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Die Glocken von St. Pantaleon zu Köln
In der südlichen Altstadt Kölns steht die frühromanische Kirche St.Pantaleon. Bis zur Säkular-isierung wurde sie vom dort ansässigen Benediktinerorden genutzt. Trotz schwerer Zerstörungen im 2.Weltkrieg beherbergt die Kirche noch heute einige wertvolle Kunstschätze. Im Laufe der Zeit sind jedoch alle alten Glocken, bis auf eine, verloren gegangen. Heute erklingt vom massiven Westturm ein 4-stimmiges Nachkriegsgeläut der Firma Petit & Gebr. Edelbrock aus Gescher.
Die erste Glocke ist unter Abt Humbert († 1082) bezeugt. Diese Marienglocke wurde im Jahre 1303 von einem unbekannten Gießer umgegossen. Sie existierte bis 1559, da sie in diesem Jahr von Dederich von Coellen umgegossen wurde. Der letzte Umguss erfolgte im Jahre 1892. Im 1.Weltkrieg wurde die Marienglocke eingeschmolzen. Sie war jahrhundertelang die mittlere Glocke des einst 3-stimmigen Hauptgeläutes. Die Glockengießerei Otto in Bremen-Hemelingen schuf im Jahre 1926 eine neue, 2.850 kg schwere Marienglocke mit dem Schlagton c'. Diese wurde jedoch im 2.Weltkrieg eingeschmolzen.
Zum vierten Mal goss man die große Christinaglocke im Jahre 1313 um. Ihr Gießer war ein gewisser „Suardus“, der sich aber archivalisch leider nicht nachweisen lässt. Bis heute ist uns ihre sehr schöne Inschrift überliefert:
- „ME VETEREM FIDUS RENOVAT ABBAS GODEFRIDUS
- FUDIT SUARDUS MEA VOS DULCIS QUASI NARDUS
- ANNIS MILLENIS TER C TRES ADDITE DENIS
- QUATER SUM NATA QUATER CHRISTINA VOCATA“
Wörtlich übersetzt bedeutet dies so viel wie: „Mich treue alte (Glocke) ließ Abt Godefridus erneuern, Suardus goss mich, meine Stimme ist süß wie Nardenöl, im Jahre eintausend dreihundert, sowie drei mehr als zehn, vier Mal bin ich entstanden, vier Mal Christina genannt“. Die Glocke sprang aber mehr als 200 Jahre später, und wurde von dem aus Kleve stammenden Glockengießer Albert Hachmann umgegossen. Es ist zwar ungewöhnlich, dass man einen auswärtigen Gießer zum Umguss herangezogen hat, aber auch wiederum nicht verwunderlich, da die Kölner Gießer zu dieser Zeit nicht in der Lage waren eine derart große Glocke zu gießen. Die Glocke soll um die 8.000 Pfund (~ 3.629 kg) schwer gewesen sein. 1764 wurde die seit rund 80 Jahren gesprungene Glocke durch Martin Legros mit dem selben Gewicht umgegossen. Dies stieß auf heftigen Widerstand der Kölner Gießer, die sich gegen den „Eindringling“ wehren wollten. Allerdings fanden der damalige Abt und Legros eine Lösung, indem man den Auftrag zum Guss dem Gießer Heinrich Schulmeister erteilte, unter dessen „Leitung“ Legros den Guss durchführen sollte. Nun änderte sich auch ihr Name der Glocke. Fortan hieß sie Albinusglocke. Jedoch war auch ihr kein langes Leben beschert. Der letzte Umguss dieser Glocke erfolgte im Jahre 1858 durch den Aachener Glockengießer Joseph Beduwe. Es war die größte Glocke, die seine Werkstatt verließ. Die barocke Zier wurde auf der neuen Glocke übernommen. Im 1.Weltkrieg wurde diese Glocke abgeliefert und eingeschmolzen. Als Ersatz lieferte die in Bremen-Hemelingen ansässige Glockengießerei Otto im Jahre 1926 eine rund 3.950 kg schwere neue Glocke mit dem Schlagton b°. Sie sollte während des 2.Weltkriegs im Turm verbleiben, wurde jedoch tragischerweise zerstört und die Bruchstücke zu Rüstungszwecken konfisziert.
