebens kann sie nicht verrücken. Da gibt es keinen Fortschritt, wohl aber die Gefahr der Täuschung. Dank segensreicher Medizin können wir uns inzwischen vor vielen lebensverkürzenden Krankheiten optimal schützen. Das gilt aber nicht für den Tod. Wir können ihn nur etwas hinausschieben, aber nicht außer Kraft setzen.
So gilt heute unverkürzt, woran etwa vor 1600 Jahren der Heilige Augustinus erinnert hat (Sermo 97): „Die einzige Sicherheit dieses Lebens ist die unfehlbare Sicherheit seines Kommens (des Todes). Alles Übrige, was uns im Leben zustoßen mag, gut oder böse, ist ungewiss. Wie soll ich es klar machen? - Ein Mensch wird empfangen: Vielleicht reift er zur Geburt heran, vielleicht stirbt er aber schon vorher. Es ist ganz ungewiss: Vielleicht gedeiht der Mensch, vielleicht gedeiht er nicht; vielleicht wird er alt, vielleicht auch nicht; vielleicht wird er reich, vielleicht bleibt er arm; vielleicht kommt er zu Ehren, vielleicht verfällt er der Verachtung; vielleicht bekommt er Kinder, vielleicht auch nicht; vielleicht heiratet er, vielleicht auch nicht; ... und was wir sonst noch an irdischen Gütern nennen könnten. Schauen wir aber auf die Übel: Vielleicht erkrankt er, vielleicht auch nicht; vielleicht beißt ihn eine Schlange, vielleicht auch nicht; vielleicht verschlingt ihn so-gar ein wildes Tier, vielleicht auch nicht... Wo immer wir hinschauen, überall das Vielleicht oder Vielleicht nicht. - Können wir aber auch sagen: Vielleicht stirbt er, vielleicht auch nicht? ... Im Augenblick der Geburt fängt schon unsere Todeskrankheit an.“
Die Erinnerung an den eigenen Tod ist heilsam und notwendig. Sonst verpasst man das einzig lohnende Ziel seines Lebens und kreist, je mehr man sich ans irdische Leben klammert und den eigenen Lebenshorizont darauf reduziert, immer mehr nur noch um sich selber. Deshalb ruft der Brief an die Hebräer in Erinnerung (13,14): „Wir haben hier keine Stadt, die bestehen bleibt, sondern wir suchen die künftige.“
Es gab Zeiten, wo man sein Leben bewusster und damit auch für alle segensreicher in diesen uns vorgegebenen Zusammenhängen in die Hand nahm. So möchte ich in der hier gebotenen Kürze noch einen letzten Anstoß in diese Richtung mit der zeitlosen, aber immer aktuellen wie höchst inspirierenden Anregung eines unbekannten Mystikers aus dem Kreise um Meister Eckhard (1260 - 1328) geben. Er schreibt: „Von allem, was die geschehen kann, ist dir nichts so sicher wie der Tod. Du musst einmal sterben. Und nichts ist dir so unsicher, als wann oder wie oder wo. Und darum sollte der Mensch alle Tage lernen zu sterben und zu sterben und zu sterben und zu sterben und abermals und abermals. Wenn dann der Tod käme, so stürbe er um so viel sanfter und ruhiger, weil er des Sterbens gewöhnt und gewärtig wäre und seiner oft inne geworden. Alle Tage sollte man sterben lernen. Ein wie gut Ding wäre das: Wenn man in Gott allzeit so gestorben wäre, dass man nicht erschrecken würde, wenn der Tod käme, weil er dem Menschen ja käme als das ewige Leben.“
Das christliche Nachdenken über den Tod – über den nahen Tod: vielleicht schon morgen oder gar schon heute – hat schon viele dazu geführt, ihrem Leben eine definitive Wendung hin zum Guten gegeben. Dieses Nachdenken führt dazu, das eigene Leben zu gewinnen und den Tag „ungeheuer intensiv zu nutzen“ (so Sören Kierkegaard, Tagebuchnotiz).
Bitte beachten Sie die ausliegenden Hinweise über die vollkommenen Ablässe für die Verstorbenen, welche in den ersten Novembertagen gewährt werden.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
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Hinweise für Allerseelen
Vom 1. bis 8. November kann täglich einmal ein vollkommener Ablass für die Verstorbenen gewonnen werden. Neben den üblichen Voraussetzungen (Beichte, wobei eine zur Gewinnung mehrerer vollkommener Ablässe genügt; entschlossener Abkehr von jeder Sünde; Kommunionempfang und Gebet auf Meinung des Heiligen Vaters – diese Erfordernisse können mehrere Tage vor oder nach dem Kirchen- bzw. Friedhofsbesuch erfüllt werden) sind erforderlich:
a) am Allerseelentag (einschließlich 1. November ab 12 Uhr): Besuch einer Kirche oder öffentlichen Kapelle, Vaterunser und Glaubensbekenntnis; in Hauskapellen können nur die zum Haus Gehörenden den Ablass gewinnen;
oder b) vom 1. bis zum 8. November: Friedhofsbesuch und Gebet für die Verstorbenen.
Fehlt die volle Disposition oder bleibt eine der Bedingungen unerfüllt, ist es ein Teilablass für die Verstorbenen. Ein solcher kann in diesen und auch an den übrigen Tagen des Jahres durch Friedhofsbesuch wiederholt gewonnen werden.
Wo zu Allerheiligen am Nachmittag Totenfeiern üblich sind, soll in ihnen nicht nur die Trauer, sondern vielmehr das österliche Heilsgeheimnis der Auferstehung zum Ausdruck kommen.
==============================================- Joseph von Führich - Der betende Moses mit Aaron und Hur - 1832 [public domain]
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
In dieser Herbstferien-Doppelausgabe unserer Pfarrnachrichten ist mir die erste Lesung des kommenden Sonntags aus dem Buch Exodus (17,8-13) ein Anlass, einmal mehr auf das Eigentliche und Entscheidende unseres Lebens hinzuweisen. Es steht und fällt mit der Beziehung, die wir Menschen zu unserem ureigenen Inneren und damit zu unserem ureigenen Sein pflegen, das nicht aus sich selber entstanden ist, das wir nicht selber „gestrickt“ und zum Dasein gebracht haben.
In Vielem bestimmt jeder selber, was er aus sich macht. Weitgehend eigenständig stellt man auch wichtige Weichen und gestaltet zu einem gewissen Teil sein Leben selber. Zugleich erfahren wir aber die Unwägbarkeiten, die Fremdbestimmungen und unterschiedlichen Einwirkungen auf unser Leben, die wir nur sehr bedingt beeinflussen, verändern, geschweige denn ganz von uns weisen können. Die grundlegenden Vorgaben von Leben und Tod, Gesundheit und Krankheit, Begabung und Defizit, Freud und Leid, Glück und Trauer hängen nur bis zu einem gewissen Grade von uns selber ab.
Hier wird deutlich, dass unser ureigenes Innere, unser ureigenes Sein nicht in uns, sondern in einem anderen gegründet ist. So steht und fällt unser Leben mit der Beziehung und ihrer Pflege zu diesem anderen, zu Gott selber, dem wir diese entscheidenden Realitäten unseres Lebens verdanken.
Die schon genannte Lesung stellt uns die Gestalt des betenden Mose vor Augen. Das augenfällige Bild birgt hinter naiven Zügen eine geistliche Aussage, die sich dem Betenden eröffnet. Das Volk Israel steht im Kampf gegen die Amalekiter. Mose lässt Josua die Schlacht schlagen, er selbst zieht sich auf den Gipfel des Berges zurück. Dort betet er. „Solange Mose seine Hand erhoben hielt, war Israel stärker, sooft er aber die Hand sinken ließ, war Amalek stärker.“ Um ihm in dieser betenden Haltung zu helfen, „stützten Aaron und Hur seine Arme, der eine rechts, der andere links.“ Dieses archaische Bild macht zwei immer gültige geistliche Grundsätze sinnfällig: Das Beten darf niemals nachlassen, die erhobenen Hände dürfen sich niemals senken. Und: wir können uns dabei, wenn Verdruss, Missstimmung oder Unmut uns überkommen, gegenseitig die Arme stützen.
Wer so betet, findet nicht nur Gott, sich selber und seinen Nächsten, sondern auch einen Einklang und eine bewundernswerte Stimmigkeit mit sich selber, mit Gott und seinem Nächsten. – Gerne erzähle ich Ihnen mehr darüber!
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
In rechter und angebrachter Weise zu danken gehört so wesentlich zu unseren inneren Qualitäten, dass mit dem Menschen etwas nicht stimmt, wenn er sich nicht bedankt. Ohne das rechte Danken siecht die Seele des Menschen dahin, sie kann sich nicht entfalten. Und so bleibt der ganze Mensch krank und entwickelt sich womöglich zu einem Un-Menschen. In einer Zeit, wo man gewohnt ist, vorrangig an seine Rechts- und sonstigen Ansprüche zu denken und sie durchzusetzen, muss man es wieder in aller Deutlichkeit sagen: Wer das Danken vergisst, der verliert seine Menschlichkeit und damit sich selber.
Darum geht es in den biblischen Lesungen dieses Sonntages, die das Anliegen des alljährlichen „Erntedankes“ (vergangener Sonntag) fortführen.
Die erste Lesung (2 Kön 5, 14-17) knüpft an dem an, was einem tüchtigen General aus Damaskus, dem Syrer Naaman widerfahren ist. Er ist unheilbar an Aussatz erkrank. Zugleich meint er zu wissen, wie er gesund werden könne. Aber es funktioniert nicht. Schließlich wendet er sich an den israelitischen Gottesmann Elischa. Statt der von Naaman erwarteten Kulthandlungen und Beschwörungen verlangt Elischa von ihm nur, sich siebenmal im Jordan zu waschen. Naaman reagiert darauf mit Wut und Zorn. Die Flüsse seiner Heimat wären doch viel besser; und die weite Reise hätte er sich sparen können.
Schließlich können die Diener ihren Herrn dazu bewegen, sich darauf einzulassen. Wut, Zorn und Auseinandersetzung mit der Krankheit gehören gewöhnlich wesentlich zum Heilungsprozess dazu. Kaum hat er sich siebenmal im Jordan gewaschen, ist seine Haut wie die eines Kindes. Er ist auf der Stelle gesund.
Hier legt die Heilige Schrift anschaulich dar, dass großes Vertrauen, bis ins Mark erschütternde innere Auseinandersetzung und seelische Kraft notwendig sind, um das eigene Heil und die Genesung an Leib und Seele im Wesentlichen aus der Hand zu geben und auch das Wann und Wie Gott zu überlassen. Der eigentliche Heilungsprozess und die Gesundung des Menschen, die in der Bibel im siebenmaligen Waschen und Untertauchen versinnbildlicht werden, erfolgen von innen her.
Ohne die Gesundheit seines Inneren, seiner spezifisch menschlichen Seele, wäre der Mensch schlimmer wie ein Tier. Eine nur biologische Gesundheit würde ihm am Ende mehr schaden als nützen, weil sie sich, solange der Mensch in seiner Seele defizitär bliebe, nur noch wilder gegen sein Inneres und somit gegen sich Selber wenden würde. - Das ist auch der Grund, warum Gott dem gefallenen Menschen Mühe, Krankheit und das Sterbenmüssen auferlegt hat (vgl. Gen. 3,16-22). Nur über diesen „Umweg“ vermag der gefallene Mensch die Notwendigkeit einer umfassenden Heilung durch Gott noch wahr- und anzunehmen.
Im Loslassen des Fassbaren und des biologisch-naturhaft Äußeren sowie im Glauben an das unglaublich Scheinende, was darunter liegt, öffnet sich der Mensch dem Überraschenden und Wunderbaren im Leben und schafft damit Raum für das Wirken Gottes. Genau diese Erfahrung hat Naaman machen dürfen. Und so drängt es ihn, sich dafür bei Elischa und damit zugleich beim Gott Israels zu bedanken (2 Kön 5, 15): „Jetzt weiß ich, dass es nirgends auf der Erde einen Gott gibt außer in Israel. So nimm jetzt von deinem Knecht ein Dankgeschenk an!“
Elischa aber lehnt selbstlos ab und antwortet (ibid., 16): „So wahr der Herr lebt, in dessen Dienst ich stehe: Ich nehme nichts an. Auch als Naaman ihn dringend bat, es zu nehmen, lehnte er ab.“ Durch das Ablehnen ermöglicht Elischa dem Naaman den Grund aller Dankbarkeit noch mehr in Blick zu nehmen. Und Naaman erwidert (ibid., 17): „Wenn es also nicht sein kann, dann gebe man deinem Knecht so viel Erde, wie zwei Maultiere tragen können; denn dein Knecht wird keinem andern Gott mehr Brand- und Schlachtopfer darbringen als Jahwe allein.“
Fortan möchte Naaman auf dieser Erde Israels, „wie zwei Maultiere (sie) tragen können“, dem einen und wahren Gott danken und die Ernsthaftigkeit seines Dankens durch Opfer ausdrücken. Damit wird nun auch die Seele Naamans von jedem „Aussatz“ geheilt: von der Ichbezogenheit und all den anderen inneren Krankheiten und Deformationen des Menschen.
Ganz ähnlich ist es mit den zehn Aussätzigen, die (vgl. Lk 17,11-19) Jesus um Erbarmen bitten und auf seine Anweisung hin geheilt werden. Aber nur (ibid., 15-19) „einer von ihnen kehrte um, als er sah, dass er geheilt war; und er lobte Gott mit lauter Stimme. Er warf sich vor den Füßen Jesu zu Boden und dankte ihm. Dieser Mann war aus Samarien. Da sagte Jesus: Es sind doch alle zehn rein geworden. Wo sind die übrigen neun? Ist denn keiner umgekehrt, um Gott zu ehren, außer diesem Fremden? Und er sagte zu ihm: Steh auf und geh! Dein Glaube hat dir geholfen.“
Wirklich geheilt ist nur dieser Fremde. So sagt Gott durch diese Begebenheit, durch seinen Sohn und durch den Evangelisten vor allem den stolzen Pharisäern, deren Stolz auf ihre religiöse Tradition sie sogar gefährlich blind macht: ‚Die übrigen neun tragen ihre Todes-Krankheit, ihren seelischen Aussatz weiter in sich‘.
Echter Dank mündet immer in den Lobpreis Gottes ein. Im Hebräischen sind danken, loben, preisen ein Wortstamm, so sehr gehören diese Begriffe zusammen. – Was hindert uns noch, den Schritt des Loslassens zu vollziehen, und durch Lob und Dank die Heilung der Seele und damit des ganzen Menschen in Gottes Hand zu legen und ihm zu überlassen?
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- Otto Greiner (1869-1916) - Betende Hände [public domain]
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Auf den ersten Blick ist ein Christ manchmal geneigt, die Apostel, die Jünger und all die Menschen zu beneiden, die vor etwa 2.000 Jahren mit Jesus persönlich, und über Jahre teilweise sogar täglich Umgang pflegen konnten. Da Gott selber in Jesus Mensch geworden ist – so der christliche Glaube –, ist ein angenehmerer Zeitgenosse als Jesus Christus weder denkbar noch möglich.
Man sollte die Berichte der vier Evangelisten über das Leben Jesu schon allein von daher aufmerksam und in offener Vorurteilslosigkeit gegenüber den Möglichkeiten Gottes lesen. Man wird dann nicht nur die von den Aposteln und Jüngern bezeugte, über alle irdische Grenzen weit hinausreichende Zuversicht und Kraft wahrnehmen, die von dieser, die Tragik der Geschichte wendenden Person des Erlösers Jesus Christus ausgeht. Früher oder später erfährt man so auch, wie sogar über die Distanz von 2.000 Jahren der allmächtige Gott, der in seiner Allmacht Himmel und Erde aus reiner Liebe geschaffen hat, durch die Gestalt Jesu einen jeden so unmittelbar und direkt anzusprechen vermag, wie damals die Jünger und die Apostel. Denn Gott „wohnt“ in ihm; in Jesus, dem Messias. Durch ihn, den Herrn, teilt er sich uns bis heute mit und drückt sich uns gegenüber weiterhin eindeutig und zielgerichtet aus.
Dieses Geschehen zwischen Gott und dem Menschen durch Jesus, den Herrn, setzt aber zu allen Zeiten voraus, was mit dem Begriff „Glauben“ bezeichnet wird. Ohne diese Voraussetzung hätten es auch die Apostel damals an der Seite Jesu nicht ausgehalten; und sie hätten Gott durch ihn nicht vernommen. Angesichts dieses Zusammenhanges ist nachvollziehbar, dass die Apostel ungeachtet ihrer einmaligen und unwiederbringbaren Nähe zu Jesus an ihn die dringende Bitte richteten: „Herr, stärke unseren Glauben!“ (vgl. Sonntagsevangelium, Lk 17,5)
„Die hebräische Bibel gebraucht für unser Wort »glauben« vornehmlich das Wort »aman«, das sich bis heute in der liturgischen Bekräftigungsformel »Amen« findet. Die Grundbedeutung von »aman« ist »fest-, beständig sein«. Glauben bedeutet ein Sich-fest-Machen in Gott, ein Trauen und Bauen auf ihn, ein Gründen der Existenz und ein Stand- und Bestandfinden in ihm. (...) Glauben ist ein Amen-Sagen zu Gott mit allen Konsequenzen.“ (Katholischer Erwachsenen-Katechismus, Bonn 1985, S.41-42)
Ohne Glauben, ohne dieses „fest- und beständig sein“ im „Sich-fest-Machen“ an Gott, läuft als Folge davon eben nichts mehr zwischen Gott und seinem geliebten Geschöpf. Wo Menschen sich Gott gegenüber versperren – etwa weil sie ihn unter den Generalverdacht stellen, uns nur täuschen und für sich vereinnahmen zu wollen; oder ihn als Wunschprojektion des bedürftigen Menschen beiseiteschieben etc. –, da kommt auch Gott nicht mehr durch; denn Zwang ist ihm fern. Und es bleibt nur zu hoffen, dass die Erfahrung der Gottlosigkeit diese Menschen einmal, und hoffentlich noch rechtzeitig, zur Vernunft bringen und ihnen helfen wird, sich in ihrer geschöpflichen Natur wieder anzunehmen. Nur so kann sie vollends gesunden.
In der in unserer geschöpflich-bedürftigen Natur grundgelegten Vorurteilslosigkeit Gott gegenüber liegt die Chance eines jeden Menschen, von seinem Schöpfer- und Erlösergott in eine Dynamik hineingeholt zu werden, die zu der Gewissheit führt, wie Jesus sie im Sonntagsevangelium (ibid., 6) formuliert: „Wenn euer Glaube auch nur so groß wäre wie ein Senfkorn, würdet ihr zu dem Maulbeerbaum hier sagen: Heb dich samt deinen Wurzeln aus dem Boden, und verpflanz dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen.“
Die Apostel hatten Glauben. Sie waren gewillt, fest- und beständig zu Gott „Amen“ zu sagen „mit allen Konsequenzen“ (s.o.). Sie waren voller Vertrauen und Erwartung ganz offen für den, der sie schöpferisch und damit ausdrücklich gewollt und für gut geheißen hat. Aber dennoch bitten sie um Stärkung ihres Glaubens. Warum?
Weil Glaube nie fertig ist. Glaube unterliegt einer Dynamik, die von Gott ausgeht und auf die der Menschen sich „fest und beständig“, d.h. glaubend und vertrauend einlassen muss. Und zwar nicht in der Erwartung, dann der große „King“ zu sein, sondern her wie „ein unnützer Sklave“ zu werden, der seiner „Schuldigkeit“ zu entsprechen vermag (vgl. hierzu das Sonntagsevangelium: ibid. 10). Nur auf diesem Weg lässt Gott aus der Dynamik des Glaubens zwischen ihm und dem Menschen einen jeden mit der angekündigten Gewissheit das unbezahlbare und ewig beglückende Geschenk des Lebens finden, das er jedem bereithält. Deshalb sollten auch wir, wie die Apostel beten: „Stärke unseren Glauben!“
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- Codex Aureus Epternacensis - Gleichnis vom reichen Prasser und vom armen Lazarus - um 1040 [public domain]
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Die mittelalterliche Darstellung (vgl. Bild rechts) vom reichen Prasser und dem armen Lazarus – eine prachtvolle Buchmalerei aus der Schule von Reichenau unter Abt Humbert von Echternach (1028-1051) – führt in drei Bildabschnitten das ohnehin schon bildhafte Gleichnis, wie Jesu es nach Lukas (Lk 16, 19-31) erzählt und wie wir es diesen Sonntag hören, anschaulich vor Augen.
Der arme, um Aufmerksamkeit und Hilfe bittende Lazarus befindet sich in hockender Haltung und mit Geschwüren übersät, an denen die Hunde des Reichen lecken – der einzige Trost für Lazarus –, vor der Tür des Reichen, der großzügig bedient wird und sich in vornehmer Gesellschaft mit Speisen wählerisch vergnügen kann. Im Gegensatz zum armen Lazarus erfahren wir seinen Name jedoch nicht, obwohl er zu Lebzeiten sicher sehr bekannt war, worauf die zahlreichen Personen in seiner Nähe hinweisen. Das ins Bild übertragene Gleichnis führt im weiteren Verlauf das Entscheidende vor Augen, was den irdischen Tod überdauert. Das wird im mittleren und im unteren Bild dargestellt.
Der Name Lazarus ist die lateinische Form des griechischen Wortes Lazaros, das auf den hebräischen Namen אֶלְעָזָר (El’azar, „Gott hat geholfen“) zurückgeht. – Wer wie Lazarus darauf vertraut, dass Gott auch dann hilft, wenn alle anderen einen vergessen haben sollten, und entsprechend dieser Hoffnung lebt, der wird nicht enttäuscht und nicht vergeblich in Erwartung gelebt haben.
Am Ende wird es ihm wie Lazarus im mittleren Bildsegment ergehen: Wie bei einer Geburt ziehen die Engel Gottes als „Geburtshelfer“ seine Seele – in Form eines kleinen Menschen dargestellt, der die Engel zuversichtlich und voller Erwartung gewähren lässt –, aus seinem nackten, aber von Geschwüren bereits wie erlöst daliegenden Leib nach oben in den Himmel hinauf und zum Übergang in das durch eine geschwungene Linie getrennte Paradies mit exotischen Pflanzen. Es wird wie im Gleichnis anschaulich als „Schoss Abrahams“ dargestellt, auf dem Lazarus wie ein kleines Kind liebevoll gestützt und halb sitzend sogar einen Ehrenplatz vor den anderen Frommen einnehmen darf, die ihn in ihrer Gemeinschaft der Seligen herzlich begrüßen.
In der unteren Bildhälfte hingegen wehrt sich die gottlose Seele des reichen Prassers vergeblich gegen die Gier der bösen Dämonen, die sie endgültig und ganz ihrer bösen Macht unterwerfen wollen. So wird die Seele des reichen Prassers gegen ihren Willen aus seinem bis in den irdischen Tod hinein kostbar gekleideten Körper gezerrt. Die anwesenden Angehörigen und Freunde bemerken von diesem Kampf der dunklen Mächte und ihrer freiheitsraubenden Kraft überhaupt nichts. Sie nehmen nur Anteil am irdischen Abschied des Reichen und sind völlig blind und arglos gegenüber der dunklen Macht der Dämonen. Die Seele des Reichen wird hilflos ausgeliefert „kopfüber“ in die Hölle getragen und fällt dort – womöglich von den anderen in ihrer Solidarität mit dem Bösen schon erwartet – in den „Schoß“ des großen, liegenden Ungeheures, dessen Macht allerdings nur in der Fessel besteht, mit der an diesem Ort der Pein auch alle anderen für immer gebunden sind.
Der große Prediger und Dominikaner Rochus Spieker soll einmal sinngemäß gepredigt haben: „Pass auf, dass Du am Ende deines Lebens [durch das Licht der Gegenwart und Wirklichkeit Gottes] nicht schmerzhaft und auch gegen Dich selber gerichtet erkennen musst, dass Du immer nur Dich und Deinen Vorteil gesucht hast. Zur Umkehr, zu der Du Dich gegen besseres Wissen nie ernsthaft entscheiden konntest, und als Folge davon auch in Deiner Sterbestunde nicht mehr durchringen kannst, ist es dann zu spät. Und fortan bleibt Dir nur, Dich wiederzukäuen, bis dass es Dir zum Kotzen ist, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.“
Wie sieht es mit uns aus? Denken wir in rechter Weise an die anderen? Machen wir uns ihre Anliegen zu Eigen? Nehmen wir uns der anderen, vor allem der Schwachen, je nach unseren Möglichkeiten und ihrer Bedürftigkeit an? – Dieses Gleichnis spricht eine starke Sprache und hält allen einen Spiegel vor. Wir sollten uns dem nicht entziehen. Und wir können es am Ende ja auch gar nicht. Auch darum geht es hier!
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- Das Gleichnis vom ungerechten Verwalter - um 1430, Mähren [public domain]
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
An diesem Sonntag hören wir als Gleichnis die bekannte „Räubergeschichte“ vom ungerechten Verwalter, den Jesus Christus überraschenderweise lobt. Lukas (16,1-2) überliefert: „Ein reicher Mann hatte einen Verwalter. Diesen beschuldigte man bei ihm, er verschleudere sein Vermögen.“ Der „reiche Mann“ macht daraufhin kurzen Prozess und kündigt ihm auf der Stelle.
Der gerissene Verwalter erfasste sofort die Situation und sagt sich (Lk 16,3f): „Zu schwerer Arbeit tauge ich nicht, und zu betteln schäme ich mich. Doch - ich weiß, was ich tun muss, damit mich die Leute in ihre Häuser aufnehmen, wenn ich als Verwalter abgesetzt bin.“
So lässt er (ibid., 5) „die Schuldner seines Herrn, einen nach dem andern, zu sich kommen“ und fragt sie hintereinander, folglich ohne Zeugen: „Wie viel bist du meinem Herrn schuldig?“ Als längst gekündigter Verwalter, aber wohl noch im Besitz der Beglaubigungssiegel, stellt er dann unter vier Augen und im großen Stil die Schulddokumente zu Gunsten der Schuldner neu aus; und der „reiche Mann“ kann, nachdem die Spuren verwischt sind, nichts dagegen unternehmen. Damit sichert der gerade gekündigte Verwalter sich seine Zukunft. Die Schuldner werden ihn ihres eigenen Vorteils willen nicht verraten und stehen nun auch in seiner Schuld, womit seine Zukunft auf Kosten „des reichen Mannes“ gesichert ist.
Dem ersten Schuldner, der dem „reichen Mann“ hundert Fass Öl schuldet, trägt der „ungerechte Verwalter“ auf (ibid.6 f): „Nimm deinen Schuldschein, setz dich gleich hin, und schreib »fünfzig«. Dann fragte er einen andern: Wie viel bist du schuldig? Der antwortete: Hundert Sack Weizen. Da sagte er zu ihm: Nimm deinen Schuldschein, und schreib »achtzig«.“
Überraschend ist nicht nur, dass „der ungerechte Verwalter“ dem ersten Schuldner zu einer erschwindelten Schuld-Reduzierung von 50 Prozent und dem zweiten zu einer erschwindelten Schuld-Reduzierung von „nur“ 20 Prozent verhilft. Überraschend ist auch, dass der Herr „die Klugheit des unehrlichen Verwalters lobte“, was Jesus in dieser Gleichnisgeschichte mit einem deutenden Zusatz verbindet: „Die Kinder dieser Welt sind im Umgang mit ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichtes.“
Zum richtigen Verständnis ist die damalige Situation zu bedenken: Unvorstellbar reiche Großgrundbesitzer ließen für sich in den römischen Provinzen Pachten und Abgaben von oft skrupellosen Verwaltern eintreiben und interessierten sich nur dafür, dass ihre eigene Kasse stimmte. Mit welchen Mitteln die Verwalter diese Summen eintrieben, und in welchem Maß sie selber sich dabei bereicherten, war ihnen egal.
Die „betrügerische“ Schuld-Reduzierung einmal um 50 und das andere Mal um 20 Prozent spricht für einen gewissen „Gerechtigkeitssinn“ des abgesetzten Verwalters; denn der Wert von 50 Fass Öl deckte sich in jener Zeit mit dem von 20 Sack Weizen. Der abgesetzte Verwalter sucht also nicht, anders als damals üblich, in jeder Hinsicht und ohne Rücksicht nur seinen Vorteil.
So vermochte der Zuhörer Jesu unschwer eine deutliche Kritik an der damals herrschenden sozialen Ungerechtigkeit heraushören; und der ungerechte Verwalter erscheint in mancher Hinsicht sogar sympathisch und sogar ehrlich und gerecht: Er widersteht der Verlockung rein irdischer Güter und ist in seinem Beruf, wo es nur um Geld und wirtschaftlich-finanzielle Verwaltung geht, nicht zu ihrem Sklaven geworden.
Damit nähern wir uns dem Grundanliegen dieses Gleichnisses; weshalb Jesus es auch ganz bewusst so und nicht anders erzählt. Jesus erklärt (ibid., 8f): „Die Kinder dieser Welt sind im Umgang mit ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichtes. Ich sage euch: Macht euch Freunde mit Hilfe des ungerechten Mammons, damit ihr in die ewigen Wohnungen aufgenommen werdet, wenn es mit euch zu Ende geht.“
Damit hinterfragt Jesus äußerst kritisch auch unser Verhältnis zu Besitz und Reichtum und er beendet das Gleichnis mit den Worten (ibid., 18): „Kein Sklave kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den andern lieben, oder er wird zu dem einen halten und den andern verachten. Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon.“
In der notwendigen Kürze möchten wir dies wie folgt auf den Punkt bringen: Von Gott aus gesehen, und so allein ist es gut, ist der rechte Umgang mit den materiellen Gütern, die von Gott für den Menschen ausdrücklich gewollt und geschaffen sind, ein wunderbarer Weg zur Erfüllung und zum Himmel, sofern man diesen Weg mit zumindest derselben „Leidenschaft“ sucht und geht, wie der von Geld Versklavte den seinen, auf dem er nur an seinen materiellen Vorteil und irdischen Genuss denkt und ihnen alles andere unterordnet.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- James Tissot (1836-1902) - La drachme perdue [public domain]
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
An diesen Sonntag hören wir – in der ungekürzten Fassung – ein Evangelium, das von der Länge her ganz oben steht: Lk 15, 1-32. Es umfasst drei Gleichnisse, die als „Herzstück“ des Lukasevangeliums gelten. In allen drei Erzählungen stehen Verlorengehen, Finden, Freude über das Wiederfinden und die Aufforderung zur Mitfreude im Zentrum. Das alles lässt der Herr zielgerichtet in die Aussage einmünden: „Im Himmel, … auch bei den Engeln Gottes … herrscht mehr Freude über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die es nicht nötig haben umzukehren.“ (vgl. ibid., 7 und 10)
Äußerer Anlass, dass Jesus diese Gleichnisse erzählt, ist die Empörung der Pharisäer und Schriftgelehrten, dass er mit Zöllnern und Sündern an einem Tisch zu sitzen und gemeinsam mit ihnen zu essen pflegte. Das war nach damaliger Gepflogenheit der besseren Gesellschaft ein Skandal: als ob die Sünde und das Böse dadurch gut geredet und verharmlost werden sollten. Als kritische Antwort auf diese vordergründige, gesellschaftliche Konvention erzählt Jesus drei Gleichnisse: das vom verlorenen und wiedergefundenen Schaf; das von der verlorenen und wiedergefundenen Drachme; und das große Gleichnis vom verlorenen und wiedergefundenen Sohn.
In allen drei Gleichnissen steht das große Interesse im Vordergrund, mit denen das Verlorene gesucht und zurück gewünscht wird, wobei nicht das Wohl des Suchenden, sondern das des Verlorenen auschlaggebend ist: „Wenn einer von euch hundert Schafe hat und eins davon verliert, lässt er dann nicht die neunundneunzig in der Steppe zurück und geht dem verlorenen nach, bis er es findet?“ (ibid., 4)
Im gleichen Sinne gilt auch die Freude über das Gefundene mehr diesem als dem, der es gesucht und wiedergefunden hat, wie in den darauf folgenden Versen (ibid., 5f) deutlich wird: „Und wenn er es gefunden hat, nimmt er es voll Freude auf die Schultern, und wenn er nach Hause kommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn zusammen und sagt zu ihnen: Freut euch mit mir; ich habe mein Schaf wieder gefunden, das verloren war.“
Auch beim zweiten Gleichnis – ibid., 8f: „Oder wenn eine Frau zehn Drachmen hat und eine davon verliert, zündet sie dann nicht eine Lampe an, fegt das ganze Haus und sucht unermüdlich, bis sie das Geldstück findet? Und wenn sie es gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen zusammen und sagt: Freut euch mit mir; ich habe die Drachme wieder gefunden, die ich verloren hatte.“ – verhält es sich so: Die Frau freut sich nicht, weil die Kasse wieder stimmt, oder weil sie, anders als der Hirt, nicht nur ein sondern zehn Prozent des Verlorengegangenen wiedergefunden hat.
Eine Drachme, oder wie die Römer sagen, ein Denar, ist der damals übliche Tagelohn eines Arbeiters. Die intensive Suche der Frau und ihre übergroße Freude lassen erkennen, dass es ihr um weit mehr geht als um einen Tagelohn.
Damals war es üblich, mindestens zehn solcher Denare zu durchbohren, zu einer Kette aufzureihen, oder auf ein Stirnband zu nähen, und sie dann am Morgen nach der Hochzeit der Braut als praktischen und schönen Brautschmuck zu schenken. Der Bräutigam drückte damit nicht nur seine gefühlte Liebe aus, sondern den handfesten Wunsch, dass es der Braut auch in Notzeiten an nichts fehlen sollte. – Von daher her erklärt sich das große Interesse der Frau, die verlorene Drachme wiederzufinden und so den Brautschmuck zu bewahren.
Beim dritten Gleichnis, dem vom verlorenen Sohn, kommen viele weitere Aspekte hinzu. Aber mit dem Suchenden und dem Gesuchten verhält es sich hier genauso. Die zentrale Figur ist nicht der verlorene und schließlich wieder zurückkehrende Sohn, sondern der barmherzige Vater, der in der unverbrüchlichen Treue zu seinem Sohn eine solche Heimkehr erst möglich macht. – So ist Gott. Und die Kraft zur Umkehr, die wir alle nötig haben, geht von ihm aus!
Damit ist die pharisäische Selbstgerechtigkeit, die nicht nur Gläubige, sondern gewöhnlich weitaus mehr die Ungläubigen auf Abwege führt, entlarvt und bloßgestellt. Vor allem aber, und darum geht es hier, ist die Quelle freigelegt, aus der jeder Mensch guten Willens schöpfen kann, um für sich den richtigen und damit auch ganz persönlichen Weg zu finden, der zur Freude, zum Glück und zur Erfüllung führt.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- Die "postratio" bei der Priesterweihe: Ausdruck der uneingeschränkten Überantwortung des ganzen Lebens in die Größe Gottes hinein - (C) pixabay
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Die Schriftlesungen vom 23. Sonntag im Jahreskreis greifen das zentrale Thema des letzten Sonntags noch einmal auf: Bescheidenheit und Demut. Diese Haltungen sind Voraussetzung zur Beantwortung einer der wichtigsten Überlebensfragen überhaupt, die uns das Buch der Weisheit (9,13) vorlegt: „Welcher Mensch kann Gottes Plan erkennen, oder wer begreift, was der Herr will?“
Warum diese Frage zu den wichtigsten Überlebensfragen gehört, ist leicht nachvollziehbar. Jeder einzelne und das gesamte Universum sind alleine deshalb, weil Gott als Schöpfer dies ausdrücklich und für jedes einzelne Wesen so will. In diesem Sinne schreibt der Evangelist Johannes in seinem Prolog (Joh 1,3): „Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.“
Auf die Frage, welcher Mensch Gottes Plan erkennen könne, erklärt dann der biblische Text selber, dass ein Mensch unmöglich erkennen noch begreifen kann, was der Herr will. „Unsicher sind die Berechnungen der Sterblichen und hinfällig unsere Gedanken“, lesen wir im biblischen Weisheitsbuch (9,14 ff), „denn der vergängliche Leib beschwert die Seele, und das irdische Zelt belastet den um vieles besorgten Geist. Wir erraten kaum, was auf der Erde vorgeht, und finden nur mit Mühe, was doch auf der Hand liegt; wer kann dann ergründen, was im Himmel ist?“
Der von Gott emanzipierte „Neunmalkluge“ will allerdings nichts davon wissen, woran das Buch der Weisheit erinnert. Besserwissend meint er, ohne die Pläne Gottes auskommen und überleben zu können. So fällt er früher oder später auf die Nase. Dem „Neunmalklugen“ fehlt die rechte Grundlage zum ‚Überleben‘. Ihm fehlt die rechte Demut und Bescheidenheit.
Demut hat in erster Linie mit Gott zu tun, und erst in zweiter Linie mit den Menschen. Und darüber hinaus hat rechte Demut nie mit Dummheit zu tun. – »Demut«, so hat die wortgewaltige Gertrud von Le Fort es einmal formuliert, »ist die dem Menschen eigene Würde vor Gott.«
Der Demütige ahnt und weiß etwas von der Größe und Liebe Gottes, mit der er für uns Menschen Gutes will und auch vollbringt. Der Demütige öffnet sich dieser Größe und Liebe Gottes. So wird er hinein genommen in das Große, das Gott mit uns vorhat.
Ein Mensch der betet und seine Beziehung zu Gott pflegt, erfährt immer wieder, dass es so stimmt und es sich so verhält: Gott hat Großes mit uns vor und lässt es auch gelingen. Eben dabei erfährt der Betende und auf Gott Ausgerichtete auch, dass Demut »die dem Menschen eigene Würde vor Gott ist.«
Für diese Erfahrung ist neben der Demut auch Weisheit notwendig. Nur der Weise, nicht der „Neunmalkluge“, ist zugleich auch demütig und bescheiden. Der Demütige und Weise geht seinen Weg, von Stufe zu Stufe, von Freiheit zur Freiheit hin zur Größe Gottes. So folgt er Jesus nach, der als Gott aus der Höhe des Himmels hinabgestiegen, sich „entäußerte“ (vgl. Phil 2,7) und uns als Mensch gleich wurde.
Um diese anspruchsvolle Nachfolge geht es dann im Evangelium. Jesus sagt (Lk 14,26): »Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben gering geachtet, dann kann er nicht mein Jünger sein.« - Das Wort von der »Gering-Achtung« klingt anstößig. Dabei schwächt die deutsche Übersetzung den im griechischen Originaltext verwendeten Begriff »miséo [μισέω]« noch ab, der eigentlich nicht mit »gering achten«, sondern mit »hassen« übersetzt werden müsste!
Natürlich soll man sich selber nicht einfach »gering achten« oder gar »hassen«. Jesus setzt hier unser Leben mit Gott in Beziehung. Und in dieser Beziehung zu Gott ist alles andere von nur geringer Bedeutung. Alles ist der Weisheit und dem Ratschluss Gottes untergeordnet. In enger Verbundenheit zu Gott, die wir Menschen immer wieder anstreben und bejahen müssen, geht alles geht in einer Weise auf Erfüllung zu, wie wir es selber aus eigener Kraft nicht verwirklichen könnten.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- Einladung zum Gastmahl - Eugène Burnand (1850-1921) [public domain]
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Der heilige Lukas (13,22) berichtet: Als „Jesus auf seinem Weg nach Jerusalem von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf zog und lehrte, fragte ihn einer (seiner Jünger): »Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden?«“ Mit dieser Frage werden wir am 21. Sonntag im Jahreskreis konfrontiert. Am folgenden Sonntag dann mit dem bekannten Gleichnis vom Ehrenplatz, den die geladenen Gäste begehren.
Bewegen uns die Fragen noch, ob wir gerettet werden, und ob es viele oder wenige sind, die beim Gericht Gottes bestehen werden? Sind wir nicht oft so sehr mit all den vielen Alltagsfragen beschäftigt, dass Fragen dieser Art gar keinen Platz mehr haben?
Das wäre schlimm, denn wir würden uns die Möglichkeit nehmen, uns als Menschen weiter zu entfalten und zu entwickeln. Mit dem Ende unseres irdischen Daseins geht es mit uns längst nicht zu Ende. Ganz im Gegenteil: Dann beginnt für uns die Ewigkeit. Und daraufhin gilt es sich als Mensch zu entwickeln und zu entfalten.
Wer versucht, dem Mensch die Ewigkeit zu nehmen, der beraubt ihn seiner wirklichen Größe und Würde, zu der er fähig ist. Der verurteilt ihn dazu, nur Vergängliches zu begehren und sich so lange, wie ihm im irdischen Leben beschieden ist, daran zu klammern und festzuhalten. So wird und kann der Mensch seine Selbstsucht und Eitelkeiten nicht überwinden und bliebe ihnen für immer verfallen. Seine innere Größe kann er so nicht entfalten.
Die wahre Größe und Würde des Menschen kann nur geschenkt werden. Aber dafür muss der Mensch auch bereit sein und sich bereithalten. Das gelingt ihm, wenn er seinen Blick – wofür die Urlaubszeit eine gute Voraussetzung liefert – über die Alltagsgeschäfte und das Alltagsgeschehen erhebt und wieder einmal bewusst darüber hinausblickt. Nur so kann man Gott begegnen; und dann überraschenderweise auch wieder im täglichen Alltag.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Noch einmal darf ich mich aus dem Urlaub mit diesen Zeilen an Sie wenden. Es tut gewöhnlich gut, einmal für eine gewisse Zeit den Alltag hinter sich zu lassen und das tägliche Leben - irgendwo an einem Ort auf der Weltkugel – ganz anders als gewöhnlich wahrnehmen zu können. Eine solche Auszeit ist gewöhnlich auch notwendig. Gegen Ende des Urlaubs spürt man, wie viel besser man wieder „dran“ ist, als in den Wochen davor.
Gewöhnlich kehrt man mit neuen Ideen und mit neuen Perspektiven zurück; mit neuem Tatendrang und einer erneuerten Bereitschaft, die gewohnte Arbeit im vollen Umfang wieder aufzunehmen und sich seiner Verantwortung wieder uneingeschränkt zu stellen. Vergessen sind die zusätzlichen Anstrengungen vor dem Urlaub, wo noch letzte Arbeiten erledigt werden mussten, und auch mancher Ärger, der über das Jahr hin manches erschwert hat. – Im Rückblick hat sich es gelohnt, alles einmal stehen und liegen zu lassen und sich auf den Weg in diese Auszeit zu begeben.
Ähnlich ist es in einem noch ganz anderen Stil dem Vater aller Glaubenden, dem Stammvater Abraham ergangen. Über ihn schreibt der Hl. Paulus im Hebräerbrief, den wir am 19. Sonntag im Jahreskreis als Lesung hören (Hebr. 11,8-10): „Aufgrund des Glaubens gehorchte Abraham dem Ruf, wegzuziehen in ein Land, das er zum Erbe erhalten sollte; und er zog weg, ohne zu wissen, wohin er kommen würde. Aufgrund des Glaubens hielt er sich als Fremder im verheißenen Land wie in einem fremden Land auf und wohnte mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung, in Zelten; denn er erwartete die Stadt mit den festen Grundmauern, die Gott selbst geplant und gebaut hat.“
Jeder Aufbruch erfordert zu Beginn eine gewisse Mühe. Aber es lohnt sich, aufzubrechen und sich auf den Weg zu machen. Ist dieser Schritt erst einmal getan, erfährt man ganz anders und viel intensiver als zu Beginn, wie sehr es sich lohnt.
Ähnlich wie für einen Urlaub, aber noch in einer ganz anderen, innigeren und viel intensiveren Art, müssen wir Menschen in gewisser Weise beständig aufbrechen, weil Gott nahe ist. Nur wenn wir aufbrechen, werden wir seine Näher auch erfahren können.
Trauen wir dem Heiligen Geist doch einfach wie Abraham voll Vertrauen zu, dass er – unter der Voraussetzung unserer Bereitschaft, uns auf den Weg zu machen –, auch uns weiterhin wunderbar leiten und führen wird.
Zuletzt noch: Mit dem für diese Pfarrnachrichten eigens ausgewählten Bild möchte ich ganz besonders auf die europaweite Initiative „Einer von uns“ hinweisen und Sie herzlich bitten, Papst Franziskus und vielen deutschen und europäischen Bischöfen zu folgen: Bitte unterstützen Sie diese wichtige Initiative mit Ihrer Unterschrift. Bitte entnehmen Sie Näheres den Aushängen und Auslagen.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Gerne schreibe ich Ihnen diese Zeilen aus dem Urlaub. Denn es ist mir ein Anliegen, Sie alle von Herzen zu grüßen. Auch wenn ich meinen Sommerurlaub nur wenige Kilometer entfernt in der Eifel verbringe, ist es mir vergönnt, und darüber freue ich mich sehr, vom Alltagsbetrieb einmal ganz abzuschalten. Das tut gut. Man wird so wieder frei für das Wesentliche, und mit Gottes Gnade sieht man es wieder neu. So rückt das Wesentliche ins Zentrum und in die Mitte, wo es hingehört.