Die älteste bis dato erhaltene Glocke des alten Hauptgeläutes war dem Hl. Quirinus geweiht. Dederich und Heinrich von Coellen schufen diese rund 1.500 kg schwere d'-Glocke im Jahre 1572. Besonders bedeutend war diese Glocke durch ihre prächtige Zier. Sicherlich hatte diese Glocke auch ältere Vorgängerinnen, doch sind diese leider nicht mehr bekannt. Sie war ein bedeutendes Werk zweier sehr aktiver Kölner Gießer. Als im 2.Weltkrieg der Turm von St.Pantaleon brannte stürzte diese Glocke zu Boden und zerschellte. Ihre Bruchstücke wurden glücklicherweise aufbewahrt. Darauf zu sehen ist die wertvolle Zier. Von der ganzen Glocke ist nur noch eine Zeichnung übrig geblieben.
Neben dem Hauptgeläut sollte man aber auch nicht die einst vorhandenen Chorglocken vergessen. Drei von ihnen waren Werke des Kölner Gießers Johann Lehr aus dem Jahre 1663, und hingen ursprünglich im Kreuzherrenkloster. Sie wurden jedoch 1780 nach Hermülheim verkauft und gelangten von dort im Jahre 1933 nach Mönchengladbach-Windberg (2) und nach Baesweiler (1). Alle drei Glocken sind noch bis heute vorhanden, und besitzen die Schlagtöne h', dis'' und fis''. Aus dem Metall einer älteren Glocke goss Martin Legros im Jahre 1768 eine vierte Glocke. Es soll sich dabei um den dritten Umguss gehandelt haben. Im Zuge der Säkularisierung gelangte die Glocke nach Garche im heutigen Lothringen, wo sie noch immer vorhanden sein soll. Dieses Chorgeläut befand sich in einem barocken Dachturm, der jedoch im 19.Jahrhundert durch einen Dachreiter ersetzt und im 2.Weltkrieg zerstört, jedoch nicht wieder aufgebaut wurde. Über die sich darin befindliche Glocke ist leider nichts bekannt.
Eine weitere Sologlocke hing bis 1957 im südlichen Flankenturm des Westwerks. Hierbei handelte es sich um eine b'-Glocke der Glockengießerei Otto aus dem Jahre 1926. Obwohl sie einen Platz im neuen Geläut finden sollte wurde sie zugunsten des neuen 4-stimmigen Geläutes eingeschmolzen.
Die neuen Glocken wurden in 2 verschiedenen Etappen angeschafft. Im Jahre 1956 goss die Firma Petit & Gebr. Edelbrock in Gescher die Glocken I und III. Ein Jahr später folgten aus der selben Gießerei die beiden fehlenden Glocken II und IV. Der Plan von Jakob Schaeben, dem damaligen Glockensachverständigen der Erzdiözese Köln, sah ein leichtrippiges Geläut in einer für das Rheinland sehr ungewöhnlichen Disposition vor. Hierbei sollte das 3-stimmige Resurrexi-Motiv re – mi – fa mit einer Durterz nach oben (la) ergänzt werden. Anfangs war jedoch ein Halbton zwischen den beiden großen Glocken geplant, der auf wenig Gegenliebe stieß. Schaeben schreibt in seinem endgültigen Gutachten: „...Wenn auch gewiss die Glockenkammer die günstigen akustischen Voraussetzungen bietet, so ist die wundervolle Klangwirkung doch in erster Linie der überragenden Qualität der Glocken zuzuschreiben. Nur ein Meister kann so singfreudige Glocken in leichter Rippe gießen! Neben dem Domgeläut darf das neue St.Pantaleonsgeläut als das schönste der Stadt Köln bezeichnet werden.“ Zwar hat sich in der Kölner Glockenlandschaft in der Zwischenzeit noch einiges geändert, aber dennoch nimmt das Geläut von St.Pantaleon eine hohe Stellung in derselben ein. Hierzu trägt vor allem die feierlich-ernste Disposition bei, welche man in dieser Größe wohl vergeblich in ganz Nordrhein-Westfalen sucht.