Vielleicht habe ich Sie jetzt neugierig gemacht, was denn mit dem „Wesentlichen“ gemeint ist? – Die Antwort möchte ich Ihnen mit den Evangelien der kommenden zwei Sonntage geben.
Zum einen berichtet der Heilige Lukas im 11. Kapitel, dass Jesus einmal an einem Ort betete. „Als er das Gebet beendet hatte, sagte einer seiner Jünger zu ihm: Herr, lehre uns beten, wie schon Johannes seine Jünger beten gelehrt hat. Da sagte er: Wenn ihr betet, so sprecht: Vater, dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme ...“
Wesentlich für jeden Menschen ist, dass er sich einem Schöpfer verdankt, der sich als „unser Vater im Himmel“ geoffenbart hat, und der mit uns einen Austausch und einen Umgang wie mit ersehnten Kindern wünscht und uns diesen anbietet. Wer sich darauf einlässt macht Erfahrungen, wie sie der Heilige Josefmaria Escrivá einmal mit folgenden Worten auf den Punkt gebracht hat (Der Weg, 875): „Denke daran, dummes Kind, dass die Liebe dich allmächtig gemacht hat.“
Zum anderen überliefert der Heilige Lukas im 12. Kapitel das Gleichnis Jesu von einem reichen Mann, der eine noch reichere Ernte einfuhr und zu sich sprach: „Nun hast du einen großen Vorrat, der für viele Jahre reicht. Ruh dich aus, iss und trink, und freu dich des Lebens! Da sprach Gott zu ihm: Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern. Wem wird dann all das gehören, was du angehäuft hast?“
Jesus selber deutet dieses Gleichnis: „So geht es jedem, der nur für sich selbst Schätze sammelt, aber vor Gott nicht reich ist.“ Und ich darf mit Blick auf die Frage nach dem Wesentlichen noch hinzufügen: „Wesentlich“ ist, was vor Gott wertvoll ist und Bestand hat.
In diesem Sinne wünsche ich auch Ihnen eine gesegnete und das Wesentliche wieder freilegende Sommerzeit.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
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Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Passend zum Beginn der Sommerferien wird uns an diesem Sonntag ein interessantes Evangelium vorgetragen. Es ist das Evangelium von der Einkehr Jesu in Betanien (vgl Lk 10,38-42), wo „eine Frau namens Marta ihn freundlich aufnahm“. Betanien ist ein schönes Dorf, weniger als eine Stunde Gehweg von Jerusalem entfernt, und liegt landschaftlich privilegiert an den Südosthängen des Ölberges. Wie meist war Jesus sicher auch dieses Mal nicht ohne Begleitung unterwegs. Der Besuch bescherte der Gastgeberin also jede Menge Arbeit.
Wie Lukas berichtet, hatte Marta „eine Schwester, die Maria hieß. Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Worten zu.“ Mit etwas Phantasie ist leicht auszumalen, was dann passieren musste. Lukas berichtet: „Marta aber war ganz davon in Anspruch genommen, für ihn zu sorgen. Sie kam zu ihm und sagte: Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die ganze Arbeit mir allein überlässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen!“ – Mit einer Formulierung wie: „Hausfrau im Stress beschimpft vor einem hohen Gast ihre Schwester“ lässt sich die Situation wohl gut auf den Punkt bringen.
Jesus scheint mit beiden Schwestern herzlich befreundet gewesen zu sein. Das Evangelium nach Johannes (Kapitel 11) jedenfalls berichtet, dass beide Schwestern Jesus zur Hilfe riefen, als ihr Bruder Lazarus schwer erkrankte und schließlich starb. Bei dieser Gelegenheit legte Marta vor Jesus ein großartiges Bekenntnis ab (Joh 11,27): „Ja, Herr, ich glaube, dass du der Messias bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll.“
Jesus ist deshalb wohl auch nicht das erste Mal zu Gast. Vielleicht war er dieses Mal, begleitet von allen zwölf Aposteln, auf dem Weg nach Jerusalem. Marta wollte den durstigen und hungrigen Männern etwas richtig Gutes tun. So stürzte sie sich in die Arbeit: Mehl mahlen, Fladenbrot backen, Gemüse putzen, zwischendurch Fladenbrote wenden, Fisch und Fleisch schmoren, frisches Brunnenwasser schöpfen, köstlichen Wein bereitstellen usw. Alles musste frisch zubereitet werden. Tiefkühlkost war noch lange nicht bekannt. Zwischendurch ließ sich Marta freundlich lächelnd bei den Gästen blicken, hörte einen Augenblick zu, um bald schon wieder in ihrer Arbeit unterzutauchen. Ärger und Groll über die scheinbar untätige Schwester nahmen zu, bis der Kragen platzte.
Statt Anerkennung und Lob und einen scharfen Verweis an Maria, erwiderte ihr der Herr: „Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig. Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden.“
Jesus spricht hier zum einen den klaren Vorrang des beschaulichen vor dem tätigen bzw. aktiven Leben aus, leugnet damit aber keineswegs die Notwendigkeit des alltäglichen praktischen Tuns.
Es geht aber um mehr. Etwa: Jesus ist gekommen, um zu dienen; und er dient uns mit seinem Wort. Er selbst ist das Wort Gottes für uns. Dieses Wort aufnehmen, es im Glauben hören und in der Tat befolgen, darauf kommt es an. Maria hat schneller als ihre Schwester Marta begriffen, dass der Glaube und die Tat des Glaubens, die Liebe, erst möglich werden durch die Begegnung mit Jesus und das Hören auf sein Wort.
Deshalb wird Gott auch uns nur dann aufsuchen und begegnen können, wenn wir auf ihn hören wollen und uns dafür Zeit nehmen. Dann begegnet er auch uns in unseren Freunden: als Kollege, als Nachbar, als Familienmitglied, als Kranker, Fremder oder Ausländer; als einer, der uns braucht. Gott kommt so, wie er will, nicht wie wir es uns ausdenken. Aber dafür muss man auf ihn hören und sich Zeit für ihn nehmen. Nur so hören wir ihn, wenn er kommt, und nehmen ihn wahr.
Urlaub und Sommerferien sind eine Gelegenheit, die Gott als etwas Notwendiges der Natur des Menschen eingepflanzt hat, damit wir das „eine Notwendige“ wieder in die Mitte unseres Lebens rücken. Wer den Urlaub nicht als Gelegenheit sieht, in der Qualität seines Betens und seiner Gottesbeziehung kräftig zu wachsen, der hat Entscheidendes nicht begriffen. – In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine gesegnete und erholsame Urlaubszeit.
Ihr Pfarrer Dr. Volker Hildebrandt
- Aimé Nicolas Morot, Frankreich 1880, Le bon Samaritain [public domain]
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Das Evangelium von diesem Sonntag lässt sich in zwei Abschnitte aufteilen. Der erste ist bestimmt von der Frage (Lk 10,25): „Was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?“ – Längst ist eine Mehrheit nicht mehr davon überzeugt, dass diese Frage wichtig ist. Viele haben für sich Lebensentscheidungen getroffen, in der diese Frage keine Rolle spielt.
Das geht auf die Neuzeit zurück, in der sich die Meinung ausbreitete, auf den Glauben nicht nur verzichten zu können, sondern sogar verzichten zu müssen. Papst Franziskus belegt dies in seiner ersten Enzyklika (Lumen fidei, 2) mit einem Verweis auf Friedrich Nietzsche: „Der junge Nietzsche forderte seine Schwester Elisabeth auf zu wagen, »in der Unsicherheit des selbständigen Gehens« »neue Wege« zu beschreiten. Und er fügte hinzu: »Hier scheiden sich nun die Wege der Menschheit; willst du Seelenruhe und Glück erstreben, nun so glaube, willst du ein Jünger der Wahrheit sein, so forsche«.
Von diesem Ansatz her steht der Glaube wahrem Suchen und Forschen entgegen. „Davon ausgehend“ so Papst Franziskus (ibid.), „entwickelte Nietzsche dann seine Kritik am Christentum, die Reichweite des menschlichen Seins verringert zu haben, indem es dem Leben Neuheit und Abenteuer genommen habe. Demnach wäre der Glaube gleichsam eine Licht-Illusion, die unseren Weg als freie Menschen in die Zukunft behindert.“
Folgt man Nietzsche, muss man sich also vom Glauben und einer „Vertröstung“ auf das Ewige Leben emanzipieren.
In der Zeit nach Nietzsche stellte man allerdings fest, dass die Vernunft alleine nur sehr bedingt wahrheitsfähig ist. Papst Franziskus fasst diese dann um sich greifende Erkenntnis wie folgt zusammen: „Nach und nach hat sich jedoch gezeigt, dass das Licht der eigenständigen Vernunft nicht imstande ist, genügend Klarheit über die Zukunft zu vermitteln; sie verbleibt schließlich in ihrem Dunkel und lässt den Menschen in der Angst vor dem Unbekannten zurück. Und so hat der Mensch auf die Suche nach einem großen Licht, nach einer großen Wahrheit verzichtet, um sich mit kleinen Lichtern zu begnügen, die den kurzen Augenblick erhellen, doch unfähig sind, den Weg zu eröffnen. Wenn das Licht fehlt, wird alles verworren, und es ist unmöglich, das Gute vom Bösen, den Weg, der zum Ziel führt, von dem zu unterscheiden, der uns richtungslos immer wieder im Kreis gehen lässt.“
„Was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?“ Da die Fehleinschätzungen, die zum vermeintlichen Verbot dieser Frage führten, inzwischen auf der Hand liegen, ist diese Frage heute nicht nur einfach wieder erlaubt, sondern angesichts aller anderen Leitbilder, die sich als nicht tragfähig erwiesen haben, sogar unverzichtbar. Denn am Ende gibt nur die einzig richtige Antwort auf diese Frage schon dem irdischen Leben des Menschen seine ursprüngliche Größe und Schönheit, seine ihm innewohnende Wahrheit und seinen verborgenen, aber wirklichen Glanz zurück: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deiner Kraft und all deinen Gedanken, und: Deinen Nächsten sollst du lieben wie dich selbst.“
Angesichts der Verwirrungen und Bedrohungen unsere Zeit, die zu einem Teil auf Nietzsche und dann auch auf andere vermeintliche „Erleuchter“ zurückgehen, ist es an der Zeit, das wahre Licht wiederzuentdecken, das uns im Glauben an den menschgewordenen Gott und seiner Verheißung des Ewigen Lebens geschenkt ist.
Im zweiten Teil des Evangeliums geht es um die Frage (vgl. Lk 10,29), wer denn mein Nächster ist, den ich wie Gott und mich selber „mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit aller Kraft und allen Gedanken“ lieben soll.
Ist das der Bettler, der mich auf der Straße für einen Euro anquatscht? Sind das andere Bettelnde, die gelenkt und organisiert aus dem Hintergrund menschliches Mitleid als Einnahmequelle zu nutzen versuchen? – Jesus, der Herr, antwortet auf die Frage (ibid.): „Wer ist mein Nächster?“ mit dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter und schließt daran die Aufforderung (Lk 10,37): „Geh und handle genauso!“
Das Leben selber zeigt, dass man dieser Aufforderung gerecht wird und sie nicht als Überforderung, sondern als höchstmögliche Erfüllung und wahre Größe des menschlichen Lebens erfährt, wenn man die Liebe, für die man geschaffen und geboren wurde, im vorgegebenen Zusammenhang sucht: ausgerichtet auf Gott, auf den Nächsten und auf sich selber. Die Freundschaft mit dem dreifaltigen Gott befähigt, in diesem „Dreiklang“ zu lieben. Diese „dreifaltige“ Liebe ist befreiendes und orientierendes Licht. Durch sie wird man zu einem krisenfesten ‚Jünger der Wahrheit‘.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
LIebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Am kommenden Sonntag, 14. Juli, findet unser Pfarrfest statt. Wie jedes Jahr ist es eine gute Gelegenheit, auch mit denen ins Gespräch zu kommen, die man bislang vielleicht nur flüchtig kennt. Jung und Alt sind eingeladen zur Familienmesse um 10.00 Uhr und anschließender Pfarrprozession durch das Pantaleonsviertel. Bitte haben Sie vor Augen, dass Sonntag, 14. Juli, das 11-Uhr-Hochamt entfällt.
In diesem Jahr gehen wir folgenden Prozessionsweg: Von St. Pantaleon aus durch den städtischen Park und dann, immer auf dem kürzesten Weg, durch die Straßen „Pantaleonsstraße, Waisenhausgasse, Quirinstraße, Martinsfeld, Friedenstraße, Ankerstraße, Heinrichstraße, Steinstraße, Schnurgasse“ bis zur Kirche der Karmelitinnen „Maria vom Frieden“. Dort halten wir die erste „Statio“ in der Kirche.
Von dort geht es durch die Straßen „Vor den Siebenburgen, Am Trutzenberg, Pantaleonswall, Waisenhausgasse“ bis zur „Madonna am Weg“. Dort halten wir eine kurze zweite „Statio“ neben der Kreuzung „Waisenhausgasse - Trierer Straße - Vor den Siebenburgen“. Von dort geht es auf kürzestem Weg durch die Straße „Am Pantaleonsberg“ zurück nach St. Pantaleon, wo die Prozession mit der dritten „Statio“ und dem Schlusssegen endet.
Daran schließt sich ab ca. 12.15 Uhr das Pfarrfest bis gegen 17.30 Uhr an. Für das leibliche Wohl ist wie immer reichlich gesorgt. Auch dieses Jahr werden unsere Kindergartenkinder ihr Können wieder unter Beweis stellen können. Gegen 14.00 Uhr wird uns Julian Hollands besuchen, der im Fußball-Freestyle zur absoluten Spitzenklasse gehört. Daran schließt sich für 8-12 Jährige ein kleines Fußballturnier an und vielleicht auch noch ein kleines, generationenübergreifendes Tischtennisturnier.
Ein Pfarrfest geht über das rein Gesellige deutlich hinaus. „Geht!“, sagt der Herr (Lk 10,3) auch uns im Sonntagsevangelium vor dem Pfarrfest: „Ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe.“
„Wie Schafe mitten unter die Wölfe“. Nimmt man dieses Bild wörtlich, ist es sogar erschreckend. Von uns aus gesehen ist ein solcher Auftrag völlig unverantwortlich. Jesus aber kann dazu auffordern, weil der Vater ihn selber als das „Lamm” unter die Menschen gesandt hat, die sich ihm gegenüber nicht selten wie Wölfe benehmen. So wurde am Ende jener Sieg des „Lammes wie geschlachtet” errungen, der es würdig macht und befähigt, alle Siegel der Weltgeschichte zu öffnen (vgl. Apk, 5).
Jesus ist völlig wehrlos unter die Menschen getreten. Seine einzige Waffe war seine Sendung. Solange sie andauerte, schützte sie ihn vor dem Zugriff der Feinde, auch wenn er sich ihrer gelegentlich durch Flucht entziehen musste. In ähnlicher Weise entwaffnet Jesus auch jene, die er sendet: die „wenigen Arbeiter“. (Vergleiche hierzu Lk 10,2: „Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter.“) Sie sollen immer zuerst den Frieden wünschen, ganz unabhängig davon, ob er angenommen wird oder nicht. Wird er nicht angenommen, so sollen sie ihn nicht mit Gewalt aufdrängen, sondern dorthin weiterziehen, wo sie als Boten des göttlichen Friedens willkommen sind.
Dennoch sollen sie auch denen, die sich der erlösenden Friedensbotschaft verweigern, die Nähe des Reiches Gottes verkünden, damit sich alle, der Kürze der Zeit entsprechend, darauf einstellen können.
Über Erfolg oder Misserfolg sollen sich die Jünger Jesu keine weiteren Gedanken machen. Erfolg ist im Auftrag nicht eingeschlossen. Der wahre Erfolg liegt einzig beim Herrn. Das „Lamm Gottes“ allein „hat gesiegt”. Es ist damit zugleich „der Löwe aus dem Stamm Juda”. Ihm werden die großen Preislieder im Himmel gesungen (Apk 5,5.9ff). Nur in ihm, und eben nicht aus sich selbst heraus, haben die Jünger Jesu „Vollmacht”, „die ganze Macht des Feindes zu überwinden”. Diese Gewissheit muss auch den Gläubigen, die betend und singend durch das Pantaleonsviertel ziehen – das seinen Namen ihrer Kirche verdankt – als Trost und Zuversicht genügen.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Lesungen und Evangelium von diesem dreizehnten Sonntag im Jahreskreis sind so anspruchsvoll wie sie hilfreich sind.
Die alttestamentliche Lesung (1 Kön 19, 16b.19-21) berichtet davon, wie auf Gottes Anweisung hin der Prophet Elíja sein Prophetenamt an einen gewissen Elischa weitergab. Dieser begriff sofort, um was es geht, als Elíja „im Vorbeigehen“ seinen Mantel über ihn warf, während er, Elischa, mit seinem Pflug das Feld bearbeitete. Daraufhin verabschiedete sich Elischa von seinen Eltern und folgte dem Propheten Elíja, um fortan uneingeschränkt ganz für Gott zu leben und in seinem Sinne zum Wohl der Menschen zu reden, zu handeln und zu leben.
Auch im Evangelium geht es um kompromisslose Nachfolge. Der Hl. Lukas leitet dieses Thema mit folgender Bemerk ein (Lk 9,51): „Als die Zeit herankam, in der Jesus in den Himmel aufgenommen werden sollte, entschloss er sich, nach Jerusalem zu gehen.“ Im Urtext heißt es an dieser Stelle bildhafter: „Er machte sein Antlitz fest, um nach Jerusalem zu gehen.“
Während Jesus mit seinen Jüngern von Dorf zu Dorf zieht und Gottes Wort verkündet, ist sein Blick also fest auf das Ziel gerichtet, in Jerusalem durch die freiwillige Hingabe seines Lebens am Kreuz jedem die entscheidende und definitive Ausrichtung auf das Gute hin zurück zu geben, nachdem unsere Stammeltern sie verspielten (vgl. Gen 3).
Menschen, die daran glauben und dem Herrn vertrauensvoll folgen wollen, werden im Folgenden auf zwei Irrwege hingewiesen. Wir wollen den Irrweg in die eine falsche Richtung mit dem gängigen, aber nicht immer klar definierten Begriff „Fundamentalismus“ bezeichnen, und den Irrweg in die andere, entgegengesetzte falsche Richtung mit dem Begriff „liberale Halbherzigkeit“.
In diesem Sinne reagierten Jakobus und Johannes „fundamentalistisch“, als sie den Herrn fragten (vgl. Lk 9,54), ob nicht Feuer vom Himmel fallen und alle vernichten solle, die ihn, den Herrn, nicht aufnehmen und ihm nicht folgen wollen. „Da wandte er (Jesus) sich um“, schreibt Lukas (ibid., 55), „und wies sie zurecht.“ - Jesus widerspricht und korrigiert hier also den fehlgeleiteten Glaubenseifer der beiden Apostel; denn für jede Religion und jede Glaubensüberzeugung gilt unaufhebbar der Grundsatz, dass sie Gott widersprechen und nicht auf seiner Gnade beruhen, sondern auf der Ungnade des Menschen und seines Versuchers, des Teufels, wenn ihnen der nötige Respekt vor der Würde wie auch die gegenüber dem irrenden Menschen grundsätzlich geforderte Wertschätzung und Liebe fehlen.
Bei den darauf folgenden Begegnungen mit drei unterschiedlichen Männern, die Jesus folgen wollten, scheint das Gegenteil der Fall zu sein. Ihr Glaube an Jesus Christus scheint nicht dem geforderten Eifer und der notwendigen Entschiedenheit zu entsprechen. Da sie Jesus offenbar nur halbherzig folgen wollen, weist er sie zurück.
Ganz in diese Richtung ermahnt in der zweite Sonntagslesung der Heilige Paulus die Galater (5,13) und damit zugleich jeden von uns: „Ihr seid zur Freiheit berufen, Brüder. Nur nehmt die Freiheit nicht zum Vorwand für das Fleisch, sondern dient einander in Liebe!“
So wie der Fundamentalismus, so verstößt auch die Halbherzigkeit gegen die Liebe und damit gegen die Verantwortung. Freiheit ist nur dann wahr und richtig, wenn sie untrennbar mit dem jeweils möglichen Höchstmaß an Liebe und Verantwortung füreinander und gegenüber Gott verbunden ist.
In diesem Kontext spüren wir die gegenwärtige Herausforderung, den rechten Weg zu finden, um auf der einen Seite der globalen Unterdrückung und Versklavung durch fundamentalistische Kräfte zu widerstehen, wie auf der anderen Seite einer liberalen Halbherzigkeit, die in eine in einem erschreckenden Maß zugenommene Vereinsamung und ein tristes Singel-Dasein führt.
So mahnt der Heilige Paulus (Gal 5,16): „Lasst euch vom Geist leiten, dann werdet ihr das Begehren des Fleisches nicht erfüllen.“ Paulus spricht hier klar vom Geist Gottes, der von beidem befreit: von geistlosem Fundamentalismus wie von liberaler Halbherzigkeit, die dem Irdischen verhaftet und verfallen bleibt.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- Messiasbekenntnis des Hl. Petrus - Bernwardssäule im Dom zu Hildesheim - um 1020
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Im Mittelpunkt des Sonntagsevangeliums steht neben der Aufforderung zur Kreuzesnachfolge das sogenannte Messias-Bekenntnis des Heiligen Petrus. Nach seinem Gebet in der Einsamkeit, bei dem nur seine Jünger bei ihm waren, fragte Jesus seine Jünger (Lk 9,18f): "Für wen halten mich die Leute? Sie antworteten: Einige für Johannes den Täufer, andere für Elíja; wieder andere sagen: Einer der alten Propheten ist auferstanden."
Modern gesprochen hält Jesus hier eine Meinungsumfrage ab, mit der für immer dokumentiert bleibt, was und wie eine bestimmte Mehrheit damals über ihn dachte. Der Sinn dieser „Meinungsumfrage“ lag aber wohl eher darin, die damals wie heute oft oberflächliche Meinung der Vielen von dem abzugrenzen, was und wie eine qualifizierte Minderheit, die ihn aus unmittelbarer Nähe und vom täglichen Umgang her kannte, über ihn dachte. So folgt im Lukasevangelium unmittelbar auf die „Meinungsumfrage“ die Frage Jesu an seine Jünger (ibid., 20): „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?"
Simon Petrus antwortet darauf (ibid.): „Für den Messias Gottes." In der synoptischen Parallelüberlieferung des Matthäusevangeliums lautet die Antwort des Hl. Petrus (Mt 16,16): „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes.“
Jesus selber hat sich als "Gottes eingeborenen Sohn" (einziger Sohn oder einzig geborener Sohn, Joh 3,16) bezeichnet. Wenn ihn daraufhin Petrus und andere als „Sohn Gottes“ bezeugen, drücken sie damit aus, dass unter allen Menschen Jesus mehr als ein Mensch ist. Jesus selber eröffnet seinen Jüngern, dass er eine einzigartige Beziehung zum Vater im Himmel habe (Mt 11,27): "Mir ist von meinem Vater alles übergeben worden; niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will." In besonderer Weise tritt bei der Auferstehung zu Tage, dass Jesus Christus wirklich der Sohn Gottes ist.
In den ersten fünf Jahrhunderten hat die Kirche, gestützt auf die Heilige Schrift und der ihr verheißenen Führung durch den Heiligen Geist (vgl. Joh 15,26 und 16,3) intensiv darum gerungen, das Geheimnis um Jesus Christus klarer zu erfassen und zu umschreiben. Sie kam zu der von allen Konfessionen geteilten elementaren christlichen Grundüberzeugung, dass „Jesus Christus wahrer Gott und wahrer Mensch“ zugleich ist (vgl. Katechismus der katholischen Kirche, 464-469; 480-483).
Diesen Glauben umschreibt der Jugendkatechismus (Youcat, 77) in der Aussage, dass „in Jesus Gott wirklich einer von uns und damit unser Bruder geworden ist. Er hörte jedoch nicht auf, gleichzeitig Gott und damit unser Herr zu sein. Das Konzil von Chalkedon lehrte im Jahr 451, dass das Gottsein und das Menschsein in der einen Person Jesu Christi ‚ungetrennt und unvermischt‘ verbunden sind.“
Es ist interessant, wie der Jugendkatechismus (ibid.) diese Aussage im Folgenden erläutert: „Die Kirche hat lange darum gerungen, wie das Verhältnis von Gottheit und Menschheit in Jesus Christus zum Ausdruck gebracht werden kann. Gottheit und Menschheit stehen nicht zueinander in Konkurrenz, so dass Jesus nur teilweise Gott und nur teilweise Mensch wäre. Es ist auch nicht so, dass sich das Göttliche und Menschliche in Jesus vermischen würden. Gott hat in Jesus nicht nur zum Schein einen menschlichen Leib angenommen (Doketismus), sondern er wurde wirklich Mensch. Auch handelt es sich beim Göttlichen und Menschlichen nicht um zwei verschiedene Personen (Nestorianismus). Schließlich ist es auch nicht so, dass in Jesus Christus die menschliche Natur in der göttlichen Natur ganz aufgehen würde (Monophysitismus). Gegen all diese Irrlehren hat die Kirche an dem Glauben festgehalten, dass Jesus Christus in einer Person zugleich wahrer Gott und wahrer Mensch ist. Die berühmte Formel ‚ungetrennt und unvermischt‘ (Konzil von Chalkedon) versucht nicht zu erklären, was für den menschlichen Verstand zu hoch ist, sondern hält sozusagen die Eckpunkte des Glaubens fest. Sie bezeichnet die ‚Richtung‘, in der das Geheimnis der Person Jesu Christi gesucht werden kann.“
Theologisch ist das klar, einwandfrei und nach logischen Kriterien widerspruchsfrei formuliert. Darüber hinaus aber lenkt diese Erklärung des „Youcat“ indirekt wieder zurück auf die Frage des Herrn im Evangelium (s.o.): „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?" - Gerne möchte ich diese Frage weiter entfalten und an uns alle richten: „Wer ist Jesus Christus für dich?“ – „Was für eine Rolle spielt er in deinem Leben?“ – „Wie entscheidend ist für dich die Aufforderung Jesu zur Kreuzesnachfolge, damit Gott auch mit deinem irdisch-menschlichen Leben sich immer mehr verbinden kann?“
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- Kaiserin Theophanu - Mosaik aus der "Theophanu-Kapelle" in St. Pantaleon
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Unter all den vielen Aktivitäten und geistlichen Ereignissen der letzten Wochen ist nun unser traditionelles Theophanu-Gedenken etwas untergegangen. Davon bliebt jedoch unser Wunsch unberührt – und wir wollen von Gott die Hilfe erbitten, ihn mit Ausdauer lebendig zu halten und zu bewahren –, im Kontext des jährlichen Gedenkens an unsere aus dem Osten, aus Griechenland stammende deutsche Kaiserin Theophanu einen konkreten Beitrag im ökumenischen Bemühen der unterschiedlichen christlichen Konfessionen zu leisten. Auch das Ziel dieses Beitrags bleibt unverrückt. Ziel ist und bleibt der eindeutige und klare Wunsch einer, allerdings nur durch Gebet und nur von Gott her erreichbaren tiefen Versöhnung konfessionell unterschiedlich geprägter Völker bis hin zur vollständigen Wiederherstellung der ursprünglichen, von ihrem Stifter Jesus Christus gewollten Einheit der Kirche.
Auch in diesem Jahr werden wir am Sterbetag unserer verehrten Kaiserin, als Jahrgedächtnis am 15. Juni, in einer römisch-katholischen Eucharistiefeier (zugleich Vorabendmesse) für dieses Anliegen besonders beten. Wir freuen uns auf die Anwesenheit von Geistlichen und Priestern orthodoxer und lutherischer Konfession, die am Ende der Heiligen Messe ein ökumenisches Grußwort an uns richten werden. Nach einer schon über die Jahre bewährten Tradition begeben wir uns dann gemeinsam zum Grab der Kaiserin. Dort werden die anwesenden orthodoxen Geistlichen ein orthodoxes Totengedenken (Mnemosynon) halten.
Auf das Geistliche folgt das Gesellige. Im Pfarrsaal werden wir bei einem zeitlich begrenzten Beisammensein – nicht wie angekündigt und ursprünglich geplant bei griechischer Folklore und griechischem Imbiss – diese Stunde des gemeinsamen Gebetes noch ein wenig ausklinge lassen.
Die biblischen Lesungen des Sonntagvorabends werfen ein betrübliches und zugleich tröstendes Licht auf die Tatsache der Entzweiung und der Entfremdung, sowie der gegenseitigen Vorwürfe und Schuldzuweisungen für diese Situation, unter denen viele Völker weiterhin leiden, und die wir gerne überwinden möchten.
Kein Mensch, mit Ausnahme des in Jesus menschgewordenen Gottesssohnes und seiner leiblichen Mutter Maria, vermag sündenlos zu bleiben. Verharmlosungen, wie sie heute an der Tagesordnung sind, verleiten den Menschen nur noch mehr zu sündigem Verhalten und einem sündenbelasteten Lebensstil. Ehen und Familien zerbrechen ja nicht daran, dass einer einmal versehentlich Salz statt Zucker in den Kaffee des anderen schüttet. Sie zerbrechen an der Sünde und an der Hartherzigkeit aller am Zusammenbruch Beteiligten.
So ist auch die von Jesus ursprünglich gestiftete und ausdrücklich gewünschte Einheit (Joh 17,21: „ut omnes unum sint“ –„alle sollen eins sein“) im Glauben und damit der Völker in seiner Kirche nicht daran zerbrochen, dass ein Pfarrer einmal verschlafen hat. Auch die katholische Kirche „vergisst nicht, dass viele in ihren Reihen Gottes Plan trüben“ (sel. Papst Johannes Paul II, Enzyklika „Ut unum sint“, 11). Und sie weiß um die „Schuld der Menschen auf beiden Seiten“ (II. Vat. Konzil, Dekret über den Ökumenismus, 3).
Neben der betrüblichen und entzweienden Schuld des Menschen gibt es aber auch die tröstende Barmherzigkeit Gottes, die ganz neue Wege zueinander finden lässt. Der stadtbekannten Sünderin, die anders als Simon der Pharisäer, bei dem Jesus zu Gast war, dem Herrn sogar mit ihren Tränen die Füße wäscht, sie mit ihren Haaren trocknet, sie salbt und küsst, und die so ihr Sünden beweint und auf Vergebung und Heilung hofft, kann Jesu zur Überraschung aller sagen (Lk 7,48.50): „Deine Sünden sind dir vergeben. Dein Glaube hat dir geholfen.“
Von daher trägt uns, mit besonderer Blickrichtung auf die Ostkirchen, der Glaube, dass „durch die Feier der Eucharistie des Herrn in den Einzelkirchen die Kirche Gottes sich aufbaut und wächst“ (II. Vat. Konzil, Dekret über den Ökumenismus, 15). Und wir nehmen dankbar eine deutliche Zunahme eines klaren Bußbedürfnisses wahr, das der selige Papst Johannes Paul II. weiter konkretisiert hat: „Das Bewusstsein von gewissen Ausschlüssen, die die brüderliche Liebe verletzen; von gewissen Verweigerungen zu verzeihen; eines gewissen Stolzes; jenes nicht dem Evangelium entsprechenden Sich-Abkapselns in die Verdammung der ‚anderen‘; einer Verachtung, die aus einer unlauteren Anmaßung herrührt“ (s.o., 15).
Das macht Mut und bestärkt uns im Vorsatz, die Ökumene nicht zu vernachlässigen. Ich lade auch Sie herzlich dazu ein, in diese Richtung weiter zu gehen und auch in Zukunft mit zu helfen.
Ihr Pfarrer Dr. Volker Hildebrandt
- Oben: Vor dem Abschlussgottesdienst / Unten: Open-Air-Kino im Innenhof von St. Pantaleon
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Der Eucharistische Kongress hat die rechtzeitige Fertigstellung dieses Pfarrbriefes etwas verzögert. Das macht es mir möglich, mit besonderem Blick auf St. Pantaleon kurz Rückschau auf die vergangenen Tage zu halten.
Allem voran gilt mein ganz besonderer Dank den zahlreichen Helfern, die hier vor Ort durch ihren großherzigen Einsatz dafür gesorgt haben, dass das reichhaltige Programm mit Stundengebet, eucharistischer Anbetung, Katechesen, Gottesdiensten, meditativem Gesang, durchgehendem Beichtangebot, Orgelkonzerten, katechetischen Kirchenführungen und einer besonderen Filmnacht viele berührt und im Glauben bestärkt hat. Aus der Wahrnehmung vor Ort kann ich bislang nur Positives berichten. Darüber hinaus haben wir etwa 20 Gästen aus zwei Pfarreien der Diözese Magdeburg mit Ihren beiden Pfarrern Privatquartiere vermitteln können. Sie waren dafür sehr dankbar und haben sich bei uns sehr wohl gefühlt.
Auch von allen anderen, mit denen ich bislang habe sprechen könne, habe ich bis jetzt grundsätzlich nur Positives gehört. Alle haben diese Tage als bereichernd und ermutigend erlebt; und so werden sie ihnen noch lange in Erinnerung bleiben.
Von den insgesamt vier- bis fünftauend Schülern, die am Donnerstag für den Eucharistischen Kongress in Köln waren, haben etwa ein Zehntel, ungefähr 450 Schüler, in St. Pantaleon bei der Schülerkatechese und dem sich daran anschließenden Gottesdienst mit unserem Weihbischof Dr. Dominik Schwaderlapp „einen Bischof zum Anfassen“ erlebt. Dank seiner zahlreichen Neffen und Nichten, von denen er kurz erzählte und die inzwischen gut einen ganzen Klassenraum füllen könnten, ist ihm der jugendliche Sprachgebrauch mit der dazugehörenden Kultur bestens bekannt. So haben die Jugendlichen einen Bischof erlebt, der sie versteht und den sie verstanden haben.
Einer Schülerin aus der neunten Klasse, die sich im letzten Jahr in Sankt Pantaleon auf die Firmung vorbereitet hat, und nun den alle zwei bis drei Wochen hier stattfindenden „Teen-Star-Kurs“ besucht, ist es wenige Tage zuvor gelungen, zehn aus ihrer Klasse gemeinsam mit ihrer Religionslehrerin davon zu überzeugen, sich hier noch kurzfristig einzuklinken, und vom Schulleiter die Erlaubnis zu bekommen, an dieser Katechese und Schülermesse teilnehmen zu dürfen.
Auch die Primiz von Prof. Dr. Stefan Mückl, einem Numerarier-Mitglied des Opus Dei, der nach seiner erfolgversprechenden Habilitation in Jura seine berufliche Karriere fortan für den Dienst als Priester aufgab, war zahlreich besucht. Viele Freunde und ehemalige Kollegen aus Wissenschaft und Forschung haben ihm durch ihr Kommen und Mitfeiern ihre Hochachtung erwiesen.
Für die Filmnacht haben wir großzügig Plakate und Flyer verteilt, und vor allem 3.000 Haushalte in der unmittelbaren Nachbarschaft von St. Pantaleon mit einem persönlichen Brief dazu eingeladen. Gut die Hälfte der wohl insgesamt 200 bis 250 Filmnacht-Besucher ist darüber gekommen. Diese erste Filmnacht im Innenhof von St. Pantaleon wird deshalb wohl nicht die letzte sein. Viele sprachen uns auf die tolle Atmosphäre an und schlugen vor, so etwas zu einer festen Einrichtung für das Pantaleonsviertel werden zu lassen. Wir werden sehen, was sich da machen lässt.
Der intensive und lange Donnerstag, an dem insgesamt wohl 1.000 Personen hier aus- und eingegangen sind, ging Freitag früh gegen 2:00 Uhr nach der etwa noch einmal eine Stunde dauernden nächtlichen Anbetung im Anschluss an die Filmnacht zu Ende. Mit einer Gruppe aus der Reihe der Helfer haben wie so die Früchte all unserer Bemühungen noch einmal in die Hände des Herrn legen können.
Von Freitag und Samstag, sowie vom gemeinsam besuchten Abschlussgottesdienst am Sonntag gäbe es noch manch anderes zu berichten. Aber wie oft reicht auch dieses Mal der Platz in den Pfarrnachrichten nicht, um all das zu schreiben, was mir am Herzen liegt. So bleibt mir zum Abschluss der Wunsch, dass wir in dem zuversichtlichen Bemühen fortfahren – welches durch die Erfahrungen beim eucharistischen Kongress nur noch bestärkt wurde –, alles vom Herrn zu erbitten und ihm dann alles wieder in seine Hände zu legen und ihm zurück zu schenken, was zum Segen aller rund um St. Pantaleon gereicht.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- "open-air" Filmnacht St. Pantaleon
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
„Herr, zu wem sollen wir gehen“ (Joh 6,68). Unter diesem Leitwort beginnt an diesem Mittwoch, 5. Juni, der Eucharistische Kongress in Köln. Msgr. Martinez lädt herzlich ein, gemeinsam um 17.00 Uhr von St. Pantaleon aus (s. Aushang) aufzubrechen, um an der „Auftaktveranstaltung“, einer Heiligen Messe unter freiem Himmel mit unserem Erzbischof, Joachim Kardinal Meisner, sowie dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, im Tanzbrunnen (Köln-Deutz) von 19.00 – 20.30 Uhr teilzunehmen.
Der Altar wird auf der Brunnen-Empore unter dem Sternwellenzelt stehen, so dass die teilnehmenden Gläubigen die Heiligen Geheimnisse mit Blick auf den Rhein, die Altstadt und den Dom feiern werden. Über dem Brunnen ist dann ein 20 Meter hohes Kreuz als Wahrzeichen des Eucharistischen Kongresses errichtet. Es wird auch nachts von der anderen Rheinseite aus gut sichtbar sein. „Mit diesem großen Kreuz mitten auf dem Tanzbrunnen“, so Erzbischof Joachim Kardinal Meisner, „geben wir auch optisch ein eindeutiges Zeichen. Einen Orientierungspunkt, eine Antwort für die Menschen: Hierhin könnt ihr gehen, kommt zu uns und zu dem, der in Gestalt der Eucharistie mitten unter uns ist.“ An den Gottesdienst schließt sich eine Prozession am Rhein entlang an, über die Hohenzollernbrücke bis zum Kölner Dom.
Das biblische Leitwort des Eucharistischen Kongresses aus dem Johannes-Evangelium, „Herr, zu wem sollen wir gehen“, ist zugleich Programm. Es bezieht sich auf folgendes Ereignis: Nachdem Jesus, der Herr, angekündigt hatte, dass er seinen Leib und sein Blut den Seinen zur Speise und zum Trank reichen werde, kündigten ihm viele die Gefolgschaft. Für sie ging Jesus nun eindeutig zu weit. Seine Hingabe bis zum Äußersten empfanden sie als „unerträglich“ (vgl. Joh 6,60). Daraufhin „fragte Jesus die Zwölf: Wollt auch ihr weggehen? Simon Petrus antwortete ihm: Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes.“ (Joh 6,67-69)
So ist der Eucharistische Kongress nicht Ausdruck der Ratlosigkeit, wie es weitergehen, an was man sich halten und an wen man sich wenden soll. Er ist vielmehr frohes Bekenntnis derer, die sich dem sich verschenkenden Gott nicht verschlossen, sondern in ihrem Leben erfahren haben: das durch das Wirken des Heiligen Geistes in Jesus menschgewordene Wort Gottes ist ohne Alternative.
Der für uns vor allem mit Konferenzen und Vorträgen verbundene Begriff „Kongress“ in diesem Zusammenhang ist historisch bedingt. Die Wirklichkeit des Eucharistischen Kongresses geht weit darüber hinaus. Fünf Tage lang treffen sich katholische Christen aus ganz Deutschland und dem deutschsprachigen Ausland in der Domstadt. Neben Gottesdiensten und Katechesen wird ein umfangreiches inhaltliches Programm mit Podien, Foren und Workshops sowie ein Kulturprogramm mit hochkarätigen Künstlern angeboten. Im Rahmen dieses Kongresses haben wir für Donnerstag, 6. Juni ab 21:30 Uhr (Einlass; Beginn 22:15 Uhr) im historischen Innenhof von St. Pantaleon eine „Open-Air-Filmnacht“ organisiert und alle Haushalte im Pantaleonsviertel schriftlich dazu eingeladen. Wirklich alle sind herzlich willkommen!
Feierlicher Höhepunkt und gleichzeitig Abschluss des generationsübergreifenden Festes des Glaubens ist das Pontifikalamt im Kölner RheinEnergieStadion am Sonntag, 9. Juni (Vorprogramm ab 8.30 Uhr; Beginn der Hl. Messe: 9.30 Uhr), mit unserem Erzbischof Joachim Kardinal Meisner, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch und vielen anderen Bischöfen aus dem deutschen Sprachraum. An diesem Sonntag (9.6.) bleibt die Kirche St. Pantaleon vormittags geschlossen. Aus sicherheitstechnischen Gründen sind für die Teilnahme am Abschlussgottesdienst Eintrittskarten nötig, die im Anmeldezentrum, Roncalliplatz 2, 50667 Köln und am 09.06. auch noch vor dem RheinEnergieStadion erhältlich sind.
Ich lade Sie herzlich ein, diesen Abschlussgottesdienst gemeinsam mit allen St. Pantaleon verbundenen Freunden zu besuchen. Wir werden die für uns notwendigen Karten (etwa 250 Stück) vorab besorgen und treffen uns ab 8.00 Uhr auf der Aachener Str. / Ecke Militärring vor dem unübersehbar gelben mehrstöckigen Haus (Nr. 608; vgl. Aushang und Flyer). Von dort aus gehen wir gemeinsam um 8.15 Uhr zum RheinEnergieStadion. Es wird ein unvergessliches Fest!
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- Lettner-Orgel in St. Pantaleon
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
An diesem Sonntag feiern wir das Hochfest der Heiligsten Dreifaltigkeit. In St. Pantaleon feiern wir zudem unser 50jähriges Orgeljubiläum. Unsere Kantorin, Martina Mailänder, wird dazu kräftig in die Tasten greifen … und hat dafür vorher zur Feder gegriffen.
Neben meiner herzlichen Einladung zur letzten, den Eucharistischen Kongress vorbereitenden und darauf einstimmenden Anbetungsstunde an diesem Mittwoch, 29.5. ab 19.15 Uhr, zur zentralen Fronleichnamsprozession an diesem Donnerstag, 30.5. beginnend mit der Hl. Messe in St. Pantaleon um 10.00 Uhr (s. Aushang und Flyer) sowie zur Teilnahem am großen Abschlussgottesdienst im Rhein-Energie-Stadion am Sonntag, dem 9. Juni, 9.30 Uhr (vgl. Aushang und Flyer) gehört nun Martina Mailänder das Wort. Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
====================================Auf dem Bild schließt die große Lettnerorgel die Einheit von Lettner und Altar ab. Das Wort „Die Königin der Instrumente“ wird hier verbildlicht. Gleichzeitig wird die Integration von Musik in die Liturgie deutlich. Ein wesentliches Merkmal der Kirchenmusik ist die Musik im liturgischen Kontext. In der Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils SacrosanctumConcilium aus dem Jahre 1963 heißt es dazu:
„Die liturgische Musik der Gesamtkirche stellt einen Reichtum von unschätzbarem Wert dar, ausgezeichnet unter allen übrigen künstlerischen Ausdrucksformen vor allem deshalb, weil sie als der mit dem Wort verbundene gottesdienstliche Gesang einen notwendigen und integrierenden Bestandteil der feierlichen Liturgie ausmacht.“
Am 31.März desselben Jahres (1963) wurde in St. Pantaleon die Klais-Orgel eingeweiht. Die Orgel dient aber nicht nur als Begleitinstrument in der Liturgie. Die Orgelmusik steht auch als Verbindung zwischen Glaubendem und Gottes Wesenheit, zum Vordringen in seine Anwesenheit, zum Verstehen von Gottes Dasein, zum Berührtwerden von Gottes Nähe: Musikhören als Innehalten vor Gott, als zeitloses Dasein, Verweilen, in die Tiefe gehen.
Musik hören geschieht im Moment. Dieser Moment kann sehr reich erlebt werden. Gegenstände, Architektur, Bilder bleiben vor Ort, haben damit einen sichtbaren Wert. Das Hören ist weder zu sehen noch zu greifen – ausschließlich innerlich zu fühlen, und lässt einen dadurch Gott, der ebenfalls nicht greifbar ist, spürbar werden.
Das Berührtwerden dauert fort – über die Zeit des Hörens hinaus, dass es uns zu Hause weiter trägt und im Alltag begleitet. Wir werden verwandelt.