Glocke (Nr.) | I | II | III | IV |
Name | Pantaleon | Bruno | Michael | Maria |
Gießer | F a . P e t i t & G e b r . E d e l b r o c k , G e s c h e r ( W e s t f . ) | |||
Gussjahr | 1956 | 1957 | 1956 | 1957 |
Durchmesser | 1707 mm | 1480 mm | 1426 mm | 1088 mm |
Gewicht (ca.) | 3.000 kg | 2.000 kg | 1.800 kg | 750 kg |
Schlagton | b°+5 | c'+5 | des'+6 | f'+5 |
Unterton | B+3 | c°+5 | des°+3 | f°+4 |
Prime | b°+8 | c'+8 | des'+7 | f'+8 |
Terz | des'+6 | es'+7 | fes'+8 | as'+7 |
Quinte | f'+14 | g'+13 | as'+11 | c''+12 |
Oktave | b'+5 | c''+6 | des''+6 | f''+5 |
Inschriften:
Pantaleonsglocke:
+ O HL. PANTALEON IN TRÜBSAL, ANGST UND LEID SEI UNS ALS HELFER UND PATRON ALS GUTER ARZT BEREIT
KÖLNER KATH.TAG 1956
Brunoglocke:
+ ST. BRUNO SIEH DIE GROSSE NOT DIE UNSER VATERLAND BEDROHT
+ GETEILTES DEUTSCHLAND BALD VEREIN LASS GANZ EUROPA SCHUTZWALL SEIN
12.Oktober 1957
Michaelsglocke:
+ SANCTE MICHAEL ARCHANGELE DEFENDE NOS IN PRAELIO: UT NON PEREAMUS IN TREMENDO JUDICIO
(Heiliger Michael, Erzengel, verteidige uns im Kampf: damit wir nicht untergehen beim jüngsten Gericht)
CONGRESSUS CATHOLICUS COLONIENSIS A. D. 1956
(Katholischer Kongress in Köln im Jahre des Herrn 1956)
Marienglocke:
+ MARIA ALLE TAGE SING UND SAGE LOB DER HIMMELSKÖNIGIN
+ JUNGFRAU, MUTTER GOTTES, MEIN LASS MICH GANZ DEIN EIGEN SEI
ROSENKRANZMONAT 1957
Jede Glocke trägt dazu noch ein Relief ihres Patrons.
Zeittafel der Glocken des alten Hauptgeläutes:
Christinaglocke (ab 1764 Albinusglocke):
– 1313: Vierter Umguss durch einen Glockengießer namens Suardus
– 1523: Erneuter Umguss durch den aus Kleve stammenden Glockengießer Albert Hachmann
– 1764: Die seit rund 80 Jahren gesprungene Glocke wird von Martin Legros umgegossen
– 1858: Joseph Beduwe in Aachen gießt die Glocke ein letztes Mal um
– 1917: Zerstörung durch Einschmelzen
– 1926: Neue Nachfolgeglocke aus der Glockengießerei Otto in Bremen-Hemelingen
– 2.Weltkrieg: Zerstörung durch Absturz aus dem brennenden Turm; Einschmelzung der verbliebenen Bruchstücke
Marienglocke:
– 11.Jahrhundert: Erster Guss dieser Glocke unter Abt Humbert nachweisbar
– 1303: Umguss durch einen unbekannten Gießer
– 1559: Erneuter Umguss durch Dederich von Coellen
– 1892: Letzter Umguss (unbek. Gießer; eventuell Glockengießerei Otto)
– 1917: Zerstörung durch Einschmelzen
– 1926: Neuguss der Marienglocke durch die Glockengießerei Otto in Bremen-Hemelingen
– 2.Weltkrieg: Zerstörung durch Einschmelzen
Quirinusglocke:
– 1572: Umguss einer älteren Glocke durch Dederich und Heinrich von Coellen
– 2.Weltkrieg: Zerstörung durch Absturz aus dem brennenden Turm; Bruchstücke sind erhalten geblieben