Seit einem halben Jahrhundert erfreuen wir uns dieser wunderbaren Orgel. Mit der Orgelweihe wurde auch der Grundstein für die Konzertreihe „Kirchenmusik in St. Pantaleon“ gelegt. Einen herzlichen Dank möchte ich hier den Gründern der Reihe, Pfarrer Karl Heinz Bergmann und dem damaligen Kantor Helmut Peters sagen, sowie aktuell Herrn Georg Bergmann, der mir in der Durchführung der Konzerte tatkräftig zur Seite steht.
Musik lässt das gesprochene Wort anders erfahren. So ist die Kirchenmusikreihe eine Möglichkeit, uns selbst und auch der Kirche ferner Stehende, Gott erfahrbar / erhörbar zu machen. Dazu haben wir ca. 12 Konzerte im Jahr; im Orgel-Jubel-Jahr sind es sogar 20.
Die eigentliche Jubiläumsfeier begehen wir an diesem Sonntag: Im Hochamt um 11.00 Uhr wird, passend zum Orgeljubiläum, die Messe für 2 Orgeln und Chor in cis-moll von Louis Vierne gesungen und gespielt. Hierfür haben sich in einem „Mitsing-Projekt“ zahlreiche, der Orgel– und Kirchenmusik verbundene Sänger gefunden. Auch ihnen danke ich sehr, dass sie die „Vierne-Messe“ ermöglicht haben.
Am Nachmittag desselben Tages wird um 16.00 Uhr das Jubiläumskonzert der Konzertreihe „Kirchenmusik in St. Pantaleon“ alle sehr erfreuen. Die Fülle der Instrumente, die wir in St. Pantaleon beherbergen, werden zur Entfaltung und zum Klingen gebracht: unser Wolfram Positiv und das Cembalo (beide stehen sonst im Chorraum), die kleine Romanus-Seyfert-Orgel aus dem Seitenschiff, die meist zur Chorbegleitung eingesetzt wird, natürlich die große Lettnerorgel sowie ergänzend eine Blockflöte aus/auf der mittleren Westwerkempore. Eine herzliche Einladung sowohl zum festlichen Hochamt um 11.00 Uhr als auch zum Konzert um 16.00 Uhr. Ein Fest mit Musik – ein Fest der Musik – ein Fest des Glaubens.
Martina Mailänder
(seit 1987 Kantorin an St. Pantaleon) - Petersdom - Vatikan
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
In Predigten wird oft über Jesus als den menschgewordenen Sohn des göttlichen Vaters gesprochen, in dem der Dreifaltige Gott - der eine Gott, der in den drei Personen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geiste ist – Mensch wurde (vgl. Phil 2, 5-11). Indem er uns als Mensch bis auf die Sünde in allem gleich wurde (vgl. 4. Hochgebet) und dabei gleichzeitig Gott blieb, hat er aus unmittelbarer Nähe zu uns als Gott und Mensch zugleich sprechen, uns alles erklären und vorleben können, was für uns gut und wichtig ist. Über den Heiligen Geist, den Jesus als nach ihm herabkommenden Tröster und Beistand in seinem irdischen Leben ankündigte (vgl. Joh 14,16), wird leider weniger gepredigt. Zugleich bekennen wir jeden Sonntag im Glaubensbekenntnis: „Ich glaube an den Heiligen Geist.“ – Was genau bekennen wir hier mit der gesamten Kirche?
Der Jugendkatechismus (Youcat, Nr. 113) gibt folgende Antwort: „An den Heiligen Geist glauben heißt, ihn ebenso als Gott anzubeten wie den Vater und den Sohn. Es heißt daran glauben, dass der Heilige Geist in unser Herz kommt, damit wir als Kinder Gottes unseren Vater im Himmel erkennen. Vom Geist Gottes bewegt, können wir das Angesicht der Erde verändern.“
Nach christlichem Bekenntnis, dem Bekenntnis der Kirche, ist der Heilige Geist die dritte Person Gottes: Er ist ganz der eine und einzige Gott und doch zugleich als Person verschieden von der ersten Person des Vaters und der zweiten Person des Sohnes. Und auch diese sind als Personen voneinander verschieden und zugleich Gott. Desweiteren spielt Gott in der dritten Person des Heiligen Geistes im Leben Jesu, in der menschgewordenen zweiten göttlichen Person des Sohnes, eine entscheidende Rolle.
Der Jugendkatechismus (Youcat, Nr. 114) versucht dies zusammenzufassend zu verdeutlichen: „Ohne den Heiligen Geist kann man Jesus nicht verstehen. Wie nirgends sonst zeigte sich in seinem Leben die Anwesenheit des Geistes Gottes, den wir den Heiligen Geist nennen.“ Dann wird aufgezählt: „Es war der Heilige Geist, der Jesus im Schoß der Jungfrau Maria ins Leben rief (Mt 1,18), ihn als geliebten Sohn bestätigte (Lk 4,16-19), ihn leitete (Mk 1,12) und ihn belebte bis ans Ende (Joh 19,30). Am Kreuz hauchte Jesus den Geist aus. Nach seiner Auferstehung spendete er den Jüngern den Heiligen Geist (Joh 20,20). Damit ging der Geist Jesu auf seine Kirche über: ‚Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch‘. (Joh 20,21).“
Der Heilige Geist ist von Jesus nicht zu trennen. Genauso wenig ist er vom Menschen wegzudenken, der an Gott glaubt. Der Heilige Geist ist ja Gott selber. Auch wenn er als Person eine andere ist als die des Vaters und die des Sohnes, so ist der Heilige Geist doch immer auch dort, wo der Vater oder wo der Sohn ist: Denn die Personen sind voneinander verschieden, aber zugleich sind sie voneinander untrennbar. Wo der Heilig Geist wirkt, da wirken zugleich der Vater und der Sohn: da wirkt der eine Gott. Und wo der Vater oder wo der Sohn wirken, da gilt Gleiches.
Unter der Voraussetzung einer klaren, präzisen und eindeutigen Begrifflichkeit sind das nicht alles widerspruchsfreie Spekulationen und Gedankenspiele. Vielmehr gestattet uns der Mensch gewordene Gott Jesus Christus durch seine Worte und Taten und durch das, was von ihm ausgeht, „einen Blick in das Innere Gottes zu werfen. Und dort sehen wir etwas völlig Unerwartetes: Der geheimnisvolle Gott ist keine unendliche Einsamkeit; er ist ein Ereignis der Liebe. Es gibt den Sohn, der mit dem Vater spricht. Und beide sind eins im Geist, der sozusagen die Atmosphäre des Schenkens und des Liebens ist, das aus ihnen einen einzigen Gott macht.“ (Papst Benedikt XVI.)
All unser Sprechen über Gott, und damit auch über den Menschen als Geschöpf Gottes, bleibt unzulänglich. Aber es ist der Geist, der uns alles lehrt und in die ganze Wahrheit führt (vgl. Joh 16,13). Ähnlich wie Vater und Sohn im Geist eins und ein einziger Gott sind, so nimmt auch uns der Geist in das Innere Gottes hinein und lässt uns mit ihm in der lebendigen Gemeinschaft der drei Personen eins sein und ‚alles verstehen‘ (vgl. Joh 14,26).
So schaue ich gerne auf die vor uns liegenden geistlichen Ereignisse, die uns im Glauben, in der Verbundenheit und dem Einswerden mit Gott bestärken werden: Jetzt unmittelbar das Pfingstfest; dann die letzte vorbereitende Anbetungsstunde auf den Eucharistischen Kongress am Mittwoch, dem 29. Mai von 19.15 bis 21.00 Uhr; danach die gemeinsame Fronleichnamsprozession; und schließlich der Eucharistische Kongress mit der großen Abschlussmesse im Rhein-Energie-Stadion am Sonntag, dem 9. Juni (9.30 Uhr).
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
In den kommenden Tagen und Wochen stehen besondere geistliche Ereignisse an: die beiden Hochfeste Pfingsten und Fronleichnam; und wenige Tage später der Eucharistische Kongress in Köln.
Herzlich lade ich Sie ein, an Fronleichnam (Donnerstag, 30. Mai) nach der Heiligen Messe um 10.00 Uhr in St. Pantaleon gemeinsam mit uns zum Kölner Dom zu pilgern. Dort werden wir uns einreihen in die zentrale Fronleichnamsprozession (vgl. Flyer und Aushang).
Inzwischen hat die intensive Vorbereitungsphase auf den Eucharistischen Kongress vom 5. – 9. Juni begonnen. Zur Einstimmung und Vorbereitung, wie auch für die Pilger und Anliegen dieses Glaubensfestes, werden wir am Vorabend von Fronleichnam, am Mittwoch, dem 29. Mai, nach der Abendmesse noch eine besondere Anbetungsstunde halten.
Jüngst haben die deutschen Bischöfe bundesweit zum Eucharistischen Kongress eingeladen und schreiben: „Der Eucharistische Kongress bietet eine ganz besondere Chance, zum Entscheidenden durchzudringen und sich auf das Herzstück des christlichen Glaubens auszurichten. Der christliche Glaube lebt aus dem Wort Gottes, aus der Feier der Liturgie und dem Tun von Gottes Gebot. In unserer Zeit oft hektischer Betriebsamkeit und mancher Unruhe auch in der Kirche selbst ist es umso wertvoller, den persönlichen und gemeinsamen Glauben zu vertiefen und in Meditation und Gebet Gott zu begegnen. Zum Eucharistischen Kongress laden wir Bischöfe Sie alle herzlich ein!“
Und sie bekräftigen ihre Einladung: „In vielfältiger Weise gibt er die Gelegenheit zu Gebet, Glaubensgespräch und Gottesdienst, in Stille und Anbetung, in Musik und Wort, in Begegnung und Feier. Generationenübergreifend sind alle eingeladen. Sie sind willkommen bei bischöflichen Katechesen, bei der Eucharistischen Anbetung, zum persönlichen geistlichen Gespräch, zum Empfang des Sakramentes der Versöhnung. Zugleich bietet sich die Möglichkeit zum geistlichen und kulturellen Austausch bei Konzerten, Filmen und Ausstellungen, durch theologische Vorträge und Gesprächsrunden, und bei einem Pilgerweg durch die Stadt. Im Kölner Dom wird jeder Abend ausklingen mit geistlichen Impulsen, Licht und Musik, mit Abendgebet und einem Segen zur Nacht. Wir freuen uns, wenn Sie vom 5. bis zum 9. Juni 2013 nach Köln kommen!“
Unser Erzbischof, Kardinal Meisner, hat diesem Aufruf einige persönliche Worte an seine Diözesanen hinzugefügt: „Liebe Schwestern und Brüder, ich möchte Ihnen in der Erzdiözese Köln noch einen persönlichen Gruß und eine persönliche Einladung zuschicken. Der Eucharistische Kongress wird in der Mitte unserer Diözese gefeiert, in der Bischofsstadt Köln. Wir tragen dafür auch alle eine besondere Verantwortung mit.
Jesus sagt den im Glauben müde gewordenen Jüngern: 'Wollt auch ihr gehen?'. Ich frage mich oft: Was wäre passiert, wenn Petrus und die Apostel auch gegangen wären? Es gäbe keinen Gründonnerstag und keine Eucharistie. Das ist gar nicht auszudenken. Petrus gibt die positive Antwort. Der Herr hat nicht vergebens auf seinen Glauben gebaut.
Ich wünsche mir alle katholischen Christen in unserer Erzdiözese mit einem solchen Glauben, der sich in der möglichen Teilnahme am Eucharistischen Kongress zeigt und würde mich sehr freuen, wenn Sie sich bald im Kongressbüro anmelden!“
Gerne schließ ich mich dem an und möchte Sie hiermit ermutigen, sich nun auch schriftlich anzumelden. Das geht sowohl online wie auch über die ausliegenden Anmeldeformulare. Für St. Pantaleon benötigen wir weitere Helfer. Auch für Unterkünfte werden noch Gastgeber gesucht. Bitte melden Sie sich dafür bald im Pfarrbüro. Am Sonntag, dem 9. Juni, beginnt um 9.30 Uhr der große Abschlussgottesdienst im Rhein-Energie-Stadium, zu dem unser Erzbischof alle Gläubigen herzlich einlädt. An diesem Vormittag entfallen deshalb die 10 und die 11 Uhr Sonntagsmessen in St. Pantaleon.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
In den Lesungen des 6. Sonntags in der Osterzeit wird uns mit Blick auf das nahende Pfingstfest gesagt, dass Gott in seiner Kirche ganz besonders gegenwärtig ist. In allen wichtigen Fragen fällt deshalb die Kirche keine Entscheidung ohne und gegen Ihn.
Als die frühe Kirche erstmalig vor einer wichtigen Entscheidung stand, machte der Heilige Petrus darauf aufmerksam, dass „Gott schon längst … die Entscheidung getroffen habe“ (Apg., 15,7). Die anderen Apostel und Ältesten schlossen sich dem an und verkündeten: „der Heilige Geist und wir haben beschlossen“ (Apg., 15,28).
Es ging damals um die Frage, ob ein Heide die Taufe empfangen und Christ werden konnte, auch ohne die jüdischen Vorschriften zu übernehmen, denen sich die sogenannten Judenchristen weiterhin verpflichtet fühlten, da sie als Juden den Glauben an Christus angenommen hatten. Damals wurde für alle Zukunft bindend entschieden, den sogenannten Heidenchristen, die also als Nicht-Juden den Glauben an Christus angenommen hatten, die „Last“ (Apg., 15, 28) der jüdischen Gebote nicht zusätzlich aufzuerlegen. Sie sollten lediglich „Götzenopferfleisch, Blut, Ersticktes und Unzucht … meiden“; und ihnen wurde erklärt: „Wenn ihr euch davor hütet, handelt ihr richtig.“ (Apg., 15, 29)
Heute ist das in der Kirche nicht anders. Gott ist als Heiliger Geist weiterhin besonders in ihr gegenwärtig und trägt dafür Sorge, dass alles Wichtige nicht ohne und noch weniger gegen Ihn entschieden wird. Deshalb nimmt der Christ die wichtigen und bindenden Entscheidungen der Kirche als zum Glauben dazugehörend an und lehnt eine selbstgemachte Kirche ab, die sich vermeintlich als von unten, von der Basis kommend gegen den Glauben stellt.
Gott ist denen, die der Kirche glauben und mit ihr eins sind, besonders in seiner Liebe gegenwärtig. Das wird angedeutet in der apokalyptischen Vision des Heiligen Johannes, von der wir auch diesen Sonntag wieder hören werden. Das wird uns dann im Sonntagsevangelium zudem vom Herrn selber gesagt: „Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten; mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen.“ (Joh., 14,23)
Man muss das natürlich umfassend und im richtigen Kontext verstehen: Das Festhalten am Wort Gottes ist ohne Kirche eben gar nicht möglich. So kann auch ohne Liebe zur Kirche die göttliche Liebe nicht wirklich wachsen. – In ähnlicher Weise nimmt auch die göttliche Liebe nicht irgendwo, sondern in unübertreffbarer Weise in der Mitfeier der sonntäglichen Eucharistie konkret Gestalt an und strahlt von ihr besonders in die Welt und den Alltag aus.
Am Fest Christi Himmelfahrt werden vier Kinder, die sich in St. Pantaleon auf die Erstkommunion vorbereitet haben, zum ersten Mal Jesus Christus in einer Weise nahe sein, die vom Ansatz her nicht inniger sein kann.
Als Papst Benedikt einmal von einem Kommunionkind gefragt wurde: „Welche Erinnerungen hast du an deine Erstkommunion?“ antwortete er spontan: „Im Mittelpunkt meiner frohen und schönen Erinnerungen steht …, dass ich verstanden habe, dass Jesus in mein Herz eingetreten ist und gerade mich besucht hat. Und mit Jesus ist Gott selbst bei mir. Das ist ein Geschenk, das tatsächlich mehr wert ist als der ganze Rest, der uns vom Leben gegeben werden kann. Und ich habe begriffen, dass jetzt eine neue Etappe meines Lebens begonnen hat. Ich war neun Jahre alt; jetzt war es wichtig, dieser Begegnung treu zu bleiben, dieser Kommunion. Ich habe dem Herrn versprochen, so gut ich konnte: ‚Ich möchte immer bei dir sein‘ und habe gebetet: ‚Aber sei du vor allem bei mir!‘ Und so bin ich in meinem Leben weitergegangen. Gott sei Dank, der Herr hat mich immer bei der Hand genommen, mich auch in schwierigen Situationen geführt. Und so war diese Freude der Erstkommunion der Anfang eines gemeinsamen Weges. Ich hoffe, auch für euch alle, dass die Erstkommunion … der Anfang einer Freundschaft mit Jesus für das ganze Leben ist. Der Anfang eines gemeinsamen Weges, weil wir dann gut gehen und das Leben gut wird, wenn wir mit Jesus gehen.“
Das wünschen wir unseren vier Kommunionkindern von Herzen.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Die zweite Lesung des fünften Sonntags in der Osterzeit ist der Geheimen Offenbarung, der Apokalypse entnommen, in welcher der Heilige Johannes als ihr Verfasser im 21. Kapitel eine Vision niederschrieb, die ihm von Gott geschenkt wurde (Offb. 21,1): „Ich, Johannes, sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, auch das Meer ist nicht mehr.“
Johannes nennt den „neuen Himmel und die neue Erde“ auch „heilige Stadt“ und „neues Jerusalem“ und vergleicht sie mit einer Braut, „die sich für ihren Mann geschmückt hat“. Sie zeichnet sich durch die Nähe Gottes aus (ibid., 3): „Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen, und sie werden sein Volk sein.“ Und als Folge davon, durch das Wirken des ganz nahen, ihre Mitte bestimmenden Gottes, unterscheidet sich diese „heilige“ und „neue Stadt“ von all dem, was wir bisher kennen (ibid., 4): „Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal“.
Es klingt wie eine märchenhafte Zukunft, was hier angekündigt wird. Aber es ist kein Märchen. Es ist wahr und wird einmal so kommen (ibid., 5a): „Er, der auf dem Throne saß, sprach: Seht, ich mache alles neu.“
An der Wahrheit dieser Zukunft zweifelt der nicht mehr, der sich das neue Gebot, mit dem der Herr sich von seinen Jüngern verabschiedet, zu Herzen nimmt. Derselbe Johannes, dem Gott den visionären, apokalyptischen Blick in die Zukunft gewährte, gibt in seinem Evangelium, das wir passend am selben Sonntag hören werden, als Abschiedsworte Jesu wieder (Joh 13,33a-35): „Meine Kinder, ich bin nur noch kurze Zeit bei euch. Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt.“
Die Zukunft für den Menschen beginnt bereits jetzt. Sie beginnt in seinem irdischen Leben, das zwar weiterhin von der Widersprüchlichkeit der Gottferne und folglich des eigenen Versagens geprägt bleibt. Aber zugleich scheint in diese unbeständige Vergänglichkeit das verwandelnde Licht Gottes hinein. Wer es aufnimmt, sein Leben trotz aller Unzulänglichkeiten am unfehlbaren Wort Gottes stetig neu orientiert, der erfährt Gottes wiederaufbauende und verwandelnde Gnade schon in diesem Leben; und das in zunehmendem Maß.
Gott lässt mit seiner Gegenwart im Herzen der Menschen, die ihn nicht abweisen, bereits im noch ganz irdischen Leben aufleuchten, wozu jeder als Mensch fähig ist, und verhilft erfahrbar zu einem Leben, das ganz von der Liebe mit all ihrer positiv verwandelnden Kraft geprägt ist. – Gerne sage ich auch Ihnen: Versuchen Sie es und lassen Sie sich darauf ein. Ich empfehle nur, was ich selber erprobt habe und auch weiterhin erfahre.
In einer gewissen Korrespondenz dazu stehen die Bilder von Gerd Mosbach, die an diesem Sonntag nach dem Hochamt gegen 12.00 Uhr im Westwerk von St. Pantaleon enthüllt und dort einige Tage, bis zum 24. Mai, zu sehen sein werden.
Die beiden Gemälde stellen die Gültigkeit von Opfer-/Täter-Rollen in Frage: Täter werden zu Opfern, und Opfer zu Tätern. Mosbach beleuchtet das Kausalverhältnis Unrecht/Leid – neues Unrecht/Leid nicht nur in der jeweiligen Beziehung, sondern im Hinblick auf das tatsächliche gesellschaftliche Verständnis. Täter und Opfer vermengen sich zu Täter-Opfer-Konglomeraten in ein und der gleichen Struktur; als Individuum und als Gruppe. Näheres erfahren Sie vor Ort.
Der gläubige Christ weiß und hat es im eigenen Leben erfahren: Mit Gottes Hilfe vermag der Mensch diese Spirale der Gewalt und des menschlichen Versagens endgültig zu durchbrechen.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- Frühchristliche Darstellung von Jesus als Guter Hirte, 4. Jahrhundert, epigrafisches Museum "Terme di Diocleziano", Rom [public domain]
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Im Gegensatz zu den vorherigen Ostersonntagen fällt das Evangelium dieses Sonntags ganz knapp und kurz aus. Umso nachhaltiger wiegt das Gewicht seiner Aussage (Joh 10,27-29): „Meine Schafe hören auf meine Stimme; ich kenne sie, und sie folgen mir. Ich gebe ihnen ewiges Leben. Sie werden niemals zugrunde gehen, und niemand wird sie meiner Hand entreißen. Mein Vater, der sie mir gab, ist größer als alle, und niemand kann sie der Hand meines Vaters entreißen.“
Es bedarf keiner allzu großen Kenntnis der Heiligen Schrift, um zu verstehen, dass Jesus mit den Schafen bildhaft uns Menschen und sich selber als guten Hirt meint. Bedenkt man, dass Schafherden mit ihren Hirten zur Zeit Jesu sogar das Leben der großen Städte entscheidend mitgeprägt haben, dann gewinnt die bildhafte Rede Jesu zusätzlich an pädagogischem Gewicht: Jeder hat ihn unmissverständlich verstehen können: „Meine Schafe hören auf meine Stimme.“
Dazu folgende Geschichte: Ein Reisender traf in Palästina an einer Wasserstelle drei Hirten an, die ihre Tiere nicht nach Herden getrennt, sondern gemeinsam tränkten. Er dachte sich: „Wie soll da der Einzelne seine Schafe wieder herausfinden?“
Als sich die Tiere satt getrunken hatten, nahm einer der Hirten seinen Stab und rief: „Men ah!“ (Folgt mir!) Sogleich schloss sich ihm etwa ein Drittel der Tiere an, nämlich genau seine Herde.
Dann rief der zweite Hirte, und das Gleiche geschah. – Der Besucher fragte nun den dritten Hirten: „Würden deine Schafe wohl auch mir folgen, wenn ich so rufe?“ – Der Hirt schüttelte den Kopf: „Versuch es!“
Daraufhin zog der Reisende den Mantel des Hirten an, band sich den Turban um, ergriff den Hirtenstab und rief: „Men ah!" … Aber kein Tier folgte. – „Nur wenn ein Tier verrückt und krank ist“, lächelte der Hirte, „folgt es dem Nächstbesten.“
Diese Geschichte hält unserer Zeit einen Spiegel vor Augen. Im Zeitalter bislang ungeahnter Mobilität und Vernetzung, die unbegrenzte Freiheit und ein Leben mit tausend Möglichkeiten vorgaukeln, sind viele Zeitgenossen längst fremdgesteuerte Individuen geworden, die, beeinflusst von gewinnsüchtigen Trends und vorübergehenden Modeerscheinungen, ihre fundamentale Freiheit scheinbar längst aufgegeben haben. Mit ihren Smartphones und Kopfhörerclips haben sie sich in ein geistiges Funkloch manövrieren lassen, das ihnen die großen Möglichkeiten ihres Lebens gänzlich wegzunehmen droht.
„Meine Schafe hören auf meine Stimme.“ Entscheidend ist in dieser kurzen Feststellung das zweimal vorkommende Wort: „meine“. Anders als wir es im Zwischenmenschlichen zu oft gewohnt sind, ist hier das Wort „mein“ gerade nicht im egozentrischen Sinn gemeint. Gott ist „Sein in Fülle“. Nichts, was es außerhalb von ihm gibt, kann der Seinsfülle Gottes irgendetwas hinzufügen. Und alles, was außerhalb von ihm ist, geht zudem auf ihn zurück: Er hat die Schöpfung an seinem Sein teilhaben lassen wollen, damit auch sie etwas, und sogar sehr viel davon, haben kann.
Wer nicht mehr, oder immer weniger auf Gott, und dafür immer mehr auf andere Stimmen und „Angebote“ hörte, der ist krank und verrückt geworden. – An diesem Sonntag werden wir kurz, aber sehr intensiv daran erinnert und dazu ermutigt, die Beziehung zu Gott weiterhin und zuversichtlich zu pflegen und uns so nicht in ein „Funkloch“ abdrängen zu lassen. Dabei hilft unter anderem das sogenannte „Sonntagsgebot“. Es ist das erste von den insgesamt fünf Geboten der Kirche und lautet (Kompendium Katechismus der Katholischen Kirche): „Am Sonntag und an den anderen gebotenen Feiertagen an der Messe teilnehmen und keine Arbeiten und Tätigkeiten verrichten, welche die Heiligung dieser Tage gefährden.“
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- Die Reue des Petrus - Claude Vignon - zwischen 1623 und 1630 [public domain]
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Die Gottesdienste von Ostern bis Pfingsten sind von dem geprägt, was die Auferstehung Jesu bedeutet und wie sie sich im Herzen eines jeden wirkmächtig entfalten kann. Die Auferstehung Jesu ist wie eine Wende von der Finsternis zum Licht, von der Angst, der Vergeblichkeit und der Sinnlosigkeit zu einem neuen Anfang, zu neuer Hoffnung und neuer Zukunft.
Doch wie geht das? Wie wird diese Wende zu einem bleibenden Durchbruch, der das Leben der Menschen fortan positiv bestimmt und in guter Weise bleibend verändert? Dass eine solche Wende notwendig ist, wird wohl niemand bestreiten. Dazu genügt ein aufmerksamer Blick in eine beliebige Tageszeitung. – Aber noch einmal: Wie geht das?
Wir sehen ja nicht den auferstandenen Jesus, der in seiner Auferstehung alles verändert hat. Und der Glaube daran ist ein eher dunkles Licht, auch wenn er schon viele Menschen, existentiell bewegt, getroffen und wirklich verändert hat. In gewisser Weise sitzen hier gläubige und ungläubige Menschen im selben Boot.
Beide haben ihre Erfahrung mit dem machen können, was über das Irdisch-Vergängliche hinausragt und nicht darauf begrenzt bleibt. Aber diese Erfahrungen oder „inneren Erleuchtungen“ sind meist nur von kurzer Dauer. Dann sind sie wieder bedroht, im Grau des Alltags unterzugehen.
Den Aposteln ist es nicht anders ergangen. Als sich nach den ersten hoffnungsvollen Begegnungen mit dem Auferstanden nichts weiter mehr tut, kehren sie zunächst in ihre Alltagsarbeit zurück. – Petrus sagte (Joh 21,3): „Ich gehe fischen.“ Einige der anderen Apostel, die mit ihm zusammen waren, „sagten zu ihm: Wir kommen auch mit. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot. Aber in dieser Nacht fingen sie nichts.“
Daraufhin aber geschah es (Joh 21,4): „Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Doch die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war.“ Der für die Apostel noch Unerkannte forderte sie auf, das Netz erneut auszuwerfen. Sie taten es (Joh 21,6): „Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es.“ – Jesus selber ergreift also die Initiative; mitten hinein in das alltägliche Leben der Apostel. Und sie lassen sich darauf ein.
So also geht das. Glaube ist Gnade. Er übersteigt menschliches Vermögen und kann von Menschen weder erweckt noch zum Wachsen bewegt werden. Glaube wird von Gott geschenkt. Aber Glaube wächst zugleich nur dort, wo sich der Menschen der gnadenhaften Initiative des göttlichen Jesus ganz öffnet und sich ohne Vorbehalte auf sie einlässt. – Das ist oft nicht leicht und setzt voraus, dass man sich wieder einmal etwas weniger wichtig nimmt, wie wir es sonst voneinander gewohnt sind, dafür aber Gottes Barmherzigkeit wieder in den Vordergrund stellt.
Papst Franziskus hat dies am letzten Sonntag, dem Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit, mit Blick auf den Hl. Petrus verdeutlicht: „Dreimal verleugnet er Jesus gerade in dem Moment, als er ihm ganz besonders nahe hätte sein sollen. Und als ihm dies zutiefst bewusst wird, begegnet ihm der Blick Jesu, der ihm geduldig und ohne Worte zu verstehen gibt: ‚Petrus, hab‘ keine Angst wegen deiner Schwachheit, vertraue auf mich!‘ Und Petrus versteht, spürt den liebevollen Blick Jesu und weint.“
Im Evangelium von diesem Sonntag nun wendet sich Jesus nach dem erfolgreichen Fischfang dreimal fragend an den dreimaligen Verleugner Petrus: „Petrus, liebst du mich?“ – Auf die von diesem Zusammenhang geprägte dreimalige Antwort des Petrus: „Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich lieb habe“ sagte Jesus zu ihm: „Weide meine Lämmer / weide meine Schafe!“
So also geht das mit der positiven Veränderung und Wende. Durch die entgegenkommende und gnadenhafte Initiative Jesu wurde Petrus vom feigen Leugner zum standhaften Felsen, weil er sich der Frage Jesu stellte – „Liebst du mich?“ –und sie beantwortet hat. – Was hindert uns daran wahrzunehmen, dass der Herr auch uns diese Frage stellt, und sich auf sie einzulassen und in rechter Weise zu antworten?
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- Das Bild vom barmherzigen Jesus in St. Pantaleon von Wladimir Naumez - inspiriert von den Visionen der heiligen Mystikerin, Sr. Maria Faustyna Kowalska, und der klassischen russischen Ikonenmalerei.
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Auf ausdrücklichen Wunsch des seligen Papstes Johanes Paul II. trägt der Sonntag nach Ostern neben dem durch viele Erstkommunionfeiern allseits bekannten Namen „Weißer Sonntag“ seit nunmehr 13 Jahren noch einen weiteren Namen: „Sonntag der Göttlichen Barmherzigkeit“. Papst Johannes Paul II. hat ihn im Jubiläumsjahr 2000 am Sonntag nach Ostern als besonderes Fest für die ganze Kirche eingeführt.
Gerade heute sind das Bedürfnis und die Sehnsucht vieler Menschen nach befreiender Vergebung, nach liebender Annahme und heilender Versöhnung wieder deutlich spürbar und erkennbar geworden. Vor diesem Hintergrund kommen das Fest der göttlichen Barmherzigkeit und seine Einführung zur rechten Zeit. Sie erscheinen wie eine zielgenaue, den Menschen geschenkte Antwort Gottes auf die Zeichen der Zeit. Auch sprechen die bisherigen Erfahrungen der besonderen Feier dieses Festes eine überzeugende Sprache: Wo der Barmherzigkeitssonntag gefeiert wird, da ist auch eine spürbare und schon seit langem notwendige Wiederbelebung und Erneuerung der Beichtpraxis festzustellen.
Das Sakrament der Vergebung mit seiner unüberbietbar wirksamen Versöhnung mit Gott, der Kirche und dem Nächsten ist ein wesentlicher Bestandteil des christlichen Glaubens an die verwandelnde und erneuende Barmherzigkeit Gottes. Dieser Zusammenhang ist so alt und zugleich so aktuell ist wie das Evangelium selbst. Dort ist er gegründet und lässt die Barmherzigkeit Gottes, die nach der Hl. Schrift ganz entscheidend zum Wesen Gottes gehört, für den Menschen in besonderer, weil sakramentaler Weise erfahrbar und konkret werden.
Die Einführung des Barmherzigkeit-Sonntags wurde angeregt durch die hl. Schwester Maria Faustyna Kowalska ( gest. 1938 in Krakau) und ist zugleich eng mit der Lebensgeschichte Karol Woytilas verbunden.
Der junge Karol studierte während der deutschen Besetzung Polens im geheimen Priesterseminar von Krakau Theologie und musste gleichzeitig in der Chemiefabrik „Solvay“ Zwangsarbeit leisten. In dieser Zeit suchte er häufig ein nahegelegenes Kloster auf und kniete dort am Grab von Sr. Maria Faustyna nieder, die bereits als 33-jährige verstorben war.
Als 3. von 10 Kindern war sie 1905 in einer einfachen polnischen Bauernfamilie geboren worden und mit 20 Jahren in Warschau in die Kongregation der Muttergottes der Barmherzigkeit eingetreten. Während der 13 Jahre ihres Ordenslebens arbeitete sie als Köchin, Gärtnerin und Pförtnerin. Nach außen hin war dieses Leben scheinbar eintönig und grau. Im Inneren aber war es erfüllt von einer ungewöhnlich tiefen Vereinigung mit Gott.
In mystischen Einsprechungen legt ihr der auferstandene Christus die folgenden Worte als seine eigenen in den Mund: „Die Menschheit wird keinen Frieden finden, solange sie sich nicht mit Vertrauen an meine Barmherzigkeit wendet.“ – „Ich wünsche, dass meine Barmherzigkeit festlich am 1. Sonntag nach Ostern begangen werde.“
Ein anderes Mal gibt sie folgende Worte als von Jesu selber ihr in den Mund gelegte wieder: „Niemand soll Angst haben, zu mir zu kommen, selbst wenn seine Sünden so rot wären, wie Scharlach. Meine Barmherzigkeit ist so groß, dass kein Verstand, weder von Menschen noch von Engeln sie in Ewigkeit ergründen kann. – Jene, die am Fest meiner Barmherzigkeit beichten und die heilige Kommunion empfangen, erhalten nicht nur die Verzeihung ihrer Sünden, sondern auch den Nachlass der Strafen, die sie dafür verdienen.“
Der junge Theologiestudent Karol Woytila verspürte in den dunklen Jahren des 2.Weltkriegs an ihrem Grab die mystische Kraft, die von dieser einfachen, aber heiligen Ordensfrau ausging und hat daraus Mut für seinen eigenen Weg geschöpft. – Später als Papst blickt er auf diese Zeit zurück und schreibt: „Es war, als habe Christus begreiflich machen wollen, dass das Böse, dessen Urheber und Opfer der Mensch ist, an eine ihm gesetzte Grenze stößt, und dass diese Grenze letztendlich die göttliche Barmherzigkeit ist. [...] Es war, als hätte Christus durch Sr. Faustyna sagen wollen: »Das Böse trägt nicht den endgültigen Sieg davon!«“ – Am 30. April 2000 sprach er sie heilig; nicht zuletzt wegen der hier skizzierten Zusammenhänge.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- Marienfelder Altar, rechter Flügel von 1457 - Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin [public domain]
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Jahr für Jahr wird am Palmsonntag mit den Passionsberichten aus den Evangelien die Karwoche eröffnet und eingeleitet. Auch wenn man die Passionsgeschichten längst zu kennen meint und sie einem gut vertraut erscheinen, gehen sie immer wieder unter die Haut. In ihnen wird erkennbar, wer dieser Gott für uns ist, der aus der Höhe des Himmels zu uns Menschen hinabgestiegen ist, das Leben mit uns geteilt hat, und dies nicht nur in Augenblicken der freudigen Ereignisse wie bei der Hochzeit zu Kana, sondern auch in den schmerzhaften und traurigen Momenten wie beim Tod des Lazarus und der kraftvoll gewirkten Auferweckung desselben.
Als menschgewordener Gott nimmt Jesus bereitwillig den Tod auf sich. Damit überwindet er die Sünde als Ursache des Todes und der Abwendung von Gott und erlöst zugleich alle Menschen, die sich auf diese Realität einzulassen bereit sind. So ist die Todesstunde Jesu zum einen die dunkelste Stunde der menschlichen Geschichte überhaupt. Zugleich ist sie aber auch die Stunde der Reinigung von allen Sünden, die Menschen je begangen haben und noch begehen werden. Damit ist sie zum anderen eine Sternstunde, die jeden Menschen heilsam auch mit sich selber konfrontiert.
Dies verdeutlicht die Karfreitagsliturgie während der Kreuzverehrung durch die „Heilandsklagen“, die sogenannten „Improperien“, in denen es heißt: „Mein Volk, was habe ich dir getan, womit nur habe ich dich betrübt? Antworte mir. Aus der Knechtschaft Ägyptens habe ich dich herausgeführt. Du aber bereitest das Kreuz deinem Erlöser.“ Immer wieder erinnern die Heilandsklagen an die Wohltaten, die Gott seinem Volk erwiesen hat, welche dieses aber damit beantwortet, dass es sich des Gottessohnes entledigen will: „Vierzig Jahre habe ich dich geleitet durch die Wüste. Ich habe dich mit Manna gespeist und dich hineingeführt in das Land der Verheißung. Du aber bereitest das Kreuz deinem Erlöser.“
Schließlich legt die Liturgie dem gekreuzigten Gottessohn die Frage und die darauf folgende Klage in den Mund: „Was hätte ich dir mehr tun sollen und tat es nicht? Als meinen erlesenen Weinberg pflanzte ich dich, du aber brachtest mir bittere Trauben, du hast mich in meinem Durst mit Essig getränkt und mit der Lanze deinem Erlöser die Seite durchstoßen.“
In seiner Meditation zur neunten Kreuzwegstation – „Jesus fällt zum dritten Mal unter dem Kreuz“ – sagte Josef Kardinal Ratzinger am Karfreitag 2005, noch vor seiner Papstwahl: „Was kann uns der dritte Fall Jesu unter dem Kreuz sagen? Wir haben an den Sturz des Menschen insgesamt gedacht, an den Abfall so vieler von Christus in einen gottlosen Säkularismus hinein.“ Dann wandte Ratzinger den Blick aber auch in die Kirche selber hinein: „Müssen wir nicht auch daran denken, wie viel Christus in seiner Kirche selbst erleiden muss? Wie oft wird das heilige Sakrament seiner Gegenwart missbraucht, in welche Leere und Bosheit des Herzens tritt er da oft hinein? Wie oft feiern wir nur uns selbst und nehmen ihn gar nicht wahr? … Wie wenig achten wir das Sakrament der Versöhnung, in dem er uns erwartet, um uns von unserem Fall aufzurichten?“
Und Ratzinger schloss damals seine Betrachtung zum dritten Sturz Jesu: „All das ist in seiner Passion gegenwärtig. Der Verrat der Jünger, der unwürdige Empfang seines Leibes und Blutes, muss doch der tiefste Schmerz des Erlösers sein, der ihn mitten ins Herz trifft. Wir können nur aus tiefster Seele zu ihm rufen: Kyrie, eleison - Herr, rette uns (vgl. Mt 8, 25).“
Möge die Karwoche uns alle bewegen, über unseren Umgang mit Jesus Christus selbstkritisch nachzudenken, um uns ihm so mit und aus ganzem Herzen wieder zuzuwenden.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
„Habemus Papam“ – Wie ein Lauffeuer verbreitete sich diese Nachricht am Mittwochabend, dem 13. März, um die ganze Welt und war angesichts der Bedeutung der weltweiten Kirche und damit dieser Nachricht Thema Nummer eins auf allen Kanälen.
„Habemus Papam“ – Seit diesem Mittwochabend ist es Papst Franziskus. Unser Generalvikar, Dr. Stefan Heße, der hier in Köln wegen der Teilnahme unseres Erzbischofs am Konklave die „Stallwache“ innehatte, fasst zusammen: „In einem sehr kurzen Konklave fiel die Wahl auf den bisherigen Erzbischof von Buenos Aires, Kardinal Jorge Mario Bergoglio. Er wurde am 17. Dezember 1936 in Buenos Aires geboren und studierte zunächst Chemie. 1958 trat er in den Jesuitenorden ein und empfing 1969 die Priesterweihe. Nach den ewigen Gelübden war er Novizenmeister und Provinzial seines Ordens und lehrte an der Katholischen Fakultät von San Miguel in Buenos Aires. Seine Studien im Rahmen seiner Promotion führten ihn auch in unser Land. 1992 wurde er Weihbischof im Erzbistum Buenos Aires, 1998 Erzbischof. Er ist Beauftragter für die Gläubigen der katholischen Ostkirchen, die in Argentinien keinen eigenen Seelsorger haben. Von 2005 bis 2011 war er Vorsitzender der Argentinischen Bischofskonferenz, 2001 erhob Johannes Paul II. ihn zum Kardinal.“
Es ist in mehrfacher Hinsicht eine historische Wahl! Zum ersten Mal kommt ein Papst, dem als „Stellvertreter Christi auf Erden“ im tiefsten Sinn des Wortes eine „Schlüsselstellung“ (vgl. Mt 16,19) zukommt, aus Lateinamerika, wo knapp die Hälfte der Katholiken leben. Zum ersten Mal in der Geschichte ist es ein Ordensmann aus der Gesellschaft Jesu, dem vom Heiligen Ignatius von Loyola im 16. Jahrhundert gegründeten Jesuitenorden, der nun das Petrusamt übernimmt. Und wiederum wählt zum ersten Mal ein Papst den Namen des heiligen Franziskus und stellt sich damit besonders unter den Schutz des Heiligen Franz von Assisi, dem Gründer des Franziskanerordens.
Weltweit lässt sich eine schöne Übereinstimmung über seinen ersten Auftritt auf der Loggia des Petersdoms feststellen, der viele beeindruckt hat. Er sei vom „Ende der Welt“ nach Rom gekommen, sagt Papst Franziskus, und er wolle nun mit den Gläubigen einen gemeinsamen Weg gehen. Bevor er seinen ersten Segen „Urbi et orbi“ spendete, hielt er einen Moment inne, verneigte sich und bat alle, den Segen Gottes für ihn zu erflehen. Nach dem anfänglichen Jubel wurde es für eine kurze Zeit auf dem Petersplatz ganz still. Alle verharrten, innerlich angerührt, im stillen Gebet.
Gerne gebe ich die von unserem Herrn Generalvikar an uns Priester gerichtete Bitte im Wortlaut an Sie weiter: „Ich darf Sie ganz herzlich einladen, in Ihren Gemeinden und Gemeinschaften dieser aufrichtigen und demütigen Bitte unseres neuen Papstes nachzu-kommen: den Segen Gottes für ihn und seinen Dienst in der Weltkirche und für die großen Aufgaben, die nun vor ihm liegen, zu erflehen.“
Unser Erzbischof hat zudem alle Gläubigen zu einem feierlichen Dankgottesdienst für unseren neuen Papst Franziskus für Samstag, den 13. April 2013, um 18.30 Uhr in den Kölner Dom eingeladen, besonders auch alle Sängerinnen und Sänger aus unseren Chören, um die Krönungsmesse von Wolfgang Amadeus Mozart mitzusingen.
In Dankbarkeit, Freude und innigster Verbundenheit mit unserem Heiligen Vater, Papst Franziskus, grüßt Sie von Herzen,
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- Das Gleichnisvom verlorener Sohn - James Tissot - 1836-1902 [public domain]
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Am vierten Fastensonntag wird das längste Gleichnis Jesu vorgetragen: das Gleichnis vom „verlorenen Sohn“ oder, wie es auch genannt wird, vom „barmherzigen Vater“. Vor nicht ganz 29 Jahren hat sich der selige Papst Johannes Paul II. dazu wie folgt geäußert:
„»Ein Mann hatte zwei Söhne. Der jüngere von ihnen sagte zu seinem Vater: Vater, gib mir das Erbteil, das mir zusteht«, so erzählt Jesus bei der Darstellung der dramatischen Geschichte dieses jungen Mannes: der leichtsinnige Weggang aus seinem Vaterhaus, die Vergeudung all seines Besitzes in einem ausschweifenden Lebenswandel ohne Sinn, die dunklen Tage der Fremde und des Hungers, aber mehr noch die Tage der verlorenen Würde, der Erniedrigung und Beschämung und schließlich die Sehnsucht nach dem Vaterhaus, der Mut zur Heimkehr, der Empfang durch den Vater. Dieser hatte den Sohn keineswegs vergessen; im Gegenteil, er hatte ihm unverändert Liebe und Achtung bewahrt. So hatte er immer auf ihn gewartet, und so umarmt er ihn jetzt, während er zum großen Fest für denjenigen auffordert, der tot war und wieder lebt, der verloren war und wiedergefunden wurde.
Der Mensch - ein jeder Mensch - ist ein solcher verlorener Sohn: betört von der Versuchung, sich vom Vater zu trennen, um ein unabhängiges Leben zu führen; dieser Versuchung verfallen; enttäuscht von der Leere, die ihn wie ein Blendwerk verzaubert hatte; allein, entehrt, ausgenutzt, als er sich eine Welt ganz für sich allein zu schaffen versucht; auch in der Tiefe seines Elendes noch immer gequält von der Sehnsucht, zur Gemeinschaft mit dem Vater zurückzukehren. Wie der Vater im Gleichnis erspäht Gott den heimkehrenden Sohn, er umarmt ihn bei seiner Ankunft und lässt die Tafel herrichten für das Festmahl ihrer neuen Begegnung, mit dem der Vater und die Brüder die Wiederversöhnung feiern.
Was an diesem Gleichnis am meisten beeindruckt, ist die festliche und liebevolle Aufnahme, die der Vater dem heimkehrenden Sohn bereitet: ein Zeichen der Barmherzigkeit Gottes, der immer bereit ist zu verzeihen. Sagen wir es gleich: Die Versöhnung ist in erster Linie ein Geschenk des himmlischen Vaters.
Das Gleichnis lässt aber auch den älteren Bruder auftreten, der seinen Platz beim Festmahl verschmäht. Er wirft dem jüngeren Bruder dessen lockeres Treiben vor und dem Vater den Empfang, den dieser dem verlorenen Sohn vorbehalten habe, während es ihm selbst, immer beherrscht und fleißig und treu zum Vater und zum Hause stehend, niemals erlaubt worden sei - wie er sagt -, mit seinen Freunden ein Fest zu feiern. Ein Zeichen, dass er die Güte des Vaters nicht versteht. Solange dieser Bruder, von sich selbst und seinen Verdiensten allzu sehr überzeugt, eifersüchtig und verächtlich, voller Bitterkeit und Zorn, sich nicht bekehrt und mit dem Vater und dem Bruder versöhnt, ist dieses Mahl noch nicht ganz das Fest der Begeg-nung und des Sichwiederfindens.
Der Mensch - ein jeder Mensch - ist auch ein solcher älterer Bruder. Egoismus macht ihn eifersüchtig, lässt sein Herz hart werden, verblendet und verschließt ihn gegenüber den anderen und vor Gott. Die Güte und Barmherzigkeit des Vaters reizen und ärgern ihn; das Glück des heimgekehrten Bruders schmeckt ihm bitter. Auch in dieser Hinsicht hat der Mensch es nötig, sich zu bekehren, um sich auszusöhnen.“
Gerne empfehle ich Ihnen, mit diesen Gedanken die große Liebe Gottes, des Vaters, die sich im Anbieten vollständiger Versöhnung unüberbietbar ausdrückt, für das eigene Leben vertiefend zu betrachten. Da auch „die Gestalt des älteren Bruders an den Egoismus erinnert, der die Brüder untereinander entzweit, wird es auch zur Geschichte der Menschheitsfamilie. Es kennzeichnet unsere Lage und gibt den zu gehenden Weg an“, so noch einmal Papst Johannes Paul II.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- Der Hl. Petrus - Glasmalerei im Dom zu Regensburg [public domain]
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Der Abschied von Papst Benedikt XVI. ist all denen schwer gefallen, die der Kirche, wie sie auf Jesus Christus zurückgeht, verbunden sind. „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen“ (Mt 16,18), sagte damals Jesus zu Petrus. Dass dieses an Petrus gerichtete Wort auch für seine Nachfolger gilt, ergibt sich notgedrungen daraus, dass der Bestand der irdischen Kirche die Sterblichkeit des Petrus überdauert. So sind diese Worte Jesu schon in der Urkirche gedeutet und folglich auf die ersten Nachfolger des Hl. Petrus bezogen worden. Schon das hat große Bedeutung für die rechte Auslegung der Hl. Schrift und das rechte Verständnis der Worte Jesu.
In gewisser Weise ist Papst Benedikt XVI. am 28. Februar um 20.00 Uhr, dem Zeitpunkt seines Rücktritts, gestorben. Das hat er bei seiner letzten öffentlichen Audienz am 27. Februar, die zugleich sein großer „Abschied“ war, mehr oder weniger selber so erklärt.
Einleitend erinnerte er an den Anfang seines Pontifikates: „Als ich vor knapp acht Jahren, am 19. April 2005, Ja dazu gesagt habe, das Amt des Nachfolgers Petri anzunehmen, erfüllte mich eine Gewissheit, die mich seitdem begleitet: Die Gewissheit, dass die Kirche ihr Leben aus dem Wort Gottes schöpft. Wie ich schon mehrmals erzählt habe, hallten damals in meinem Herzen die Worte wider: Herr, warum verlangst Du das von mir? Und was erwartest du von mir? Es ist eine schwere Last, die du auf meine Schulter legst, doch wenn du es von mir verlangst, werde ich meine Netze auf dein Wort hin auswerfen in der Gewissheit, dass du mich führen wirst. Acht Jahre später kann ich sagen: Der Herr hat mich wahrlich geführt und ist mir immer nahe gewesen; ich habe seine Nähe täglich spüren können.“
Und dann kehrte Papst Benedikt, nachdem er auf die Kraft Gottes und des Glaubens verwiesen und sich bei allen bedankt hatte, auf diesen Anfang zurück: „Erlaubt mir, in Gedanken noch einmal zu jenem 19. April 2005 zurückzukehren. Von jenem Augenblick an bin ich immer und für immer mit der Arbeit für den Herrn beschäftigt gewesen. Immer: Wer das Amt des Nachfolgers Petri annimmt, hat kein Privatleben mehr. Er gehört immer und ganz der Kirche, das heißt, allen. Seinem Leben wird sozusagen die Privatsphäre völlig entzogen. Ich habe dabei erfahren, und ich erfahre es auch jetzt wieder, dass man sein Leben genau dann empfängt, wenn man es seinen Brüdern schenkt. Ich sagte vorhin, dass viele Menschen, die den Herrn lieben, auch den Nachfolger Petri lieben. Der Papst hat wirklich unzählige Brüder und Schwestern, Söhne und Töchter in der ganzen Welt; er fühlt sich geborgen in dieser Umarmung der Gemeinschaft, eben weil er nicht mehr sich selbst gehört, sondern allen und weil alle ihm gehören.
»Immer« bedeutet auch »für immer« – es gibt keine Rückkehr zum Privatleben. Meine Entscheidung, auf die aktive Ausübung meines Amtes zu verzichten, kann daran nichts ändern. Ich ziehe mich nicht ins Privatleben zurück, kehre nicht zu Reisen, Begegnungen, Konferenzen und ähnlichem zurück. Ich verlasse das Kreuz nicht, sondern bleibe auf eine neue Weise beim gekreuzigten Herrn. Ich trage nicht mehr das Amt und die Verantwortung der Führung der Kirche, aber im Dienst und im Gebet bleibe ich sozusagen im Hof des heiligen Petrus.“
Von daher ist der Amtsverzicht von Papst Benedikt XVI. ein „Sterben“ zum Wohl der Kirche und aller Christgläubigen; und von daher ist sein Rücktritt zu verstehen und zu erklären, zu dem er sich wörtlich noch einmal wie folgt äußerte: „In den vergangenen Monaten habe ich gespürt, wie meine Kräfte nachlassen, und ich habe Gott im Gebet eindringlich gebeten, mich zu erleuchten und mir zu helfen, einen Entschluss zu fassen, der das Beste, nicht für mich, sondern für das Wohl der Kirche ist. Ich habe mich für diesen Schritt entschieden, im vollen Bewusstsein seines Ernstes und seiner Neuartigkeit, doch in tiefem Frieden des Geistes. Die Kirche lieben bedeutet auch den Mut besitzen, schwere Entscheidungen zu treffen, indem man immer das Wohl der Kirche und nicht sich selbst vor Augen hat.“
Nach seiner Ankunft in Castel Gandolfo am Abend des Rücktritts fasste er das alles in wenigen Worten und in freier Rede vom Balkon der Residenz vor den jubelnden Menschen, die dicht gedrängt auf dem Platz gewartet haben, noch einmal zusammen, die Arme weit ausgebreitet zum Gruß: „Danke! Danke! Liebe Freunde, ich bin glücklich, bei euch zu sein, umgeben von der Schönheit der Schöpfung und eurer Zuneigung, die mir sehr gut tut. Danke für eure Freundschaft, für eure Liebe. Ihr wisst, dass dieser Tag für mich anders ist als die vorherigen: Ich bin nicht mehr der Oberste Pontifex der katholischen Kirche, bis acht Uhr werde ich es noch sein, danach nicht mehr. Ich bin nur noch ein einfacher Pilger, der die letzte Station seines irdischen Pilgerweges beginnt. Aber ich werde noch mit meinem Herzen, mit meiner Liebe, mit meinem Gebet, mit meinen Gedanken, mit all meinen inneren Kräften für das Gemeinwohl und das Wohl der Kirche und der Menschheit beten. Und ich empfinde eure Zuneigung als große Unterstützung. Gehen wir weiter, zusammen mit dem Herrn für das Wohl der Kirche und der Welt.“ Dann erteilte er zum letzten Mal den Segen als Papst.
Wir können nicht anders, als von ganzem Herzen zu danken, tiefen Respekt und Ehrfurcht zu bekunden, auf das Leben dieses großen Papstes als beispielhaft zu verweisen und nun zum Hl. Geist für eine gute Entscheidung der Kardinäle und um die rechte Wahl zu beten, damit nach der Sedisvakanz bald das erwartete „habemus papam“ erklinge.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
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Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Die Leidensankündigungen Jesu haben bei den Aposteln Verwunderung und sogar Ablehnung ausgelöst. Auch die Aufforderung Jesu, das Kreuz auf sich zu nehmen und ihm nachzufolgen, ist bis heute auf den ersten Blick alles andere als einladend. Man kann es getrost ganz offen sagen: Die zum Kern des Evangeliums gehörende Botschaft, dass der Mensch durch Jesu Tod am Kreuz erlöst worden ist und jeder das Heil nur in der Kreuzesnachfolge findet, ist und bleibt sperrig. Sie ist für die Apostel damals wie für uns heute eine Zumutung.
Acht Tage, nachdem Jesus den Aposteln sein Leiden und Auferstehen angekündigt und sie zur Nachfolge und Selbstverleugnung aufgefordert hatte (vgl. Lk 9,18-27), „nahm Jesus Petrus, Johannes und Jakobus beiseite und stieg mit ihnen auf einen Berg, um zu beten. Und während er betet, veränderte sich das Aussehen seines Gesichtes, und sein Gewand wurde leuchtend weiß" (ibid. 28 f). Bei dieser lichtvollen Verwandlung ließ der Herr die Apostel, die sowohl den Beginn dieses lichtvollen Ereignisses wie dann auch später die dunkle Stunde Jesu im Ölgarten verschlafen haben, für einen kurzen Augenblick seine Herrlichkeit schauen, wohl um ihren Glauben zu stärken und sie wieder Mut fassen zu lassen.
Dabei erschienen neben dem im Glanz der göttlichen Herrlichkeit strahlenden Herrn Mose und Elija, ebenfalls im strahlenden Licht, und sprachen mit ihm „von seinem Ende, das sich in Jerusalem erfüllen sollte“ (ibid. 30f). Petrus und die anderen, die nun wach wurden, hätten diesen lichtdurchfluteten Augenblick gerne festgehalten. Petrus schlägt vor, drei Hütten zu bauen. Aber noch während er redete „kam eine Wolke und warf ihren Schatten auf sie“ (ibid. 34).
Wir Menschen brauchen solche Augenblicke; und Gott schenkt sie auch. Sie schenken uns neuen Mut und die Kraft, vor den Herausforderungen des Lebens nicht weg zu laufen und den alltäglichen oder auch besonderen Schwierigkeiten nicht in falscher Weise auszuweichen.
Der bevorstehende Eucharistische Kongress ist für die katholische Kirche in Deutschland ein solcher Augenblick besonderen Lichtes, wo Gottes Gegenwart wieder erfahrbar und spürbar werden wird. Er ist ein Fest des Glaubens. Anders, als der übliche Sprachgebrauch vielleicht nahelegt, ist dieser Kongress im ursprünglichen Wort eine Zusammenkunft. Die gläubigen Pilger kommen nach Köln um sich um das Zentrum des Glaubens zu versammeln: um die Eucharistie. Sie ist Jesus Christus selber; denn nach der Verwandlung in der Messfeier von Brot und Wein in den Leib und in das Blut Jesu, ist in ihr – der Eucharistie – Christus selber in den verbleibenden, nur noch äußeren Gestalten von Brot und Wein geheimnisvoll, aber dennoch wirklich und tatsächlich gegenwärtig.
Zur inneren Vorbereitung auf den Eucharistischen Kongress, und um für sein Gelingen zu beten, lade ich Sie herzlich zu folgenden Stunden der eucharistischen Anbetung jeweils mittwochs einmal im Monat im Anschluss an die Abendmesse von 19:15 bis 21:00 Uhr ein: am 20.3.; am 24.04. und am 29.05. Dazu wird auch noch ein Aushang erstellt. Darüber hinaus suchen wir ab sofort Freiwillige, die an den Tagen des eucharistischen Kongresses von Donnerstag bis Sonntag, 6.-8. Juni, anfallende Aufgaben der Gastfreundschaft zum Wohl der Pilger übernehmen können. In den nächsten Tagen liegt eine Liste zum Eintragen aus.
Außerdem hat eine Pilgergruppe aus der Diözese Magdeburg uns in St. Pantaleon um Privatquartiere gebeten. Im Einzelnen: 2 Ehepaare; 2 Rentner, eine ältere Dame; 2 Studentinnen (sie möchten gerne zusammen untergebracht werden); 2 Jugendliche (ein Mädchen und ein Junge) und eine Familie mit 4 noch sehr kleinen Kindern sowie 2 Pfarrer. Bitte melden Sie sich im Pfarrbüro, wenn Sie aus dieser Gruppe Gäste bei sich zu Hause aufnehmen können.
Ihr Pfr. Dr. volker Hildebrandt
- Papst Benedikt XVI. - anlässlich einer Audienz - (C) public domain
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Die Nachricht von der Rücktrittsentscheidung unseres verehrten, geschätzten und geliebten Heiligen Vaters ist am Rosenmontag in Windeseile um die Welt gegangen. Viele Katholiken waren nicht nur überrascht; sondern geradezu erschüttert. Das hat es bislang in der zweitausendjährigen Geschichte der Kirche nur ein einziges Mal im Mittelalter gegeben. Ganz zu Recht fragen sich viele Gläubige, wie denn ein Papst, der in ganz besonderer Weise Christus auf dieser Erde vertritt, und deshalb auch besonders die Rolle eines nicht austauschbaren Vaters und mit einzigartiger Gnadenfülle, zurücktreten könne.
Dazu schreibt unser Erzbischof in einem Brief an alle Priester, Diakone und pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Erzbistum Köln: „Unser verehrter und lieber Heiliger Vater Papst Benedikt XVI. sah sich von innen her gedrängt, den Auftrag des Petrusamtes in die Hände des Herrn zurückzugeben, da seine Kräfte ‚infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben‘, wie er selbst wörtlich sagte.“
Die Bildnachrichten haben uns wahrnehmen lassen, wie sehr Papst Benedikt in den letzten Monaten gealtert ist. Viele sprachen dann auch von einem mutigen, einem klugen, einem gut überlegten und einem demütigen Schritt, der wahre, innere Größe zeige. Fast 8 Jahre lang stand er als Pontifex in einer unausweichlichen Verantwortung für eine Weltkirche. Und das in einem Alter – Papst Benedikt steht vor der Vollendung seines 86. Lebensjahres –, wo die Rentenkassen gewöhnlich schon mehr als 20 Jahre ein sorgloses Leben im Alter ermöglichen. Die katholische Kirche gehört mit ihren 1,2 Milliarden Gläubigen zur größten christliche Konfessionsgemeinschaften weltweit. Und in keiner anderen Konfessions- oder Religionsgemeinschaft ist das Oberhaupt so intensiv an allem beteiligt, wie in der katholischen Kirche. Das fordert vom Nachfolger des Heiligen Petrus den Einsatz aller Kräfte.
Mit Blick darauf schreibt unser Erzbischof über Papst Benedikt: „Obwohl in seiner Verkündigung nichts davon zu spüren war, ist er überzeugt, dass nun sowohl seine körperliche wie geistige Kraft in einer Weise abgenommen haben, die ihn den ihm anvertrauten Dienst nicht länger angemessen ausführen lassen. Darum hat er sich vor Gottes Angesicht im Gebet geprüft und ist schließlich zu der Einsicht gelangt, dass es auch dem Willen Gottes entspricht, das vor knapp 8 Jahren übernommene Petrusamt wieder zurückzugeben.“
Es setzt sich immer mehr die Überzeugung durch, dass die Entscheidung von Papst Benedikt nicht nur höchsten Respekt sondern Ehrfurcht abverlangt; denn er hat seinen Rücktritt im Vertrauen auf Gottes Beistand und der die Kirche und ihr Geschicke lenkenden Kraft des Heiligen Geistes gefällt. Diese Rücktrittsentscheidung ist im tiefsten eine religiöse Entscheidung. So ist sie zum einen, wie es Kardinal Meisner ausdrückt, ein Zeugnis „der hohen und ernsten Verantwortung, die unseren Heiligen Vater stets ausgezeichnet hat“ und sie erfüllt „zugleich mit höchstem Respekt und großer Dankbarkeit.“ Unser Erzbischof kommt zu dem Schluss: „Unser Papst unterstreicht mit seinem Schritt gleichsam noch einmal die Bedeutung dieses Amtes.“
Von Herzen schließe ich mich dem Wunsch unseres Bischofs an: „Ich möchte Sie herzlich und nachdrücklich darum bitten, im Gebet des Heiligen Vaters besonders intensiv zu gedenken. Bei allen heiligen Messen sollten für den Heiligen Vater Fürbitten eingelegt werden.“ Nach dem 28. Februar 2013 „ist dann Zeit, dass wir umgehend mit der ganzen Kirche um ein gesegnetes Konklave bitten, damit uns ein guter neuer Nachfolger von Papst Benedikt XVI. geschenkt werde.“
Ganz herzlich lädt schließlich der Erzbischof von Köln seine pastoralen Mitarbeiter „und alle Gläubigen unseres Erzbistums zu einem Dankgottesdienst für das Wirken unseres Heiligen Vaters Benedikt XVI. für den letzten Tag seines Pontifikates, Donnerstag, 28. Februar 2013, um 18.30 Uhr in unserem Dom ein.“ Hiermit gebe ich diese Einladung empfehlend an Sie weiter.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- Giovanni Battista Tiepolo - Der nahende Engel berührt mit einer glühenden Kohle die Lippen des Propheten. So gereinigt und frei von Sünden kann dieser Gott zustimmen und ihn fortan auf Erden in segensreicher Erinnerung halten. [public domain]
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Der fünfte Sonntag im Jahreskreis, den wir in diesem Jahr vor Aschermittwoch feiern, beginnt den Sonntagsgottesdienst mit folgenden Worten aus dem 95. (94.) Psalm: „Kommt, lasst uns niederfallen, uns verneigen vor dem Herrn, unserem Schöpfer! Denn er ist unser Gott.“ Diese Aufforderung geht an die Substanz; denn der Mensch erfährt und weiß nicht durch Nachgrübeln, wer er ist.
Die Gedanken sind frei. So heißt es schon in einem deutschen Volkslied. Tatsächlich kann sich jeder – und manche setzten es zu Karneval in witziger Weise um – die tollsten und kühnsten Gedanken darüber machen, wer er ist oder vielleicht sein könnte und möchte. Den Vorstellungen darüber sind auf der Ebene der Gedanken kaum Grenzen gesetzt; wohl aber in Abgleichung dieser Gedanken mit der Wirklichkeit.
Wer man als Mensch eigentlich ist, erfährt man durch die und in der Begegnung mit der Wirklichkeit, wobei aus dem Gesamt der Wirklichkeit die Begegnung mit dem Du des anderen herausragt. Im mitmenschlichen Du des anderen kann jeder am besten sein eigenes Ich erproben, erfahren und realisieren.
Vor allem im Gegenüber zum Du begreift sich das Ich. Dieser Prozess beginnt nach der Geburt, und nimmt von da an kein Ende. Aus diesem Gegenüber zum Du ragt noch einmal das besondere Gegenüber zum größeren Du Gottes und seiner uns nur allmählich verstehbaren Geheimnisse heraus. Wer dem Du Gottes gegenübertritt – und das sei jedem empfohlen, der wirklich Mensch werden, sich recht entfalten und richtig bleiben möchte –, der begreift zum einen, dass er ein kleines Wesen und ein verlorener Sünder ist. Darüber hinaus macht er die überraschende Erfahrung, dass sich ihm Gott ungeachtet der eigenen Geringfügigkeit zuwendet, von Sünden reinigt und mit einer überaus wichtigen Aufgabe betraut.
In der ersten Lesung dieses Sonntags aus dem Prophetenbuch Jesaja (6,1-2a.3-5) ist dies als uralte Erfahrung der Menschen festgehalten: „Im Todesjahr des Königs Usija sah ich den Herrn. Er saß auf einem hohen und erhabenen Thron. Der Saum seines Gewandes füllte den Tempel aus. Serafim standen über ihm. Sie riefen einander zu: Heilig, heilig, heilig ist der Herr der Heere. Von seiner Herrlichkeit ist die ganze Erde erfüllt. Die Türschwellen bebten bei ihrem lauten Ruf, und der Tempel füllte sich mit Rauch. Da sagte ich: Weh mir, ich bin verloren. Denn ich bin ein Mann mit unreinen Lippen und lebe mitten in einem Volk mit unreinen Lippen, und meine Augen haben den König, den Herrn der Heere, gesehen.“
Die Erfahrung der eigenen Nichtigkeit vor der Größe Gottes tut dem Menschen sehr gut und ist unverzichtbare Voraussetzung dafür, dass er über sich selber die rechte Vorstellung entwickeln kann. Die großen und kleinen Verirrungen des Menschen sind am Ende alle darin begründet, dass er sich als kleines Geschöpf Dinge zutraut und anmaßt, denen er schließlich nicht mehr gewachsen ist und durch die er in eine falsche, und damit in eine Un-Ordnung des Lebens gerät.
Nach dieser ersten Erfahrung beschreibt Jesaja eine zweite Erfahrung, die der mit sich selber aufrichtige Mensch dann machen wird (ibid., 6-8): “Da flog einer der Serafim zu mir; er trug in seiner Hand eine glühende Kohle, die er mit einer Zange vom Altar genommen hatte. Er berührte damit meinen Mund und sagte: Das hier hat deine Lippen berührt: Deine Schuld ist getilgt, deine Sünde gesühnt. Danach hörte ich die Stimme des Herrn, der sagte: Wen soll ich senden? Wer wird für uns gehen? Ich antwortete: Hier bin ich, sende mich!“
Der schmerzhafte Vorgang der Lippenberührung mit einer glühenden Kohle veranschaulicht den in anderer Weise schmerzhaften Vorgang, den eigenen Hochmut angesichts der Größe Gottes abzulegen und fortan dem Allerhöchsten zu vertrauen. Dann geschieht ein Letztes: Gott nimmt dieses Vertrauen auf und vertraut dem Menschen wiederum die große Sendung an, fortan im Namen Gottes das große Du des Allmächtigen unter den Menschen lebendig zu halten, damit die nachfolgenden Genrationen in der Begegnung mit diesem Du Gottes ihr eigenes Ich in rechter Weise entfalten können.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- Jesus in der Synagoge von Nazareth -Zillis, Schweiz [public domain]
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
An diesem Sonntag hören wir die Fortsetzung des Evangeliums von letzter Woche. Jesus war nach Nazareth zurückgekehrt und am Sabbat, wie gewohnt, in die Synagoge gegangen. Das war zu der Zeit, wo er in den umliegenden Ortschaften bereits öffentlich aufgetreten war und Aufsehen erregt hatte. Die Kunde von ihm hatte sich in der ganzen Gegend verbreitet (vgl. Lk 4,14).
An diesem Sabbat nun las er in der Synagoge aus dem Prophetenbuch Jesaia vor und die Augen aller waren voll Erwartung auf ihn gerichtet. Dann begann er, gemäß jüdischer Gewohnheit, die vorgetragenen Worte auszulegen (Lk4, 21): „Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt.“ Es ist die kürzeste Predigt Jesu, die uns überliefert ist, aber zugleich die beredtste. Jesus stellt sich in dieser Kurz-Predigt seinen langjährigen Nachbarn und Mitbürgern aus Nazareth als den vor, auf den der Geist des Herrn ruht und den der Herr gesalbt und gesandt hat (Lk 4,18f), „damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.“
Anfangs fand „seine Rede bei allen Beifall; sie staunten darüber, wie begnadet er redete, und sagten: Ist das nicht der Sohn Josefs?“
Die abschließende Frage drückt nicht nur Verwunderung aus. Sie lässt bereits den Stimmungsumschlag unter den langjährigen Nachbarn und Mitbürger Jesu erkennen. Anfangs hatte sie Beifall über seine gelungene Kurzpredigt gespendet. Der Beifall ist noch nicht verklungen, da artikulieren sie schon die handfeste Absicht, Jesus umzubringen.
Der Heilig Lukas, dem wir diesen Bericht verdanken, erzählt diesen Stimmungsumschwung äußerst sparsam. Vielleicht möchte er damit als Stilmittel auf den ebenfalls nur schwer verständlichen Stimmungsumschwung nach dem triumphalen Einzug Jesu in Jerusalem hinweisen; denn nur ganz kurze Zeit später schrien dieselben Einwohner Jerusalems, von den Pharisäer angestachelten (Lk 23, 21): „Kreuzige ihn! Kreuzige ihn!“
Wo liegt das Problem? Wie kommt es zu diesem Stimmungswandel?
Jesus selber lässt es uns in dem erkennen, was er seinen Nachbarn vorwirft (Lk 4, 23): „Sicher werdet ihr mir das Sprichwort vorhalten: Arzt, heile dich selbst!“ – Damit reflektiert Jesus, was ihm die Menschen damals in der Synagoge - und heute ist es nicht anders - schwer übel nehmen: zu bekennen, dass er der Gesalbte und Gesandte Gottes ist (s.o.).
Die Menschen wollen spektakuläre Wunder sehen, um dann noch einmal darüber zu verhandeln und zu diskutieren, ob sie ihm nun auch glauben sollten. Jesus spricht genau diesen wunden Punkt an, wenn er sie in der Synagoge an den Prophet Elija erinnert, der nicht den Israeliten sondern zwei Heiden die Wunderkraft Gottes erfahren ließ: der Witwe aus Sarepta und dem Syrer Náaman (vgl. Lk 4, 25-27). Beide glaubten bis zum Äußersten. So konnte Gott seine Wunder wirken.
Die Wunder selber führen nur bedingt zum Glauben. Wichtiger ist der Glaube. Dann sind auch wieder Wunder möglich. – Die langjährigen Nachbarn und Mitbürger Jesu glaubten nicht und wollten ihn schließlich den Abhang hinunterstürzen (vgl. Lk 4, 29). So konnte er dort auch keine Wunder wirken.
Auf welcher Seite stehen wir? Auf der, der Gläubigen; oder auf der, der Wundersüchtigen?
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- Der Evangelist Lukas – Chorgemälde in Sankt Erhard, Rheinmünster-Stollhofen [public domain]
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Die alttestamentliche Lesung aus dem Buch Nehemia bereitet an diesem dritten Sonntag im Jahreskreis in einzigartiger Weise das Evangelium vor. Wir hören, wie Esra vom frühen Morgen bis zum Mittag (Neh, 8,3) „den Männern und Frauen und denen, die es verstehen konnten" aus der Heiligen Schrift vorlas: „Das ganze Volk lauschte auf das Buch des Gesetzes.“ Dem Schriftgelehrten Esra wurde eigens dafür eine Kanzel aus Holz hergerichtet. So „stand er höher als das versammelte Volk“, und „als er das Buch aufschlug, erhoben sich alle“. (ibid., 4a f)
Nehemia betont so mit Feierlichkeit die Besonderheit und die erlösende Kraft des göttlichen Wortes. Alle, die dem Vortrag des Wortes Gottes zuhörten, „verneigten sich“ und „warfen sich vor dem Herrn nieder, mit dem Gesicht zu Boden.“ Vor Ergriffenheit „weinten alle Leute, als sie die Worte des Gesetzes hörten.“ (ibid., 9)
Im Sonntagsevangelium, zusammengesetzt aus den ersten vier Versen des Lukas-Evangeliums und dann den Versen ab Lukas 4,14, geht es ebenfalls in besonderer Weise um das Wort Gottes. Lukas schreibt in der Einleitung seines Evangeliums (Lk 1,1-4), dass „schon viele es unternommen haben, eine Bericht über all das abzufassen, was sich unter uns ereignet und erfüllt hat“, wobei sie sich getreu an die Überlieferung der Augenzeugen gehalten hätten. Nun habe auch er sich „entschlossen, allem von Grund auf sorgfältig nachzugehen, um es für dich, hochverehrter Theophilus, der Reihe nach aufzuschreiben.“
Hier wird zum einen die menschliche Sorgfalt unterstrichen, mit der die Worte und Taten unseres Herrn von Anfang an getreu und unverfälscht weitergegeben wurden. Das lässt sich auch textkritisch überraschend genau belegen. Hinzu kommt die Hilfe, die Gott den Hagiographen gewährt hat, den heiligen Schriftstellern, so dass die Hl. Schrift in all dem frei von Irrtum ist, was für unser Heil entscheidend und grundlegend ist. Wir sprechen hier von der „göttlichen Inspiration“ der Hl. Schrift, die deshalb zu recht „Wort Gottes“ genannt wird.
Lukas schreibt sein Evangelium nicht für eine anonyme Masse. Er wendet seine ganze Mühe auf, um einem einzigen, seinem „hochverehrten Theophilus“, alles der Reihe nach aufzuschreiben, damit, wie Lukas schreibt (1,4) „du dich von der Zuverlässigkeit der Lehre überzeugen kannst, in der du unterwiesen wurdest“. – Ähnlich persönlich wie für Theophilus, ist die Heilige Schrift auch ganz persönlich für uns geschrieben worden. Ähnlich wie beim Vortrag der Hl. Schrift durch Esra, möchte Gott auch unser Herz anrühren, wenn wir dem Wort Gottes zuhören und uns lesend damit beschäftigen.
Das wird noch einmal im zweiten Teil des Sonntagsevangeliums unterstrichen. Als Jesus nach Nazareth zurückkam, „wo er aufgewachsen war“ (Lk 4, 16ff), ging er wie gewohnt am Sabbat in die Synagoge. Diesmal aber übernahm er den Lektorendienst, „schlug das Buch auf und fand die Stelle, wo es heißt: Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich die Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.“
Diese gnadenreiche Verheißung ist nun zur Wirklichkeit geworden. Jesus erklärt: „Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt“; und der Herr spricht uns damit genauso aktuell an, wie damals seine Zuhörer. Es ist eine Frage des Glaubens, der dann wachsen und zunehmen und seine Feuerprobe im realen Leben bestehen wird, wenn wir das Wort Gottes in dieser Haltung lesen, wie es uns soeben erklärt wurde.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- Hochzeit zu Kana, romanischer Decken-Bilder-Zyklus aus Zillis [public domain]
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
An diesem Sonntag, den wir auch als Familiensonntag feiern, wird uns eines der wohl bekanntesten Wunder des Herrn aus dem Evangelium vorgetragen: die Verwandlung von Wasser in Wein auf der „Hochzeit zu Kana“ in Galiläa (vgl. Johannesevangelium 2,1-11). – Es ist das erste Wunder, das Jesus in der Öffentlichkeit wirkt (vgl. Joh 2,11) und es steht in einer gewissen Beziehung zu den vor kurzem gefeierten „Erscheinungsfesten“: dem Fest der Heiligen Drei Könige und dem Fest der Taufe Jesu, die aus folgender Perspektive „Erscheinungsfeste“ genannt werden.
Der als Kind geboren Gottessohn „erscheint“ in seiner Besonderheit in Bethlehem den „Sterndeutern aus dem Osten“ (Mt 2,1), die sich stellvertretend für alle Menschen auf den Weg gemacht haben; und Jahre später offenbart eine Stimme aus dem Himmel bei der Taufe Jesu am Jordan (Lk 3,22): „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.“ Gott offenbart Jesus also schrittweise als den, auf dem „der Geist des Herrn ruht“ (vgl. Jes 61,1 und Lk 4,16 ff). Als solcher „erscheint“ er uns.
Bei der Hochzeit zu Kana „erscheint“ die Besonderheit Jesus zum dritten Mal. Der Evangelist erwähnt dies als Tatsache auch ausdrücklich am Ende des Berichtes über diese einzigartige Hochzeit (ibid.): “und er offenbarte seine Herrlichkeit, und seine Jünger glaubten an ihn.“ Diese Verwandtschaft der Hochzeit zu Kana mit dem Weihnachtsgeschehen fasst ein Gebet zusammen aus dem Stundenbuch der Kirche zum Hochfest der Drei Könige: „Drei Wunder heiligen diesen Tag: Heute führt der Stern die Weisen zum Kind in der Krippe. Heute wurde Wasser zu Wein bei der Hochzeit. Heute wurde Christus im Jordan getauft, uns zum Heil, Halleluja!“
Als man den Kirchenvater Hieronymus fragte, wie die Hochzeitsgesellschaft von Kana eine solche Weinmenge trinken konnte – es wurden sechs steinerne Krüge á 100 Liter Wasser in 600 Liter kostbaren Wein verwandelt –, gab er zur Antwort: „Von diesem Wein trinken wir noch heute!“ Seine Aussage geht in dieselbe Richtung wie dieses Gebet aus dem Stundenbuch: „Heute!“
Die Verwandlung von Wasser in Wein erzählt uns etwas über die Weise, wie Gott sich zu uns Menschen bis heute und damit bis zum Ende der Zeit verhält. Deshalb steht das Wandlungswunder nicht zufällig am Anfang des Johannesevangeliums. Das Evangelium bezeugt: Gott verwandelt; er erlöst. Dafür ist er als Mensch zu uns gekommen und uns „erschienen“.
In diesem Zusammenhang ist auffällig, dass alles sehr genau datiert ist: „Am dritten Tag fand in Kana eine Hochzeit statt“ (Joh 2,1). Nach dem Verlauf des Johannesevangeliums findet an den zwei vorhergehenden Tagen zum einen (Joh 1, 29 f) die erste öffentliche Begegnung mit dem Täufer am Jordan und am darauf folgenden Tag (Joh 1, 35 f) die Berufung der ersten Jünger statt. Nun ist die Strecke vom Ort der Taufe Jesu, vom Jordan in der Nähe von Jerusalem, bis zum Ort der Hochzeit in Kana in Galiläa deutlich größer, als dass sie damals an einem einzigen Tag bewältigt werden konnte. Die Zeitangaben des ortskundigen Evangelisten haben von daher eindeutig einen metaphorischen, einen tiefergehenden Sinn.
Dem Evangelisten geht es nicht um die Aneinanderreihung von Geschehnissen wie bei einem die Abläufe aufzählendem Polizeibericht. Johannes will mit dem engmaschigen Zeitrahmen darlegen, wie eng die Erscheinung Gottes in Jesus verknüpft ist mit dem Erkennen und dem Zustimmen seiner Jünger. Das ist heute nicht anders wie damals, als der Täufer am Jordan Jesus das „Lamm Gottes“ nennt, worauf seine Jünger fortan Jesus folgen, und wie beim Wandlungswunder in Kana, wo „Jesus seine Herrlichkeit offenbarte und seine Jünger an ihn glaubten.“ (Joh 2,11)
Der Gottessohn Jesus von Nazareth und seine göttliche Vollmacht sind eng verbunden mit denen, die ihm folgen. Ihnen gibt er sich und seine verwandelnde Kraft zu erkennen, und wiederum wird er gewöhnlich nur über sie als menschgewordener Gott in seiner verwandelnden Kraft erkannt.
Wer dies aus der Art, wie Johannes sein Evangelium gewoben hat, vielleicht noch nicht so recht zu erkennen vermag, der darf es sich noch einmal direkt von Maria, der Mutter Jesu, sagen lassen. Den Dienern von damals sagte sie (Joh 2,5): „Alles, was er euch sagt, das tut!“ – Das sagt Maria jedem von uns auch heute. Wer sich wie die Diener damals auch heute daran hält, erfährt die verwandelnde Kraft Jesu auch im eigenen Leben und wird so vor anderen zum Zeugen.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
- Asperges: Sonntägliches Taufgedächtnis - Quelle: Wikepedia
Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Bei besonderen Gelegenheiten pflegt der Zelebrant zur Eröffnung eines Gottesdienstes mit einem handlichen, kleinen Weihwasserkessel durch den Mittelgang der Kirche zu ziehen und die Gläubigen mit Weihwasser zu besprengen. Wer ganz vorne steht, kann schon einmal unfreiwillig „eine kleine Dusche“ abbekommen. Und das ist auch gut so.
Diese Segenshandlung wird nicht selten „asperges“ genannt, nach dem Text aus dem 51. Psalm, der dabei gesungenen wird: „Asperges me, Domine, hyssopo, et mundabor: lavabis me, et super nivem dealbabor. Miserere mei, Deus, secundum magnam misericordiam tuam. [Entsündige mich (wörtlich: Besprenge mich) mit Ysop, dann werde ich rein; wasche mich, dann werde ich weißer als Schnee. (Ps 51,9 EU) Erbarme dich meiner, o Gott, nach Deiner großen Barmherzigkeit. (Ps 51,3)].“
Es geht hier um ein Taufgedächtnis, um eine Erinnerung und damit eine Erneuerung des Taufsakramentes. Der Empfänger dieses sogenannten Sakramentales, abgeleitet vom Begriff Sakrament, bekreuzigt sich dabei zum Gedächtnis an die eigene Taufe. Er bittet um Erneuerung der empfangenen Taufgnade und um Vergebung der Sünden. Dieser Ritus des Taufgedächtnisses und der Reinigung ersetzt das Schuldbekenntnis zu Beginn der Heiligen Messe, das damit entfällt. In der Osterzeit wird zum Besprengen das in der Osternacht geweihte Taufwasser genommen, und an Stelle des „Asperges me“ wird das „Vidi aquam“ gesungen.
Auch am Fest der Taufe Jesu an diesem Sonntag werden wir an die Taufe erinnert.
Die Taufe Jesu ist eng mit einer wirkmächtigen Person verbunden: mit Johannes dem Täufer, dem Mann in der Wüste. Auffällig ist seine Selbstlosigkeit. Seine Zeitgenossen dachten insgeheim bereits, ob nicht er der Messias sei. „Doch Johannes gab ihnen allen zur Antwort: Ich taufe euch nur mit Wasser. Es kommt aber einer, der stärker ist als ich, und ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe aufzuschnüren. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.“ (Lk 3, 16) Ganz selbstlos weist er auf Jesus hin. Ohne jede Selbstbespiegelung ist er von dem Wunsch beseelt, dass alle den Weg zu Jesus finden und ihm begegnen.
Johannes der Täufer beeindruckt in seiner Art, niemanden bei sich fest zu halten. Großherzig lässt er selbst seine engsten Freunde, seine Wegbegleiter und Jünger in die Gefolgschaft Jesu überwechseln (vgl. Joh 1,35 ff). Damit hält sich selber an das, was er predigt: „Die Zukunft liegt bei dem, der nach mir kommt.”
Der Weg der Zukunft liegt für Johannes in der Gemeinschaft mit Jesus. Mit seinem ganzen Leben setzt er sich dafür ein, jeden einzelnen mit Jesus bekannt zu machen. Damit bekennt und verkündet Johannes: Wer die Nähe Jesu sucht, sie pflegt und aufrechterhält, der hat Zukunft, denn er wird Gott begegnet. In Gottes Nähe wird einem existentiell erfahrbar geschenkt, wofür man lebt, welch überraschender Sinn dem eigenen Leben eingewoben ist, und aus welcher Kraft man lebt.
Wer sich mit Gottes Hilfe in der Nähe Jesu aufzuhalten pflegt, hört gewiss nicht immer die Engel singen, aber er wird reichlich mit den Augenblicken beschenkt, in denen sich der Himmel öffnet, wie es am Fest der Taufe Jesu im Evangelium heißt.
Noch klingt die weihnachtliche Zeit nach. Auch diese ist ein Augenblick, in dem der Himmel offen steht und Gott sein Wort in diese Welt sendet. Bei der Taufe Jesu öffnet sich der Himmel erneut und der Vater spricht die Worte, die er bei jeder Taufe, auch bei unserer Taufe und jeder Tauferneuerung wiederholt (Lk 3,22): „Du bist mein geliebter Sohn (mein geliebtes Kind), an dir habe ich Gefallen gefunden.“
Gott hat seine Freude an uns. Es lohnt sich, die Tragweiter dieser Tatsache betrachtend zu vertiefen.
Ihr Pfarrer Dr. Volker Hildebrandt
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Liebe Mitchristen und Freunde von St. Pantaleon!
Das Hochfest der Heiligen Drei Könige ist in gewisser Weise ein zweites Weihnachtsfest. Gottes Sohn wurde im Stall nicht nur für das Volk Israel geboren, das in den Hirten von Bethlehem vertreten ist, sondern für alle Menschen, für die die Sterndeuter stehen. Das heutige Fest trägt von daher auch den Namen „Erscheinung des Herrn“. Mit der Ankunft der Sterndeuter ist Jesus nun also der ganzen Menschheit „erschienen“. Alle Menschen können nun Weihnachten feiern.
Darüber hinaus sind die Begleitumstände dieses zweiten Weihnachtsfestes bedeutsam. Anders als bei den Hirten sind es nun gescheite Leute, die sich als Gebildete in ihrer Weise, und damit anders als die Hirten auf den Weg und die Suche machen. Die Weisen folgen einem außergewöhnlichen Licht in der Hoffnung, ein großes, alles überragende Licht zu finden, das unser Dasein erklärt und seine Erfüllung möglich macht.
Zunächst aber begegnen sie König Herodes, einem kaltblütigen Machtmenschen, der sich ebenfalls sehr für das Kind interessiert, allerdings um es zu töten. Im anderen, egal ob Gott oder Mensch, sieht Herodes nur den möglichen Rivalen, der bekämpft und beseitigt werden muss. Ein solcher Herodes steckt in jedem von uns. Er macht unglücklich. Schieben nicht auch wir die leise Stimme Gottes, der uns zum Guten, zur Umkehr und zur Veränderung hin zum Besseren mahnt, wiederholt beiseite? Weder Gott noch andere sollen uns stören in unserem Drang nach ichbezogener, und deshalb rücksichtsloser und ungezügelter Selbstverwirklichung.
Wenn Gott uns nicht erlaubt, nach unserem Belieben über das Leben zu verfügen, dann setzt er damit unserem Leben keine wirklichen Grenzen. Im Gegenteil: Wer Gott Raum gibt, der erfährt, dass Gott nicht beschränkt, sondern das Große in uns erst ermöglicht. Gott ist allmächtige Liebe, die nichts hinwegnimmt und uns nicht bedroht. Allein er ermöglicht, in Fülle zu leben und wahre Freude zu empfinden.
Von all dem will Herodes nichts wissen. Deshalb ist der Stern über Jerusalem auch nicht mehr zu sehen und deshalb ist das neugeborene Kind auch nicht im königlichen Palast zu finden, wo die Sterndeuter aus gutem Grund zuerst nachgefragt haben. Allerdings erfahren die Sterndeuter dort, wo sie das Kind finden könnten; merkwürdigerweise von Gelehrten wie sie, die sich nun gemeinsam mit ihnen auf den Weg zum neugeborenen König hätten machen können. Sie aber ziehen es vor, darüber nur zu diskutieren und zu debattieren. Selber machen sie sich nicht auf den Weg. Auch das ist uns hinreichend bekannt.
Anders die drei Weisen: Sie „machten … sich auf den Weg. Und der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen.“ (Mt 2,9) Was ist das für ein Stern?
Astronomisch gilt ein selten auffälliges Sternenbild im historisch wahrscheinlichen Geburtsjahr Jesu Christi längst als erwiesen. Aber noch viel interessanter ist die zeichenhafte Bedeutung dieses Sterns. – Er steht für die nicht übersehbaren Spuren Gottes in seiner Schöpfung, die uns zu ihrem Schöpfer, zu Gott selber führen. Die Drei waren sich sicher, Gott in der Schöpfung, besonders in der zwischenmenschlichen Liebe erkennen zu können. Sie versuchten, die Handschrift Gottes in der Schöpfung zu lesen und zu entziffern.
Wir täten gut daran, es ihnen nachzutun, und sensibler umzugehen mit dem, was die Natur uns sagt. Wir würden Kinder nicht mehr abtreiben und gegen die innere Natur der Liebe verhüten, und uns vom Kindermachen auf Bestellung verabschieden.
Um die Natur in rechter Weise zu dechiffrieren sind wir zudem, wie die Sterndeuter, auf die Hl. Schrift, auf Gottes Wort angewiesen. Ohne den biblischen Hinweis auf Bethlehem hätten sie das Kind nicht gefunden. So aber fanden sie „das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm.“ (Mt 2, 11). Tun wir es den Dreien in allem gleich, bis hin zur Anbetung und Huldigung Gottes. Dann wird auch unser Leben weihnachtlich.
Ihr Pfr. Dr. Volker Hildebrandt
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